Hallo, da hier ja immer wieder mal über die Kreuzottern geschrieben wird, hab ich mich mal hier registriert

Das Vorkommen von Vipera berus erstreckt sich von Frankreich und England im Westen über Mitteleuropa bis Sachalin in Russland (V.sachalinensis) im Osten! Im Norden dringt sie neben der Waldeidechse am Weitesten zum Polarrand vor (Skandinavien; Norwegen), weshalb sie sich auch klimatisch bedingt lebende Junge gebärt und keine Eier legt! Zur Beute gehören Frösche, Eidechsen (für juvenile Vipern) sowie Kleinsäuger welche durch einen Giftbiss getötet werden und dann anhand der Duftstoffe mit der Zunge aufgespürt und mit dem Kopf voran verschlungen werden. Das Gift (Hämotoxin/Neurotoxin) dient also für den Beuteerwerb und anschließend zur Vorverdauung. Die Enzyme im Gift zersetzen die Beute innerlich, was für eine schnellere Verdauung sorgt. Nach dem Winterschlaf erscheinen zuerst die Männchen und häuten sich das erste mal ("Hochzeitskleid"), Wochen später erscheinen die Jungtiere und zuletzt die Weibchen (je nach Land und Witterung)! Die Männchen werben um die Weibchen durch "Kommentkämpfe", wo sich zwei Kontrahenten gegenseitig auf den Boden drücken, der Schwächere flieht und gibt das Revier samt Weibchen dem Gewinner. Nach der Paarung fangen alle Tiere mit dem wesentlichen Fressen an, um die verlorenen Energiereserven der Winterruhe wieder aufzunehmen (Fettreserven). Im Hochsommer ziehen sich die meisten Tiere in ihre Verstecke zurück, nur die tragenden Weiber brauchen jetzt viel Sonne um die im Bauch heranwachsenden Babys später zu gebären, überhaupt brauchen alle Reptilien die UV-Strahlungen um ihre Körperfunktionen und Beweglichkeit zu gewährleisten (Thermoregulation). Daher findet man bei kalten, regnerischen Tagen kaum bis keine Schlangen. Tragende Weiber findet man also dann im Sommer, diese flüchten auch nicht sondern verteidigen ihre Position! Hier muss man besonders mit Bissen rechnen!!! Nachdem im Herbst bis zu 15 Jungschlangen abgesetzt werden begeben sich die Tiere samt Neugeboreren in die Winterquartiere, die ihnen in der Regel bekannt sind, es werden also meist immer dieselben Quartiere wieder aufgesucht. Während normalerweise die Tiere eher eine defensive Verteidigung bevorzugen (Fauchen, Abhauen, Scheinbisse), setzen bedrängte tragende Weibchen statt der Flucht ihre Giftzähne ein und benutzen dazu auch mehr Gift als bei den üblichen Verteidigungsbissen (wenig bis kein Gift). Diese Tiere werden also häufiger entdeckt und ergo auch erschlagen. Im Falle eines Giftbisses gibt es unterschiedliche Reaktionen des Körpers und Verhaltensmuster: Zum einen muss man sich die Zusammensetzung des Giftes betrachten: Der Hauptanteil stellen die Hämotoxine (Blutgifte) und zerstören die Blutkörperchen, Veränderung der Blutgerinnung (Blut/Kreislaufkollaps), was folglich zum Herzversagen führt. Ein weiterer Anteil (je nach Verbreitungsgebiet) stellen die Neurotoxine dar (Nervengifte), welche auf das zentrale Nervensystem einwirken, bei Beutetieren dient dies also zur Lähmung der Beute. Ein weiterer, kleinerer Bestandteil sind die Myotoxine, welche das Muskelgewebe schädigen. Der Rest sind eiweißartige Enzyme, die zum Großteil die Beute vorverdauen! Die große Frage, die man nie richtig einschätzen oder erklären kann, ist die Frage, wie sich ein Biss beim menschlichen Körper auswirkt: Zuerst einmal kommt es auf die Giftmenge an, dann die Daten des Bissopfers (Gewicht, Verfassung, Reaktion des Körpers etc), daran zusätzlich wird wissenschaftlich der LD 50 Wert (letale Dosis) als Anhaltspunkt