„There is lots of ice!“ - Nordostgrönland

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„There is lots of ice!“ - Nordostgrönland

Beitragvon Ronald » So, 21. Jan 2018, 15:59

„There is lots of ice!“
Nordostgrönland – Expedition Nordmeer 2015


Wir waren nun schon seit sieben Monaten im „Rentier-Alter“ und wieder flatterte uns ein Katalog der Hurtigruten ins Haus. Dieses Mal fiel uns eine für uns außergewöhnliche Reise auf: „Nordostgrönland – Expedition Nordmeer 2015“. Natürlich reizte uns diese Reise und so stocherten wir erst einmal zusätzlich im Internet herum, um möglichst viel über diese Reise und deren Verlauf zu erfahren. Zudem stand unsere Silberhochzeit bevor und so meinten wir, dass wir diese Reise auch verdient hätten.

Die Reise mit MS „FRAM“ sollte am 26. August 2015 starten und uns von Longyearbyen zunächst in den Nationalpark Nordwest-Spitzbergen führen und von dort aus für sieben Tage in den Nordostgrönland-Nationalpark. Weiter sollte die Reise über Scoresbysund nach Island gehen. In der Reisebeschreibung hieß es: „Denken Sie daran: Wo es Eis gibt, kann es auch Eisbären geben.“ Für diese Reise mochte es wohl stimmen – bei uns in der Eisdiele gibt es aber nur Eis. 
Die Buchung über das „Reisebüro unseres Vertrauens“ erfolgte danach recht schnell. Schon am 5. Dezember 2013 hatten wir unsere Buchungsbestätigung.

Da wir nun schön öfter mit der „FRAM“ gefahren waren, hatten wir genaue Vorstellungen von unserer Kabine – der Seemann sagt eigentlich „Kammer“ – als auch von unserer Tischwahl im Restaurant; letzteren haben wir allerdings erst später per E-Mail über den Head Waiter arrangiert.

Und nun waren es immer noch über eineinhalb Jahre, bis es auf diese Abenteuerreise gehen sollte. Aber bis dahin sollten wir uns die Zeit noch vertreiben.

Tag 1 – Mittwoch, 26. August 2015

Es kam der Tag der Abreise, die etwas unbequem verlief, denn zu unserem Leidwesen konnten wir nicht, wie 2011, einen Flug von Hamburg über Olso und Tromsø nach Longyearbyen buchen – auch nicht gegen Extrazahlung -, sondern mussten den „Nachtshuttle“ von Düsseldorf nehmen, der um 21.30 Uhr gehen sollte. Leider nahm der Kapitän nicht die Autobahn, sondern die Landstraße, so dass wir die ersten zwei Stunden kräftig durchgerüttelt wurden. Auch grenzte die „Bequemlichkeit“ in der Chartermaschine von „air berlin“ im A 320 an Körperverletzung, wie meine Frau schrieb.

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Doch irgendwann konnten wir Spitzbergen unter uns erkennen und es wurde merklich ruhiger.
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Sanfte Landung in Longyearbyen und im Vergleich zum Hamburger Flughafen rasante Gepäckanlieferung. Rein in den Bus, rein ins Hotel, raus aus den Schuhen – das ist auf Spitzbergen, insbesondere Longyearbyen üblich, da sonst der ganze Kohlenstaub in die Gebäude getragen wird -,
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rein in die Koje. Das war der erste und zum Teil schon der zweite Tag, denn es war bereits gut über 3 Uhr morgens.

Tag 2 – Donnerstag, 27. August 2015

Nach einer kurzen Nacht ließen wir das Frühstück ausfallen. Zu essen würde es die nächsten Tage noch genug geben. Dafür hatten wir ein anderes Ziel: Ich hatte meinen Rasierpinsel Zuhause vergessen! Svalbardbutikken: Fehlanzeige. Lompensenteret: Fehlanzeige. Rasierer und Rasierklingen gab’s wie Sand am Meer oder Eis auf Svalbard – doch keinen Pinsel. Na ja, dann üben wir mal mit Rasierschaum. Es klappte, war aber gewöhnungsbedürftig.

Die ersten Grüße von der FRAM – ab jetzt ohne Anführungszeichen und ohne MS – kamen in Gestalt verschiedener Besatzungsmitglieder, die uns freudig begrüßten, ob der Oberkellner, der Expeditionsleiter oder Kapitän Rune Andreassen, der hier von seinem Namensvetter Ole Johan Andreassen abgelöst wurde. Von Rune Andreassen erfuhren wir, „there is lots of ice“. Na, dann waren wir ja gespannt!

Dieses Mal besuchten wir die Kirche, die wir die letzten beiden Male ausgelassen hatten. Wir waren ganz alleine und es war recht stimmungsvoll. Ähnlich wie in der Eismeerkathedrale in Tromsø befanden sich auch hier neben dem Eingang gemütliche Sitzgruppen. Hier war es aber ein richtiger Aufenthaltsraum und es gab noch eine kleine Kaffeeküche. – Im Kirchenraum beeindruckten mich die Schlichtheit des Altars sowie des Holzkreuzes.

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Interessant war für uns zu erfahren, dass die 1958 wieder aufgebaute Kirche von Svalbard die Kirche aller Christen auf der Insel ist. Sie wurde 1941 bei einem Angriff – welcher Nation wohl? – zerstört.

