Von Halstenbek nach Hamningberg - wo Norwegens Straßen enden

Eure Berichte von Reisen in Norwegen, Wander- und Bergtouren, Hurtigrutenfahrten oder Spezialtouren

Re: Von Halstenbek nach Hamningberg - wo Norwegens Straßen e

Beitragvon Ronald » Mo, 01. Aug 2016, 14:36

Teil 26

Montag, 17.06.2013
Kaffemik beim FRAM-Kapitän – Sjøsamiske Samling –
Finnisch als Umgangssprache – Die Krabbe als Lebensretter

Nachdem wir noch am Sonnabend mit dem Kapitän der FRAM telefonierten und einen Termin für einen Besuch vereinbart hatten, machten wir uns um 10.00 Uhr auf den Weg nach Nesseby, eine am Ufer des Varangerfjords liegende Gemeinde mit etwas über 900 Einwohnern. Er stand bereits an der Straße, die große Gestalt war nicht zu übersehen. Offensichtlich war er doch etwas überrascht, dass wir es geschafft hatten, aus dem in Luftlinie 2.100 km entfernten Halstenbek nach Nesseby zu kommen. Sehr warm und freundlich war der Empfang und auch der anschließende Kaffemik, bei dem er uns mit einer kaum nachvollziehbaren Ruhe (die norwegische Entdeckung der Langsamkeit) von seinem Beruf als Kapitän zunächst eines Hurtigrutenschiffes und dann eines Expeditionsschiffes und den Erfahrungen in der Arktis und Antarktis erzählte. Für mich, als ehemaligem Schiffsoffizier und Kapitän in der Handelsschiffahrt war das natürlich Neuland und sehr interessant. Aber auch wie es sich in der Finnmark lebt, im Winter mit dem Eis und im Sommer auch mal mit den Mücken. Und ebenso interessant war es zu sehen, was er mit seinen eigenen Händen geschaffen hat: Den großen Anbau am Haus, den Bootsschuppen, die am Ufer gelegenen Grillplätze, den Platz zum Ausnehmen der selbst gefangenen Fische und seinen Garten, in dem er sogar Erdbeeren angepflanzt hatte, „Just for fun“, wie er sagte. Das Haus hat eine tolle Lage, von dem man eine ungehinderte Aussicht auf den Varangerfjord hat. mit Voller Stolz zeigte er uns seine Sammlung von wunderbar gestreiften Steinen, die er und seine Frau an der Mündung der Tana gesammelt hatten. Mit Wasser übersprüht strahlten sie in der Sonne.

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Tanasteine

Viel zu schnell ging die Zeit vorüber, so dass wir nach einem gemütlichen Zusammensein in Richtung Bugøynes aufbrachen. Er hatte uns nämlich noch Ausflugtipps gegeben und darunter war Bugøynes.

Die Tour führte über die E 75 nach Varangerbotn und von dort auf die E 6 in Richtung Kirkenes. Dort auf der E 6 machte uns ein Schild neugierig. Es verwies auf eine „Seasamish collections – Sjøsamiske samlinger“. Und da zugleich ein Pappschild darauf hinwies, dass die Sammlung „Åpen“ war, hielten wir an.

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Sjøsamisk Museum Byluft

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Sjøsamisk Museum Byluft

Wir schlenderten über das Gelände und sahen und das eine oder andere Ausstellungsstück an, insbesondere die farbenfrohen Boote zogen unsere Aufmerksamkeit auf sich,

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als ein Mann auf uns zukam und fragte, ob wir das Museum sehen wollten. Natürlich, denn erstens hatten wir Zeit und zweitens waren wir ja hier um Neues kennenzulernen.

Der Mann war ein Same und hatte alle Ausstellungsstücke selbst gesammelt. Sie erstrecken sich über einen Zeitraum von 1830 bis 1950: Von Fellen über Fellbekleidung, Fellschuhe, Taue, Fangutensilien und sonstige Gebrauchsgegenstände bis hin zu einer „fiske gamme“, einer Erdhütte, wo Fische gelagert wurden und Stiefel und Fischerhosen hängen an den groben Holzstangen.

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Obwohl die Verständigung etwas schwierig war, denn er sprach nur wenig Englisch und wir noch weniger Norwegisch, erfuhren wir doch so Einiges: Seesamen (sjøsami) sind Samen, die nur Fischfang betreiben, im Gegensatz zu den Landsamen (reinsami), die sich mit Rentierzucht beschäftigen.

Das Museum ist kostenlos, jedoch entdeckten wir eine Sammeldose, die dann auch gefüttert wurde. Schließlich erhielten wir noch einen Becher Kaffee, bevor wir uns verabschiedeten.

Leider ist diese sehenswerte Sammlung auf den Internetseiten der Touristeninformation nicht zu finden. Vielleicht deswegen, um dem „offiziellen Museum“ In Varangerbotn keine Konkurrenz zu machen?

