Auswanderung: Abgleich Erwartungshaltung <--> Realität

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Auswanderung: Abgleich Erwartungshaltung <--> Realität

Beitragvon keks » Do, 21. Okt 2004, 16:08

Hallo zusammen,

in diesem Forum werden ja alle möglichen Fragen zum Auswandern nach Norwegen diskutiert. Was mir allerdingsaufgefallen ist, es handelt sich meistens um den rein technischen Ablauf. D.h. die Fragen drehen sich um Sprache, Arbeit, gesetzliche Regelungen etc.

Ich habe mich selbst auch schon mit dem gedanken getragen, nach dem Studium und langer Suche nach einem Arbeitsplatz nach Norwegen auszuwandern. Da ich allerdings inzwischen in Lohn und Brot stehe, habe ich diesen Gedanken (vorerst) einmal zur Seite geschoben :cry: .

Ein Punkt interessiert mich aber trotzdem noch und hier spreche ich mal alle Auswanderer aus Deutschland an. Wie sieht es eigentlich mit eurer Erwartungshaltung aus, mit der ihr nach Norwegen gegangen seid? Hat sich alles erfüllt, was ihr euch von dem neuen Leben versprochen habt?

Mir ist natürlich klar, dass man nicht sagen kann, nur weil es in Deutschland schlecht läuft, wandere ich jetzt mal aus. Die Bäume wachsen ja in Norwegen auch nicht in den Himmel und es ist sicherlich am Anfang ein steiniger Weg, im Arbeits- und Privatleben Fuß zu fassen.

Mal zu meiner Erwartungshaltung, die ich hätte. Beruflich lassen wir jetzt mal hinten an. Da es mir klimatisch und landschaftlich in Norwegen besser gefällt als in Deutschland, würde ich mich dort oben schon ganz wohl fühlen und käme beim Punkt "Friluftsliv" voll auf meine Kosten.
Wie sieht es aber bei euch aus? Seit ihr (vielleicht nach langjährigem Aufenthalt) immer noch so fasziniert von diesem Land?
Häufig wird von Winterdepressionen und melancholischer Stimmung geschrieben. Was war eure Erwartung, wie es werden würde und wie ist es letztendlich geworden, als ihr ausgewandert seid?
Habt ihr, im Berufsleben stehend, genügend Zeit, die Natur zu genießen? Oder reicht es zu sagen "och lieber drei Wochen Urlaub im Jahr in Norwegen"?
Dazu kommt noch, dass wenn man Familie in Deutschland hat, man die vielleicht auch noch mal ein paar Wochen im Jahr besuchen möchte.
Die Mentalität der Norweger ist mir aus verschiedenen Aufenthalten schon vertraut und ich komme auch ganz gut klar mit den Leuten. Aber wie ist es, wenn man die Mentalität über Jahre kennenlernt?

Es gibt sicherlich noch viele weitere "weiche Faktoren", die es bei der Entscheidung auszuwandern, einzuschätzen und zu bewerten gilt. Um diese Faktoren geht es mir in meiner Frage. Wie ist euer "Abgleich" im Nachhinein. Wo stimmt bei euch die Erwartungshaltung mit der späteren Realität überein und wo nicht?

Alles etwas viel, aber ich hoffe, ihr habt verstanden, was ich wissen möchte. Würde mich also über zahlreiche Erfahrungen freuen.

Viele Grüße,

Stefan
keks
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Re: Auswanderung: Abgleich Erwartungshaltung <--> Real

Beitragvon DocFunfrock » Do, 21. Okt 2004, 19:23

keks hat geschrieben:Hallo zusammen,

in diesem Forum werden ja alle möglichen Fragen zum Auswandern nach Norwegen diskutiert. Was mir allerdingsaufgefallen ist, es handelt sich meistens um den rein technischen Ablauf. D.h. die Fragen drehen sich um Sprache, Arbeit, gesetzliche Regelungen etc.

Ich habe mich selbst auch schon mit dem gedanken getragen, nach dem Studium und langer Suche nach einem Arbeitsplatz nach Norwegen auszuwandern. Da ich allerdings inzwischen in Lohn und Brot stehe, habe ich diesen Gedanken (vorerst) einmal zur Seite geschoben :cry: .

