Kosten und Förderungen für Studenten in Norwegen?

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Kosten und Förderungen für Studenten in Norwegen?

Beitragvon Svensson » Fr, 20. Feb 2004, 22:56

Hallo,

ich studiere seit einer Weile in Berlin, und ich würde ganz grundsätzlich gern mal wissen, wie es den Studenten in Norwegen ergeht. Muss man i Norge an den Unis Studiengebühren zahlen? Gibt es so etwas wie Bafög, wenn ja, für alle oder nur für diejenigen aus bescheidenerem Hause?
Das heißt nicht, dass ich plane, im hohen Norden zu studieren, es interessiert mich einfach grundsätzlich.

Von einer Bekannten weiß ich, dass man in Schweden keine Studiengebühren zahlt und alle Studenten etwa umgerechnet 600 Euro bekommen - davon die eine Hälfte als zinsloses Darlehen, die andere Hälfte als Geschenk. Die Höhe entspricht liegt etwas unter dem, was man in Deutschland an Höchstforderung bekommen kann, wobei man hierzulande maximal 40%, eher weniger, vom Ganzen zurückzahlen muss.

Also, wie ist es in Norwegen?
Svensson
 
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Re: Kosten und Förderungen für Studenten in Norwegen?

Beitragvon mh » Sa, 21. Feb 2004, 1:18

mh
Zuletzt geändert von mh am Mi, 19. Mai 2004, 20:29, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Kosten und Förderungen für Studenten in Norwegen?

Beitragvon Uwe » Sa, 21. Feb 2004, 20:25

Hei,
dem von mh Gesagten ist nicht viel hinzuzufügen. Hart sind die hohen Schulden natürlich v.a. für geringverdienende Akademiker wie z.B. Pastoren in Norge. :(
Von einem norwegischen Arbeitskollegen weiss ich noch, dass es für ein Studium im Ausland vom norweg. Staat i.d.R. Zuschüsse (also echte Geldgeschenke :D , kein blosser Kredit) gibt. Dahinter stecke der Gedanke, dass es billiger sei, Sponsoring einer Ausbildung im Ausland zu betreiben, als selber auszubilden.
Im Bereich Medizin gibt es Heerscharen von Norwegern die besonders in D, teils aber auch in regelrechten Enklaven in Ungarn (dort dann in Englisch) ihr Studium betreiben.
Bevor jetzt jemand auf diese Art Outsourcing schimpft: die Amis (und viele andere Industrie-Staaten, in Zukunft wohl auch D) betreiben ja auch Outsourcing, indem bestausgebildete Leute aus anderen Ländern abgeworben werden, ohne je in deren Ausbildung Geld investiert zu haben: Da ist der norwegische Staatsegoismus eigentlich doch fairer. 8)

Grüsse,
Uwe
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Re: Kosten und Förderungen für Studenten in Norwegen?

Beitragvon Arne.R. » Sa, 21. Feb 2004, 21:32

Moin.
Uwe hat geschrieben:Im Bereich Medizin gibt es Heerscharen von Norwegern die besonders in D, teils aber auch in regelrechten Enklaven in Ungarn (dort dann in Englisch) ihr Studium betreiben.

...in Polen gibts auch ne Menge norwegische Medizinstudenten...
Uwe hat geschrieben:Bevor jetzt jemand auf diese Art Outsourcing schimpft: die Amis (und viele andere Industrie-Staaten, in Zukunft wohl auch D) betreiben ja auch Outsourcing, indem bestausgebildete Leute aus anderen Ländern abgeworben werden, ohne je in deren Ausbildung Geld investiert zu haben: Da ist der norwegische Staatsegoismus eigentlich doch fairer.


>Fast< helt enig :-) Denn Norwegen wirbt ja auch selbst aktiv Gesundheitspersonal in D ab...Übrigens müssen hochqualifizierte Forscher gar nicht mal abgeworben werden, die gehen freiwillig, angesichts der miesen Bedingungen in D....

Gruß,
Arne
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Re: Kosten und Förderungen für Studenten in Norwegen?

Beitragvon snowstorm » Mo, 23. Feb 2004, 0:55

Hallo Svensson!

Svensson hat geschrieben:ich studiere seit einer Weile in Berlin, und ich würde ganz grundsätzlich gern mal wissen, wie es den Studenten in Norwegen ergeht.