Im Anschluss durchstreiften wir den Ort – ach nein, Longyearbyen ist ja eine „Stadt“, oder doch nicht? – und ich muss jedes Mal schmunzeln, wenn wir an dem norwegischen Allerweltskiosk „Mix“ vorbeikommen an deren Fensterscheiben folgender Satz zu lesen ist: „Mix - dagens lille høydepunkt“. Ja, ja, so ein Kioskbesuch, besonders in Orten wie Longyearbyen, Ørnes, Bud kann schon ein kleiner Höhepunkt des Tages sein. 

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MIX

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Lompensenteret

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Highstreet

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Neubauten: Es wurde viel gebaut in Longyearbyen, denn die Einwohnerzahl nimmt ständig zu.

Auch entdeckten wir eine gemütliche Sommerterrasse und einen ebensolchen Grillplatz – kurz „Sommer“ machen erfinderisch. Aber auch bei uns ist ja jetzt das „Wintergrillen“ angesagt.

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Ach ja, in Longyearbyen „trägt man Gewehr“ außerhalb des Ortes – wegen der Eisbärengefahr.

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Und bei unserem Rundgang entdeckten wir auch den ersten Gletscher: Longyearbreen.

Letztlich dürfen die für Svalbard typischen Verkehrszeichen nicht fehlen.
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Zurück zum Hotel. Der Bus, der uns zum Schiff brachte, wartete auf uns. Nein, wir waren nicht die Letzten. Ja, wir wussten, dass die FRAM bereits in Longyearbyen lag, denn wir sahen sie ja erleuchtet am Hafen liegen, als wir vom Flughafen kamen. Wir mussten uns also keine Sorgen machen, ob das Schiff denn überhaupt angekommen sei.
Auch hier wurden wir freudig begrüßt, waren wir doch gerade vor drei Monaten ausgestiegen. So waren wir also zurück in der „Familie FRAM“.

Alles lief wie gewohnt, Reisepass und Arztbericht abgegeben, Fotos für die Bordkarte gemacht, ab auf die Kammer, Sachen eingeräumt, blaue Jacken abgeholt, Kaffee getrunken und auf den „Safety Drill“ gewartet. Arztbericht: Auf den Expeditionsreisen, gleich ob Nord oder Süd, wird von jedem Passagier ein medizinischer Fragebogen abgefordert, der in einem verschlossen Umschlag übergeben wird und im Fall der Fälle dann geöffnet wird. Außerdem ist eine Auslandskrankenversicherung sowie eine Rücktransportversicherung abzuschließen, denn die Kosten hierfür können recht hoch sein.

Die Sicherheitsübung lief dieses Mal anders ab. Ein Mitglied des Expeditionsteams hat uns zunächst alle auf die Back „getrieben“ und dann Name für Name zurückgerufen. Somit wurde sichergestellt, dass jeder an der Übung teilgenommen hatte. Gut durchdacht!

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Ohne Lautsprecherdurchsagen und ohne „Auslaufmelodie“ :lol:  hat sich FRAM gegen 18.00 Uhr auf den Weg und Platz an der Pier für ein anderes Expeditionsschiff, die EXPEDITION (Nomen est omen!) gemacht.

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An Steuerbordseite, d.h. im Nordwesten, konnten wir auf Oscar II-Land zunächst den Borebreen und dann die großen Gletscher Nansenbreen und Borebreen ausmachen, während die FRAM wegen ihres diesel-elektrischen Antriebs leise durch den Isfjord rauschte.

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Es folgten der Esmarkbreen. Die Sonne warf durch die Wolken ihre schrägstehenden Strahlen durch die Gletscher. Hinter uns leuchtete das Hiorthfjellet in der Sonne.

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Wir erreichten unsere erste Station: Richtung Barentsburg, die russische Polarforschungsstation und Bergarbeitersiedlung. Nach dem Spitzbergen-Vertrag von 1925 dürfen Staatsbürger der Vertragsstaaten ohne weitere Bedingung Arbeit aufnehmen, Firmen eröffnen usw. Zugleich darf Russland – und auch andere Vertragsstaaten – Kohle abbauen. Obwohl Russland nur einen Bruchteil der Kohle fördert, die von der norwegischen Grubengesellschaft gefördert wird, bleiben die Russen dort – ungeachtet der unwirtlichen Bedingungen und des niedrigen Lebensstandards. Die Häuser in Barentsburg gaben dann auch das entsprechende Beispiel ab.

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Das Gebäude des Hafenkapitäns mag auch schon bessere Zeiten gesehen haben.

Und wir fragten uns, ob das Telefon noch funktioniert? Wurde die Ambulanz mit diesem „smarten phone“ gerufen?

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Stairway to heaven

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Ehemalige Bergarbeiterunterkunft

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Die wohl einzigen Lichtblicke in diesem Ort sind die große Schwimmhalle, das Barentburg-Hotel und ein kleiner Souvenir-Kiosk mit angeschlossener „Getränkeausgabe.“ (ohne Fotos). Hier erstanden wir dann auch wieder Aufnäher für unsere „Angeber-Fotorucksäcke“.

Beeindruckend war die kleine, achteckige russisch-orthodoxe Kapelle.

