Samisch lernen - vorteilhaft?

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Samisch lernen - vorteilhaft?

Beitragvon Alma » Mo, 11. Nov 2019, 9:36

Guten Morgen,
mich würde Eure Einschätzung interessieren, ob es -allgemein- wirtschaftliche Vorteile hat, samisch zu lernen?

Ich spiele ernsthaft mit dem Gedanken, auszuwandern, spreche fließend englisch, spanisch und gebrochen französisch samt kroatisch und möchte beispielsweise als tourist guide arbeiten. Hier bin ich nicht festgelegt, weil ich in meiner Planung noch nicht „so weit“ bin. Ich denke, für die Arbeit mit Touristen wäre samisch wahrscheinlich nicht soo wichtig sondern eher andere Sprachen. In meinen alten Job im Gesundheitswesen, welchen ich seit 22 Jahren ausgeübt habe, möchte ich nicht mehr tätig sein.
Danke Euch vorab für Eure Einschätzung,
viele Grüße
Petra
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Re: Samisch lernen - vorteilhaft?

Beitragvon Sápmi » Mo, 11. Nov 2019, 12:04

Hallo.

Samischkenntnisse sind vor allem von Vorteil, wenn Du in einer Gegend mit samischsprachiger Mehrheit leben willst, d.h. vor allem in der inneren Finnmark, in Kautokeino oder Karasjok (Nordsamisch)
In anderen Gegenden, wo nur eine Minderheit samisch spricht, dürften Grundkenntnisse der jeweiligen Sprache (in den südlicheren Sámigebieten wäre das ja dann Südsamisch) reichen.
Ansonsten ist wohl Norwegisch das Wichtigste, und die von Dir genannten Sprachen für internnationale Touristen.

Welche Arten von Touren möchtest Du denn anbieten, und in welchem Gebiet?
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Re: Samisch lernen - vorteilhaft?

Beitragvon Alma » Mo, 11. Nov 2019, 14:18

Hallo Sapmi,
vielen Dank für Deine Antwort. Nachdem ich recherchiert habe, daß es leider leider nicht so einfach scheint, samisch jeglicher Gegend zu lernen, sehe ich kaum eine Perspektive, diese zu lernen. Zudem möchte ich mich auf Südnorwegen konzentrieren und Lernmaterial von südsamisch scheint nicht auffindbar. Wie traurig und schade.
Ich kann Dir bis dato noch nichts Konkretes über geplante Touren sagen, da ich mich noch am Anfang meiner Planungen befinde.

Viele Grüße

Petra :)
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Re: Samisch lernen - vorteilhaft?

Beitragvon relch » Mo, 11. Nov 2019, 16:50

Hei!
Ich habe (Süd)samisch zu meiner Karriere gemacht und kann mich vor Jobangeboten und Weiterbildungsangeboten kaum mehr retten ;)
Es gibt tatsächlich jede Mange Lehrmaterial für Südsamisch, man muss nur wissen, wo man suchen muss. Die drei Sprachzentren in Norwegen, und FU in Trondheim, bieten auch regelmässig Sprachkurse an.
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Re: Samisch lernen - vorteilhaft?

Beitragvon Gudrun » Mo, 11. Nov 2019, 16:57

Hallo Petra,

bei 90.000-120.000 Samen insgesamt (jeweils im Norden von Norwegen, Schweden, Finnland und Russland) scheint es mir nicht so bedeutsam, samisch zu können. Auch ich würde mich an Deiner Stelle auf norwegisch stürzen. Wenn Du auswandern willst, ist es doch sowieso wichtig, die Landessprache zu sprechen. Zumal vermutlich (fast) alle Samen in Norwegen diese Sprache verstehen. Verständigung mit Samen sollte also kein Problem sein.
Zumal samisch für uns Deutsche vermutlich schwierig zu erlernen ist. Dazu kann aber Sapmi vermutlich mehr sagen. Aber nett wär das schon, wenn man ein paar Brocken könnte.

Grüße Gudrun
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Re: Samisch lernen - vorteilhaft?

Beitragvon relch » Mo, 11. Nov 2019, 17:26

Also. Samisch IST Landessprache in Norwegen, gleichgestellt mit Norwegisch.

In samischen Gebieten IST es bedeutsam, die Sprache zu sprechen.