Wir fuhren weiter entlang der kargen Landschaft mit tollen Ausblicken, an Sand- und Steinstränden entlang, an Strandlinien, wie wir sie vom Porsangerfjord kennen,

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Strandlinien

an blühenden Wiesen mit Schafgarbe, Trollblumen (die kann ich sogar erkennen), Vergissmeinnicht (kenne ich auch) und Hahnenfuß. Bei Brannsletta bogen wir auf den FV 355 Richtung Bugøynes ab und fuhren zunächst durch eine ziemlich flache Landschaft, die nach etwa 10 km wieder sehr interessant, teilweise spektakulär wirkt mit den Gesteinsformationen am Straßenrand. Auch hier schien, wie am Porsangerfjord, das kalkhaltige Dolomitgestein vorzuherrschen. Vorbei ging es an Badebuchten mit Sandstrand, bis wir auf eine türkisfarbene Badebucht stießen: Wir waren in Bugøynes angekommen. Die bunten Häuser strahlten in der Sonne um die Wette.

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Bugøynes gehört zu den wenigen Orten in der Finnmark, die nicht von der deutschen Wehrmacht gebrandschatzt wurden, allerdings nicht, weil die Russen im Anmarsch waren, sondern weil ein deutscher Leutnant den Einwohnern versprochen hatte, das Dorf zu schonen, wenn diese ihn und seine Leute heil über den Varangerfjord bringen würden – was sie auch getan haben. Daher sind die im 18. Jahrhundert von finnischen Einwanderern erbauten Häuser auch noch im Originalstil erhalten. Die Einwanderer waren zunächst Bauern, die wegen der Missernten in ihrer Heimat vom dort flohen. In Bugøynes lernten sie recht schnell, dass die Früchte des Meeres wohl doch stetiger waren als die landseitigen Ernteerträge, so dass sie zu Fischern wurden.

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Früchte des Meeres – Stockfisch

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Und noch mehr Früchte des Meeres - Stockfisch

Als die Barentssee fast leergefischt war, sollte der Fischereibetrieb 1989 auf einer Zwangsauktion verkauft werden. Daraufhin gab das gesamte Dorf in einer der größten Zeitungen eine Verkaufsanzeige für das Dorf auf nach dem Motto „Wer will uns haben?“. Die Regierung wurde darauf aufmerksam und unterstützte nunmehr die 230 Bewohner, insbesondere bei dem Aufbau eines neuen Marktzweiges: Dem Fang der Kamtschatka-Krabbe, die sich immer mehr ausbreitete. Heute ist diese Krabbe eine geschätzte Spezialität und wird von einer lokalen Firma in die ganze Welt exportiert.

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Lokale Werft

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Bugøynes

Letztlich sollte noch erwähnt werden, dass die 200 Einwohner immer noch Finnisch als ihre Hauptverkehrssprache sprechen. Deshalb wird Bugøynes auch „Lille Finnland“ genannt.

Vor dem Ortseingang lag noch eine malerische geschützte „Badebucht“ mit feinem Sandstrand: Sankarihaugen.

Fazit: Der gemütliche und ruhige Ort Bugøynes ist auf jeden Fall ein Abstecher wert!

Gegen 15.30 Uhr machten wir uns auf den Rückweg. Am Strand „graste“ eine Rentierherde, die gegen die Steine ähnlicher Färbung auf den ersten Blick kaum auszumachen waren, hätten sich diese nicht bewegt.

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Tolle Steine gab’s hier zu sehen, doch leider war der gestreifte Stein dann doch etwas zu schwer für unser Auto.

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Auf der Rückfahrt hatten wir noch eine tolle Aussicht auf Veidneset, eine kleine Halbinsel im Varangerfjord

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Veidneset

und auch der Ort Vestre Jakobselv strahlte in der späten Nachmittagssonne

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Vestre Jakobselv

Im Hotel angekommen, ging das Abenteuer Hotelzimmer weiter. Das Zimmer war zwar besser gemacht als gestern, dafür fehlte aber immer noch Toilettenpapier (oder muss man sich das in einigen Hotels mitbringen) und die Seife war auch weggenommen worden. Dafür war die Fensterbank immer noch von Insekten geschmückt.

Unsere erneute Beschwerde, dieses Mal bei der Hotelmanagerin, rief Betroffenheit hervor. Als Entschuldigung erhielten wir zum Abendessen eine Flasche Wein und bei der Rückkehr ins Zimmer fanden wir zwei Obstteller vor. Ich möchte nicht wissen, was hinter den Kulissen los war.

