Vier Schiffe und ein Bus - 21In der Nacht war der Seegang wieder deutlich zu spüren. Seit 6 Uhr liegen wir am Kai in Trondheim. Hinter uns hat die nordfahrende Midnatsol festgemacht. Bevor ich zum Frühstück gehe, schaue ich mal über die Reling, ob sich am Autodeck schon etwas tut. Was sehe ich? Der rote Bus fährt aus dem Fahrstuhl und parkt vor dem Schiff. Nein, kein autonomes Fahrsystem sondern einer der Mitarbeiter vom Laderaum hat ihn dort abgestellt. Der Fahrzeugschlüssel gibt er anschließend bei der Rezeption ab. Toller Service, denn ich kann jetzt ohne Eile das Frühstücksbuffet genießen.
Anscheinend gab es heute schon ab 6 Uhr Frühstück, denn das Restaurant ist bereits gut belegt. Weil der Bus schon am Kai steht, kann ich mein Gepäck einzeln runter bringen.




Dann höre ich ein letztes Mal von der elektronischen Stimme das dumpfe " Good by" und verlasse über die Gangway das Schiff. Irgendwie fällt es mir schwer mich vom Schiff zu trennen, deshalb schleiche ich noch eine Weile am Kai entlang und mache Fotos von den beiden Postschiffen. Zum Abschluss suche ich mir auf dem gegenüberliegenden Speditionsgelände einen Platz und kann so das erste Foto vom ganzen Schiff machen.




Jetzt heißt es wieder Kilometer schrubben. Auf der E6 fahre ich zügig Richtung Süden, denn am Abend wartet das vierte und letzte Schiff in Oslo auf mich. Am Abzweig zur Straße 3 überlege ich einen Moment vielleicht doch über das Dovrefjell zu fahren. Die Schneebedeckten Berge am Horizont schauen schon verlockend aus, aber für den Nachmittag ist im Süden Schneefall angesagt. Also biege ich doch ab auf die 3.
In Kvikne halte ich an der Holzkirche an. Offenbar wird gerade eine Beisetzung vorbereitet, denn eine norwegische Flagge wird auf Halbmast gesetzt und jemand klopft das Eis vom Weg zur Kirche ab. Weil ich mit meiner Kamera nicht zu aufdringlich erscheinen möchte, verlasse ich vorzeitig den Ort und setze meine Fahrt fort.



Mittlerweile hat es tatsächlich angefangen zu schneien. Am Rastplatz mit dem großen Elch lege ich eine Pause ein. Unterwegs begegnen mir jetzt wieder Schneepflüge und die Straßen werden rutschiger. Als ich auf die zur Autobahn ausgebaute E6 fahre, ist die rechte Fahrbahn von mindestens 10 cm Neuschnee bedeckt und es fahren alle in einer Kolonne. Leider werden die Fahrzeuge immer langsamer und wir schleichen mit 45 km/h über die Autobahn. Als wir die ersten Tunnel der Strecke durchfahren ändert sich die Fahrweise. Viele Autos scheren Links aus und überholen im Tunnel, um dann vor dem Tunnelende mit Vollbremsungen wieder in die rechtsfahrende Kolonne einzuscheren. So geht das jetzt bei jedem Tunnel.


Ich bin froh, nicht den längeren Weg über das Dovrefjell genommen zu haben, denn in Oslo schneit es jetzt so heftig, dass der Verkehr zum Erliegen kommt. Ich nutze die Zeit für einen letzten Tankstopp und schleiche dann in Schrittgeschwindigkeit bis zum Stena Line Terminal. Hier bin ich etwas überrascht, denn es ist noch kein Schiff zu sehen.
Meine letzte Fährüberfahrt von Oslo nach Frederikshavn hatte ich erst vor vier Tagen gebucht und musste dabei feststellen, dass die günstigen Außenkabinen plötzlich alle ausgebucht waren. Etwas zwiespältig habe ich dann eine Innenkabine als "preisgünstige Alternative im Unterdeck" gewählt.



Mein viertes Schiff der Reise, die Stena Saga, lässt sich schließlich doch noch blicken und legt um 19:20 Uhr an der Kaimauer an. Da ich als einer der ersten am Check-Inn war, kann ich mir jetzt aus der ersten Reihe das Entladen der Fähre anschauen. Es dauert nur eine halbe Stunde, dann kann ich an Bord fahren. Ungewöhnlich finde ich, dass der Bus mit Keilen vor den Rädern gesichert wird. Naja, die werden schon wissen warum. Meine Kabine befindet sich unterhalb der Fahrzeugdecks und ist über eine lange steile Treppe zu erreichen. Die Ausstattung ist - , sagen wir mal -, rustikal. Die Eingangstüre ist stark verzogen, weshalb ich auch bei geschlossener Tür auf den Gang schauen kann. Starke Kalk- und Rostspuren in der Dusche können meinen Eindruck von der Kabine nicht verbessern. Naja, es ist ja die letzte Nacht, die bekomme ich schon rum. Vielleicht sollte ich möglichst lange oben auf dem Schiff verbringen. Einen direkten Aufgang gibt es nicht, dass heißt ich muss die Treppenaufgänge auf dem Weg nach oben wechseln. Ganze neun Decks sind zu erklimmen, bevor es einen Weg nach draußen gibt. Während ich die verschiedenen Stockwerke zu Fuss hinter mir lasse, wird mir auch klar, warum die Außenkabinen nicht mehr verfügbar waren. Überall wimmelt es von Partygängern, die sich auf ihre Partynacht an Bord vorbereiten. Draußen ist es ruhiger, weil kälter

Beim Ablegen in Oslo kann ich noch einige wenige Fotos machen, dann verziehe ich mich in meine Kabine und versuche zu schlafen.










Die Ankunft in Hirtshals ist für 7:30 Uhr geplant, aber vorher gibt es das Frühstücksbuffet. Diese Nacht war übrigens die beste aller Schiffsübernachtungen der Reise. Die Kabine war ruhig, kein spürbarer Seegang und die Koje die bequemste von allen. Das stimmt mich, trotz des schlechten Zustands der Kabine, etwas versöhnlich. Auf dem Weg zum Frühstück begegnen mir die letzten Nachtschwärmer mit Bier oder Sekt in der Hand. Dafür ist es am Buffet erstaunlich leer. Wahrscheinlich schlafen die alle noch ihren Rausch aus

Obwohl der Hafen schon seit einer Stunde zu sehen ist, legen wir pünktlich um 7:30 Uhr in Frederikshavn an. Für mich geht es jetzt direkt auf die Piste und acht Stunden später bin ich wieder Zuhause.

Das war also meine spontane Winterreise auf die Lofoten.
Danke, dass Ihr den Bericht so lange begleitet und kommentiert habt

Gerhard