Hei!
Ach, wie gut kann ich das nachfühlen!! Meine Freundin ist im Juni 2009, ich bin im September 2009 nach Norwegen gekommen. Da ich Verwandte in Norwegen habe, konnte ich schon vorher „ganz gut“ norwegisch, da ich auch einige Jahre Kurse auf der VHS besucht hatte. Meine Freundin konnte nach drei kurzen Intensivkursen und Selbstlernen am PC noch nicht allzu gut sprechen, wurde aber auf der Arbeit mehr oder weniger sofort ins kalte Wasser geschmissen und musste schon nach 3 Tagen Telefonanrufe entgegennehmen! Und wie erstaunt war ich, als ich im September nachkam und sie quasselte wie ein Buch
… Sie hat, glaube ich, erst mal mehr verstanden als ich. Und trotzdem: Auch wenn wir überall für unser Norwegisch gelobt werden und fast niemand glauben will, dass wir erst so kurz hier sind, befällt mich ab und zu genau das von Dir beschriebene Gefühl. Mir fehlen oft die Worte, um bestimmt Dinge, die vielleicht etwas weiter in die Tiefe gehen, auszudrücken, die Spontaneität fehlt (noch?), das rasche Antworten, das „Auf-den-Punkt-Treffen“, das problemlose Teilnehmen an einem Gespräch. Es gibt Tage, da geht alles problemlos und ich kann alles sagen, was ich will, und es gibt Tage, da bin ich nach der Arbeit so erschossen und leer im Kopf, dass ich nicht mehr viel brauche. Und deshalb habe ich auch das Gefühl und die Angst, dass mich die Anderen ja gar nicht als den Menschen kennenlernen können, der ich eigentlich bin. Aber vielleicht macht man sich selbst da viel zu viele Gedanken, und die anderen empfinden das gar nicht so? Als ich das mal einem Norweger erzählt habe, hat er gesagt, es ist nicht nur die Sprache, nach der man sein Gegenüber einschätzt, es gehört noch einiges Andere auch dazu, ich solle mir mal keinen großen Kopf deswegen machen, das sei alles gar nicht schlimm und würde ja sowieso immer besser werden… Und das Wichtigste: Nicht „ja ja“ sagen, wenn man was nicht versteht, sondern gleich nachfragen! Damit hat er sicher recht! Und über mangelnden Kontakt hier draußen im Busch können wir uns wirklich nicht beklagen: Wir waren schon zu einer Hochzeit und am Heiligabend (und auch schon mehrmals ohne besonderen Anlass) eingeladen, werden bei allen möglichen Veranstaltungen gefragt, ob wir auch kommen, und meine Freundin sitzt sogar schon als Kassiererin in der Styre eines kleinen Vereins, der hier draußen für die Erhaltung der alten Schule sorgt… Viel zu lange Rede, kurzer Sinn: Man stellt wohl wirklich selbst erst mal zu hohe Ansprüche an sich und erwartet zu viel auf einmal – und denkt, den anderen geht´s mit Dir genauso! Ist aber vielleicht gar nicht so, und die anderen können Dich sehr wohl einschätzen, auch wenn die Sprache (noch) nicht perfekt sitzt… Aber trotzdem muss man sicher sehr viel dafür tun, dass man mehr und mehr integriert wird, und irgendwann auch richtige Freundschaften schließt – und das ist in einer fremden Sprache mit Sicherheit sehr viel schwieriger und anstrengender, da beißt keine Maus ´nen Faden ab!
Lykke til og hold på – det ordner seg, men ting tar tid
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