Hier kommt der versprochene Reisebericht unserer großen Norwegen-Reise vom
21.Mai bis 5.Juli 2013. Ich beginne ganz einfach und dann sehen wir, wie weit wir kommen, denn in zwei Wochen sind wir wieder unterwegs.
Im Land der Mitternachtssonne
oder
Von Halstenbek nach Hamningberg – wo Norwegens Straßen enden
Vorbemerkung - Reiseplanung
Ja, wir haben unseren Traum in die Tat umgesetzt! Ende April 2013 haben Doris und ich das Ende unseres Berufslebens erreicht. Nun haben wir Zeit zum Reisen – ohne zeitliche Beschränkung durch Urlaubsvorgaben.
Nachdem wir mit den Schiffen der Hurtigrute viermal von Bergen nach Kirkenes und zurück entlang der norwegischen Atlantikküste gefahren sind, zwei Mal mit der FRAM die norwegischen Fjorde besucht und zwei Mal mit dem Wohnmobil Norwegen bis hinauf nach Kristiansund durchfahren haben, träumten wir davon, diese Küste einmal ohne zeitliche Fremdbestimmung zu entdecken, ebenso wie einen Teil innerhalb Norwegens, wie z.B. das Saltfjellet.
Geplant hatten wir die Reise über den Winter 2012/2013. Hotels und Fähren buchten wir im Voraus. Da wir von unseren anderen Norwegenreisen wussten, mit welcher Durchschnittsgeschwindigkeit man höchstens rechnen kann, nämlich ca. 50 km pro Stunde, Fotostopps eingeschlossen, konnten wir die Tagesetappen so planen, dass keine Hektik aufkommen würde. Bei der Planung waren ebenso Fährüberfahrten, insgesamt 18 innernorwegische Fahrten, und Wartezeiten vor den Fähren zu berücksichtigen. Da wir uns schon im August 2012 Detailkarten von Norwegen aus Arendal mitgebracht hatten, wurde die Detailplanung wesentlich erleichtert. Zudem war das Internet eine große Hilfe bei der Bestimmung der Fahrtdauer.
Eigentlich hatten wir die Tour nur bis Tromsø geplant. Dann gab uns im August 2012 ein norwegischer Geschäftsfreund noch den Tipp, unbedingt vorher auf die Insel Senja zu fahren, wenn wir schon auf den Vesterålen bei Andenes sein würden. Diesen Tipp haben wir dann eingeplant. Aber dass wir durch die Finnmark über Alta und Lakselv bis nach Vadsø und Vardø fahren würden, war auch nicht geplant, zumal wir von der Finnmark lediglich die Ansichten von der Hurtigrute und von zwei Fahrten zum Nordkapp kannten.
Dass wir dann doch die Finnmark einplanten, hatte folgend Ursache. Anfang November 2012 hatte ich eine berufliche Korrespondenz mit Kapitän Arild Hårvik von der FRAM. Zugleich übersandte ich ihm unseren nunmehr detaillierteren Entwurf des Reiseverlaufs ab Tromsø. Einen ersten Entwurf hatte er schon einmal von mir erhalten, woraufhin er beiläufig schrieb, ich könnte ihn ja Zuhause besuchen. Nun aber schrieb Kapitän Hårvik zum zweiten Mal dass wir auf unserer Tour bei ihm vorbeischauen sollten, er würde sich sehr freuen. Zugleich erhielten wir auch die Angabe seiner privaten Mobiltelefonnummer, des Wohnorts Nesseby und des Zeitraums, ab wann er wieder Zuhause sein würde: Ab 10.Juni. Also: nichts wie hin!
Aber wo liegt Nesseby? Wir haben es gefunden: Es liegt am Varangerfjord etwa 37 km westlich von Vadsø! Demzufolge legten wir eben noch einmal 1.166 km von Tromsø obendrauf und planten ihn zu besuchen.
Dieses Vorhaben würde uns dann aber auch die Gelegenheit geben, direkt zu den Leuchtfeuern Kjølnes und Slettnes zu fahren, und auch zu den kleinen Häfen der Hurtigrute, in denen das Schiff lediglich bis zu maximal 30 Minuten liegt: nach Berlevåg, Båtsfjord, Mehamn und Kjøllefjord sowie den früheren Anlaufpunkt Gamvik. Laut Michelin-Karten sind die Straßen E 6 und dann der FV 98 (fylkesvej – Provinzstraße) in der Finnmark als „landschaftlich besonders schöne Straßen“ gezeichnet, führen sie doch „fast ausschließlich“ am Wasser an den Fjorden entlang. Na, das wollten wir mal sehen! Wir freuten uns jedenfalls schon gewaltig und unternahmen weitere Internet- und Literaturrecherchen über Landschaft, Sehenswürdigkeiten und historische Orte.