Es war wieder einmal ein sehr schöner Tag mit tollen Eindrücken und Aussichten und einer sehr netten Begegnung mit meinem Berufskollegen, den ich was ich noch nicht wissen konnte, in 2014 auf der FRAM zusammen mit seiner Frau noch einmal getroffen habe.
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Re: Von Halstenbek nach Hamningberg - wo Norwegens Straßen e

Beitragvon syltetoy » Mo, 01. Aug 2016, 15:25

Man lernt ja sogar noch von deinen Reisen.....Steine sammle ich auch immer, aber so tolle gibt es hier Süd-Tröndelag) leider nicht.
Wieder wunderbar!
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Re: Von Halstenbek nach Hamningberg - wo Norwegens Straßen e

Beitragvon Ronald » Mo, 01. Aug 2016, 15:31

Moin Syltetoy,

Man lernt eben auf Reisen :lol:

Mal sehen, vielleicht schaffen wir es nächstes Mal auch an die Mündung der Tana.

Jetzt brauche ich etwas länger für den nächsten Teil, denn es geht nach Hamningberg und da liegt so allerhand auf dem Weg dahin.

Gruß
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Re: Von Halstenbek nach Hamningberg - wo Norwegens Straßen e

Beitragvon Kumulus » Mo, 01. Aug 2016, 16:40

Traumhaft schöne Aufnahmen von einer phantastischen Gegend.

Danke Ronald.
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Re: Von Halstenbek nach Hamningberg - wo Norwegens Straßen e

Beitragvon Ronald » Mo, 01. Aug 2016, 16:43

Moin,
Danka an alle "Lober" :D
Gruß
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Re: Von Halstenbek nach Hamningberg - wo Norwegens Straßen e

Beitragvon Christian_H » Di, 02. Aug 2016, 10:04

Klasse Reisebericht. Ich muss mich festhalten, nicht gleich ein Flugticket nach Nordnorge zu ordern :lol: .
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Re: Von Halstenbek nach Hamningberg - wo Norwegens Straßen e

Beitragvon skandinavian-wolf » Di, 02. Aug 2016, 14:55

Fazit: Der gemütliche und ruhige Ort Bugøynes ist auf jeden Fall ein Abstecher wert!

Beim ortsansässigen Kaufmann bekommt man von Ansichtskarten über Lebensmittel bis Bekleidung alles. Leider war das Wetter zu schlecht, so dass wir auf TK-Walfleisch zum Grillen verzichtet haben.
Aber ein Eis geht auch bei Nieselregen.Bild
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Re: Von Halstenbek nach Hamningberg - wo Norwegens Straßen e

Beitragvon Ronald » Di, 02. Aug 2016, 16:05

Moin,
ich schreibe vom Laptop aus - eine Festplatte von meinem PC hat der Geist aufgegeben. :cry:
Vor Freitag kommt leider keine Fortsetzung. Ich schreibe aber schon mal vor.
Gruß
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Re: Von Halstenbek nach Hamningberg - wo Norwegens Straßen e

Beitragvon Rapakiwi » Di, 02. Aug 2016, 19:49

Ein toller Bericht von einer unglaublichen Reise!
Selbst auf Handy wirken die Bilder schon super, wie mag das erst auf einem Bildschirm sein? Ich freue mich drauf, den Bericht demnächst zuhause in Ruhe in augenfreundlicher Form lesen zu können.

Vielen Dank für diesen tollen bebilderten Bericht!!!
Ha det bra
Anja
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Re: Von Halstenbek nach Hamningberg - wo Norwegens Straßen e

Beitragvon gudrun55 » Di, 02. Aug 2016, 20:51

Hallo Ronald,

ich bin begeistert! Bugoynes haben wir ja verpasst- steht jetzt auf der Liste für 2017.

Vielen Dank für den tollen Input, freue mich total auf die Fortsetzung.

bis denn, gudrun55
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Re: Von Halstenbek nach Hamningberg - wo Norwegens Straßen e

Beitragvon Ronald » Do, 04. Aug 2016, 13:05

Teil 27
Dienstag, 18. Juni
Tag der Superlative – Dunkle Vergangenheit in der hellen Finnmark - Strecke der Stoßgebete - Wo Norwegens Straßen enden

Nach einem guten Frühstück machten wir uns um 10.00 Uhr auf den Weg über Ekkerøy, Kiberg und Vardø „nach Hamningberg, dort wo Norwegens Straßen enden“. Unter diesem Motto hatten wir ja unsere Reise gestartet. Nun wollten wir auch die letzten und östlichsten Kilometer sehen. Alles, was wir jetzt sahen ist das östlichste, aber davon mehr im Bericht. War der Himmel zu Beginn noch etwas bedeckt, so klarte es sich im Laufe des Tages auf und später hatten wir strahlend blauen Himmel – wenngleich der Wind doch teilweise recht frisch war. Aber das wussten wir ja, wir befanden uns ja am Eismeer an der Barentssee – und dann auch noch im Osten.

