Dirk i norge hat geschrieben:Schlagen wir die Zeitung auf und lesen etwas über 100 Tote bei einer Explosion ist China, verschwenden wir nicht einen Gedanken an die Opfer oder deren Angehørige. Lesen wir etwas von 50 Toten bei bei einem Zugunglück in Spanien, schauen wir uns die Zeilen schon etwas genauer an, lesen vermutlich die Fakten nocheinmal. Lesen wir allerdings von einem Toten im Nachbaraufgang unseres Hauses in dem wir wohnen, sind wir aufgebracht und wollen alles ganz genau wissen. Wir sind schockiert.
Hinzu kommt bei dem schlimmen Angriff in Norwegen der Begriff "Terror". Dieser Begriff ist zwar in der heutigen Zeit normal geworden aber die lokale Nähe sowie die Anzahl der Opfer macht dieses Geschehen besonders schlimm. Dabei geht es immer wieder um eine Sache: Es kommen Menschen uns Leben. Ob in China, Spanien oder im Nachbaraufgang.
In meinen Augen solltest du sparsamer mit dem "Wir" umgehen. Du kannst natürlich immer von dir selbst sprechen, aber wenn es um andere geht, solltest du dich vielleicht etwas mehr zurückhalten.
Ich kann mich z.B. nicht mit dem identifizieren, was du schreibst. Wenn sich ein Toter im Nachbaraufgang des Hauses, in dem ich wohne, befinden würde, dann bin ich mir ziemlich sicher, dass ich nicht das Gefühl bekommen würde, ich muss jetzt alles ganz genau darüber wissen. Ich habe mich, so sehe ich es zumindest, in diese Angelegenheit nicht einzumischen, auch wenn sie in meinem nahen Umfeld passiert ist. Kommen z.B. Angehörige auf mich zu, um mir etwas über den Vorfall zu erzählen, dann ist es etwas anderes, aber von mir aus, würde ich wahrscheinlich nie den Drang haben, alles darüber wissen zu wollen.
Außerdem lese ich in der Zeitung einen Berichte über einen Anschlag in Pakistan genauso aufmerksam wie einen Bericht über einen Anschlag in Madrid. Das ist in meinen Augen beides tragisch und ich wüsste nicht, warum ich dem einen Artikel weniger Aufmerksamkeit zukommen lassen sollte als dem anderen.
Zum Thema Terror: "In der heutigen Zeit normal geworden" - Der Terror gehörte auch in der Vergangenheit zum Leben, sei es in Frankreich, Deutschland, China, Afrika oder wo auch immer, und hat schon sehr früh in der Geschichte dafür gesorgt, dass er nicht mehr aus unserer Welt verdrängt wird.
Hmm, im Verlauf meines Schreibens wird mir sogar klar, dass ich dein Beispiel auf mich bezogen genau andersrum sehe. Wenn ich von einer Explosion in China höre und von einem Zugunglück in Spanien, dann fällt es mir leicht, mich damit zu beschäftigen. Da habe ich nicht so sehr das Gefühl, dass ich mich ungefragt einmische.
Dirk i norge hat geschrieben:Es gibt jedes Jahr über 20.000 Hungertote. Wir lesen es, vergessen es und machen nichts (jedenfalls nicht genug). Mit diesem Gedanken im Kopf komme ich zu meinem persönlichen Entschluss, dass wir die eigendlichen Terroristen sind. Wir töten zwar nicht, sehen aber dabei zu. Es sterben Menschen und wir kümmern uns einen Dreck darum. Es ist ja weit weg von uns entfernt.
Und auch hier stört es mich, dass du einfach "wir" schreibst. Du kannst dir doch nicht herausnehmen für alle sprechen zu können. Es gibt Personen und das kann ich auch von mir behaupten (habe als Kind z.B. mal Weihnachten auf Geschenke verzichtet und dafür das Geld gespendet), die lesen solche schrecklichen Ereignisse nicht nur, die tun auch soviel, wie in ihrer Macht steht (und das ist auf eine Person bezogen genug), um anderen Menschen, z.B. durch Spenden zu helfen. Denen kann man keinen Vorwurf machen, denn sie engagieren sich, dass es dennoch Hunger, in Europa ausgemerzte Krankheiten und ähnliches z.B. in Afrika gibt, liegt halt daran, dass sich nicht die Menschheit engagiert, sondern "nur" Menschen. Rede doch einfach nur von dir und nicht immer gleich von allen.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian