Hei,
da will ich mich doch auch mal zu Wort melden.
Ich bin also allein und wegen des Jobs nach Norwegen gegangen, und kann die Meinung anderer, dass dies ein Nachteil sei, nicht bestätigen. Das beste, was einem passieren kann, ist von vornherein einen Job zu haben, da mit a ) all das Formelle schneller geht und b) man die Sicherheit eines Einkommens hat. Stellt sich der Job dann als nicht optimal heraus, ja, dann kann man ja vor Ort wieder auf die Suche gehen und vielleicht mit der Zeit den Traumjob am Traumort auftun.
Bei mir war das nicht nötig, ich habe meinen Traumjob und ich bin in einer der schönsten Ecken des Landes gelandet. Kein Bedarf nach Wechsel vorhanden.
Eine wichtige Sache, derer man sich in Norwegen bewusst sein sollte, ist dass hier die Uhren langsamer gehen. Die eher südländische Mentalität, eben. Man muss sich ständig aktiv um alles kümmern, und wenn einem gesagt wird, "ich kümmere mich drum", heisst das noch lange nicht, dass sich drum gekümmert wird. Hier trifft Uwes Erfahrung voll zu. Man muss selber die Sachen in die Hand nehmen, immer wieder mahnen, und vor allem deutlich sagen, "ich will, dass das jetzt schnellstmöglich in die Wege geleitet wird", und man muss den Fortgang mitverfolgen.
Eine andere Sache ist, wie auch schon erwähnt wurde, dass wir Deutschen alle miteinander sehr perfektionistisch sind, alles einwandfrei klappen muss, und dass wir mit unserer Kritik nicht hinter'm Berg halten. Hier ist äusserste Vorsicht und viel Diplomatie angesagt, wenn man nicht ständig überall anecken und sich unbeliebt machen will! Kann sein, dass man es besser weiss, aber so offen sagen sollte man das nicht unbedingt...
Ich glaube auch, dass man als Einzelperson mit (zukünftig) norwegischem Partner das Eingewöhnen und vor allem das Soziale-Kontakte-knüpfen viel leichter hat, als wenn man als komplette Familie kommt, wo man natürlicherweise in erster Linie einander hat und vielelicht der Bedarf an Kontakten erst in zweiter Linie kommt.
Wichtig ist, dass man versucht, sich lokal zu engagieren, sei es im Chor (von denen hier jes Nest einen hat, und zwar ziemlich gute), im Wanderverein (turlag), irgendwelchen Sportvereinen usw. Nur so wird man den Kontakt zur Lokalbevölkerung schliessen und aufrecht erhalten können.
Aber all das sind eigentlich Dinge, die bei einer Auswanderung, egal wohin in der Welt, essentiell sind. Da unterscheidet sich Norwegen nicht von Spanien, Frankreich, Australien oder Kanada.
Und wer hierher kommt, weil hier alles perfekt ist, vom hohen Einkommen über das Sozialwesen, der wird sicher schneller auf dem Bauch landen als jemand, der herkommt, weil ihm Deutschland zu hektisch und unfreundlich ist. Es ist leicht, nach Norwegen auszuwandern, wo die sozialen Absicherungen so gut sind. Da kann nicht viel scheifgehen, und das Risiko ist minimal. Anders ist das bei Ländern wie den USA oder Australien. Die, die hierhergehen, machen das TROTZ der fehlenden sozialen Absicherung. Das Risiko ist also grösser, aber gleichzeitig vielleicht auch die Bereitschaft, sich durchzubeissen und sich trotzdem erfolgreich zu etablieren? Man muss einen offenen Sinn mitbringen, ohne den geht es einfach nicht.
Mir gefällt auch nciht alles am Gesundheitswesen, und das kommunale Ärztecenter in Fagernes ist tragisch. Aber das würde mich nicht zum Umziehen bewegen, das nehme ich gegen so viele andere Vorteile und die unglaublich hohe Lebensqualität wie z.B. die Natur, die Wandermöglichkeiten im Sommer und Skimöglichkeiten im Winter, die reine Luft und das hervorragende Wasser, die herrliche Aussicht von unserem (supergemütlichen Holz-) Haus mehr als gern in Kauf. Deswegen gehe ich nicht nach Deutschland zurück! Dort gibt es andere Dinge, die mir viel mehr stinken, als wenn ich mal nicht gleich einen Termin beim Arzt bekomme, nachdem ich stundenlang in der Wartescheife gehangen habe und nachher auch noch eine Stunde im Wartezmmer sitze, bevor ich endlich drankomme.
Ich bin allerdings auch froh, nicht in Oslo zu wohnen, denn das unterscheidet sich meiner Meinung nach nicht im geringsten von jeder anderen europäischen Grosstadt: haufenweise Menschen, Autos, Staus und Luftverschmutzung. Ich fahre gern mal für ein Wochenende hin, um ins Theater zu gehen, zu shoppen und Freunde zu besuchen, aber ich bin jedesmal froh, anschliessend wieder wegfahren zu können... Bin eben kein Grosstadt-, sondern Naturmensch