
Wanderung über den Besseggen
Der Besseggen ist nach dem Prekestolen in Rogaland die meistgegangene Wanderung in Norwegen und hat eine Art Kultstatus bekommen. "Alle" wollen ihn einmal gegangen sein, und im Laufe einer kurzen Saison (Ende Juni bis Mitte September) können mehr als 30.000 Wanderer auf ihm unterwegs sein. Dieser starke Verkehr hinterlässt seine deutlichen Spuren in Form von teilweise kräftiger Erosion und zerstörter Vegetation. Der DNT hat begonnen, den Weg auszubessern und damit zu verhindern, dass Wanderer immer neue Umwege gehen und dabei immer mehr Vegetation zerstören. Den Wanderweg von Gjendesheim hinauf zum Veslefjell kann man aus kilometerweiter Entfernung von der Valdresflya aus sehen, weil er so deutlich erodiert ist. Nehmt Rücksicht und bleibt mitten auf dem Weg, wenn Ihr den Besseggen geht!
Hinweise: Die Tour ist mit vollen 6 Stunden reiner Gehzeit und der Überwindung von immerhin 900 Höhenmetern kein Spaziergang. Doch es gibt „Kurzvarianten“ für die etwas weniger trainierten Wanderer, die ebenfalls grandiose Ein-(bzw. Aus)sichten bieten.
Der Grat Besseggen an sich macht nur einen kurzen Abschnitt von ca. einem Kilometer auf der gesamten, ca. 14 Kilometer langen Wanderung aus, aber er liegt genau in der Mitte, und das macht die Sache etwas schwieriger, denn beim Umkehren von Memurubu aus sollte man immer noch das letzte Boot erreichen können, sonst hängt man fest. Wenn Ihr im Zeifel seid, ob Ihr den Grat schafft, dann startet ab Gjendesheim und kehrt zur Not oberhalb des Grates um. Dies ist auch die Alternative für diejenigen, die nur den schönsten Ausblick haben möchten, sich die gesamte Strecke aber nicht zutrauen.
Der Grat liegt im Grenzbereich zwischen wandern und klettern und wird oft als Grad 1 beim Klettern bezeichnet. Eins ist klar: hier müssen die Hände zu Hilfe genommen werden! Der Felsen ist fest und bietet hervorragenden Halt, vor allem bei trockenem Wetter, aber es geht halt zu beiden Seiten ziemlich weit hinunter (wenn auch nicht senkrecht): der Gjendesee liegt 700 tiefer und der Bessvatn 300 Meter tiefer als der höchste Punkt des Grates. Nicht alle fühlen sich dabei gleich wohl.
Es sei hier gesagt, dass das Höhenempfinden eine sehr individuelle Sache ist. Der Besseggen wird von Kindern ab 10-11 Jahren und Wanderern mit schweren Rucksäcken gegangen. Jedes Jahr sind hier mehr als 30.000 Menschen unterwegs, und die allermeisten schaffen ihn gut, einige mit einem etwas mulmigeren Gefühl als andere. Aber er sollte nicht unterschätzt und etwas vorsichtig angegangen werden, vor allem von ungeübten Wanderern.
Wenn man den „Sog“ im Magen verspürt, gilt vor allem: Zeit lassen, nicht stressen lassen und ruhig und tief atmen. Einen tiefen Schwerpunkt halten und sich jeweils auf den nächsten Schritt konzentrieren, nicht schon auf den übernächsten. Das steilste Stück sind nur ca. 50 Höhenmeter, ist also schnell hinter sich gebracht.
Die Wanderung ist eine Einwegtour, wobei hier die eine Strecke mit dem Boot über den wunderschönen Gjendesee zurückgelegt wird. Ob man hin oder zurück mit dem Boot fährt, ist von mehreren Faktoren abhängig, und beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile. Die Vorteile der Wanderung ab Memurubu (d.h. die erste Strecke mit dem Boot und Wanderung zurück nach Gjendesheim) sind a) dass man die Bootsstrecke bereits hinter sich hat und sich so viel Zeit lassen kann, wie man möchte, ohne das letzte Boot erreichen zu müssen und b) dass Personen mit leichter Höhenangst den Grat hochzu als leichter empfinden als runterzu. Die Nachteile dieser Richtung (und gleichzeitig die Vorteile der anderen) sind a) dass man, wenn man einmal unterwegs ist, nicht mehr so leicht abbrechen kann sondern am besten vollenden muss und b) die fantastische Aussicht im Rücken hat, also ständig stehenbleiben und sich umdrehen muss, um das berühmte Panorama zu geniessen.
Die meisten gehen die Tour von Memurubu aus, und das bedeutet regelmässig einen enormen Andrang morgens beim ersten Boot ab Gjendesheim, vor allem bei schönem Wetter und ganz besonders an Wochenenden (mindestens 1 Stunde früher dasein!). Die Lösung ist schlicht, die ganze Sache davon abhängig zu machen, ob man mitkommt oder nicht. Kommt man mit, geht man ab Memurubu, kommt man nicht mit, geht man ab Gjendesheim. Es ist ohnehin eine tolle Tour! (Es fährt auch ein zweites Boot, aber dann wird es schon ziemlich spät. Nach Möglichkeit sollte man früher starten.)
Den Bootsfahrplan erhält man im auf http://www.gjende.no (das Boot verkehrt ab 18.06.-18.09.; nach dem 11.09. nur noch Memurubu-Gjendesheim nachmittags).
Der Parkplatz bei Gjendesheim ist gebührenpflichtig.