genommen, aber das sprengt den Rahmen! Über Kreuzotter-Bisse wurde in der Vergangenheit viel dokumentiert und Erfahrungen gesammelt. Wurden in den 1800 Jahren die Mortalitätsrate (Sterberate) noch bei 25% angesetzt, so liegt sie heute bei 0,1% aufgrund tabellarischer Studien von verschiedenen Ländern. Die Industrialisierung, Infrastruktur und medizinische (auch Serumgabe) wie allgemeine Aufklärung senkten die Bissunfälle in den letzten Jahrzehnten erheblich. Hinzu kommt die (teils) rückläufige Populationsdichte der Ottern in manchen Gebieten, welche auch durch die staatlich geförderten Kopfprämien auf erschlagene Tiere zustande kam sowie die großflächige Zerstörung der Lebensräume (v.a. Moore etc), was zum Abwandern und teils Aussterben der Tiere führte! Wurde man also gebissen, gilt es, sich ruhig zu verhalten, kein Nikotin, Coffein oder Alkohol zu sich nehmen, wenig bewegen (sofern das geht) und die Symptome beobachten. KEINESFALLS (wie hier schon geschrieben) die Wunde aussaugen!!!!!! Hat man z.Bsp eine kleine Verletzung auf der Zunge kann dies garantiert den Tod zur Folge haben (starke Durchblutung der Zunge), da so auch das Gift über die Zunge schneller in den Kreislauf gelangt und zudem die Zunge stark anschwillen kann. Ebenso darf man das betroffenen Körperteil NICHT abbinden, bei Hämotoxinen muss das Gift über den Körper "verdünnt" werden, um ein Absterben des zBsp Arms/Hand zu verhindern (Nekrosen etc). Abbinden hilft bei Neurotoxinen (zBsp Kobras), so das das Nervengift nicht schneller das zentrale Nervensystem erreicht (Atemstillstand). Symptome eines Bisses sind Anschwillen des Glieds, starke Schmerzen, Atembeschwerden, Kopfschmerzen, Erbrechen, Ohnmacht, Kreislaufkollaps. Diese Angaben variieren jedoch stark, manche Opfer hatten keinerlei Beschwerden, manche dagegen mussten stationär mit Serum (Serumgabe entscheidet der Arzt!!!) behandelt werden. Alles in Allem aber sind solche schwerwiegenden Fälle selten. In Anbetracht manch anderer Gefahren (Bienen, Zecken etc) erscheinen Kreuzotterbisse eher der Seltenheit anzugehören. Betritt man also Gebiete, in denen die Vipern gar oft vorkommen (was in Norwegen relativ flächendeckend der Fall ist) sollte man entsprechend aufpassen und sich ausrüsten: Festes Schuhwerk, aufpassen beim Beerensammeln etc, keinen Schlangen nachstellen oder sie fangen, Hunde anleinen (ist eigentlich im Wald verständlich) usw! Die Biotope der Kreuzotter sind Waldlichtungen, Fichtenschonungen, Feuchtwiesen, Waldränder, Heideflächen, Moore. Ähnlichkeit besteht mit der ebenfalls in DE heimischen, ungiftigen Schlingnatter, Coronella austriaca (in einem anderen Beitrag wurde fälschlicherweise eine Kreuzotter abgebildet und als Schlingnatter tituliert, es war also definitiv eine KO)! In Färbung und Musterung variieren die KO stark, Schlingnattern haben nie ein Zick-Zackband und auch keine geschlitzte Pupille (SN rund)!
So, das war mal grob alles zu dem Thema

Zu meiner Person: Ich heiße Timo und komme aus Hessen. Ich arbeite u.A. ehrenamtlich für den Artenschutz insbesondere für den Erhalt der Kreuzotter in Hessen (Spessart) und besitze selbst 12 Tiere in Freilandanlagen! Diese Tiere sind nicht so böse wie sie immer gern dargestellt werden und man sollte lieber vorsichtig ein Foto schießen und sich an dem Anblick der Tiere erfreuen... dennoch ist natürlich ein Biss immer ernst zu nehmen, folglich, es aber nicht dazu kommen lassen, wenn man sich richtig verhält in der Natur!! Bei weiteren Fragen könnt ihr gerne was schreiben

Frohe Ostern und guten Urlaub in Norwegen....