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Es wurde Zeit wieder an Bord zu gehen. Ein fantastischer Sonnenuntergang mit Blicken auf den Isfjord, den gegenüber auf Oscar II Land liegenden Harrietbreen und dem am Eingang zur Bucht Trygghamna liegenden Alkepynten ließen die traurigen Anblicke vergessen.

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Sonnenuntergang am Isfjord

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Harriettbreen

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Alkepynten links - dahinter Harriettbreen
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Das war der erste Tag an Bord der FRAM. Über Nacht versegelten wir Richtung Norden.
Fortsetzung folgt.

Gruß
Ronald
Zuletzt geändert von Ronald am So, 21. Jan 2018, 16:25, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: „There is lots of ice!“ - Nordostgrönland

Beitragvon Mainline » So, 21. Jan 2018, 16:19

And again a lot of pictures.
Hallo Ronald, anscheinend ist ein Bild vom Sonnenuntergang doppelt eingestellt.
Gruß,
Gerhard
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Re: „There is lots of ice!“ - Nordostgrönland

Beitragvon Ronald » So, 21. Jan 2018, 16:26

Moin,
Danke Gerhard,
Und noch einige Unterschriften korrigiert.
Gruß
Ronald
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Re: „There is lots of ice!“ - Nordostgrönland

Beitragvon Stina_M » So, 21. Jan 2018, 16:38

Danke für den spannenden Anfang und die schönen Fotos - besonders die individuellen wie zB das Schuhregal und das Innere der Kirche!

LG

Christina
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Re: „There is lots of ice!“ - Nordostgrönland

Beitragvon Dixi » So, 21. Jan 2018, 18:47

Hallo Ronald,
Vielen Dank für Deine Aufwendungen ( mal wieder :D )
Ein spannender Bericht und ich warte schon auf die Fortsetzung.
Ein Forum hier für Reiseberichte findet sich ja immer :bounce:

Viele Grüße
Dixi
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Re: „There is lots of ice!“ - Nordostgrönland

Beitragvon Kumulus » Mo, 22. Jan 2018, 13:52

Deine Bericht über die Expedition finde ich unglaublich interessant, Ronald. Dazu die schönen Bilder einer für mich völlig fremden Welt. Kann sich dort völlig frei, d. h. ohne Gruppe und ohne bewaffnete Begleitung bewegen?

Na, du wirst sicherlich noch viel darüber erzählen. Ich bin gespannt und freue mich schon auf die Fortsetzung.

Danke
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Kumulus
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Re: „There is lots of ice!“ - Nordostgrönland

Beitragvon Ronald » Mo, 22. Jan 2018, 14:07

Moin, Martin,
In Barentsburg kannst Dich im Ort frei und ohne bewaffnete Begleitung bewegen. Sicherlich hat sich das Expeditionsteam vor Anlaufen von Barentsburg bei der russischen Verwaltung erkundigt, ob das Gebiet "eisbärfrei" ist.
Außerhalb des Ortes als auch außerhalb Longyearbyen ist eine Bewaffnung notwendig. Wir hatten gerade gestern Abend einen vom Hessischen Rundfunk ausgestrahlten Beitrag "Spitzbergen - Leben in Europas Kühlschrank gesehen". Leider hatte ich das zu spät gesehen, dass meine Frau dass aufgezeichnet hatte, sonst hätte ich Euch informiert.
http://www.hr-fernsehen.de/tv-programm/ ... 24696.html
In dem Beitrag zeigte die Sissel Nilsen ihre Ausrüstung: Schreckschusspistole, Messer und Karabiner, wenn sie zu ihrer Hütte fährt.
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Nächste Folge von mir kommt heute wohl noch.
Gruß
Ronald
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„There is lots of ice!“ - Nordostgrönland

Beitragvon Ronald » Mo, 22. Jan 2018, 17:33

Moin,

Tag 3
„There is lots of ice!“
Nordostgrönland – Expedition Nordmeer 2015

Freitag, 28. August – Kongsfjord - Magdalenefjord


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Mit den ersten Eindrücken eines wunderschönen Abends schliefen wir herrlich. Die FRAM erreichte unseren nächsten Hafen Ny Ålesund schon früh am Morgen bei strahlendem Sonnenschein.

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MS FRAM in Ny Ålesund

Mit dem Ausblick auf den Kongsfjord und dessen Gletscher schmeckte das – immer sehr reichhaltige und vielfältige - Frühstück ganz besonders gut.
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Kongsvegen (links) – Kronebreen (rechts)

Nur kurz: Auch in Ny Ålesund wurde Kohle abgebaut – bis dieser 1963 nach einem Grubenunglück eingestellt wurde. Zeuge des Kohleabbaus und des Transports zum Hafen ist die kleine, 1909 in Berlin von der Firma Borsig gebaute Kohleeisenbahn.

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Borsig-Bahn von 1909

Heute ist Ny Ålesund ein bedeutender Wissenschaftsort, in dem viele Länder ihre Polarforschungsstationen unterhalten. Wer mehr erfahren möchte, hier ist der übliche Link:

https://de.wikipedia.org/wiki/Ny-%C3%85lesund

Nach dem Frühstück ging es an Land. Dieses Mal hatten wir aber Kreditkarte und Geld dabei. 2001 waren wir so „entspannt“, dass wir an so etwas Profanes gar nicht dachten. Nun konnten wir also unsere mit den Adressen der Empfänger vorbereiteten Postkarten im nördlichsten Postamt der Welt abgeben und abstempeln lassen.