Und sie samischen Sprachen sind NICHT schwieriger zu lernen, z.b. gibt es kaum unregelmässige Wörter, und keine Geschlechter! Der Unterschied liegt einzig und allein an Vorurteilen und daran, dass man länger nach Material suchen muss. Und natürlich in der Ignoranz der Leute, die in samischen Gebieten kein samisch sprechen wollen. Grammatikalisch sind sich Südsamisch und Deutsch tatsächlich sehr ähnlich.
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Re: Samisch lernen - vorteilhaft?

Beitragvon Gudrun » Mo, 11. Nov 2019, 17:54

@relch: Danke für Deine Erklärung. Ich meinte "Amtssprache". Mein Fehler. Amtssprache ist samisch doch nur in einigen zweisprachigen Kommunen in der Finnmark?
Und natürlich ist es wünschenswert und auch vorteilhaft, wenn man sich in samischem Gebiet auf samisch verständigen kann. Universeller und daher vorteilhafter ist es meiner Meinung nach aber, wenn man sich in Norwegen auf norwegisch verständigen kann. Südnorwegen gehört dabei definitiv nicht zum samischen Gebiet. Oder liege ich da falsch?
(OT: Wieviele Bautzener können sorbisch? Wieviele davon sprechen aktiv sorbisch? Ist es vorteilhaft, in Bautzen sorbisch zu sprechen?)

Grüße Gudrun
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Re: Samisch lernen - vorteilhaft?

Beitragvon relch » Mo, 11. Nov 2019, 19:51

Vor dem Gesetz sind die Norwegischen Sprachen (bokmål, nynorsk) und die samischen Sprachen (Sør, Lule, Nord) gleich. Auf höheren Ebenen muss man die Möglichkeit haben, auf samisch zu kommunizieren, auf kommunaler Ebene nur in den zweisprachigen:

Finnmark – Finnmárku:

Unjárga – Nesseby
Deatnu – Tana
Porsanger – Porsáŋgu – Porsanki
Kárášjohka – Karasjok
Guovdageaidnu – Kautokeino

Troms – Romsa:

Gáivuotna – Kåfjord – Kaivuono
Loabák – Lavangen (siden 1.10.2009)

Nordland:

Divtasvuodna – Tysfjord (siden 1.1.2006)
Aarborte – Hattfjelldal (siden 1.7.2017)

Trøndelag:

Raarvihke – Røyrvik (siden 1.1.2013)
Snåase – Snåsa (siden 1.1.2008)
Røros (siden 1.7.2018)


Also keinesfalls nur Finnmark ;) Natürlich leben viele Samen ausserhalb dieser Kommunen. Fosen, Steinkjer, Verdal, Trondheim, Vefsn, Engerdal und viele andere sollten alle zweisprachig sein!
In Telemark und Setesdal gibt es eine südsamische Community, ebenso Oslo (Oslove). Die Samen wurden aus vielen Gebieten verstrieben, der Siedlungsraum war ursprünglich wesentlich grösser. Durch Vertreibung und Vernorwegischung (ein sehr brutales Kapitel der norwegischen Geschichte) gibt es ein grosses Trauma in der samischen Bevölkerung. Allein aus Respekt vor der indigenen Bevölkerung sollte man ihre Sprache lernen, wenn man auf ihrem Land lebt. Besonders, wenn die Sprachen so bedroht sind wie die samischen.

(Die Sorben sind keine Indigenen, also ist die Situation anders. Aber trotzdem finde ich, dass man die lokalen Sprachen lernen sollte. In Afrika und Asien ist das selbstverständlich, und sollte es eigentlich überall sein. Mit Sorbisch sollte es wohl auch einfacher sein, in den aktuellen Gebieten ein Job zu bekommen?)
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Re: Samisch lernen - vorteilhaft?

Beitragvon Sápmi » Mo, 11. Nov 2019, 22:12

relch hat geschrieben:
Und sie samischen Sprachen sind NICHT schwieriger zu lernen, z.b. gibt es kaum unregelmässige Wörter, und keine Geschlechter!