Das Studium ist ökonomisch kein Zuckerschlecken. Die meisten Uni-Städte sind teuer, insbesondere was die Unterkunft angeht. Da gehen schnell 3000 NOK und mehr nur für die Miete drauf. Als Student kann man etwa 100.000 NOK jährlich verdienen ohne sein Darlehen zu verlieren. Viele sind auf Nebenjobs angewiesen.

die eine Hälfte als zinsloses Darlehen, die andere Hälfte als Geschenk


Das wäre schön!!! Es ist leider so, wer studiert hat, geht meist mit einem ordentlichen Schuldenberg ins Berufsleben. In der Etablierungsphase mit 300.000 NOK Miesen anzufangen lässt einen oft erst mal schlucken. Doch es war ja eine lohnenswerte Investition in die eigene Zukunft. Hoffentlich. Ich persönlich empfinde den Einkommensunterschied zwischen niedrig und hoch Ausgebildeten als ziemlich gering.

Gruss Patricia
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Re: Kosten und Förderungen für Studenten in Norwegen?

Beitragvon Svensson » Di, 24. Feb 2004, 20:42

Danke für Eure Antworten. In Schweden ist es tatsächlich so, wie meine Bekannte mir erzählt hat. Dass es aber international nicht die Regel ist, umgerechnet monatlich 300 Euro geschenkt und 300 Euro als unverzinstes Darlehen zu bekommen, ist mir klar. Trotzdem hatte ich erwartet, dass Norwegen von dem schwedischen Prinzip nicht so weit abweichen würde.

Meine Bekannte meinte dann, dass es in Deutschland ja sehr unpraktisch sei, wenn die Studierenden so oft vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein. Ich habe überzeugt dagegen gehalten, denn schließlich ist in keinem Land der Welt die Bildung des Kindes dermaßen vom Elternhaus abhängig, und kaum irgendwo findet man so gravierende soziale Unterschiede vor. Daher fände ich es auch mehr als ungerecht, wenn jeder in Deutschland Bafög beziehen könnte. Hierzulande wird nach vier Klassen massiv nach Herkunft ausgesiebt - Akademikerkind zum Gymnasium, Arbeiterkind auf die Hauptschule. Das nur zur Abrundung des Themas.
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Re: Kosten und Förderungen für Studenten in Norwegen?

Beitragvon Darksun » Mi, 25. Feb 2004, 12:09

Was mich mal interresieren würde:

Gibt es in Norwegen die Möglichkeit dual zu studieren, so wie in Deutschland an der Fachhochschule oder der Berufsakademie, um sich so mit den Praktikas was dazu zu verdienen und somit ohne Schulden auszukommen und gleich praktische Berufserfahrung zu bekommen?

...apropo in Deutschland wird nach Herkunft ausgesiebt...son Blödsinn. Ich bin auch Arbeiterkind, war aufm Gymnasium und studiere gerade (ohne Bafög und ohne Elternunterstützung und ohne Schulden....ja das geht auch, wenn man bereit ist zu arbeiten)
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Re: Kosten und Förderungen für Studenten in Norwegen?

Beitragvon Bjørn » Mi, 25. Feb 2004, 12:49

Darksun hat geschrieben:....ja das geht auch, wenn man bereit ist zu arbeiten)


dem ist nichts hinzuzusetzen.
Bravo :super:

mvh
Björn
Vennlig hilsenBild
Bjørn
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Re: Kosten und Förderungen für Studenten in Norwegen?

Beitragvon snowstorm » Mi, 25. Feb 2004, 23:44

Darksun hat geschrieben:...apropo in Deutschland wird nach Herkunft ausgesiebt...son Blödsinn. Ich bin auch Arbeiterkind, war aufm Gymnasium und studiere gerade (ohne Bafög und ohne Elternunterstützung und ohne Schulden....ja das geht auch, wenn man bereit ist zu arbeiten)


Hallo Darksun!
Wieso Blödsinn? Es ist eine Tatsache, dass gerade in Deutschland die soziale Herkunft stark mit entscheidet, wie die schulische Ausbildung verläuft.

Dass Leute wie du und ich studieren muss man eigentlich mit einem OBWOHL versehen. "wenn man bereit ist zu arbeiten"??? :arrow: Während des Studiums war die Uni mein Hauptarbeitsplatz. Wie siehst du das? Empfindest du das Lernen nicht als vollwertige Arbeit? Oder kommt dir alles zugeflogen? Nebenbei gejobbt habe ich ganz sicher nicht aus Fleiss oder Spass sondern purer Notwendigkeit.