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Nördlichstes Postamt der Welt

An Land wurden wir durch Hinweisschilder – allerdings schon am ersten Tag an Bord abends bei der Einweisung und Information für den nächsten Tag – darauf aufmerksam gemacht, dass wir wegen der fragilen Vegetation die Wege nicht erlassen dürfen.

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Stay on the Road

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Vegetation in Ny Ålesund

Und sollten wir meinen, den Weg doch verlassen zu wollen, dann sollten wir dies zumindest bewaffnet tun: „Do not walk beyond this sign without a weapon.“

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Gut, da wir keine Waffe so ganz zufällig dabei hatten, blieben wir eben auf den Wegen.
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Anschließend suchten wir den Souvenirkiosk auf, denn zwischenzeitlich hatten wir ja zwei Enkelkinder. Ach ja, auch hier hieß es vor dem Betreten des Shops: Schuhe ausziehen. Mit Eisbäruhr, Eisbärmaßband und noch anderen Sachen machten wir uns auf den Weg durch den Ort und fotografierten natürlich Herrn Amundsen, der ja von hier aus den Nordpol mit Flugbooten und Luftschiffen erreichen wollte.

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Roald Amundsen – die deutsche Station des Alfred-Wegener-Instituts befindet sich im blauen Gebäude.

Der Ankermast für die Luftschiffe „Italia“ und „Norge“ steht noch.
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Der Ankermast für die Luftschiffe. Links: Austre Lovenbreen, rechts Midtre Lovenbrén

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Ny Ålesund Midtre Lovenbreen

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Ny Ålesund „High Street“

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Das älteste Gebäude von Ny Ålesund von 1909

Dann ging es zurück an Bord und wir genossen die Aussicht, denn vom Liegeplatz der FRAM hatten wir einen fantastischen fast 360°-Panorama-Ausblick auf die Gletscher des Kongsfjords.

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Kronebreen

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Meeraskallen 938 m links und Baronbreen

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Conwaybreen

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Blomstrandbreen mit dem Skreifjellet 1023 m

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Roter Sandstein am Skreifjellet

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Roter Sandstein am Brandalspynten

Die roten Sandsteine rund um den Kongsfjord sind Zeugen der Entstehung der Kontinente, nämlich als sich die Landmassen von der Südhalbkugel nach Norden bewegten, sich teilten und der rote Sandstein damit hier am Kongsfjord als auch in der Sahara zu finden ist. – Diese und noch andere faszinierende geologische Informationen sollten wir auf dieser „Expeditionsreise“ noch öfter vom engagierten und faszinierend vortragenden Expeditionsleiter Steffen Biersack erfahren.

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Kurz vor Auslaufen aus Ny Ålesund konnte ich ein weiteres Leuchtfeuer „einsammeln“: Brandalspynten mit der internationalen Nummer L 4334.

Da wir um 12.30 Uhr ablegen sollten, hatten wir vorher noch schnell einen kleinen Happen zu uns genommen – natürlich nicht, um eine oder mehr Sorten des täglich frisch zubereiteten Desserts auszuprobieren. Und um 14.00 Uhr mussten wir uns zu einem zwingend vorgeschriebenen Briefing über das Verhalten in arktischen Regionen einfinden, das allerdings launig, aber auch sehr ernsthaft vom Expeditionsleiter Steffen Biersack abgehalten wurde. So warnte er z.B. davor Zigarettenkippen einfach in die Gegen zu schnipsen. Dann würde es der Übeltäter mit ihm zu tun bekommen. Zwar nicht auf Grönland aber in Island haben wir dann doch den Fotografen eines Reisemagazins die Kippe in die Gegend werfend sehen – unglaublich.

Die Hauptinformation dieser wirklich notwendigen Informationsveranstaltung kann man wie folgt zusammenfassen:
„Nehmen sie nichts mit als ihre Eindrücke. Lassen sie nichts zurück als ihre Fußstapfen!“

Nach dem Pflichtvortrag wurden die für die nassen Anlandungen obligatorischen Gummistiefel („Muck Boots“) anprobiert und auf die mit der jeweiligen Kabinennummer versehenen Halter gestülpt.

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Muck Boots

Bei fast spiegelglattem Wasser ging es nordwärts entlang des Haakon VII-Land in Richtung Magdalenefjord, der ebenso prächtige Gletscher aufwies wie der Kongsfjord.

So zeigten sich nach und nach im Albert I Land der

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Førstebreen (der erste Gletscher)

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Sjettebreen

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Sjettebreen

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Nepebreen und Knivseggbreen

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Sjubreen

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Vorbei ging es an der Hamburgbukta mit dem Hamburgbreen

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Am Magdalenehuken

Wir glitten in den Magdalenefjord,

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wo sich der Waggonwaybreen, Miethebreen und Skarpeggbreen vor dem teilweise türkisfarbenen Wasser zeigten.

