Es ist ein Drama...

Arbeiten, Formalitäten, Wohnen, Studieren, Au-pair, Schüler-/Studentenaustausch, Praktika. Wir sind keine Jobbörse!

Re: Es ist ein Drama...

Beitragvon Uargh! » Do, 27. Jul 2017, 11:25

@ Gudrun - na die letzen 14 Jahre fahre ich schon jedes Jahr hin. Und zwar nicht weil alles andere ausgebucht ist. Und mal für ein paar Tage woanders hinzufliegen, ist ja auch dann nicht unmöglich. Zusätzlich ist ja da die Frage, ob das zusätzlich der Masterplan fürs Alter sein könnte. Aber der Einwand ist natürlich richtig. Danke!

@Troll70
Danke für den Hinweis mit der Nutzungseinschränkung für Fritidsbolig. Hast du das eine Quelle für?
Der Gedanke sieht vor, komplett im Alter in Norge zu leben. Im dann hoffentlich bezahlten Fritidsbolig.
Bei uns im Dorf verkaufen gerade viele Rentner ihre alten 60er Jahre Mehrgenerationen Häuser um sich ebenerdige Bungalows mit ca. 70qm auf die Wiese zu bauen. So hätte ich das gerne in Norge.
Das mit den Enkelkindern erwischt mich kalt. Ich sehe wie meine Schwiegereltern durch die Enkelkinder gerade völlig aufblühen und zu ungeahnten Höchstformen auflaufen. Das scheint sehr wichtig!
Das mit dem Freundeskreis in 30 Jahren mag ich jetzt nicht bewerten.
Deinen Rat nehme ich mir zu Herzen! Vielen Dank.

@Christoph1988
Danke das du dich meldest. Ich habe von deinem Bewerbungsgespräch gelesen.
Ich war zum Schluss damals im Kundendienst und will zumindest das nie NIE mehr machen.
Vorstellbar wäre, wenn es denn sein muss, für einige Zeit als Diagnosetechniker zu arbeiten.
In Deutschland hast du in einer Werkstatt mit 10 Gesellen 8 Holzköpfe die Inspektion machen und zwei "SEHENDE".
Ich kann mir nicht vorstellen, dass das in Norge groß anders ist oder?
Deine Probleme kann ich gut nachvollziehen. Es ist etwas anderes sich Brötchen zu bestellen oder sich über komplexe technische Sachverhalte auszutauschen. Daher sehe ich auch erstmal keine Möglichkeit als Lehrer. Wobei ich gestern tatsächlich über eine Stelle gestolpert bin.

@Michael
Der Anteil E-Mobilität wächst in das Berufsbild rein. Das machen die gleichen Leute später. Es verschwindet also kein ganzer Berufszweig, wie bei uns der Radio- und Fernsehtechniker in den 90ern. Das Berufsbild verändert sich einfach. Vernetzte Fahrzeuge waren vor 30 Jahren auch noch undenkbar. Heute arbeiten wir damit ohne drüber nachzudenken.

@fjellnorge
Da ich gelernter Handwerker bin, kann ich nur sagen, dass der Preis für meine jetzige Tätigkeit sehr sehr hoch war. Falls jemand Vorurteile gegen Lehrer hat - der Weg dorthin ist die Hölle! Und das jetzt zumindest ohne einen halbwegs vergleichbaren Job wegzuwerfen, grenzt schon an grober Dummheit. Das macht es mir auch so schwer.
Ich hätte eher gedacht, dass unter der Regierung Solberg eher wieder etwas zurückgerudert wird. Danke für den Hinweis.
Mit den Strukturen und Rahmenbedingungen meiner Arbeit kann ich mich auch nicht identifizieren. Aber die Tätigkeit liebe ich. Das ist so als wenn man den richtigen Job in der falschen Firma macht. Wenn du nichts dagegen hast würde ich dich bezüglich der Hytte mal privat anschreiben.
Auch für deine klare Positionierung danke ich dir sehr.

Auf solche Beiträge habe ich gehofft. Sehr viele differenzierte Sichtweisen. Ich danke euch sehr.

Viele Grüße
Alex
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Re: Es ist ein Drama...

Beitragvon fjellnorge » Do, 27. Jul 2017, 12:01

Brauchst net fragen, send einfach die PN
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Re: Es ist ein Drama...