Nee nee, Norwegen macht das Ganze besser. Nicht perfekt, aber immerhin besser.

Gruss Patricia
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Re: Kosten und Förderungen für Studenten in Norwegen?

Beitragvon Thies » Do, 26. Feb 2004, 8:13

"Hallo Darksun!
Wieso Blödsinn? Es ist eine Tatsache, dass gerade in Deutschland die soziale Herkunft stark mit entscheidet, wie die schulische Ausbildung verläuft. "

Das ist aber nicht unbedingt eine Frage der finanziellen Mittel sondern der sozialen Kompetenz der Eltern.

Ich stamme aus recht einfachen Verhältnissen, habe keine Akademiker als Eltern. Aber das deutsche Ausbildungssystem hat es mir ermöglicht, zunächst einen mittleren Bildungsabschluss zu erreichen. Im weltweit wohl noch immer einzigartigen dualen Ausbildungssystem konnte ich eine sehr gute Ausbildung in einem Kreditinstitut absolvieren. Das stets offene Bildungssystem ermöglichte mir dann den Zugang zu einer Hochschule (musste ich eben nochmal die SChulbank drücken) und die Erreichung eines akademischen Abschlusses. Nach weiteren zwei Berufsexamen - die mir zwar einige Jahre den Urlaub gekostet haben - kann ich heute in einem Beruf arbeiten, der mir derzeit gerade den Weg in die Selbständigkeit ermöglicht.

Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit den Möglichkeiten in Deutschland. Man muss selbst dafür einiges tun, aber es gibt bei uns nahezu unbegrenzte Möglichkeiten.

M.E: schadet es keinem Studenten, wenn er ein wenig arbeit neben dem Studium und das darf auch gern harte körperliche ARbeit sein. Das schaft mehr Verbundenheit zur arbeitenden Bevölkerung, die keine akademische AUsbildung hat. Mir hat es jedenfalls nicht geschadet.

Gruß

Thies
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Re: Kosten und Förderungen für Studenten in Norwegen?

Beitragvon Schnettel » Sa, 28. Feb 2004, 11:41

Hallo,

was die soziale Herkunft betrifft, war es eher früher so, dass gesiebt wurde. Zu DDR-Zeiten war es zum Beispiel genau anders herum: Da hatte es ein Akademikerkind schwer, Abitur machen zu dürfen. Da wurden eher die Arbeiterkinder bevorzugt.
Ich denke, heute ist das eher weniger eine Sache des "Berufs" der Eltern sondern, wie auch Thies bemerkte, vielmehr der Einstellung und Förderung der Eltern und des Umfelds.

In D finde ich die Entscheidung, ab der 5. Klasse aufs Gymnasium oder auf die Mittelschule zu gehen, viel zu früh. Bei vielen ist zu der Zeit der Knoten noch gar nicht geplatzt. Klar, ist ein Quereinstieg noch möglich. Aber oft ist der Zug eben abgefahren... Da finde ich das System in Norge besser. Auch, dass dort Berufsausbildung mit Abitur möglich ist. In D habe ich da bisher nur von einer Ausnahme in Bremen gehört. Die Regel ist wohl eher entweder Lehrausbildung oder Abitur. Ober nach dem Abitur ne Lehre und dann noch Studium...

Was die Förderung des Studiums betrifft, so finde ich es in Ordnung, wenn es eine gewisse Grundabsicherung gibt. Dass die Förderung (oder ein Teil davon) später zurückgezahlt werden muss, auch. Die Absicherung nimmt die Sorgen, die Jahre finanziell durchzustehen, denn ob man immer einen Job findet, mit dem man sich das Studium ermöglicht, weiß man ja nicht sicher - Und das Zurückzahlen bzw. eine zeitliche Begrenzung bewegt auf der anderen Seite, schnell fertig zu werden. Auch das finde ich legitim.
Dass sich dann allerdings durch die Inanspruchnahme ein großer Schuldenberg ansammelt, das ist nun mal so. Auf der anderen Seite gibt es auch viele und lange Semesterferien, in denen man dann arbeiten kann, Praktikas absolvieren etc. Dies tut nicht nur dem Portemonnaie gut, sondern auch der beruflichen Praxis.
Man kann sich ja im Vorfeld darauf einrichten - und dann ist es immer noch eine Sache der eigenen Prioritäten, was man möchte.
Wenn allerdings nach dem Studium die Aussichten schlecht sind, einen entsprechenden Job zu bekommen, der es dem Absolventen schwer macht, die Schulden zurückzuzahlen, dann hat man den Salat. Wie der Arbeitsmarkt in 5 Jahren aussehen wird, kann ja keiner vorher sagen.