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Der Gullybreen an der Gullybukta im Magdalenefjord

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Miethebreen links und Waggonwaybreen rechts

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Noch einmal der mächtige Waggonwaybreen

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Buchanbreen

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Brokebreen und Alkekongen 810 m

Wir erreichten Gravneset, der erste Anlandungspunkt mit den wendigen PolarCicle-Booten, die von den philippinischen Seeleuten gekonnt und mit großem Spaß – immer wieder – gefahren wurden.

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Gravneset
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Die PolarCircle-Boote wurden ausgesetzt und die in Gruppen eingeteilten Passagiere konnten an Land fahren zum geschichtsträchtigen Gravneset, der Landzunge im Magdalenefjord, auf der sich bis 1623 eine englische Walfangstation befand und nunmehr 130 Grabstellen aus dem 17. und 18. Jahrhundert vorzufinden waren.
Leider hat der zunehmende Arktis-Tourismus, die abnehmende Disziplin und der nachlassende Menschenverstand der Touristen dazu geführt, dass die Grabstellen eingezäunt werden mussten, da die Grabruhe durch Diebstahl von Steinen und sogar Knochenresten gestört wurde.
Da wir bereits 2013 hier ausgiebig an Land waren, blieben wir an Bord und genossen die Stille mit der Aussicht auf die Gletscher. Gelegentlich konnte man ein Knacken des Gletschereises hören und so spähten wir angespannt auf die Gletscherabbruchkanten, ob irgendwo ein Gletscher kalben würde. Dieses Mal nicht.
Im Wasser trieben skurrile Eisfiguren, die wir schon 2011 beobachten konnten.

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Eisfigur

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Die FRAM hatte ein großartiges Brückenteam als Ausgucksposten eingesetzt, die dann auch gegen 20.00 Uhr unseren ersten Eisbären sichtete.

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Der lungerte am Ufer herum und als er merkte, dass sich dort keine Robben sondern „nur“ Menschen in lauten Booten tummelten, legte er sich zum Schlafen.

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Eisbär

Unterdessen schob sich lautlos ein „Fischdampfer“ in den Fjord. Es war aber kein Fischereifahrzeug, sondern das norwegische Forschungsschiff „Helmer Hanssen“, das sich mitten durch die treibenden Eisabbrüche der Gletscherabbruchkante näherte. Meine Frau hielt folgende Anekdote fest:
„Mein Man spekulierte „Vielleicht holt er Eis?“ Die Reaktion einer Passagierin: „Darf der das?“

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MS HELMER HANSSEN

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Gravnesbreen

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Und noch einmal der türkisblau schimmernde Waggonwaybreen, von dem wir uns nun langsam verabschiedeten.
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Einige Passagiere hatten einen Extra-Ausflug mit den neuen, größeren PolarCircle-Booten gebucht und starteten einen Nachtausflug vom Magdalenefjord nach Virgohamn, d.h. sie fuhren voraus, um später wieder an Bord genommen zu werden.
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Gegen 22.00 Uhr glitten wir durch den grün schimmernden Fjord in Richtung Fram-Straße.

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Evatindane 504 m

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Adambreen

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Jetzt um 22.05 Uhr spiegelte sich der Hukbreen im türkisgrünen Wasser.

Im Sørgattet, dem Zugang zum Smeerenburgfjord, „lümmeln“ sich auf der kleinen Schäre Perskjeret einige Walrosse. Da es langsam dunkel wurde, waren diese nur schlecht zu erkennen.

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Walrosse
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Die FRAM segelte nun an der Shannonbåen, der Bake im Magdalenefjord vorbei. Es sollte das letzte Seezeichen bis zum Erreichen von Island sein.

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Shannonbåen

Wir durchquerten nun den Smeerenburgfjord an dessen Ufern sich weitere Gletscher befanden: Scheibreen, Smeerenburgbreen und Sellströmbreen.

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Wieder ging ein schöner Tag zu Ende, der mit einem Absacker in der Qilak-Bar mit Panoramablick auf Spitzbergen beendet wurde.
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Um 00.00 Uhr erreichten wir den nördlichsten Punkt der Reise: 80° 06‘ N und 009° 58,6‘ E. Hierüber erhielten wir „natürlich eine „Urkunde“.

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Am nächsten Tag sollten wir durch die Fram-Straße fahren, die Spitzbergen von Grönland trennt. Sie heißt so, weil der Polarforscher Frithjof Nansen mit seiner FRAM, die heute im Schiffahrtsmuseum in Oslo liegt, durch dieses Gewässer zurück nach Spitzbergen fuhr, „nachdem er sich mit diesem Schiff zwischen 1893 und 1896 im Treibeis des Arktischen Ozeans hat festfrieren lassen, um mit einer anschließenden Driftfahrt neue Seerouten zu erschließen“, so die Reisebeschreibung unserer Expeditionsreise.
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Fortsetzung folgt.
Gruß
Ronald
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„There is lots of ice!“ - Nordostgrönland

Beitragvon Ronald » Di, 23. Jan 2018, 11:25

„There is lots of ice!“
Nordostgrönland – Expedition Nordmeer 2015
Sonnabend, 29. August – Auf See


Heute lasse ich meine Frau erzählen, da sie detailliert über einen sehr interessanten Vortrag geschrieben hat:
„Heute ist Seetag, das bedeutet für uns länger schlafen. Nach dem Mittagessen machen wir es uns in der Panoramalounge bequem, lesen, dösen, See beobachten. Dabei katapultiert uns das sanfte Wiegen unseres Schiffes erneut in einen leichten Schlaf.