Beitragvon Christoph1988 » Do, 27. Jul 2017, 16:19

Also das man in einer hytte nicht das ganze Jahr wohnen darf, kann ich dir auch schonmal bestätigen...das wollte einer meiner jetzigen Kollegen probieren und ist damit wohl aufs "Maul" geflogen :roll:

zu den 8 Idioten und 2 sehenden:
ich habe in einem Audi Diagnosezentrum gelernt und auch danach gearbeitet...da waren wir sehr gut aufgestellt, bis der Laden den Eigentümer gewechselt hat und nun von den damals 13 Mechanikern noch einer übrig geblieben ist...danach war ich Meister in einer Motorradwerkstatt und habe da auch mitgeschraubt, zusammen mit einem Mechaniker, der zwar wirklich gut reparieren konnte, aber bei Diagnosen echt oft überfragt war...das hatte er mir aber gleich gesagt und der rest war wirklich gut bei ihm...

In Deutschland oder auch in Norge würde ich mich niemals in die Kundenannahme begeben...das wusste ich aber auch schon vor meiner Meisterausbildung ;)

In Norge gibt es definitiv auch sehr gute Mechaniker und Techniker, aber hier läuft halt vieles komplett anders...

Ein guter Mechaniker / Meister / Techniker wird man überall nur, wenn man Ehrgeiz, gute Auffassungsgabe und Interesse hat...Das gilt für Norwegen genauso wie für Deutschland...Nur bei der Bezahlung dürfte eigentlich gar keiner mehr in D im Handwerk arbeiten

Wenn ich mein Gehalt vorher / nachher vergleiche, liegen zwischen N und D da Welten...und in D habe ich als Meister meist 50h gearbeitet und hier 37,5h und hatte in D keinen Bonus und Überstundenzuschlag...



Eigentlich musst du dich / Ihr euch doch nur fragen, ob ihr das wirklich wollt...ich hatte in D zuletzt nur miese Jobs und das hat meine Entscheidung extrem vereinfacht, war aber nicht der einzige Grund...Ich hätte auch nie gedacht, dass es gleich mit der ersten Bewerbung so einfach klappt...
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Re: Es ist ein Drama...

Beitragvon Uargh! » Do, 27. Jul 2017, 21:31

Danke für deine Eindrücke!

Ich gebe dir völlig recht, dass es maßgeblich an der Geschäftsführung liegt, wie die Werkstatt aufegstellt ist. Wie bestellt - so geliefert. Und ja - es ist mittlerweile aufgrund der Bezahlung mittlerweile ein Riesenproblem guten Nachwuchs und gute Leute zu bekommen. Verständlicherweise. Der Lehrling in Kanada verdient mehr als der Geselle bei uns. Daher herscht in Deutschland das denken, das man nur noch als Häuptling durchs Leben kommt und die Indianer hinten runter fallen. Dummerweise braucht man aber viele Indianer.
Ich finde es großartig, dass du nun einen Arbeitsplatz hast wo dein Können wertgeschätzt wird. Der Job ist verflucht schwer und wird in D von jeden Piffer der aber auch wirklich gar nichts kann, belächelt. Nur weil es Handwerk ist und daher gefälligst per se unteres soziales Drittel der Bevölkerung zu sein hat. Ein Kfz-Mechatroniker der in D ein Haus kaufen kann, wird schon schief angeschaut. Und der Bäckereikunde kauft ja mit seinen 2,50€ den Stolz der Verkäuferin gleich mit. (Grusslos - "Ich krieg 3 Brötchen"). Ich war immer sehr stolz darauf - Handwerker zu sein.

Sehe ich das richtig, dass du nun mitarbeitender Meister/Techniker bist? Wie lange schätzt du, wird es noch dauern, bis du halbwegs reibungslos mit deinen Kollegen sprechen kannst? Ein Bekannter der 5 Jahre oben gelebt hat, nannte mir einmal sehr ambitionierte 6 Monate. Aber vielleicht hat er ja recht?

Wie schätzt du den Bedarf in der Branche ein? Kfz-Leute wurden ja schon vor 15 Jahren gesucht. Egal in welchen Funktionen. Hast du einfach Glück gehabt oder ist die Bedarfslage tatsächlich noch so?

Viele Grüße
Alex
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Re: Es ist ein Drama...

