Hei hei alle sammen! (Hallo alle zusammen)
Ich hoffe, ich kann mit meinem Erfahrungsbericht zu meiner Au Pair-Zeit in Norwegen potentiellen Interessierten ein Stück weit weiterhelfen.
Im letzten Jahr war ich für etwa 6 Monate als Au Pair eine gute Autostunde von Oslo entfernt tätig. Leider musste ich das Projekt vorzeitig abbrechen, weil ich großes Pech mit den Gasteltern hatte. Ich möchte hier niemanden abschrecken, ganz im Gegenteil, denn ich hatte trotzdem eine wunderbare, erlebnis- und erfahrungsreiche Zeit, die ich nicht bereue und niemals vergessen werde. Vielleicht helfen euch meine Tipps, es in einer ähnlichen Situation einfach besser zu machen!
Thema Sprache:
Ich habe schon etwa ein halbes Jahr vor dem Start - als für mich noch gar nicht feststand, dass ich als Au Pair nach Norwegen gehe - angefangen online norwegisch zu lernen. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten: Ich habe mich bei babbel für drei Monate (ca. 30 Euro) angemeldet und dann dabei meine ersten Schritte in der Sprache gemacht.
Babbel allein wird euch nicht das Sprechen der norwegischen Sprache beibringen, aber ihr entwickelt so vorab schon einen Wortschatz im Kopf, der es später in Norwegen viel einfacher und schneller macht!
Hätte ich nicht schon vorab angefangen zu lernen, hätte ich nach den wenigen Monaten in Norwegen niemals so gut gelernt, die Sprache zu beherrschen!
Klar, es ist immer noch viel Luft nach oben, aber für 6 Monate ist das sehr gut. Andere Au Pairs oder Sprachschulteilnehmer haben dementsprechend länger gebraucht, bis sie drauf los quatschen konnten.
Thema Auswahl der Gastfamilie:
Ich persönlich habe meine Gastfamilie über aupairworld.net gefunden. Daher kann ich nur meine Erfahrungen über diesen Weg beschreiben. Dabei habe ich drei entscheidende Fehler gemacht:
1. Nur auf deutschsprachige Familien beschränkt (z.B. ein deutscher Elternteil).
Ich dachte bei der Auswahl daran, dass es sicher das Einfachste wäre, mir eine Familie mit einem deutschsprachigen Elternteil zu suchen, weil ich mir vorab nicht zugetraut hatte, in einer nicht-deutschsprachigen Familie genauso zu bestehen, wie in einer deutschsprachigen.
Klar, klingt es auf den ersten Blick einfacher und bequemer, aber im Nachhinein würde ich das nicht mehr als Kriterium wählen, weil ihr mit dem Schulenglisch schon irgendwie zurechtkommt, und bei vorherigem norwegisch lernen auch bald mit dem norwegisch. Wenn euch eine deutschsprachige Familie mies behandelt und ihr gezwungen seid, die Familie zu verlassen, hat euch dieser vermeintliche Vorteil auch nichts gebracht!
2. Auf eine bestimmte Region oder Stadt verharren.
Ich wollte damals unbedingt nach Oslo, bzw. in die Umgebung von Oslo, weil ich Oslo von einer Städtereise schon kannte und hin und weg von dieser Stadt war. Diese Eingrenzung des Zielortes kreist natürlich auch die Auswahl der Gastfamilien ein. Außerdem habe ich während einer ausgiebigen Rundreise mit dem Auto so viele wunderschöne Orte und Gegenden kennengelernt, dass ich heute Oslo gar nicht mehr zu meinem Favorite zähle!
3. Einer Gastfamilie zu voreilig zusagen (Hört auch auf euer Bauchgefühl!).
Das war sicherlich mein größter Fehler. Weil ich das Gefühl hatte, mir läuft allmählich die Zeit davon, habe ich irgendwann meiner Gastfamilie zugesagt, obwohl ich selbst nicht zu 100% überzeugt war. Habe vorab 2,3 Mal mit den Eltern geskyped, telefoniert und Sie vorab sogar während meines Urlaubs schon besucht. Meine Meinung dazu ist nach der Erfahrung aber ganz klar: Ihr könnt mit den Eltern 10 mal telefonieren und von mir aus 20 mal skypen. Richtig kennenlernen werdet ihr sie erst, wenn ihr mit ihnen unter einem Dach wohnt.
Nehmt euch also genügend Zeit für die Auswahl und startet lieber zwei, drei Monate später, als es aus aufkommendem Zeitdruck zu überstürzen!
Thema Integration in die norwegische Gemeinschaft (Versteift euch nicht nur auf den Sprachkurs!) :
Ich würde es heute so machen, dass ich mir gleich zu Beginn des Aufenthalts eine Tätigkeit in einem Verein oder Ähnliches suche (Mannschaftssport, Musik, Chor... was euch eben interessiert), um mich möglichst schnell in der Gemeinschaft zu integrieren. Ich bin da irgendwie zu spät erst auf den Gedanken gekommen, bzw. dachte anfangs: "Mach das mal lieber erst, wenn du die Sprache besser beherrschst!" Das ist im Nachhinein betrachtet großer Quatsch, denn niemand wird einen auslachen, wenn man beispielsweise zum Sport geht und man bringt anfangs nur ein paar Brocken oder sogar nur Englisch heraus.
Im Sprachkurs habe ich sehr schnell Anschluss und mit der Zeit auch Freunde verschiedenster Nationen gefunden (Österreich, Schweiz, Griechenland, Italien, Polen...) Das war im Nachhinein eine der besten Erfahrungen meines "Au Pair-Erlebnisses", weil es einfach toll ist so viele Menschen aus anderen Ländern kennenzulernen und mit ihnen etwas zu unternehmen oder etwas über ihr Land oder ihre Kultur kennenzulernen. So legt man auch blitzschnell seine "deutschen" Vorurteile über bestimmte Dinge ab und nimmt gewisse Aspekte ganz anders war.
Jetzt kommt das ABER: Ich habe mich durch diesen Anschluss im Sprachkurs sehr wohl und integriert gefühlt, was allerdings ein Trugschluss ist. Nach meinem Aufenthalt habe ich irgendwann gemerkt: Hey du hast zwar IN Norwegen tolle Menschen kennengelernt, aber irgendwie keine norwegischen Freunde und Kontakte gefunden! Das würde ich also heute ganz sicher anders machen!
Thema Verhalten in der Gastfamilie, Kommunikation mit den Gasteltern:
Hier gelten die wichtigen Grundsätze: Klärt vorab klar eure Erwartungen / Arbeitszeiten usw.! Lasst euch nicht ausnutzen! Lasst euch nicht verarschen! Sucht den Kontakt immer zu den Gasteltern, wenn es Probleme gibt! Seid aber auch flexibel! Geht respektvoll miteinander um! Bringt den Eltern ein bisschen Demut entgegen! Seid dankbar!
Das Problem hier ist, dass zu einer guten Kommunikation immer beide Seiten gehören. Wenn ihr also auf gute Kommunikation aus seid und das auch gut umsetzt, die Gasteltern das aber überhaupt nicht können und mehr oder weniger machen, was sie wollen, dann hat es eigentlich keinen Sinn.
Ich wurde von den Gasteltern in zwei Punkten verarscht:
1. Ich habe etwa 2,3 Wochen vor dem Start eine SMS bekommen, dass bald umgezogen wird. Vorher war davon nie die Rede. Als ich dann angekommen bin, hat sich wirklich alles um den Umzug gedreht, wobei einiges zulasten meines Wohls versäumt wurde (wochenlang keinen Vertrag unterschrieben usw.) und ich dann auch als Umzugshelfer tätig war (Ein Umzug mit einer 6-köpfigen Familie von Haus zu Haus ist nicht in 2 Wochen erledigt...).
2. Ich habe nach einiger Zeit durch andere Au Pairs erfahren, dass ich scheinbar der einzige Depp bin, der nicht vorschriftsmäßig bei der Steuerbehörde angemeldet ist und sozusagen schwarz für die Familie arbeitet. Danach war mein Vertrauen in die Gasteltern dahin und nachdem ich auf eigene Faust mich beim Finanzamt angemeldet habe und der Vater davon Wind bekam, wollten sie mich ziemlich schnell loswerden...
Ansonsten solltet Ihr wirklich vorab klar die Arbeitszeiten und freien Tage klären. Ich hatte zum Beispiel nie richtig Feierabend, weil ich auch abends noch meist irgendwie mit eingebunden war. Okay, wenn das für euch kein Problem ist. Wenn es euch aber wichtig ist, dass ihr irgendwann die Tür hinter euch schließen könnt und auch mal abschalten wollt, dann solltet ihr das unbedingt im Vorfeld so besprechen und wenn es nicht eingehalten wird und nicht respektiert wird, klar die Grenzen aufzeigen. Ihr solltet auch nicht alles mit euch machen lassen. Wenn es euch zum Beispiel zu viel ist, zwei Wochen in Folge keinen freien Tag zu haben, dann fordert ihn euch einfach ein. Lasst nicht alles mit euch machen! Daher solltet ihr selbstbewusst mit dem Thema umgehen und wie schon gesagt eine gute Kommunikation mit den Eltern führen. Das habe ich leider nicht so gut hinbekommen.
Ich würde es auch nicht als Schande oder Scheitern ansehen, die Gastfamilie zu tauschen, wenn man bald merkt, dass man dabei nicht glücklich ist oder es nicht funktioniert.
Mein Fazit: Wenn ihr Au Pair in Norwegen werden wollt, dann macht es unbedingt! Mein Bericht soll euch in keiner Weise davon abhalten! Ich möchte euch einfach nur ein paar Hinweise geben und meine Erfahrungen dazu nutzen Anderen zu helfen!
Dieses halbe Jahr Norwegen war bisher das beste in meinem Leben. Auch wenn es mit den Gasteltern nicht lief und ich Pech mit den ihnen hatte (Die Kinder haben mich vergöttert und ich habe sie tief in mein Herz geschlossen und denke immer noch oft an sie) waren es tolle Erfahrungen!
Die Natur ist atemberaubend, ich habe sie erst durch diese Zeit zu schätzen und zu lieben gelernt. Die Mentalität der Norweger habe ich auch als sehr positiv wahrgenommen. Auf mich wirkten sie viel entspannter, lockerer und auch glücklicher! Ich hatte auch das Gefühl, dass "Stress" für sie ein Fremdwort ist. In Norwegen ist man in vielen Dingen Deutschland weit voraus, was man hier in den Medien natürlich niemals zugeben würde.
Im Bereich Umwelt und Pädagogik kann man sich hier die ein oder andere Scheibe abschneiden, oder auch im Bereich Integration. Sicher noch in vielen weiteren Punkten!
Liebe zukünftigen Au Pairs, nutzt die Gelegenheit das Land und die Leute kennenzulernen! Hoffentlich, konnte ich jemandem weiterhelfen!
An alle Übrigen: Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit zum Lesen genommen habt!
Lykke til og har en fint dag!
hilser fra Tyskland
Svendsen