Ach ja, ich habe vergessen zu erwähnen, dass wir uns auf der Nationalen Touristenstraße Varanger befanden, die in Varangerbotn beginnt und in Hamningberg endet.

Unser erstes Ziel war das alte Fischerdorf Ekkerøy, das auf der gleichnamigen Halbinsel in den Varangerfjord hineinragt. Inmitten der von Seesamen und Finnen geprägten Umgebung, war Ekkerøy gewissermaßen eine norwegische Enklave. Die Fischerei wurde hier stark industrialisiert, so dass vor einem Jahrhundert hier fast 300 Menschen lebten, während es heute nur noch knapp 40 sind. Ekkerøy ist als „Badeort“ im Hochsommer beliebt, wenn die Städter aus Vadsø und Vardø die Strände „bevölkern“.

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Strand bei Ekkerøy

Die Fischindustrie überlebte sogar den 2. Weltkrieg, denn die Deutschen bauten noch ein Gebäude hinzu. Die Garnelenfabrik wurde letztlich 1969 geschlossen. Sie ist heute restauriert und Teil des Varanger Museums.
Da die deutschen Soldaten im Herbst 1944 nach Einbruch der Front bei Kirkenes Hals über Kopf vor den russischen Truppen flüchteten, hatte sie keine Zeit mehr Ekkerøy zu zerstören. So ist Ekkerøy neben Bugøynes, Kiberg und Hamningberg eines der wenigen Dörfer, deren Struktur und Häuser erhalten geblieben sind. Allerdings haben wir diese Häuser nicht gesehen, denn wir haben diesen Ort nur kurz gestreift, dafür aber drei der 40 Einwohner gesehen, allerdings vierbeinige.

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Drei Einwohner von Ekkerøy

Vor diesen vierbeinigen Wesen mussten wir uns in Acht nehmen, denn sie belagern die Straßen ebenso wie die angrenzenden Wiesen. Einige scheinen das Prinzip begriffen zu haben, dass man auf der Straße entgegen der Fahrtrichtung läuft.

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Auf der richtigen Straßenseite

Eine Möwe hatte sich die Reste der Hauptmaschine eines Fischkutters als Nistplatz ausgesucht.

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Weiter ging es entlang des Varangerfjords mit seiner Dünenlandschaft und den weiten Buchte mit Sandstränden. Flache und höhere Sanddünen, bewachsen mit Strandhafer säumen die Straße.

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Dünen bei Kallijoki-Skallelv

Auf dem Sand finden wir die arktische Sternmiere oder Hornkraut genannt und das zottige Fingerkraut (Dank an meine Frau für die Bestimmung).

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Arktische Sternmiere – Hornkraut

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Zottiges Fingerkraut

Schon von weitem erkannten wir das direkt am Strand stehende Leuchtfeuer von Kiberg.

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Kiberg Leuchtfeuer

Kiberg, ein Dorf mit etwa 200 Einwohnern, liegt am äußersten Ende der Varanger-Halbinsel. Kibergneset ist der östlichste Punkt des norwegischen Festlands auf 31° 03‘ 50“ östlicher Länge und damit östlicher als Istanbul auf 28° 58‘ östlicher Länge.

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Kiberg – östlichster Festlandspunkt Norwegens

Kiberg war bis 1917 das Zentrum des russischen Pomorenhandels. Die Pomoren, im weitesten Sinne übersetzt als die am Meer Lebenden, erforschten u.a. die Küstenregionen der Barentssee und Spitzbergens. Als Jäger aber auch Fischer betreiben sie Handel mit Holz und Pelzen im Austausch für Fisch und Getreide.
In Kiberg, wie auch in anderen Orten der Finnmark, besonders in Vardø, fanden Hexenverbrennungen statt, die letzte 1621.

Im Zweiten Weltkrieg spielte Kiberg eine bedeutende Rolle, da ein Teil der Einwohner mit der Sowjetunion sympathisierte, wohl bedingt u.a. aus dem Pomorenhandel. Zudem hatten sich einige Russen in Kiberg angesiedelt. Beim Vormarsch der deutschen Soldaten flohen etwa 65 Personen in die Sowjetunion, von denen ein großer Teil als Partisanen zurückkehrte und so in das Kriegsgeschehen eingriff.
Nach dem Ende des Krieges 45 Partisanen flohen in die Sowjetunion, 17 kehrten nach Kiberg zurück, wo sie von den anderen Einwohnern misstrauisch betrachtet und beobachtet wurden. Jedoch erst im Juni 2000 wurde die Tätigkeit der norwegischen Partisanen als ehrenvoll anerkannt, als das Partisanenmuseum eröffnet wurde. Vollständig rehabilitiert wurden sie erst 2002 durch König Harald bei der Enthüllung des Partisanengedenksteins.