Beitragvon Christoph1988 » Fr, 28. Jul 2017, 5:11

Ich bin ganz "normaler" Mechaniker...
Es gibt zwar in N auch einen Mester, das hat aber nix mit dem dt. Meister zu tun...aber so langsam erkennen sie mein Potenzial glaube ich;)

Mein norwegisch ist in den 4 Wochen Arbeit schon deutlich besser geworden, es ist aber auch extrem hilfreich, dass ich 3 deutsche Kollegen habe...Zusätzlich arbeite ich bei Audi, dass heißt ich kann mir alle Rechner auch auf deutsch einstellen ( Ich wollte aber auch nur bei Audi arbeiten, da ich da schon so viel Erfahrung habe und das den Einstieg extrem erleichtert)

Mit guten Vorkenntnissen und richtig Fleiß kann ein halbes Jahr durchaus realistisch sein, aber ich denke zum Wissen vermitteln wird man mehr Zeit brauchen...Durch meine deutschen Kollegen, spreche ich natürlich auch viel deutsch...
Die ganzen Dialekte sind aber schon krass...Ich muss auch zugeben, dass ich selbst auf deutsch wirklich Probleme mit Dialekten habe und vieles da so gar nicht verstehe

Zu dem letzten Punkt: ja in der KFZ Branche wird hier wirklich stark nach fähigen Leuten gesucht...
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Re: Es ist ein Drama...

Beitragvon Uargh! » Fr, 28. Jul 2017, 9:17

Vielen lieben Dank Christoph. Toll solche Informationen aus erster Hand zu bekommen.
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Re: Es ist ein Drama...

Beitragvon ChristianAC » Fr, 28. Jul 2017, 9:28

......wobei es durchaus von Vorteil sein kann, KEINE deutschen Kollegen zu haben UND es schafft
den norwegischen Kollegen abzugewöhnen ins Englische zu wechseln :-)

Intensiver kann der Sprachkurs dann gar nicht sein.

Mvh

Christian
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Re: Es ist ein Drama...

Beitragvon Icke-berlin » Fr, 28. Jul 2017, 13:25

Hai, da du BaL bist und auch noch im höheren Dienst, würde ich das Vorhaben in den Ruhestand schieben, ich stehe vor der gleichen Fragestellung und habe mich dazu entschlossen zu warten, eventuell etwas früher in Pension zu gehen, mit Abzügen versteht sich, zumindest ist dann das finanzielle gesichert. Auch wenn es eventuell für dich in N gute Berufschancen gibt, hängt alles irgendwie an der Sprache. Hier weißt du was du hast, was du bekommst weißt du nicht. Ich lebe mit der gleichen Sehnsucht aber irgendwie bin ich auch ein Sicherheitsfreak ;-)
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Re: Es ist ein Drama...

Beitragvon Icke-berlin » Fr, 28. Jul 2017, 14:04

Soviel zur Sprache und Schreibweise... nicht hai, sondern hei ....(Autom. Korrektur)
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Re: Es ist ein Drama...

Beitragvon Christoph1988 » Fr, 28. Jul 2017, 14:23

@Christian: Sicherlich ist es für das Erlernen der Sprache besser nicht ständig auf deutsch wechseln zu können...ich versuche auch soviel wie möglich auf norwegisch, aber manchmal ist es auf deutsch einfach sicherer um Fehler und Missverständnisse zu vermeiden...

UND: ich hätte auf Arbeit definitiv weniger Spaß, da so doch tiefgründigere Gespräche und auch Späße möglich sind...
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Re: Es ist ein Drama...

Beitragvon limor » Fr, 28. Jul 2017, 20:45

Hei Alex.

Wir (Lehrerin øfftl. Dienst und Tischler) waren bereits 50 – als wir uns dazu entschlossen: zu Leben wovon manch andere traeumen, umziehen nach Norwegen. Alles, was wir besassen und glaubten erreicht zu haben (gehobene berufl. Stellung, unkuendbar und mit Herzblut jeden Tag dabei) – zu verkaufen, aufzugeben –gegen WAS?

Anfangs gegen eine «Keller – studenten – bude» mit unseren Schaetzen in 24 Kartons. Wir haben (heute nach fast 10 Jahren rueckblickend) kleine Schritte gemacht, uns nichts unnoetiges «luxurioeses» angeschafft in der ersten Zeit hier.