Am frühen Nachmittag werden zwei Vorträge angeboten. Einer über Eisbären in Deutsch und ein anderer über die Sirius Hundeschlittenpatrouille in Englisch. Wir entscheiden uns für den englischen Vortrag, der sehr interessant und unterhaltsam von Bjarki Friis, einem Mitglied des Expeditionsteams, gehalten wird. Bjarki war selbst zwei Jahre lang Mitglied der Sirius Hundeschlittenpatrouille und kann deshalb anschaulich über das Leben dort berichten. Ihren Namen hat die Patrouille vom hellsten Stern im Sternbild des Hundes.

Die Sirius Patrouille ist eine Einheit der dänischen Streitkräfte zur Verteidigung Grönlands in Nord- und Ostgrönland sowie zur Überwachung des Nordost-Grönland Nationalparks. 14 Soldaten gehören ihr an. 12 sind in Daneborg stationiert, 2 in Mestersvig. Es gibt 80 Schlittenhunde aus eigener Züchtung. Weiter erfahren wir, dass nur Männer zwischen 20 und 30 Jahren in die Patrouille aufgenommen werden. Sie dürfen nicht verheiratet sein und möglichst keine Freundin haben. Während der zweijährigen Mitgliedschaft gibt es nur eine Woche Urlaub, die dann auch nur in Island verbracht werden darf. Zuvor müssen die Männer psychologische Tests bestehen. Sie müssen Ski fahren können, werden geschult sich in der Wildnis bei Tag und Nacht orientieren zu können und lernen Überlebenstechniken im Winter. Weiter gehören Fernmelde-, Sanitäts- und Pionierausbildung zum Ausbildungsprogramm sowie der Umgang mit Handfeuerwaffen. Alle anstehenden Aufgaben müssen von den Soldaten im rotierenden Dienst erfüllt werden, dazu gehört auch der Küchendienst. Das sei nicht immer einfach, wenn man vom Kochen keine Ahnung hat, erklärt Bjarki. Man hätte schlechte Karten, wenn mal etwas nicht gelinge. Und langweilig dürfe es auch nicht werden. Beschwert wurde sich jedoch nicht, schließlich war man irgendwann selbst mit kochen dran und musste dann sehen, wie man das am besten hinkriegt. Bevor man auf Patrouille geschickt wird, müsse man einen Holzschlitten selbst bauen, denn in der Wildnis könne man nicht einfach einen Rettungsdienst anrufen, wenn etwas schief geht. Man ist völlig auf sich allein gestellt und sollte sich deshalb auch möglichst gut mit seinen Kameraden verstehen. Klappt das nicht, hat man ein Problem. Immer zwei Mann bilden eine Patrouille, dazu gehören elf Hunde. Die Touren finden von Februar bis Mai statt und im Winter zwei Monate ab Oktober. Täglich werden 30-50 Kilometer zurückgelegt, geschlafen wird in Zelten oder in einer Versorgungshütte. Im Sommer werden Versorgungsdepots angelegt. Das und vieles mehr erfahren wir von Bjarki. Es gehört schon eine ziemliche Portion Mut und Unternehmungsgeist dazu, in solch einer schwierigen Umgebung mit ihren Unwägbarkeiten Dienst zu tun. Das verdient Respekt. Morgen wollen wir die Station besuchen. Bjarki hat alles organisiert.

Der Rest des Tages verläuft unspektakulär. Abends findet die Modenschau statt. Auch Kapitän Ole Andreassen ist dabei.“

Soweit der Seetag – und ohne Fotos.

Fortsetzung folgt.
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Re: „There is lots of ice!“ - Nordostgrönland

Beitragvon Kumulus » Di, 23. Jan 2018, 12:40

Auch so ein Reisetag auf See ist bei euch spannend.

Danke Ronald und vor allem DANK an deine Frau
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Re: „There is lots of ice!“ - Nordostgrönland

Beitragvon Ronald » Di, 23. Jan 2018, 12:45

Moin,
Danke, Martin, werde ich weiterreichen.
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Und wer noch mehr Details über die Sirius-Patrouille wissen will, der findet es hier:

https://web.archive.org/web/20131203093 ... ng&num=415

Die Seite habe ich gerade gefunden.
Bin dabei die erste Eis-Seite zu erstellen. Dauert aber.
Gruß
Ronald
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Re: „There is lots of ice!“ - Nordostgrönland

Beitragvon inesmstaedt » Di, 23. Jan 2018, 15:01

Kaum bin ich fertig mit dem Lesen von Gudrun55s tollem Bericht, geht es mit Dir spannend weiter, Ronald. Prima! :D
Danke für den informativen Bericht mit wie immer prächtigen Fotos. Ich freue mich auf die Fortsetzung.
LG Ines
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Re: „There is lots of ice!“ - Nordostgrönland

Beitragvon Rapakiwi » Di, 23. Jan 2018, 15:40

Das sind ja großartige Impressionen, die Du uns vorstellst - wow!
Deine / Eure Einstellung zum Rentnerdasein, jetzt erst einmal zu reisen, finde ich großartig! Interessiert reist Ihr in neue Gebiete und nehmt die neuen Informationen und Eindrücke auf, um sie dann u.a. für uns aufzuarbeiten und im Forum vorzustellen: Vielen Dank dafür!

