von Badener1972 » Sa, 04. Aug 2018, 6:24
Also zunächst eines, ich bin noch nie ausgewandert und habe dies aktuell auch nicht geplant.
Allerdings habe ich, bereits zu Vor-Euro-Zeiten, Erfahrungen im Ausland sammeln dürfen. Schlicht als Fahrer eines 40-Tonnen Gliederzuges quer durch Europa. Vorzugsweise fuhr ich zwar in Frankreich, Spanien, Italien, der Schweiz und in Benelux, kam aber auch ein paar mal nach Dänemark und zweimal auch nach Norwegen. Dazu sei gesagt, die einzige Fremdsprache die ich recht gut beherrsche ist Englisch, alle anderen europäischen Sprachen befinden sich bei mir im rudimentären Stadium, um also am Rasthof und/oder in der Tankstelle das zu bekommen was ich will reicht es aus.
In meinem Berufsleben habe ich immer wieder eine Erfahrung gemacht. Man kommt meist am besten mit den Leuten zurecht, wenn man sich ihren Gepflogenheiten anpasst. Konkretes Beispiel:
Be- oder Entladeadresse in Spanien oder Mittel-/Süditalien ohne festen Be-/Entladetermin. Hatte ich solche Adressen und mir ausgerechnet, das ich im Zeitraum zwischen 12 und 15/16 Uhr dort ankomme, habe ich mich nicht abgehetzt und bin dann sofort bei Ankunft ins Büro gestürmt, nein. Ich bin ganz gemütlich bei der jeweiligen Firma auf den Hof gefahren, hab mich, wenn möglich, in den Schatten gestellt, den Motor ausgemacht, und erstmal die Lage sondiert. Hab ich dann gemerkt das da Betrieb herrscht, bin ich genauso gemütlich Richtung Büro und war mit diesem Vorgehen meist nach einer bis anderthalb Stunden fertig be- oder entladen. Irgendwann fragte mich mein Disponent dann mal wie ich das denn machen würde das ich im Süden immer so schnell fertig bin, die Kollegen bräuchten da meist zwischen 3 und 7 Stunden.
Ähnliches zieht sich durch ganz Europa. Wir Deutschen gelten nun mal im Ausland als Volk derer, bei denen alles immer perfekt durchgeplant sein muss, alle Abläufe optimiert ablaufen müssen und das nicht nur im eigenen Bereich, sondern wir wollen häufig dann auch die gewohnten Abläufe des jeweiligen Gastlandes optimieren. Und genau das stößt denen, egal wo, sauer auf.
Das betrifft dann sogar die USA und Kanada. Da formulierte es ein deutscher Fernfahrer der vor einigen Jahren nach Kanada auswanderte in seinem YT-Kanal so:
Stell Dir ein Sägewerk in Missouri vor, die haben unterschiedlich viel zu sägen. Mal in einer Woche ziemlich viel, in der nächsten ziemlich wenig. Und jeden Samstag werden dort die Sägeblätter gewechselt. Dann ist natürlich klar, das in den Wochen, in denen viel zu sägen ist, das Blatt schon am Donnerstag stumpf ist, in Wochen in denen wenig zu sägen ist, könnte man es Samstag Abend sogar noch drauflassen. Gehst Du jetzt als Deutscher her und fragst, warum denn in der einen Woche mit dem stumpfen Blatt weitergesägt wird wohingegen in der anderen Woche ein eigentlich noch gutes Blatt gewechselt wird, wirst Du nur verständnislos angeschaut und bekommst als Antwort: "Na weil wir immer Samstag vor Feierabend die Sägeblätter wechseln."
Also vielleicht einfach einen Gang zurückschalten, nicht gleich im ersten Jahr alles verbessern und optimieren wollen und den Traditionen der "Eingeborenen" entgegenkommen, damit fährt man meistens am besten, nicht nur in Norwegen.
Schöne Grüße
Wolfgang
Ps. Ganz vergessen, die Skepsis der Norweger gegenüber uns Deutschen ist ähnlich wie die der Elsässer in der Zeit zwischen 1939 und 45 anzusiedeln und daher von Familie zu Familie unterschiedlich. Es wird zwar, wenn überhaupt, im deutschen Geschichtsunterricht nur am Rande erwähnt, aber auch Norwegen war besetzt, und das bis hoch ans Nordkap und Kirkenes.