Da wir aber noch die Strecke nach Hamningberg über Vardø vor uns hatten, haben wir uns im Juni 2013 nur wenig im Ort umgesehen, denn schließlich wollten wir auch Steine sammeln, angestachelt durch die wunderschöne Steinsammlung des Kapitäns,

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Kiberg Steine

Besonders aufgefallen aber war uns das Hundsethgården genannte Haus. Das Haus hat eine interessante Geschichte.

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Hundsethgården

In den Jahren um 1850 zogen zahlreiche Norweger nach Kiberg wegen der guten Fischgründe und der Landwirtschaft. Die Migranten kamen aus allen Teilen Norwegens, hauptsächlich aber aus Troms. Die ersten der Hundseth-Familie, der Zimmermann Jakob Hundseth und Famile kamen 1865 aus Nord-Trøndelag. Zehn Jahre später kamen zwei Brüder. Der jüngste, Martin Hundseth, eröffnete einen Kaufmannsladen in Ytre Kiberg. Eine Zählung von 1875 ergab, dass sich bereits 10 Personen im Haushalt aufgefunden hatten – dazu zwei Kühe und vier Schafe in der Scheune. Johannes, einer der vier Söhne, erweiterte das Haus mit einer Bäckerei. Zu Beginn des 20.Jahrhunderts waren 20 Angehörige und andere Leute im Haus, u.a. ein Schuhmacheer, eine Waschfrau und Fischer, welche Zimmer gemietet hatten. Die Bäckerei arbeitete noch bis 1950. Die Tochter Gerda betrieb den Laden noch viele Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Sie und ihre Schwester Mally lebten in dem Haus bis 1980, das bis heute noch der Familie gehört.
Quelle: Architekturguide Nord-Norge og Svalbard - http://arkitekturguide.uit.no/

Langsam wurde es Zeit, dass wir nach Vardø aufbrachen, es war bereits 12.00 Uhr, als wir dort eintrafen. Vardø war schon von weitem zu erkennen an den Satelliten- und Radardomen und dem Leuchtfeuer Hornøya auf der gleichnamigen Insel. Und diese Insel ist es dann auch, die den östlichsten Punkt von Norwegen aufweist – nicht Vardø selbst, das auf der Insel Vardøya liegt.

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Vardø

Bevor wir nach Vardø einfahren, müssen wir 88 m in die Tiefe durch den 2.890 m langen Vardøtunnelen, der 1982 eröffnet wurde. Es war der erste norwegische unterseeische Tunnel.

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Vardøtunnelen

Was hat Vardø zu bieten, außer „das östlichste usw.?“
Da ist die achteckige Festung Vardøhus aus dem 14. Jahrhundert welche die Finnmark vor den russischen Angriffen schützen sollte. Neuere Forschungen besagen, dass die ersten Arbeiten bereits 200 Jahre früher begonnen sein sollen, also zu einer Zeit, als die mittelalterlichen Steinkirchen in Norwegen gebaut wurden. Sie wurde zwischen 1734 und 1738 auf Befehl von König Christian zu einer achteckigen Sternenform umgebaut. Nur vier Jahre hatte man damals mit ganz anderen „Maschinen“ und Materialien in der arktischen Region gebaut – und das Ding war fertig. Vielleicht hätte man die Elbphilharmonie-Erbauer dort vor Baubeginn hinschicken sollen?

Ach ja, Superlative: Die Festung ist die einzige der Welt die einen Doppelsalut schießt, wenn sich im Frühjahr die volle Sonnenscheib über dem Horizont erhebt – die Kinder haben dann schulfrei. Die Festung ist natürlich die nördlichste Festung der Welt. Heute dient die Festung als Schule für die Marine.

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Dann wäre dort, gewissermaßen gleich neben an von der Festung, die alte Vardø kapell von 1908.

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Vardø kapell

Das Vardømuseum haben wir uns nicht angesehen. Es soll an die Hexenverbrennungen im 17. Jahrhundert als auch an die Polarexpeditionen Anfang des 20. Jahrhunderts und den Zweiten Weltkrieg erinnern.

Sehr beeindruckend ist das Hexenmahnmal, das wir auf der Rückfahrt von Hamningberg noch besucht hatten. In Vardø, Hamningberg und, wie bereits erwähnt, in Kiberg fanden Hexenprozesse und anschließende Verbrennungen statt. Es läuft ein Schauer den Rücken herunter und lässt zugleich Schweiß auf der Stirn stehen, wenn man auf den Stuhl blickt, in dessen Mitte ein ewiges Feuer brennt. Der Eindruck wird noch verstärkt durch die ringförmig angebrachten Spiegel.