Mir gefällt, wie Du schreibst, den Bericht mit Bildern ergänzt und bei Details weiterführende Links setzt.
Ich freue mich schon darauf, mit Euch weiterzureisen; das ist ja wirklich eine spannende Tour!
Ha det bra
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„There is lots of ice!“ - Nordostgrönland

Beitragvon Ronald » Di, 23. Jan 2018, 17:26

„There is lots of ice!“
Nordostgrönland – Expedition Nordmeer 2015
Sonntag, 30. August – Danbukta


Als wir am Sonntagmorgen erwachten, sahen wir Eisschollen an uns vorbei treiben.

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Kleine Eisschollen – Grönland kündigt sich an

Noch vor dem Frühstück hörten wir vom Expeditionsleiter die Durchsage, dass wir die Treibeisgrenze erreicht haben. Jetzt wurde es spannend. Denn nun hörten wir auch, dass alle weiteren Planungen von der Eislage abhängig sind. Diese Reisen fordern von der Schiffsführung und dem Expeditionsteam Pläne. Plan A tritt in Kraft, wenn alles planmäßig verläuft. Plan B tritt in Kraft, wenn Plan A nicht greift und so ist es dann auch mit Plan C. Aber irgendein Plan wird ausgeführt, wenn auch nicht planmäßig. Und zur Erklärung fügte Steffen Biersack hinzu: „Glauben Sie nicht, dass Sie hier im Urlaub sind. Sie sind auf Expeditionsfahrt. Das ist nichts für Leute, die es mit dem Fahrplan genau nehmen. Aber deswegen sind wir ja hier.“ Und so sollte es wohl die nächsten zwei bis drei Tage werden – mindestens.
Heutiger Plan A sah das Anlaufen von Daneborg vor, also dem Hauptstandort der Sirius-Patrouille. Hier sind ständig zwölf Personen vor Ort.

Also, schnell gefrühstückt, warm angezogen - Sloggy-long-long und Windstopper-Pullover – genügend aufgeladene Akkus in die Tasche, Speicherkarten nicht vergessen, Wollmütze auf, Kameras geschultert, Wasserflasche in die Jackentasche und raus an Deck.

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Mein „Arbeitsplatz“ auf Eis-pedition

Auf der Brücke des Schiffes haben Mitglieder des Expeditionsteams ihre Ausgucksposten wahrgenommen, denn die FRAM muss sich – ungeachtet ihres eisverstärkten Rumpfes – doch durch die dichter werdenden Treibeismassen schlängeln. Und so melden die jeweiligen Ausgucksleute dem Kapitän bzw. wachhabenden Offizier die mögliche Fahrrinne, um direkten Kontakt mit größeren Eisschollen zu vermeiden – ein Unterfangen, das sich allerdings nicht immer vermeiden lässt, wie sich noch zeigen wird.

Die FRAM hat von der norwegischen Klassifikationsgesellschaft DNV (nunmehr DNV GL) die Eisklasse 1 B erhalten, d.h. sie kann Festeis bis zu einer Dicke von 60 cm durchfahren. Natürlich geschieht das nicht mit hoher Geschwindigkeit. Teilweise konnten wir auf dieser Reise nur mit ca. 1,5 Knoten fahren, das sind knapp 3 km pro Stunde, also langsamer als ein durchschnittlicher Fußgänger.

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Am Horizont gingen Schneeschauer nieder – wir schrieben den 30. August!

Die Eisschollen wurden größer und mächtiger, besonders in der Tiefe, denn 85% eines Eisberges oder einer großen Eisscholle liegen unter Wasser. Daher ist der größte Teil eines Eisberges für die Schiffsführung nicht sichtbar und bei einigen Eisbergen kann der Hauptteil in horizontaler Richtung ausgedehnt sein.

Dies konnte man bei dieser Eisscholle besonders gut sehen.
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Und noch besser bei dieser Eisscholle.

Um die Sicherheit in der Eisfahrt zu erhöhen, wurde bei der FRAM vor einigen Jahren ein SONAR-Gerät eingebaut. „Sonar“ ist die Abkürzung für „SOund NAvigation and Ranging“, also Schallnavigation und Entfernungsbestimmung. Mit einem Sonar-Gerät lässt sich horizontal navigieren, mit einem Echolot wird die Tiefe bestimmt.

Aber nicht nur Eisschollen trieben am Schiff vorbei, auch skurrile Eisformationen. Mit ein bisschen Vorstellungskraft konnte man manches Mal sogar Tiere erkennen.

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Vielleicht ein Adler?

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Ein Eisvogel?

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Unbekanntes Fabelwesen

Eigentlich sollte heute mit der Brückenführung begonnen werden, d.h. in Gruppen eingeteilte Passagiere werden eingeladen, die „Schiffsführungszentrale“ zu besichtigen und erhalten dabei Information über die Schiffsführung allgemein und die verschiedenen Navigationsgeräte und Kommandoelemente. Da das Eisfeld jedoch dichter wird, muss sich die Schiffsführung auf die Navigation konzentrieren und die Führungen werden verschoben.

