Donnerstag, 30.12.21Natürlich ist ausschlafen Fehlanzeige… Trotzdem starten wir den Tag gemütlich - zunächst mit einem leckeren Frühstück. Bis wir alle fertig winterfest eingepackt sind und oben auf dem Hovsfjället ankommen, ist es bereits halb zwölf. Für die drei Skihasen löse ich 4-Stunden-Tickets und sie sind kaum zu bremsen. Die ersten zwei Abfahrten schaue ich mir noch an, meine Zwerge sind jedoch mittlerweile so sicher, dass ich beruhigt gehen kann. Hier oben starten auch Wanderwege… Sommerwanderwege, wie ich betonen möchte. Ich liiiiebe meine Mäppi-App, so finde ich auch gleich den Einstieg. Zunächst ist der Weg an den Bäumen gut markiert, auch wenn man aufgrund des Schnees den Weg selbst nicht erkennen kann.
Nach kurzer Zeit merke ich, dass es ganz schön anstrengend ist, so ohne Weg durch den Wald zu stapfen. Schön ist es trotzdem - so einsam und still. Ich bin die einzige Bekloppte, die im Neuschnee versinkend eine Wanderung macht. Was soll ich sagen? Die Wolken hängen tief, es ist windig und nicht so richtig hell - klasse.
Immer wieder bleibe ich stehen und genieße diese Stille. Nach circa 40 Minuten komme ich an eine kleine Wegkreuzung. Hier habe ich die Möglichkeit, den "Wanderweg" weiter oder den „footpath“ querfeldein zu gehen. Nachdem ich für dieses kurze Stück schon ziemlich lange gebraucht habe, entscheide ich mich für den kürzeren footpath. Nach ein paar Metern bin ich mir jedoch nicht mehr so sicher, ob das eine gute Idee war. Es gibt keinerlei (!) Markierungen und es ist kein Weg in Sicht. Zudem versinke ich zeitweise bis zum Knie im Schnee.
Aber was soll‘s - ich habe ja Mäppi! Dem Hund gefällt‘s, er hüpft und wälzt sich im Schnee (sein Opi-Alter von fast 11 Jahren merkt man ihm gar nicht an). Ganz schön anstrengend ist es! Und schön. Wie ich da so vor mich hinstapfe, wird Hundi plötzlich total unruhig und hebt die Nase in die Luft - er hat was gewittert. Ich kenne meinen Hund lange genug, um zu erkennen, dass er eine ganz frische Spur in der Nase hat. Das macht mich doch etwas nervös… und dann: eine ganz frische Elchspur. Oh verdammt. Was würde ich denn jetzt machen, stünde er vor mir? Wegrennen kann ich in diesem tiefen Schnee ohne Weg sowieso nicht. (Ich muss an James Warnungen im Elchpark denken: wenn sich der Elch gestört fühlt, tritt er dich mit seinen gewaltigen Beinen um…). Ich bin nun mal auch mutterseelenallein hier im Wald. Mein Hund will der Spur folgen, ich ziehe aber vehement in die andere Richtung. Irgendwann stoße ich endlich wieder auf den Wanderweg - immerhin gibt es jetzt wieder Markierungen! Das Alleinsein ist einfach herrlich!
Nach einer Weile höre ich wieder Geräusche und bin bald auf der Spitze des Hovsfjället (dort, wo der Lift ankommt). Nur zu schade, dass es heute gar keine Sicht gibt! Bald bin ich wieder unten am Skisenter, dort warten schon die Kinder, ich habe nämlich Tee und Leckereien dabei. Ein kurzer Boxenstopp, dann sind die Kinder wieder on Tour, es ist toll, wie sicher sie sich fühlen, wie gut sie fahren. Am Ende fahren sie sogar mit dem Lift alleine hoch und fahren ganz alleine wieder runter. Klasse! Es ist eben auch ein schön kleines Skigebiet und die Mitarbeiter geben total gut Acht auf die Kinder im Lift, stürzt jemand, wird er sofort angehalten.
Währenddessen hole ich mir noch einen heißen Kaffee – die Frau schaut mich komisch an, als ich den läppischen Kaffee mit Kreditkarte bezahle, woraufhin ich sie anspreche, dass doch in Schweden kein Bargeld mehr genommen würde… Sie lacht und sagt, dass dies in den Städten wohl stimme, hier aber sehr wohl noch die Kronen zum Einsatz kommen… ts ts ts – und ich habe nicht ein Krönchen in der Tasche…
Es zieht immer mehr zu, so packen wir gegen 15 Uhr zusammen.
Der Neuschnee hat die „Straße“ recht flutschig gemacht.
Ein Urlaub, in dem alles glatt läuft, wäre ja fast langweilig, also machen wir endlich was Aufregendes: wir rutschen einfach mal von der Straße ab und landen im Graben - und schon ist Spannung garantiert! Hier sind die Gräben neben den Straßen gleich mal so richtig abschüssig. Gefühlt kippt das Auto gleich um!
Aber was soll ich sagen - das ist zwar ein Haufen Mist, aber im Endeffekt nur ein kleiner Haufen, da dies tatsächlich direkt gegenüber unseres Ferienhauses passiert und wir alle unversehrt aussteigen können. Also haben wir mal wieder ganz viel Glück im Unglück! Dafür sind wir auch sehr dankbar. Zunächst bitten wir Alex, ob er uns mit seinem Volvo raus ziehen kann. Er versucht es… doch leider rutschen wir dadurch nur noch weiter runter. Also bleibt nur eins: den ADAC anrufen, der leitet alles in die Wege. Damit das Auto im mittlerweile stockfinsteren Wald auch gesehen wird, bringen wir blinkende magnetische Warnleuchten an - was man bei Lidl nicht alles Nützliches kaufen kann … Nach einer 3/4 Stunde erhalten wir von einem deutsch sprechenden Holländer einen Anruf, er komme auf jeden Fall heute noch, wisse aber noch nicht genau wann, denn heute sei die Hölle los… wir sind also nicht die einzigen Verunglückten. Wir sagen ihm, er solle sich wegen uns keinen Stress machen, denn uns geht es gut, es muss nur das Auto raus gezogen werden. Man stelle sich mal vor, uns wäre das irgendwo anders mitten im Wald passiert. Da stünde man dann stundenlang mit zwei Kindern in der Kälte… gruselig diese Vorstellung. Viertel vor neun abends kommt dann der Holländer mit einem Riesen LKW angeflogen (fliegender Holländer…), Flutlicht deluxe, gut gelaunt und macht einen guten Job. Obwohl er mit seinem Laster beim Versuch uns rauszuziehen selbst weg rutscht und Schneeketten anlegen muss, können wir über die ganze Situation noch zusammen lachen und ein bisschen erzählen. Er ist vor drei Jahren hierher ausgewandert, liebt Schweden und dieses Lebensgefühl hier, er möchte nicht mehr weg. Verständlich - ein ganz anderer „way of life“.
So können wir beruhigt und zufrieden den Tag abschließen. Alles ist doch gut gegangen.