Ich finde es aber interessant, mal über die verschiedenen Bildungspolitiken der Länder zu lesen.
Viele Grüße,
Jeannette
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Re: Kosten und Förderungen für Studenten in Norwegen?

Beitragvon Thies » Sa, 28. Feb 2004, 15:11

Mit der Frage des "platzenden Knotens" hatst Du natürlich Recht Jeannette. Ich gehöre zu der Generation, die in den alten Ländern eine damals sog. Orientierungsstufe besuchen mussten. Die Entscheidung viel bei mir dann nach der 6. Klasse. Für einen Jungen wahrscheinlich auch noch zu früh.

Ein Wechsel wäre danach schwierig gewesen. tatsächlich musste ich fast 19 Jahre alt werden, um zu begreifen, dass es mit der mittleren reife und einer Banklehre nicht getan ist. Wobei ich wohl noch Glück hatte. Heute bekommt man bei einer Bank ohne Abitur kaum noch eine Lehrstelle.

Für mich war es damals sehr vorteilhaft und das ist es wohl noch immer, dass ich die Zugangsberechtigung zu einer Hochschule auch noch nachträglich erwerben konnte.

Eine gewisse finanzielle Förderung der akademischen Ausbildung halte ich für sehr sinnvoll, da dies Grundvoraussetzung für eine gesunde Wirtschaft ist. Ohne Wissenschaftler, Ingenieure, Mediziner und auch Wirtschaftswissenschaftler geht es nun einmal nicht, wenn man diese Leistungen nicht nur aus dem Ausland beziehen möchte.

Und zu guter Letzt führen höhere Einkommen auch zu höheren Steuereinnahmen; zumndest ist dies bei mir so :-? . In gewisser Hinsicht finanziert die Hochschulausbildung nämlich selbst :!: .

Gruß

Thies
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Re: Kosten und Förderungen für Studenten in Norwegen?

Beitragvon Svensson » So, 29. Feb 2004, 10:37

Sieh an, hier hat sich ja einige richtige Diskussion um meine abrundende Nebenbemerkung im Bezug auf Herkunft, Studium und Förderung entsponnen.

Erst mal vorweg, Darksun: Dir ist schon klar, dass es kein Land in der Welt gibt, in dem so radikal nach Herkunft ausgesiebt wird wie in Deutschland, oder? Die Iglu-Studie hat auf den Punkt gebracht, dass die Empfehlungen nach der Grundschule mehr als überdeutlich darauf hinauslaufen, dass der Sproß aus wohlhabendem Hause aufs Gymnasium geschickt wird und das Arbeiterkind zur Hauptschule, wobei die Noten nur eine Nebenrolle spielen. Dass das rechtskonservative Baden-Württemberg bei der Festigung dieser Klassengesellschaft die erste Geige spielt und mehr nach Herkunft aussiebt, als jedes andere Bundesland (siehe IGLU-Studie), ist keine Überraschung. Im Übrigen: Wenn Du kein Bafög bekommst, kann Deine Herkunft nicht so bescheiden sein. Die Eltern müssen schon einiges verdienen, damit man nichts bekommt. Aber das ist eben Interpretation: ich habe schon Beamtenkinder lamentieren hören, dass sie kein Bafög bekommen. Das ist natürlich der Gag schlechthin, denn wer ohnehin schon für den Staat arbeitet und von ihm bestens versorgt wird, kann wohl schlecht noch seine Kinder hinschicken, um die Hand aufzuhalten.

Ohnehin werden die meisten Studenten finanziell reichlich von ihren Eltern unterstützt. Wenn die Herrschaften dann noch nebenbei arbeiten, liegt das nicht etwa an einer schlechten finanziellen Situation, sondern ganz einfach daran, dass man als Student mit zumeist sehr bürgerlicher Herkunft mehr Komfort gewöhnt ist: da muss es dann trotz Semesterticket noch "nebenbei" ein Auto sein, und die Einzelwohnung, die man sich nimmt, sollte nicht so weit weg sein von der Uni und schon ihre 40-50 Quadratmeter haben. Für den Urlaub muss man nicht planen, da man ja mit den Eltern fliegt und die "selbstverständlich" ihr Kind einladen.
Solche Leute sind mir zu Genüge bekannt, und dafür habe ich nur ein müdes Lächeln übrig.

