«Der Schrei» von Edvard Munch gestohlen

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Re: «Der Schrei» von Edvard Munch gestohlen

Beitragvon Alsterix » Mi, 03. Mai 2006, 16:09

Wenn Du wenigstens etwas genauer über diesen sicher verworrenen Kriminalfall unterrichtet werden
möchtest kommst Du um die norwegischen Zeitungen nicht herum - die deutsche Berichterstattung kratzt
wie üblich gerade mal ein wenig an der Oberfläche.

Mindestens zwei Dinge kommen in der deutschen Berichterstattung praktisch nicht vor (soweit ich die gesehen habe) :

Erstens ist das ein erstinstanzliches Urteil das mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit noch durch mehrere Instanzen
gehen wird, es ist also noch keineswegs als Ende dieses Verfahrens zu sehen.

Zweitens sind trotz enorm unfangreicher Ermittlungen und sehr umstrittener Abhöraktionen der Polizei mehrere
Angeklagte freigesprochen worden - in der Hauptsache ist das eine recht derbe Niederlage der Anklagebehörde.
Zu deren Verteidigung kann man höchstens anführen daß sie es mit einem quasi ebenbürtigen Gegner
zu tun hat, die Beschuldigten kommen alle mehr oder weniger aus der nicht allzu großen und für die Polizei
noch einigermaßen überschaubaren professionellen Unterwelt Norwegens - eben darum kommt die Polizei aber
zugleich mit ihren Ermittlungen nicht wirklich voran :
Die letztlich ungelöste offene Frage ist nämlich wer als Auftraggeber hinter dem Diebstahl der Bilder stand.
Sehr vieles spricht für die Annahme daß dieser Bilderraub tatsächlich nur als ein besseres Ablenkungsmanöver
gegen die Ermittlungsbehörden durchgeführt worden ist um mehrere andere Straftaten zu verdecken bzw.
die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden zu zersplittern, in der Hauptsache geht es dabei um den großen NOKAS-Raub.
Auch da aber geistern trotz des laufenden Strafverfahrens in der Sache immer wieder neue Spekulationen
durch die Presse wer denn wohl und warum als Planer und Hintermann das Ganze angeschoben haben könnte.
Tatsächlich ist die Beweislage nicht allzu überzeugend gegen die Angeklagten, verurteilt werden wie
so oft offenbar eher die "kleinen Fische" und das auch noch teilweise auf fragwürdiger Beweisgrundlage.

Mindestens eines haben der Bilderdiebstahl und der NOKAS-Raub gemein :
Ebenso wie die Bilder ist auch die Millionenbeute von Stavanger wenigstens zum größten Teil
noch nicht wieder aufgetaucht 8)


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Re: «Der Schrei» von Edvard Munch gestohlen

Beitragvon bgh » Mi, 03. Mai 2006, 18:03

Alsterix hat geschrieben:Wenn Du wenigstens etwas genauer über diesen sicher verworrenen Kriminalfall unterrichtet werden möchtest kommst Du um die norwegischen Zeitungen nicht herum...

:mrgreen:, ein guter Grund für das norsk-Training!
Merci für die zusätzlichen Infos!
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Re: «Der Schrei» von Edvard Munch gestohlen

Beitragvon bgh » Di, 22. Aug 2006, 18:02

Hei,
Alsterix hat geschrieben:in der Hauptsache geht es dabei um den großen NOKAS-Raub.

... und genau das scheint tatsächlich der Hintergrund zu sein! Der im Zusammenhang mit dem NOKAS-Raub zu 19 Jahren verurteilte David T. bietet den norwegischen Behörden die beiden Bilder gegen Straferlass an... :arrow: http://www.berlinonline.de/berliner-zei ... 79369.html
Eine unendliche Geschichte, hilsen, bgh
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Re: «Der Schrei» von Edvard Munch gestohlen

Beitragvon bgh » Fr, 01. Sep 2006, 8:07

:mrgreen:
bgh hat geschrieben:Eine unendliche Geschichte

wurde geschrieben von Michael... genau Ende...
aus, vorbei, die Bilder sind wieder da - gut so!

Zu den Hintergründen ein dpa-Artikel:
"Fahnder und andere Kenner der norwegischen Unterwelt gaben sich schon sehr früh nach dem weltweit aufsehenerregenden Kunstraub sicher, dass die beteiligten Unterwelt-Kreise eigentlich wenig Interesse an den Bildern selbst oder einem illegalen Deal mit Käufern hätten.

Vielmehr sei es darum gegangen, die Aufklärung eines von Toska vier Monate zuvor organisierten Raubüberfalls in Stavanger durch anderweitige Bindung von Polizeikräften zu behindern. Bei dem Überfall mit 13 schwer bewaffneten Männern im Stil von Gangsterfilmen aus Hollywood starb ein Polizist im Kugelhagel der Flüchtenden. Sie nahmen 56 Millionen Kronen (sieben Millionen Euro) als Beute mit.

Toska wurde als Kopf der Bande im Frühjahr 2005 in Spanien gefasst und im September mit zwölf Mitangeklagten verurteilt. Schon während des ersten Prozesses in Stavanger warteten Experten und die Öffentlichkeit gespannt, ob der Verbleib der beiden Kunstwerke ins Spiel kommen würde. Doch Toska schwieg und nahm die Höchststrafe von 19 Jahren Haft zunächst schweigend hin. Aber als Einziger der Verurteilten legte er dann Berufung ein - möglicherweise schon mit den Munch-Bildern als Faustpfand im Hinterkopf.
:arrow: http://www.abendblatt.de/daten/2006/09/01/605293.html
hilsen, bgh
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