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Hexenmonument Steilneset

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Der brennende Stuhl

Ein beklemmender Ort, der uns mit Grauen überzieht. Es waren 91 Menschen, die hier zwischen 1598 bis 1692 auf grausamste Art hingerichtet wurden. Einzelheiten findet man unter http://www.nordnorge.com/DE-ost-finnmark/?News=469

Wenden wir uns noch einmal den Pomoren zu. Am Hafen an der Kaigata stehen alte Lagerhäuser, in denen sich das Pomormuseum befindet.

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Pomormuseum im April 2011

Auf den Fensterbrettern des Pomormuseums brüten seit eh und je die Möwen – ein unablässiges Geschrei. Für uns ist es die Musik des Meeres – für die Norweger eher nicht, wie ich schon öfters von meinen Freunden in Grimstad und Arendal erfahren habe.

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Möwennistplätze am Pomormuseum

Vor dem Museum steht eine maritime Skulptur, die dem schweren Beruf der Fischer gewidmet ist. Sie trägt den Namen „Opp av hav” Sie wurde von dem Bildhauer Svein Magnus Håvarstein 1989 geschaffen und im selben Jahr von der damaligen Kronprinzessin Sonja am 17.Juli enthüllt

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Opp av hav

Dann gibt es wieder ein Superlativ: Der nördlichste Kro der Welt – sagen die in Vardø. Na ja, wenn man mal davon absieht, dass die Bars in Longyearbyen eigentlich keine Kros sind sondern die Bars der Hotel, dann haben die vielleicht Recht.

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Nordpol Kro

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Nordpol Kro

Zum Leuchtturm Hornøya kann man mit dem Boot fahren – wenn das Wetter gut ist, denn Vardø hat wieder eine Superlative zu bieten: Ort mit den meisten stürmischen Tagen in Norwegen. Also: Toupet gut festnageln. – Der Vardø Hafen bietet täglich mehrere Abfahrten nach Hornøya und man kann auch im alten Leuchtfeuerwärterhaus (was für eine langes Wort!) übernachten.
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Bevor wir nach Hamningberg aufbrachen, hatten wir noch einen Kaffee im Kaffehuset Friele gegönnt und sind dann aufgebrochen, um nun endgültig das Ende der Straßen von Norwegen zu entdecken.

Teil 27-2 folgt
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Re: Von Halstenbek nach Hamningberg - wo Norwegens Straßen e

Beitragvon Ronald » Do, 04. Aug 2016, 14:26

Teil 27-2 Hamningbergvegen – Hamningberg

Wir fuhren wieder „Unterwasser“ und bogen auf den FV 341 Richtung Norden ab. Kaum waren wir auf dem Festland, wurden wir gestoppt: Von einer große Herde Rentiere, die uns zeigten, wer hier wirklich das Sagen hat. Aber schon nach kurzer Zeit setzte sich der Leitbulle ab und ab ging die Stampede. Beeindruckend!

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Rentierstop

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Rentierstampede

Die Straße bei Bardvikmyra war noch langgezogen und flach. Das sollte sich aber schnell ändern.

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FV 341

Und schon tauchte das Warnschild auf: Hamningbergvegen „Kjør forsiktig". Das soll in Norwegen schon Einiges bedeuten. Der Blick über den Persfjorden auf die andere Seiten auf das Seglkollfjellet bei strahlendem Sonnenschein war beeindruckend schön.

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Persfjorden

Und immer wieder Rentiere hier oben. So viele Rentiere auf einmal haben wir in unserem Ganzen Leben nicht gesehen. Mein lieber zu früh verstorbener Freund pflegte über solche Erlebnisse zu sagen: „Wenn ich das in meinem Klub erzaähle, das glaubt mir Keiner!“ Nun, wir haben Fotos davon.

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Rentiere vor großer Kulisse

Die Felsen wurden spitzer. Meine Frau hat geschrieben: „Wir fahren durch atemberaubende zerklüftete Felsen. Hier müssen mythische Riesen am Werk gewesen sein. Sie haben in einem Wutausbruch messerscharfe, spitze Felsbrocken in die Landschaft geschleudert und mit ihren riesigen Fäusten Schneisen dazwischen geschlagen“

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Kurz darauf, wieder stoppen. Dieses Mal begegneten wir einer Rentierherde mit zahlreichen Jungtieren. Niedlich, wie die teilweise durch die Luft zu schweben scheinen, nur ein Huf auf der Erde.

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In den Ausbuchtungen an den Felshängen, die zur Nordseite zeigten, lag noch recht viel Schnee. Die Felsen wurden immer zerklüfteter.

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Vereinzelt gab es Ausweichstellen, jedoch nicht wie sonst, durch ein „M“-Schild „Møteplass“, angezeigt.

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Die am Straßenrand liegenden Felsen waren mit wunderschönen Mustern von Flechten bedeckt. Nur wenige arktische Pflanzen konnten wir in dieser kargen Steinwüste entdecken.

