Da ich erst jetzt die Zeit habe, ausführlich zu antworten, ist mir wichtig, hier mal einigen in meinen Augen sehr negativen Behauptungen/Unterstellungen entgegenzutreten:
Ich halte mich selbst
nicht für konservativ, wenn man dabei an Menschen denkt (und sie abstempelt!), bei denen die Frau zu Hause ist und ihre Arbeit nicht so wichtig/ wertvoll (übrigens finde ich "Konservativismus" nicht prinzipiell schlecht, denn etwas zu bewahren ist ja nicht in jedem Fall verkehrt!). Ganz im Gegenteil: Ich schätze die Arbeit meiner Frau sehr - und das gilt ausdrücklich auch für die Arbeit als Mutter/Erziehung. Ich weiß außerdem zu schätzen, dass meine Frau bereit wäre, wieder zu arbeiten, wenn sich die Notwendigkeit ergibt. Ich bin allerdings glücklich, wenn ich meiner Frau durch meinen eigenen Beruf und mein Einkommen die Freiheit einräumen kann, selbst nicht arbeiten zu müssen - sondern z.B. Hobbies oder auch Tätigkeiten mit geringfügigem Verdienst (wie z.B. der Trageberatung) nachzugehen und viel Zeit für unseren Sohn zu haben. Mir ist allerdings klar, dass das einen Luxus darstellt und, nach den vielen Kommentaren zu urteilen, in Norwegen kaum funktionieren wird. (Vielen Dank zu den Hinweisen hinsichtlich der Erfolgschancen als Trageberaterin in Norwegen - das ist tatsächlich eine für uns sehr wichtige Info!)
Zum Thema Kindergarten: ich finde, dass man unterstellen könnte, konservativ und intolerant zu sein, wenn man verlangt, dass Kinder mit einem Jahr in den Kindergarten gehen
müssen, weil es "alle" so machen bzw. es so üblich ist - denn das beweist ja z.B. nicht, dass es für alle und in jedem Fall das Beste ist. Es ist meines Erachtens weder gut, wenn Mütter für Kindererziehung dauerhaft zuhause bleiben
müssen, noch, wenn sie
nicht zuhause bleiben
dürfen. Meine Frau und ich haben übrigens niemals ausgeschlossen, dass unser Sohn schon mit 1 in den KiGa geht - wenn er nach unserer Meinung dafür bereit ist und nicht nur, weil es so üblich ist.
Weiter meine ich (z.T. auch wiederholt) deutlich gemacht zu haben, dass wir uns das Auswandern in der Tat gut überlegt haben wollen, es uns nicht einfach vorstellen und nicht ohne jegliche Sprachkenntnisse auswandern werden - da schien es "Sorgen" zu geben. Auch hatten wir nicht vor, zu versuchen, die mögliche Geburt eines zweiten Kindes oder besser von Zwillingen oder Drillingen so zu timen, dass wir kurz vorher nach Norwegen auswandern und dann mit den Einmalzahlungen von 35/70/105.000NKR dort eine "Masse"/Startkapital hätten um Fuß zu fassen.
Zur These, dass niemand sich einen Lehrer wünsche, der einen kleineren Muttersprachschatz aufweisen kann als die Schüler: Diese trifft meiner Meinung nach nur teilweise zu. Im Fremdsprachenunterricht halte ich z.B. den Muttersprachschatz für relativ unwichtig, weil laut Lehrplan (zumindest hier ist es so) ausschließlich in der Fremdsprache kommuniziert werden
darf. In Sachfächern wie Geschichte sollte die Lehrkraft natürlich Fachbegriffe in der Muttersprache der Schüler kennen, was aber nicht erfordert, dass sie die Muttersprache generell auf einem höheren Niveau beherrschen muss als ihre Schüler sondern zumindest in einem Maß, welches der Unterricht erfordert. Übrigens ist ein Ziel im bilingualen Unterricht (wieder: zumindest hier), dass die Schüler die Fremdsprache anders als im Sprachunterricht verwenden, nämlich tatsächlich nur zu Kommunikationszwecken, aber ohne Angst vor (sprachlichen) Fehlern, weil diese für das Sachfach nicht relevant sind bzw. nur dann eine Rolle spielen, wenn der Sachinhalt nicht ausreichend klar wird (es handelt sich also dabei um einen relativ natürlichen Spracherwerb).
Um jetzt wieder in etwas positivere Gefilde zu kommen mal einige wenige der Aspekte, die meines Erachtens dafür sprechen, nach Norwegen auszuwandern (Achtung: Gefahr durch kursierende Klischees - könnt ihr das bestätigen?)
Norwegen/Skandinavien ist sehr kinder- und familienfreundlich!
Norwegen ist ein sehr tolerantes, freiheitsliebendes und demokratisches Land!
Norwegen ist unbestreitbar ein landschaftlich wunderschönes Land!
Ich war übrigens schon mehrfach in Norwegen und bin absoluter Fan! Meine Frau und ich denken derzeit darüber nach, in den Sommerferien dort Urlaub zu machen. Ich überlege außerdem, ob ich jedenfalls einen Norwegischkurs / Zertifikat machen möchte, es ist schon Motivation vorhanden. Selbst, wenn wir nicht auswandern sollten, ist es ja nett, die Sprache zu können und ich könnte die Sprache/Kenntnisse möglicherweise z.B. auch für eine AG in der Schule gebrauchen. Was die Sprachanforderungen angeht haben mir Hubis Beitrag und Norwegerin_Bodø's Beitrag wieder etwas Mut gemacht...
Noch mal eine Nachfrage zum Doppelverdienermodell: Würde auch ein kleiner bis mittlerer Zuverdienst ausreichen oder ist es tatsächlich so, dass in Norwegen in der Regel beide
voll erwerbstätig sind und ein
volles Einkommen nach Hause bringen (müssen)? Das klingt für mich wenig familienfreundlich (also nach nur wenig Zeit, die man mit den Kindern verbringen kann), ist das so oder wie wird dieses "Dilemma" in der Praxis gelöst? Könnt ihr euch vorstellen, dass es möglich ist, zumindest vorübergehend, d.h. 1-3 Jahre, als Familie mit Einzelverdiener in Norwegen zu leben?
Liebe Grüße,
Chris