Auf beruflichen Neuanfang gesetzt (vom Lehrer zum Miljøarbeider ungelernt «mutiert» und mit naja damals 134 kr. Timelønn bezahlt, ich war gluecklich wenigstens etwas zum Leben beisteuern zu koennen) – aber nach bestandenem Bergenstest dann beruflich umgesattelt. Heute pedagogischer Leiter in einem Kindergarten und wie ein hier ausgebildeter bezahlt, mit Anrechnung der deutschen Berufsjahre dank EØS. Voellig zufrieden.

Mein Mann als Tischler in einer Baufirma als Handwerker – er musste sich mehr mit der gediegen geruhsamen Arbeitsweise vertraut machen, anpassen – ansonsten beruflich und menschlich problemlos anerkannt und aufgenommen von den Kollegen.

Wir haben fast ausschliesslich norweg. Bekannte, Freunde.

So nun ABER

Wir waren 2, ohne Luxuserwartungen. Darauf aus, das Leben noch einmal fast von Grund auf neu zu gestalten. Mit der Zeit kam eins zum anderen – von der Studentenbude zum eigenen Haus am Fjord, von dem winzigen 25 Jahre alten Gebrauchtauto zum Mittelklasse Van, von Mietboot zu eigenem, Reisen usw.

alles Dinge die ich probemlos zurueckgeben wuerde – bis auf eines: das gelernte (und wir lernen das Geniessen immer noch!) ruhige fast eintoenige Leben hier. Das uns beide zwingt miteinander zu reden, miteinander zu leben, sich bei Heimweh zu halten.

Nachdenkenswert: Verlust des direkten Familienkontaktes (Kinder, Enkelkinder), Urlaub und das Land bewundern ist nicht arbeiten und Leben hier (manch Unterschied zwischen den Kulturen), Sprache (auch wenn manch einer sagt, leicht zu erlernen... bin ich trotzdem der Meinung, dass ein tiefes Empfinden in der neuen Sprache erst nach Jahren erlernt wird...ich vermisse immer wieder das emotionale Erfuehlen der neuen Sprache), finanzieller Neubeginn (alles muss ja doch irgendwann neu erworben werden), Berufschancen (deine Frau ist Sachbearbeiterin...also auch fuer deine Frau eine berufliche Umorientierung notwendig) ---- und bei allen Gedanken nicht vergessen: Arbeitslosigkeit ist in Norwegen kein Fremdwort mehr.

Wir haben es damals so gemacht: Mann zuerst, Arbeit, Unterkunft, sich und damit auch uns beiden Zeit gelassen mit dem Umsiedlungsgedanken (wir haben ueber 1 Jahr dann geplant), angekommen Gefuehl entwickelt, erste Sprachkenntnisse,...

Ich Frau zunaechst weitergearbeitet in Deutschland und dann alles abgewickelt- bis ich dann 1 Jahr spaeter mit einem Sprinter und den besagten Kartons auf dem Weg war! -- Und etwas zuletzt noch: wir sind trotz des Wohlfuehlens hier offen fuer ein Leben in Deutschland - nach der Berufszeit, weil dann vielleicht gerade die 1. Heimat angenehmer zu leben ist- mit dann noch weniger Kartons zurueck ... :)

So nun wuensche ich euch das ihr euer gemeinsames Leben nach euren Wuenschen gestaltet! Alles Gute! Linda
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Re: Es ist ein Drama...

Beitragvon Christoph » Fr, 28. Jul 2017, 21:10

Nur mal so am Rande bemerkt: Das ist ein klasse thread!!! Danke an alle, die sich da einbringen...das Mitlesen macht echt Spaß.

Schönes WE Euch allen...
Christoph
"Wen Gott liebt, den lässt er fallen in dieses Land am Polarkreis (Helgeland)."

frei interpretiert (erweitert) nach einem Zitat von Dr. Ludwig Ganghofer
Christoph
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Re: Es ist ein Drama...

Beitragvon troll70 » Sa, 29. Jul 2017, 7:23

@limor

Hallo Linda, Kompliment fuer diesen superklasse Eintrag.

Ich kann vieles von dem aus eigener Erfahrung bestaetigen. Auch bei uns war es so, dass wir in Deutschland gute Jobs hatten, ein ziemlich neues Haus und auch sonst keine Sorgen hatten. Und trotzdem haben wir den Schritt ins Ungewisse (mit 3 Kindern) gewagt. Heute sind wir wirtschaftlich in etwa dort, wo wir in De aufgehoert haben und einige Erfahrungen reicher.