Wegbeschreibung ab Gjendesheim:
Der Pfad steigt gleichmässig und ziemlich steil von Gjendesheim bergan. Nach ca. einem Kilometer erreicht man eine Abzweigung, wo der Weg nach Glitterheim nach rechts abgeht, während man zum Besseggen nach links weitergeht, weiter stetig bergan. Es kommt ein steiler Absatz, wo der Weg eine Haarnadelkurve nach links macht. Diese Stelle kann etwas exponiert erscheinen, vor allem wenn es nass ist und man aus der anderen Richtung kommt, d.h. schon fast die gesamte Tour in den (wackligen) Beinen hat. Einige finden, dass diese Stelle ekliger als der Grat selber ist. Hier sind neuerdings Seile angebracht worden, um den langen Schritt, der hier nötig ist, zu vereinfachen (wenn man von oben kommt und sich nicht anders zu helfen weiss, Hände zu Hilfe nehmen und sich auf den Po setzen).
Es geht weiter sehr steil aufwärts, bis man das langgestreckte Geröllplateau des Veslefjells erreicht. Der Weg zieht sich wie ein helles Band über das Plateau hin bis zum höchsten Punkt des Veslefjells (1743 m), welcher mit einer enormen Steinpyramide gekennzeichnet ist. Die weissen (im Verblühen rosa und dunkelroten) Blumen mit den gelben Staubgefässen entlang des Wegrandes ist der Gletscherhahnenfuss. Er hält in Norwegen den Höhenrekord unter den Blühpflanzen und kann bis auf 2400 m Höhe gefunden werden.
Nun ist man knapp halbwegs und nur ca. einen Kilometer vom Beginn dessen angelangt, was für die meisten den Höhepunkt der Wanderung darstellt, nämlich des Besseggen. Der Grat wird nach unten hin schmaler, aber es gibt überall noch einige Meter daneben, bevor die Felswand jäh zum Gjende abfällt. Nach rechts zum Bessvatnet hinab ist es nicht ganz so steil wie hinunter zum Gjende, und auch längst nicht so weit, aber man hat doch ein recht "luftiges" Gefühl.
Ca. halbwegs auf dem Grat kommen die steilsten 50 Höhenmeter, und spätestens hier nehmen die meisten die Hände aus der Hosentasche. Nach dieser Stelle wird es leichter, und schneller als man denkt, ist man unten auf dem schmalen Band (Bandet) zwischen Gjende und Bessvatnet angelangt. Dies ist ein sehr beliebter Punkt, um eine Proviant-Pause einzelegen, und diejenigen, die den Besseggen von Memurubu aus gehen holen noch mal tief Luft vor dem Aufstieg.
Vom Bandet aus geht es nochmal ein Stück leichter bergauf, bevor es die letzten zwei Kilometer zusammenhängend abwärts nach Memurubu geht, das letzte Stück ziemlich steil.
Zeitbedarf: ca. 6-7 Stunden Gehzeit
Alternative 1: Veslefjell, 1743 m
Wie oben beschrieben ab Gjendesheim bis zum höchsten Punkt des Veslefjells bzw. noch ein Stück weiter bis zum Beginn des Grates (oder auch gern den Grat runter bis zum Band) und auf der gleichen Route zurück.
Zeitbedarf: ca. 4 Stunden
Der Rückweg kann auch auf einem Umweg erfolgen, wobei hier die kleine Steilstelle vermieden wird: man folgt vom Veslefjell, kurz nachdem linker Hand die kleine Anhöhe von 1722 m passiert wurde, der linken Route in Richtung Bessheim bis kurz vor den Auslauf des Sees Bessvatn, wo scharf rechts die Route nach Gjendesheim abzweigt, die sich oberhalb von Gjendesheim am Hang mit der direkten Route vom Veslefjell/Besseggen vereint. Diese Tour ist ca. 3 km weiter, aber gut markiert und nicht so steil wie die direkte Variante, und eine abwechslungsreiche, schöne Runde.
Alternative 2: Wanderung entlang des Seeufers nach Memurubu
Statt über den Besseggen zu gehen, kann man die Wanderung zwischen Memurubu und Gjendesheim auch am Ufer des Gjendesees entlang machen. Auch diese Tour kann man je nach eigenem Wunsch in beide Richtungen unternehmen und die jeweils andere Strecke mit dem Boot fahren.
Der unmarkierte, aber deutliche Pfad führt zuerst flach entlang dem Ufer des Gjendesees und später durch teilweise recht üppige Vegetation. Entlang des Pfades wachsen Gebirgsblumen, darunter das Gefleckte Knabenkraut. Ca. dreimal steigt der Weg ein Stück an (50-100 Höhenmeter), um ein paar glatte Felspartien zu überqueren, welche steil direkt ins Wasser führen. Die meiste Zeit hat man Seeblick, und an einer Stelle, wo es steil in Richtung See hinunter geht, gibt es ein Seil zum Festhalten.
Zeitbedarf: ca. 3,5 Stunden, 11-12 Kilometer
PS: Die komplette Runde ab/bis Gjendesheim (eine Strecke über den Besseggen, die andere entlang des Sees) ist mit 9 Stunden reiner Gehzeit (plus Pausen) ein ehrgeiziges Unterfangen, das nur von wirklich fitten und sehr ausdauerndern Wanderern angegangen werden sollte. Sollte in Memurubu das letzte Boot weggefahren sein, werden die "paar" Kilometer (es sind immerhin 3 Stunden straffe Gehzeit!) entlang des Sees (die auch einige Steigungen beinhalten) schnell sehr, sehr sauer! Auf diesen "Ausweg" sollte man sich also nicht unbedingt verlassen!
Und wie Doris in einem anderen Thread schon sagte: auf http://www.etojm.com --> Bildergalerie --> Jotunheimen --> Besseggen liegen Bilder und ein Tourbericht, ebenfalls gefolgt von Tips und Ratschlägen, wie man die Tour vom Boot unabhängig gestalten kann.