Diese übertrugen wir dann in unseren Streckenplan. Dank verschiedener Internetportale konnten wir die Distanzen zwischen den Orten bis in die Finnmark hinein nach Hamningberg in unseren Streckenplan übernehmen. Ebenso verzeichneten wir hier die Sehenswürdigkeiten, die wir uns ansehen wollten als auch die Hotels mit Adressen und Kontaktdaten. Und natürlich durften die Anlaufzeiten der Hurtigrutenschiffe in den einzelnen Hurtigrutenhäfen nicht fehlen.
Die Zeit bis zum letzten Tag der Berufstätigkeit verging wie im Fluge. Und dann waren es auch nur noch drei Wochen bis zum endgültigen Start und der Streckenplan wurde noch einmal einer Revision unterzogen, bevor wir diesen laminieren und mit einer Spiralbindung versehen haben lassen. Er sollte uns eine gute Unterstützung auf der Fahrt werden.
Letzte Vorbereitungen
Letzte Vorbereitungen wurden getroffen, d.h. Nachbarn wurden gebeten, den Briefkasten zu leeren, ein Bekannter möge sich um den Rasen und den Garten kümmern und die Dachbox war beim Autohaus ohnehin schon lange reserviert. Am Freitag vor der Abfahrt wurde die Dachbox montiert, nachdem unser Auto bei km-Stand 16.614 noch einmal einer Inspektion unterzogen wurde. Vorgepackt waren unsere Kleidung und Ausrüstung bereits im Haus, die Akkus der verschiedenen Kameras aufgeladen und so verbrachten wir Pfingsten 2013 im Regen wartend Zuhause. Am Montagabend, 20.05. wurde noch die Dachbox gefüllt und abgeschlossen. Das war’s für heute, die Spannung stieg.
Dienstag, 21.05.2013
Halstenbek – Auslaufen Kiel unter Deck
Am Dienstagmorgen, 21.05. wurden die letzten Taschen und Fotorucksäcke im Auto verstaut. Um 10.45 Uhr erfolgte die Abfahrt nach Kiel, denn wir hatten die COLOR MAGIC der Colorline für die Überfahrt nach Oslo gebucht.
MS COLOR MAGIC in Kiel
Um 11.30 Uhr erreichten wir den Norwegenkai in Kiel und wir reihten uns in die ungewohnt kurzen Warteschlangen ein.
Ungewohnt leer – Unsere „Bergziege“ in Kiel
Ungewohnt kurz, denn es war ein Werktag; während des Berufslebens blieb uns eben nur das Wochenende, um den Urlaub optimal auszunutzen. Demzufolge hatten wir auch ungewohnt viel Platz zum Aussteigen auf dem Autodeck.
Platz auf dem Autodeck
Übernachtungstasche raus und die kleine IXUS-Kamera. Alles andere blieb im Auto. Die Leuchtfeuer entlang der Route nach Oslo habe ich ebenfalls schon mehrere Male fotografiert, so dass die große Kamera ebenfalls im Auto blieb. Auch im Schiff war es leerer, obwohl die Restaurants gut ausgebucht waren. Der Panoramasalon bot uns einen guten Platz und da es draußen ungemütlich diesig und regnerisch war, bleiben wir bei dieser Ausfahrt aus der Kieler Förde im Schiff, denn sonst ist unser Platz nicht nur beim Auslaufen, sondern auch während der weiteren Überfahrt meistens an Deck. – Ungeachtet des Regens standen bei Heikendorf einige „Norwegenfans“ mit einer riesengroßen norwegischen Flagge und winkten zum Schiff. Daraufhin ertönte das Typhon dreimal lang, was an Land natürlich den Jubel steigerte.
Gruß aus Kiel
Den Nachmittag verbrachten wir lesend in der Panorama-Lounge. Abends ging es nach dem Essen noch in das Kasino, um die Reisekasse etwas aufzubessern – dachte ich, doch die Kugel rollte anders als ich erhoffte. So ging es dann schließlich in die Koje.
Mittwoch 22.05.2013
Oslo – Valdres: „Schwimmen“ durch das Hallingdal - Fagernes
Die Überfahrt verlief ruhig und wir erreichten Oslo um 10.00 Uhr. Um 10.20 Uhr verließen wir die COLOR MAGIC mit Fahrtziel Vadsø, doch die erste Etappe ging bis Fagernes im Valdres. Das Valdres ist eine sehr schöne und abwechslungsreiche und spannende Landschaft mit hohen Bergen, Tälern, Seen, Flüssen und hübschen Ortschaften – wenn man sie denn sieht. Auch hier regnete es – und es sollte weiter regnen.