Am Ende des Tages geht man mit einer Auswanderung ein Risiko ein, weil man seine Wohlfuehlzone verlaesst und sich selbst auf ein komplett anderes Gleis setzt. Wer dafuer offen ist, der akzeptiert ggf. auch einen (temporaeren) wirtschaftlichen/beruflichen Rueckschritt. Und man akzeptiert auch das Risiko, dass nicht alles so klappt, wie geplant.

Aber Vorsicht: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass der Entscheidungsprozess "Gehen oder Bleiben" wie ein Schwimmen im Fluss war: Man schwimmt von Kilometerstein zu Kilometerstein und stellt irgendwann fest, dass man in Gedanken schon lange am Meer angekommen ist. Und spaetestens da gab es de facto kein zurueck mehr.

Aber es hat sich gelohnt.

Schoenes Wochenende Euch allen
troll70
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Re: Es ist ein Drama...

Beitragvon Uargh! » Sa, 29. Jul 2017, 11:43

@Icke-Berlin
Genau das ist es. Ich habe mein ganzes Leben gebraucht um da jetzt hinzukommen wo ich bin. Aber das will ich gar nicht zu hoch aufhängen. Ich könnte mir schon vorstellen, wieder irgendwo angestellt zu sein und irgendwas Technisches zu machen. Manchmal reizt mich das auch hier. Auszubrechen und diesen verkopften, ineffizienten Beamtenapparat hinter sich zu lassen. Es macht nicht nur froh als Beamter abgesichert zu sein. Das Wissen, jetzt auch in diesem Konstrukt eingebaut zu sein und die Erkenntnis, das man die derzeitige Tätigkeit noch die nächsten 30 Jahre machen wird verursacht nicht unbedingt nur angenehme Gedanken.
Zusätzlich - und da wirds böse - die Pensionsanprüche. Man zerschießt sich ja schlichtweg die Altersversorgung. Und da wird mir auch mulmig - Stichwort von dir - Sicherheitsfreak.

@Linda
Vielen herzlichen Dank für deinen tollen Beitrag.
Ihr habt im gehobenen Alter alles aufgegeben, jeden Preis in Kauf genommen und wieder alles erreicht. Inklusive norwegischen Freundschaften, was auch nur für euch spricht.
Ich rede mir ja auch ein, dass es die ersten ein, zwei Jahre schwer werden und dann alles von selbst läuft. Fleiß und Einsatz natürlich vorausgesetzt. Bei uns sind es leider mehr Kartons und - du hast es angeführt - auch mehr Personen. Aber ich kann mir wirklich schlimmeres vorstellen, als meine Kinder in eine norwegische erste Klasse zu setzen. Im Gegenteil - die Kinder sind jung genug. Wir würden unser Liebstes ja mit in die neue Heimat nehmen und hätte keinen Verlust der Kinder dadurch.
Es geht ja in erster Linie um die norwegische Lebensart wie du so schön geschrieben hast. (ruhige eintönige Leben)
Ich kenne so viele, die dabei verrückt würden. Persönlich könnte ich da gar nicht genug von bekommen. Zeit miteinander verbringen, die kleinen Dinge höher zu gewichten, sich einzubringen und einfach Geschwindigkeit rauszunehmen. Und das in märchenhafter Umgebung. Alleine die paar Tage zusammen als Familie im Urlaub, haben uns so gut getan. Und das lag nicht am Urlaub, sondern am Ort.
Was mich nachdenklich macht ist der Gedankengang, dass ihr euch den Lebensabend wieder in Deutschland vorstellen könntet. Warum? Ich habe mich vor 10 Jahren in D noch sehr wohlgefühlt. Nun finde ich mich kaum wieder und im Alter hätte ich schier Angst hier zu leben. Stichworte dabei sind der zwischenmenschliche Umgang miteinander, Systemversagen, gescheiterter Rechtsstaat, unglaubwürdige Politik, Medienmissbrauch, Meinungsmache, Hexenjagden, Wertschätzung im Beruf, innere Sicherheit, Kriminalität. Ich habe keine Lust als Rentner einen 2-Meter hohen Zaun mit Überwachungskameras um mein Grundstück zu ziehen, wie es heute schon in vielen Ecken Italiens der Fall ist und mich nur im Hellen hinaus zu trauen.