Ein Punkt interessiert mich aber trotzdem noch und hier spreche ich mal alle Auswanderer aus Deutschland an. Wie sieht es eigentlich mit eurer Erwartungshaltung aus, mit der ihr nach Norwegen gegangen seid? Hat sich alles erfüllt, was ihr euch von dem neuen Leben versprochen habt?

Mir ist natürlich klar, dass man nicht sagen kann, nur weil es in Deutschland schlecht läuft, wandere ich jetzt mal aus. Die Bäume wachsen ja in Norwegen auch nicht in den Himmel und es ist sicherlich am Anfang ein steiniger Weg, im Arbeits- und Privatleben Fuß zu fassen.

Mal zu meiner Erwartungshaltung, die ich hätte. Beruflich lassen wir jetzt mal hinten an. Da es mir klimatisch und landschaftlich in Norwegen besser gefällt als in Deutschland, würde ich mich dort oben schon ganz wohl fühlen und käme beim Punkt "Friluftsliv" voll auf meine Kosten.
Wie sieht es aber bei euch aus? Seit ihr (vielleicht nach langjährigem Aufenthalt) immer noch so fasziniert von diesem Land?
Häufig wird von Winterdepressionen und melancholischer Stimmung geschrieben. Was war eure Erwartung, wie es werden würde und wie ist es letztendlich geworden, als ihr ausgewandert seid?
Habt ihr, im Berufsleben stehend, genügend Zeit, die Natur zu genießen? Oder reicht es zu sagen "och lieber drei Wochen Urlaub im Jahr in Norwegen"?
Dazu kommt noch, dass wenn man Familie in Deutschland hat, man die vielleicht auch noch mal ein paar Wochen im Jahr besuchen möchte.
Die Mentalität der Norweger ist mir aus verschiedenen Aufenthalten schon vertraut und ich komme auch ganz gut klar mit den Leuten. Aber wie ist es, wenn man die Mentalität über Jahre kennenlernt?

Es gibt sicherlich noch viele weitere "weiche Faktoren", die es bei der Entscheidung auszuwandern, einzuschätzen und zu bewerten gilt. Um diese Faktoren geht es mir in meiner Frage. Wie ist euer "Abgleich" im Nachhinein. Wo stimmt bei euch die Erwartungshaltung mit der späteren Realität überein und wo nicht?

Alles etwas viel, aber ich hoffe, ihr habt verstanden, was ich wissen möchte. Würde mich also über zahlreiche Erfahrungen freuen.

Viele Grüße,

Stefan


Erwartungshaltungen sollte man keine haben, sondern wissen was einen erwartet und ansonsten positiv auf das reagieren, was da kommen möge. Wer Angst vor Neuem und einer grundsätzlichen Unsicherheit hat, der wird es mit Auswanderung grundsätzlich schwer haben.
Es fängt auch kein neues Leben an, nur die Möglichkeiten verändern sich. So gesehen kann man nüchtern an die Sache herangehen und sich den Herausforderungen stellen. Schliesslich weiss man ja warum man den Standort wechseln will, oder?
Wer Depressionen im Winter bekommt, ist auch ansonsten dafür anfällig. Bei leichteren Fällen soll eine Lichtkur helfen.

Die Arbeitswelt sieht sehr verschieden aus, genauso wie in D, nur ballen sich die meisten Betriebe im Raum Oslo,Vest Agder, Stavanger und Trondheim. Für einen Ing ist das absolut übel, wenn er aufs Land will. Ich habe mit meinem Betrieb Glück gehabt , denn dieser legt noch Wert auf ein soziales Zusammenleben und er befindet sich auf dem Lande. Da es hier schneesicher ist, ist Skilaufen ab dem Dezember sicher und manchmal sogar ab Oktober. Schneesicherheit gilt nicht für die Küste i.A. bis Mittelnorwegen ausser Oslo.

Wer nach einem halben bis einem Jahr Kredit von der Bank bekommt, der sollte sich eine Wohnung oder Haus kaufen, weil man 28% der Zinsen sofort von den Steuern abziehen kann. Ich komme mit meinem Haus billiger davon als mit Mietswohnung . Das mit den 28% gilt für beliebige Kreditzinsen.