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Eine raue, fast unwirklich erscheinende Landschaft bot sich uns dar. Plötzlich ging es wieder bergab und ich als Fahrer konnte die Kurve nicht überblicken. Hier war Teamwork mit dem Beifahrer angesagt. Meine Frau meinte, es war eine „Straße der Stoßgebete“, dass uns nur kein Auto entgegenkommt.

Gegen 14.30 Uhr erreichten wir die Gemeindegrenze von Båtsfjord kommune, denn Hamningberg liegt in derselben.

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Gemeindegrenze

Vor uns tauchte eine Trollfrau auf.

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Auf der linken Seite konnten wir riesige eiszeitliche Strandlinien ausmachen.

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Eiszeitliche Strandlinien

Wieder zogen sich wie mit dem Lineal gezogen gezackte Felslinien fast quer zur Straße zum Ufer.

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Plötzlich und in der Tat unerwartet – denn in diesem Auto hatten wir noch kein Navigationsgerät, wir fuhren also wie früher üblich nach Karte und Gefühl – tauchte die weite Bucht von Sandfjord auf. Die weißen Schaumkronen strahlten in der Nachmittagssonne vor dem blauen Himmel.

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Am anderen Ufer konnten wir die nächste Herde Rentiere ausmachen.

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Rentiere am Ufer

Um 15.00 Uhr erreichten wir Hamningberg

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Hamningberg

und machten einen Ortsrundgang bzw. fuhren an den alten Häusern vorbei

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Alte Schule

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Hamningberg kapell 1949

Niedlich waren die kleinen Steinfiguren anzusehen, welche die Bewohner liebevoll gestaltet hatten.

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Im Sommer kommen die Eigentümer der Häuser und beleben das alte Dorf. Man kann dann Kaffee trinken und Waffeln essen

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Am Ortsende standen die alten Pomorenhäuser, die mit aus Russland importiertem Holz gebaut wurden.

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Und dann, ja dann war der Weg zu Ende, wir waren dort, wo wir hinwollten: Wo Norwegens Straßen enden.

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Natürlich mussten wir das unserem norwegischen Freund in Grimstad mitteilen. Schließlich waren wir in Luftlinie 1650 km entfernt, hatten aber seit Abfahrt Oslo 5.435 km zurückgelegt.

Am Ortseingang oder Ortsausgang, wie man es will, steht noch ein Gedenkstein, der an eine außerordentliche Rettungstat erinnern soll. Hier nur eine kurze Zusammenfassung

Exkurs: Die Rettungstat von Hamningberg am 20.Mai 1894

Hamningberg war früher ein lebendiges Fischerdorf. Von hier aus wurde der Fischfang in den küstennahen Gewässern mit offenen Ruderbooten betrieben. Die Küste bietet keinen Schutz und keine Buchten. Bei Sturm ist die Küste daher extrem den Gewalten ausgesetzt.

In der Nacht vom 18. Auf den 19. Mai 1894 befand sich die gesamte Fischfang“flotte“ von Hamningberg auf See. Die rasch aufziehenden Orkanwinde überraschten die Fischer und es war denen unmöglich an Land zu setzen, da die sich brechenden Wellen eine unüberwindliche tödliche Gefahr sind. Die Frauen des Ortes konnten nur verzweifelt das tödliche Drama vom Ufer aus sehen.

Vor 1894 wurden Dampfschiffe als Rettungsschiffe eingesetzt. Diese waren aber in Ufernähe wegen ihres Tiefgangs ungeeignet.

1890 schlug der Schiffbauer Colin Archer vor, kleine, für die norwegische Küste geeignete Rettungsschiffe zu bauen.
1891 wurde die Norwegische Seenotrettungsgesellschaft NSSR gegründet und das erste Schiff vom Typ Colin Archer, ein Segler mit der Bezeichnung RS 1 wurde in Betrieb genommen. Dieses Schiff segelte entlang der Küste und durch Zufall an diesem Tage auch nach Vardø in der Nähe von Hamningberg.

Als die Nachricht nach Vardø kam, dass sich die gesamte Fischfangflotte von Hamningberg auf See befand, wurden die Kapitäne der Dampfschiffe in Vardø befragt, ob sie die Rettungsaktion vornehmen konnten. Alle verneinten wegen des sehr schlechten Wetters. Als letzter verzweifelter Versuch wurde der Skipper von RS 1 befragt. Keiner glaubte an den Erfolg.

Skipper Nikolai Anthonissen und seine Besatzung unternahmen den Versuch, segelten nach Hamningberg und benutzten Öl, um die Schaumköpfe der Wellen zu brechen. Im ersten Versuch bargen sie 22 halberfrorene Fischer und brachten sie nach Vardø. In einem unglaublichen zweiten Versuch wurden auch die anderen 14 Männer sicher nach Vardø gebracht – alle 36 Männer waren in Sicherheit.