Wir „schwimmen“ nach Fagernes
Zunächst ging es entlang des Krøderen, einem Binnensee, der vom Fluss Bromma gespeist wird – wegen der Schneeschmelze und des Regens sogar sehr gut. Bei Veikåker passierten wir eine riesige Landhandleri, die mit Öko-Eiern, Übernachtung, Weinkeller (!), Kaffee, Bootsausleihe, Jagd- und Fischereischeinen sowie Antik um Kunden warb.
Veikåker Landhandleri
Gegenüber Veikåker am anderen Ufer des Krøderen liegt der Ort Ringnes und der seit über 600 Jahren bestehende Hof Ringnes gård. Der Hof befindet sich immer noch im Besitz der Familie. Und diese Familie war es auch, welche die heute größte Brauerei des Norwegens gründete und dem Bier den Namen Ringnes gab. Doch leider war das große Anwesen nicht zu sehen, da es heftig regnete.
Wir fuhren durch das Hallingdal entlang der über die Ufer getretenen Bromma. Die Bäume standen tief im Wasser. Einige kleinere Flüsse waren zu rauschenden Strömen gewachsen.
Krøderen
Kurz hinter Veikåker trifft sich die Straße E 7 mit der Bergenbahn und verläuft bis Gol parallel. Wir passierten zunächst die 1858 gebaute Holzkirche von Flå
Flå kirke
und etwas später die 1932 gebaute Holzkirche von Herad,
Herad kirke
bevor wir Gol erreichten.
Gol, durch seine Stabkirche bekannt, sollte eine Zwischenstation sein ist. Das Original der Stabkirche steht allerdings im Norsk Folkemuseum in Oslo auf der Insel Bygdøy. Heute befindet sich in Gol nur eine Replik, für deren Besichtigung wir Eintritt zahlen sollten. Da wir bereits eine „replizierte“ Stabkirche in Fantoft bei Bergen gesehen hatten, ersparten wir uns die Besichtigung.
In Gol hörten wir ein mächtiges Rauschen. Trotz des immer noch andauernden Regens mussten wir dem Geräusch nachgehen und entdeckten den Wildbach Hemsil, der mit mächtigem Getöse zu Tal rauschte.
Hemsil in Gol
In Gol bogen wir auf die Straße 51 nach Fagernes ab und fuhren ein Stück über das Golsfjell.
Auf dem Golsfjell
Wir erreichten unser Hotel in Fagernes noch vor 18.00 Uhr. Wir hatten für unsere Reise geplant möglichst bis 18.00 Uhr im Hotel zu sein. Dies ist uns bis auf wenige Ausnahmen auch gelungen; häufiger waren wir bereits um 16.30 Uhr oder 17.00 Uhr am Hotel, so dass man sich nach dem „häuslichen Einrichten“ vor dem Abendessen noch etwas frisch machen konnte.
Das „häusliche Einrichten“ bestand in der Planung der Kleidung für den nächsten Tag. Die saubere Wäsche befand sich in der Dachbox. In dem Übernachtungsrolli befand sich jeweils Vorrat für drei bis 5 Tage. Es musste also ausgetauscht werden und im Regen die Dachbox öffnen, macht nicht so richtig Spaß. Dann mussten die Aufladegeräte angeschlossen und die Akkus für Foto- und Filmkameras aufgeladen werden. Letztlich galt es noch einen Kühler mit Eiswürfeln zu besorgen, damit die Getränke auf dem Zimmer auch gekühlt werden konnten. Aber dazu kommen wir später.
Das Quality Hotel & Resort Fagernes war sehr gemütlich eingerichtet u.a. mit mehreren Sitzecken und einer kleinen Bibliothek. Vom Restaurant und einigen Sitzecken hatten wir eine Aussicht auf den Veslefjorden, der Teil des Strondafjorden ist. Allerdings wurde diese durch den Dauerregen getrübt. Auch das Hotel litt unter dem hohen Wasserstand des Fjords. So waren bereits einige Räume im Untergeschoss geschlossen worden.
Das Abendessen war sehr lecker: Bergforelle auf Kartoffel-Blumenkohlschaum und grünem Spargel mit Dillkartoffeln und Buttersauce. Nach etwas Bieren und Wein ging es in die Koje, denn der nächste Tag sollte uns durch Jotunheimen führen.
Teil 2 folgt