Dann schob sich eine dicke Eisscholle mit einem „Eispool“ in der Mitte an uns vorbei. In diesem Pool hat sich Pfannkucheneis gebildet.

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Hierzu mehr: https://de.wikipedia.org/wiki/Pfannkucheneis

Zwischenzeitlich wurden wir informiert, dass der geplante Besuch der Sirius Station in Daneborg nicht stattfinden würde, weil dort eine Besprechung mit hochrangigen Militärs stattfinden würde und die Herren daher nicht empfangen können. Na ja, es gibt Schlimmeres!

Das Eis wurde dicker und immer größere „kleine“ Eisberge trieben umher. An diesem „Überbleibsel“ eines größeren Eisberges konnten wir sehen, dass er sich mehrmals gedreht haben musste, denn die „Schmelzrillen“ waren gut zu sehen.

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„Kleiner Eisberg“

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In der Ferne konnten wir einen Tafeleisberg erkennen.

Auch das war eine Seltenheit und wie uns erklärt wurde, war dies in der Tat ein Zeichen der Klimaerwärmung, denn Tafeleisberge kommen eigentlich nur in der Antarktis vor. Dieser Tafeleisberg hatte sich aber vom festen Schelfeis am Nordpol gelöst und driftete nun in respektvoller Entfernung an uns vorbei.
Jetzt sichteten wir zum ersten Mal: GRÖNLAND!!!

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Grönland in Sicht!

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Kap Arnakke

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In der Ferne konnten wir erkennen, dass sich ein dichter Eisgürtel um Kap Arnakke gelegt hatte.

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Das Eisfeld wird dichter und dichter und die FRAM musste nun das Eis mit dem Bulbsteven durchbrechen, um voran zu kommen.

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Hier wird eine ziemlich große Eisscholle gebrochen.

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Das geschah, indem sich der Bulbsteven unter die Eisscholle schob, diese anhob und dann zerbrach.
Jetzt schoben wir uns tatsächlich mit nur noch 1,5 bis 2 Knoten, knapp 4 km/h, durch die Danbukta.

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Wir waren so fasziniert von der immer dichter werdenden Eismasse und den fantastischen türkis schillernden Farben dicht unter der Wasseroberfläche und auch auf den Eisbrocken ….

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… und von den Spiegelungen der Sonne im Wasser und um das Eis.

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Hier lächelte uns ein freundliches Eis-Kamel an!

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Ein Eissturmvogel flog über die Eisscholle. Diese Vögel sollten von nun an unsere ständigen Begleiter werden.

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Noch mehr Eiszapfen – also war die Temperatur über 0°.

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Dieses Eisfeld versprach nur wenig Aussicht auf ein Weiterkommen.

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Langsam wurde es unheimlich, denn nirgendwo sah man eine Rinne, die eine Durchfahrt ermöglichen würde.

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Und es wurde noch dicker.

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Aus Treibeis wird langsam Packeis.

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Inmitten dieses Feldes entdeckten wir einen Eisberg.

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Inmitten des Lochs hingen Eiszapfen.

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Wir erfreuten uns an diesen schönen Naturgebilden.

Da wir kaum vorankommen, wurden die beiden neuen PolarCicle-Boote ausgesetzt, um eine Tour durch das Eis zu unternehmen. Das war dann wohl Plan C. Die Teilnehmer hierfür wurden ausgelost. Die „Glücklichen“ wurden in Überlebensanzüge gepackt und kurz darauf waren sie im leichten Nebel verschwunden. Lost in ice!

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„Lost in ice“ um 21.50 h!

Während wir gemütlich im Warmen beim Abendessen saßen, „cirkelten“ die beiden Boote für zwei Stunden durch das Eis, bis das „Mutterschiff“ die Eis-Explorer freischob. Da die FRAM über zwei 360° drehbare Azithrust-Antriebe und zwei Bugstrahlruder verfügt und damit außerordentlich wendig ist, konnte sie die beiden Boote mühelos „freischaufeln“.

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„Free again“ um 22.37h!

Bei zwei Stunden auf dem Wasser haben wir uns gefragt, was wohl schlimmer war: Das Gefühl verloren zu sein oder der Druck auf die Blase?

Letztlich erhielten wir bei der abendlichen Veranstaltung für den nächsten Tag die Information, dass der dänische Militärkommandant keine Anlandung wünschte. Damit war das Thema Sirius Patrouille erledigt und Plan C oder D würde in Kraft treten. Jedenfalls war die stellvertretende Expeditionsleiterin Ina guter Hoffnung, dass wir „vielleicht“ Eskimonæs am nächsten Tag anlaufen könnten.
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Soweit der erste volle Eistag mit wirklich eisigen Erlebnissen.
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Morgen geht es eisig weiter. Zieht Euch warm an!
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Danke, Anja. Mir macht die erneute Reise viel Spaß.
Gruß
Ronald
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Man kann sich jeden Tag ärgern, aber man ist nicht verpflichtet dazu!
Ronald
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Re: „There is lots of ice!“ - Nordostgrönland

Beitragvon syltetoy » Di, 23. Jan 2018, 19:30

Das sind sehr beeindruckende Fotos....ich friere ein wenig beim Anblick ;)
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