Nach einem Jahr Aufenthalt kann ich nur sagen, warum sollte ich fortziehen, wenn den berufliche Alternative nur in Süddeutschland liegen würde? Bei den Menschenmassen kann ich gut darauf verzichten.

Die Familie kann übrigens auch gerne vorbeischauen....

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Re: Auswanderung: Abgleich Erwartungshaltung <--> Real

Beitragvon trolljenta » Fr, 22. Okt 2004, 18:34

ich bin der Meinung wenn man sich vor dem Auswandern intensiv mit dem Land auseinander setzt und sich gut informiert, das man dann schon eine ungefähre vorstellung davon haben kann was einen erwartet. So kann man schon viele falsche Erwartungen im vorfeld beseitigen.

Für mich persønlich kann ich nur sagen, das ich mit dem was ich mir vorher gedacht und erhofft habe nicht enttäuscht worden bin, im Gegenteil! Viele Dinge haben sich sogar viel positiver dargestellt und entwickelt wie ich das anfangs erwartet hätte.

Ich kannte Land, Leute und Mentalität schon recht gut bevor ich hier her gezogen bin und auch die Sprache beherrschte ich bei meinem Umzug. Von daher waren meine Vorraussetzungen glaube ich nicht die schlechtesten.

Was die "faszination norge" angeht, so bin ich eigentlich regelmässig davon fasziniert das diese immer noch genauso intensiv da ist! Sicher ist es für mich mittlerweile normal in dieser Landschaft zu leben, aber trotzdem kann ich mich nicht an dem Blick über den Fjord von meinem Wohnzimmer aus satt sehen und wenn ich durch das Land reise (was sehr oft der Fall ist) ist nichts langweilig oder alltäglich sondern die Landschaft und die Natur beeindruckt und fasziniert mich immer wieder!

Mit Winterdepression habe ich ehr in Deutschland bei dem grauen Schmuddelwinter ein problem gehabt! Hier schnalle ich mir nach Feierabend die Skier an die Füsse und find das jedes Jahr aufs neue einfach wieder geil (verzeiht mir den Ausdruck, aber so isses einfach)!
Nachdem ich früher in D-land immer nur eine Woche Skiurlaub für das ganze Jahr hatte, ist es um so toller sich nach Lust und Laune nahezu jeden Tag die Bretter an die Füsse schnallen zu kønnen!

Zeit die Natur zu geniessen? Definitiv! Und mehr, wie ich in Deutschland gehabt hätte. Durch die doch etwas andere norwegische Arbeitsweise habe ich a) gernell mehr Freizeit und bin b) nach Feierabend auch nicht so vøllig ok und fertig wie ich es in Deutschland war, sondern habe noch genug Energie um halt was zu unternehmen!

Fazit im Nachhinein:
Der Umzug nach Norge war das beste was ich in meinem Leben je gemacht habe, habe es nicht eine Sekunde bereut und meine Erwartungen wurden in vielerlei Hinsicht übertroffen!

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Re: Auswanderung: Abgleich Erwartungshaltung <--> Real

Beitragvon Arne.R. » Fr, 22. Okt 2004, 19:55

Moin.
Ich hab keine großen Erwartungen gehabt. Hab aber auch nie im geringsten daran gezweifelt, daß das funktionieren wird. War vorher auch nicht ein einziges Mal im Urlaub hier. Hab halt ein gutes Jobangebot bekommen, und da ich sowieso was anderes machen wollte...also warum nicht Norwegen? Man muß halt nur offen sein und eben gerade keine Erwartungen haben. Ist doch auch irgendwie logisch: Entweder, man weiß genau, worauf man sich einläßt, oder eben nicht. In letzterem Fall können einem Erwartungshaltungen, glaube ich, eher mächtig hinderlich sein.
Deswegen brauch ich auch keinen Abgleich zu machen. Fühle mich einfach wohl hier.
Im übrigen kommt Zufriedenheit in erster Linie von innen. Wer als Westeuropäer innerhalb Westeuropas auswandert, wird in keinem Land glücklich werden, bevor er mit sich selbst nicht im Reinen ist (die geografisch-kulturelle Einschränkung bitte beachten!).

Gruß,
Arne
Der Haushaltstipp (Nr. 1378):
Fleckenentfernungmittelflecken gehen mit Teer weg!
Arne.R.
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