Dies gab der Rettungsgesellschaft NSSR einen ungeheuren Anschub und Anthonissen erhielt später die Goldmedaille des Königs für seine Tat und die der Besatzung.

100 Jahre später wurde das Denkmal in Hamningberg gesetzt.
Übersetzt aus dem Englischen aus http://polarlow.met.no/polar_lows/hamningberg

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Denkmal

Teil 27-3 folgt
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Re: Von Halstenbek nach Hamningberg - wo Norwegens Straßen e

Beitragvon Ari » Fr, 05. Aug 2016, 6:01

Vielen Dank fuer tolle Fotos und den interessanten Bericht! :)

Viele Gruesse,
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Re: Von Halstenbek nach Hamningberg - wo Norwegens Straßen e

Beitragvon Ronald » Fr, 05. Aug 2016, 15:05

Hier kommt endlich der dritte Teil von Bericht 27.

Teil 27-3

Auf dem Rückweg am Sandfjord begegneten wir der nächste Herde Rentiere. Ich nannte es „Rentiere vor großer Kulisse“.

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Wir fuhren zurück nach Vardø, auch um das Auslaufen der NORDKAPP zu beobachten. Die Passagiere des Schiffes, unschwer an ihren um den Hals hängenden Schlüsselkarten, liefen kreuz und quer über die Straße, ohne auf den Verkehr zu achten – wie die Rentiere. Bei einem mobilen Bäcker kauften wir uns Hefekringel mit und ohne Schokolade, die wir dann am Hafen verputzen, während wir auf die NORDKAPP warteten.

Am Hafengelände sahen wir diese Dixi-Toiletten. Ich sagte zu meiner Frau. „Mit den Toiletten am Hafen, das ist eine gute Idee. Nur leider nicht brauchbar.“

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Toiletten – aber wie?

Nun kam sie mit ihrem spitzen Steven hinter dem Schuppen. Morgen würden wir uns an Bord der NORDNORGE befinden mit unserem Auto.

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MS NORDKAPP

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MS NORDKAPP

Wir schlendern noch durch den Ort und betrachten die vielen Graffiti, die sich vielerorts an den Gebäuden befinden. Die zum Teil verlassenen Gebäude wurden 2012 durch 12 Künstler bei einem Fest mit Karikaturen, Gesichtern und einem Motto „Cod is great“ anstelle von „god is great“ verschönert und geben nunmehr Vardø ein fröhliches Gesicht.

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Gesicht eines Fischers

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Cod is great

Auch an die Hexenverbrennungen in Vardø wird mit einem Graffiti gedacht.

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Helge Hexe Fortuna

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Der Fisch zieht den Menschen und nicht umgekehrt

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Lustiges Einkaufen?

Bevor wir uns auf dem Rückweg nach Vadsø machten kamen wir noch ein einem alten Holzhaus vorbei: Sorenskrivergården. Es ist eines der bemerkenswertesten Gebäude in Vardø. Sorenskrivergården ist bzw. war das Haus des Bezirksrichters, gebaut 1913. Es steht an der Ecke Strandgata und Mads Johnsens gate. Die Einwohner von Vardø nennen es das „Schloss“. Es enthält Elemente des Jugendstils, des Neo-Brocks und Neo-Klassizismus. Es wurde 1980 restauriert und die Fenster sind fast wie die Originalfenster.

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Sorenskrivergården

Rechtzeitig zum Abendessen kamen wir im Hotel an. Abends im Hotel meint einer der Kellner: „Vardø ist der schlimmste Ort in Norwegen.“ Auf unsere Frage, warum, antwortete er: „Keine Bäume.“ Ja, Bäume sind in dieser Gegend eher eine Seltenheit. Andere Teile der Finnmark bestehen nur aus Bäumen. Wir wissen genau, was uns lieber ist: Landschaften wie die, die wir heute gesehen haben!
Was den Service im Hotel betrifft, konnten wir nur sagen: Man gab sich Mühe, aber es klappte nicht immer.
Es war ein Tag mit unglaublichen Kontrasten. Ein Tag der Superlative, was die geographischen Koordinaten betraf, ein Tag der uns auch die dunklen Seiten der Vergangenheit, nämlich der Hexenverbrennungen zeigte (die übrigens auch bei uns in großer Zahl stattgefunden haben). Es war ein Tag, der die unglaublich schroffe Schönheit der Natur auf der Straße der Stoßgebete zeigte und die vielen Begegnungen mit den Rentieren. Wieder ein Tag, dessen Eindrücke erst einmal verdaut werden mussten.

Morgen beginnt die Rückreise.
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Re: Von Halstenbek nach Hamningberg - wo Norwegens Straßen e

Beitragvon syltetoy » Fr, 05. Aug 2016, 17:41

Herrlich .....aber ich denke die Rückreise dauert auch ganz laaaaaaaaange :D
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