Also ich kann nur das am weitesten verbreitete Nordsamisch und das ist ja mit dem Finnischen verwandt. Ich habe es auch vom Finnischen aus gelernt, was dann von der Grammatik her nicht mehr so kompliziert war, da sich die Satzstruktur sehr ähnelt (ok, bis auf den zusätzlichen Dual im Nordsamischen, aber dafür hat es nicht so viele Fälle wie das Finnische :wink: )

Zum Reinschnuppern: https://www.reise-know-how.de/de/produk ... r-wort-345


Mit Südsamisch kenne ich mich gar nicht aus, habe nur ein paar südsamische Musik-CDs und stelle da fest, dass ich nur ein paar einzelne Brocken erahnen kann, weil einige Wörter vom Klang her den nordsamischen ähneln.
Aber es ist halt auch eine ganz andere Sprache (es soll wohl sogar ein "haben"-Verb geben?) und beim Sámiparlament werden Dolmetscher gebraucht.
Lulesamisch ist dem Nordsamischen schon ähnlicher.

Das mit der Gleichstellung der samischen Sprachen in Norwegen stimmt natürlich. Und es ist auch wichtig, dass sie gefördert und vor dem Aussterben bewahrt werden.

Aber zum Auswandern nach Norwegen und für eine dortige Tätigkeit als Touri-Guide muss man natürlich vor allem Norwegisch und ein paar internationale Sprachen können.
Wenn dann mal der neue Wohnort klar ist, wäre das Erlernen der dort vorherrschenden Samisprache natürlich ein interessantes Plus. Ein "wirtschaftlicher Vorteil" könnte dadurch aber wohl allenfalls indirekt entstehen, also wenn einem die Sprachkenntnisse vor Ort bei den entsprechenden Muttersprachlern natürlich die Türen öffnen, denn es ist schon immer noch etwas Besonders, wenn Ausländer Samisch können.


@relch: Was genau machst Du denn beruflich mit dem Südsamischen und wo?
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Re: Samisch lernen - vorteilhaft?

Beitragvon Alma » Mo, 11. Nov 2019, 22:39

Hallo in die Runde,
ich freue mich über Eure Antworten. Dankeschön!!
@relch: bitte teile mir mit, ob ich bereits von Tyskland aus südsamisch lernen kann. Hast Du ein paar Vorschläge?
... Du hast mich neugierig gemacht, weil Du geschrieben hast, daß Du Dich vor Arbeit nicht mehr retten kannst. Verrätst Du uns, was Du beruflich machst? Gerne alternativ per PN.
Ja und ich stimme Euch zu: die samischen Sprachen müssen lebendig bleiben!
Einen schönen restlichen Abend wünscht Euch
Petra
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Re: Samisch lernen - vorteilhaft?

Beitragvon relch » Mo, 11. Nov 2019, 23:26

Lulesamisch und Nordsamisch gehören zur zentralsamischen Gruppe, Südsamisch ist was anderes. Das ist wie Holländisch und Deutsch, die sind westgermanisch. Färöisch ist da ganz anders, weil nordgermanisch.

Es gibt ein Wort für "haben", aber ich benutz das kaum ;) Warum auch, wenn man es einfach weglassen kann...

Während Nordsamisch seine Lehnwörter meistens aus dem Finnischen bezieht, stammen südsamische Lehnwörter aus den germanischen Sprachen (auch Deutsch!). Südsamisch hat mehr Fälle als Nordsamisch, nämlich acht, aber diese sind so präzise, dass man die schnell lernt. Die sind auch nicht so schwammig wie im Deutschen, man kommt selten in eine Situation, wo man den richtigen Fall nicht findet.

Lehrbuch: es gibt vier Bände, pluss Übungshefte. Wörterbücher kriegt man auch auf der Seite. Der grösste südsamische Buchhändler in Norwegen.

Hilfsmittel

gratis Online-Kurs

Sprachapp (auch auf deutsch)

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Re: Samisch lernen - vorteilhaft?

Beitragvon Alma » Mi, 13. Nov 2019, 7:25

Guten Morgen,
@relch: vielen Dank für die Links, super.
Kannst Du mir bitte verraten, für welche Berufszweige das Erlernen hilfreich wäre bzw. die Nachfrage so hoch ist? ... das Erlernen einer weiteren Sprache würde ich dann dementsprechend anders angehen, heißt, vorerst gscheit eine Sprache lernen. Gerne auch als PN.

Einen schönen Tag Euch allen Lesenden,
Grüße von Petea
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