@troll70
wie alt waren eure Kinder denn als ihr gestartet seid? Das mit der Wohlfühlzone trifft es sehr gut. Planbarkeit aufzugeben und sich Zufällen auszusetzen..
Dein letzter Absatz ist das Gefährliche und trifft es auf den Punkt. Ein Freund von mir doktort seit Ewigkeiten an seiner Beziehung rum obwohl für alle im Umkreis längst klar ist, dass das Thema erledigt ist. Und er selbst weiß es insgeheim auch!

Ich möchte nochmal danke für eure tollen Beiträge sagen. Das ich so viele so differenzierte Meinungen und Geschichten und auch das ein oder andere sehr persönliche von euch zu lesen bekommen, hätte ich nicht erwartet.

Ihr seht mich jetzt in der vielen bekannten "Soll ich" oder "soll ich nicht " Situation.
Wenn ich nun reflektiere muss ich mir wahrscheinlich eingestehen, dass ich mich durch meinen Beruf etwas zu sehr hier eingebaut habe. Der Preis dafür war einfach zu hoch um es nun zu zerstören. Auf der anderen Seite - Das Haus ließe sich in 2,5 Jahren ohne Vorfälligkeit verkaufen. Eigentlich ein gutes Zeitfenster. Und ein guter Zeitpunkt. Jetzt könnten wir noch mit den Kindern rüber. In 10 Jahren sicher nicht mehr so leicht. Danach bleibt der Rentnertraum. Bis dahin dauert es noch recht lange. Aber die finanzielle Sicherheit wäre da. Das restliche berufliche Leben in D aber auch.

Ihr seht - ich bin noch nicht fertig. Ständig am hadern und auf der Suche nach dem Weg ohne Nachteile und Risiken. Den werde ich nicht finden. Ob ich schon im Meer angekommen bin oder nicht, werde ich mal versuchen mit mir auszumachen. Die Antwort kenne ich aber eigentlich jetzt beim Schreiben schon.
Was nicht schaden kann - und da habt ihr mich ein ganzes Stück nach vorne gebracht, ist sich mit der Thematik auseinander zu setzen und Information zu sammeln. Auch wenn dabei das Risiko steigt, ganz sicher im Meer zu landen.

Was ich im Querschnitt herauslese: Jeder, der hier geschrieben hat und den Schritt irgendwann unter verschiedenen Umständen gemacht hat, scheint in Norge das gefunden zu haben, was er gesucht hat. Und auch das hilft mir weiter.
Ich habe einen Bekannten, der nach fünf Jahren wieder zurück nach D ist. Bei dem weiss ich aber ganz genau warum es nicht geklappt hat. Die Grundeinstellung passte hinten und vorne nicht.

Vielen lieben Dank euch allen!
Uargh!
 
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Re: Es ist ein Drama...

Beitragvon troll70 » Sa, 29. Jul 2017, 12:31

Hei igjen,

als wir starteten, waren unsere Kinder 9, 6 und 2 Jahre alt. Die Kids hatten null Sprachkenntnis, wurden aber super in der Schule (und die Kleine im Kindergarten) integriert.

Bei uns war es so, dass wir das Thema Norwegen immer wieder diskutierten und wir es irgendwann leid waren, das Thema jedesmal von vorne zu debattieren. Und wir wollten die Entscheidung nicht der Zeit ueberlassen, sondern bewusst selbst treffen Wir haben uns dann fast ein Jahr Zeit genommen, um uns darueber klar zu werden, was wir wirklich wollen (als uns bewusst wurde, dass die Huette im Rentenalter fuer uns keine Option war). Als wir dann wussten, was wir wollen, haben die Vorbereitungen begonnen (Sprachkurse, all die Fragen rund um Rente, Job etc.).

Gluecklicherweise (ja, etwas Glueck gehoert hier und da auch dazu) gingen Hausverkauf und Jobsuche (bzw. -finden) fast gleichzeitig ueber die Buehne, so dass wir Anfang 2011 loslegen konnten.

Tipp vielleicht noch: Wir hatten damals eine Art "Beraterteam" etabliert aus Freunden, die offen fuer Neues sind, aber alles kritisch hinterfragen. Die hatte die Aufgabe, uns auf den Boden der Tatsache zurueck zu holen, falls unsere Luftschloesser zu rosa wurden. Die vier Jungs/Maedels waren uns sehr wichtige Sparringspartner.

Viel Erfolg beim Entscheidungsprozess. Und bei Fragen einfach melden (auch per PN).

Beste Gruesse
troll70
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