Die umgekehrte Methode in der DDR ist mir bekannt. Dahinter steckte die Absicht, dass Arbeiterkinder mit anderer Prägung und anderem Bewusstsein als die Kapitalisten auch als Akademiker ihre Herkunft nicht verleugnen und nicht so abgehoben sein würden. Das kann wohl auch nicht richtig sein, ist moralischer aber auf jeden Fall sinnvoller als der Weg der BRD.

Studium, Arbeiten und Bafög: Lange Semesterferien, nun ja, die habe ich nie gehabt. Es gibt eben Studiengänge, bei denen man jeden Tag im Jahr zu lernen hat und doch nie fertig wird. Es kann nicht jeder ein Studium beginnen, das nur aus Vorlesungen besteht, und in dem man in der vorlesungsfreien Zeit frei hat, sondern viele müssen umfangreiche Hausarbeiten schreiben, und wenn man dann noch Fremdsprachen studiert, ist nichts mehr mit Freizeit.

Was die Bafög-Rückzahlung betrifft: Keine Angst, die fällt erst ab einem sehr soliden Jahreseinkommen an. Wer darunter bleibt, ob aus Gründen der Arbeitslosigkeit oder zu bescheidenem Jobeinkommen, der zahlt nichts zurück. Ohnehin muss in Deutschland der Großteil der Studenten wesentlich weniger als die 40% Höchstgrenze des Bafögbetrages zurückzahlen, da es zahlreiche Erleichterungen und Ausnahmen gibt. Und die abzustotternden Beträge, die zu zahlen sind, sind angesichts des dann erreichten Einkommens bescheiden.
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Re: Kosten und Förderungen für Studenten in Norwegen?

Beitragvon Schnettel » So, 29. Feb 2004, 11:34

Svensson hat geschrieben:Die Iglu-Studie hat auf den Punkt gebracht, dass die Empfehlungen nach der Grundschule mehr als überdeutlich darauf hinauslaufen, dass der Sproß aus wohlhabendem Hause aufs Gymnasium geschickt wird und das Arbeiterkind zur Hauptschule, wobei die Noten nur eine Nebenrolle spielen.


Ist ja interessant. Dass das so krass ist, hätte ich nicht gedacht. Allerdings habe ich den Eindruck, dass das im Osten (noch) nicht so ist. (hier gibts nicht sooo viele wohlhabende Eltern... :wink: )

Svensson hat geschrieben:Studium, Arbeiten und Bafög: Lange Semesterferien, nun ja, die habe ich nie gehabt.

Ja, klar. Da hast du natürlich recht. Das ist sehr stark vom Studiengang abhängig. Ich als BWL-Student hatte das Glück, mich nebenbei auf andere Sachen konzentrieren zu können. Während des Schreibens der Diplomarbeit hatte ich die "Zeit", ein Kind zu bekommen (fand das besser, als nach dem Studium, wenn man ja arbeiten will, damit anzufangen) und konnte in den Semesterferien arbeiten gehen.
Allerdings gibt es eben, wie Svensson schon angeführt hat, viele Richtungen, wo das gar nicht möglich ist. Auch gibt es sicher viele Studienrichtungen, die auch viel kosten (teure Materialien etc.). In dieser Richtung müsste sicher vom Staat UND von der Wirtschaft mehr getan werden.

Thieß hat geschrieben:Und zu guter Letzt führen höhere Einkommen auch zu höheren Steuereinnahmen; zumndest ist dies bei mir so . In gewisser Hinsicht finanziert die Hochschulausbildung nämlich selbst .

Aber wer denkt schon so weit??? Man hangelt sich doch im Haushalt gerade mal von einem Jahr zum anderen. Wenn überhaupt. Welcher Verantwortliche denkt denn an die eventuell höheren Steuereinnahmen in 10 Jahren (vorausgesetzt, die vielen teuer ausgebildeten Hochschulabsolventen bekommen in dieser Größenordnung auch Jobs...).
Schön wär's...
Schnettel
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