Teil 23 – Endelig sommer i Norge!
Tag 46 – 1. Juli 2017 – Steinkjer – OppdalAuch heute war uns das Wetter hold. Das Thermometer erreichte sogar 29° - in der Sonne. Es war Sonnabend und Sonnabend im Juli scheint wohl Renntag zu sein, gleich ob Marathon oder mit dem Rad. So wurde die E 6 dann als Laufstrecke benutzt. Zahlreiche Helfer sicherten die Rennstrecke ab und auch die Autofahrer nahmen Rücksicht, d.h. es wurde nicht rücksichtslos überholt, sondern man zuckelte gemächlich hinterher und wartete auf eine geeignete Stelle zum Überholen, an der die Radfahrer nicht gefährdet wurden. Übrigens, über die gesamte Strecke, die wir verfolgen konnten, so ca. 20 km, war nicht ein einziger Polizist zu sehen. Die gesamte Sicherung wurde von Freiwilligen übernommen (siehe „dugnad“ 25.06.) Hochachtung!
Nachdem wir die „Straßenbau-Großbaustelle“ Trondheim hinter uns gebracht hatten, überlegten wir an der Tankstelle in Hovin, die E 6 zu verlassen und durch das Tømmesdalen zu fahren. Denn das Studium des Reiseführers und der Blick auf die Straßenkarte – es geht eben nicht ohne, auch wenn man ein Navi hat – erbrachte die Information, dass wir noch an einem Grubenmuseum und einem Eisenbahnmuseum vorbeikommen würden, wenn wir denn wollten.
So entschieden wir uns auf dem FV 475 am Svorksjøen vorbei in Richtung Svorkmo zu fahren. In Skjølberg, oder Sjølberg, stoppten wir wegen eines recht ungewöhnlichen „dreistöckigen“ Bauwerks. Die Informationstafel gab uns weitere Hinweise: Es handelte sich um den 1951 wieder aufgebauten Schornstein der Svorkmo Schmelzhütte, in der von 1655 bis 1845 Erz für das Løkken Kupferwerk geschmolzen wurde.
Svorkmo war für gute einhundert Jahre ein Industriezentrum von großer Bedeutung, denn die Arbeiter der Kupferhütte von Løkken, das wir im Anschluss noch besuchten, wohnten hier in der Gegend um Svorkmo. Svorkmo war eine der größten nicht-städtischen Gemeinden mit Hotel, Bäckereien, Sägewerken und einer Eisenbahnstation, die heute nur noch als Museum besteht.
Neben dem Schornstein steht ein Meilenstein für die Pilgerer des St.Olavsweges. Von hier sind es noch 61 km nach Trondheim zum Nidaros-Dom. König Olav war ja in der Schlacht bei Stiklestad gefallen. Er wurde 1030 nach Nidaros überführt und begraben. Nach Olavs Heiligsprechung 1031 wurde Nidaros zum Hauptwallfahrtsort der nordischen Gläubigen und „ersetzte“ die Wallfahrt nach Rom. Heute gibt es mehrere Olavswege, die zum Nidarosdom in Trondheim führen.
http://pilegrimsleden.no/de/about/om-pilegrimsledenMeilenstein
In den nächsten Tagen sollten wir noch den einen oder anderen Meilenstein sehen.
Nach kurzer Fahrtzeit erreichten wir Løkken. Hier steht das „Orkla Industriemuseum“, ein Zusammenschluss des Grubenmuseums mit dem Eisenbahnmuseum der „Thamshavnbanen“.
1655 wurde hier Kupfererz und Schwefelkies (Pyrit) gefunden, abgebaut und geschmolzen. Zum Vergleich: Das erste Kupfererz in Røros wurde 9 Jahre später, 1664, gefunden. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde hauptsächlich Kupferkies für deutsche Chemieunternehmen gefördert.
Bergmannsdenkmal
Durch die Gründung der Ørkdal-Bergwerksgesellschaft stieg die Fördermenge ab 1868 ständig an. Sie wurde von dem Sägemühlenbesitzer Thams und seinem Buchhalter Salveson gegründet. Die Nachfolger von Thams und Salveson erweiterten den Bergbau ständig und gründeten 1904 die Orkla-Grube-Aktiebolag.
Sitz der ehemaligen Verwaltung der Bergwerksgesellschaft
Der Abbau erforderte aber auch eine vernünftige Beförderung zur Verschiffung. So wurde eine 25 km lange Eisenbahnverbindung zwischen Løkken und der Hafenstadt Thamshavn gebaut. Sie wurde 1908 vom norwegischen König in Betrieb genommen.
Museumsbahn Thamshavnbanen
Eisenbahnmuseum
Sie ist damit nicht nur die älteste Eisenbahnverbindung Norwegens sondern auch die älteste Wechselstromeisenbahn der Welt. Bis 1963 wurden auch Passagiere befördert, Erz nur noch bis 1974.
Heute sind die Waggons, teilweise noch aus 1908 und unter ihnen der „Königswaggon“, sowie die Lokomotiven liebevoll restauriert und bilden mit dem zum Museum umgestalteten Bahnhof Løkken das Orkla Industriemuseum. In diesem Museum wird umfangreich über die Grubenarbeit, die Lebensumstände der Arbeiter und die weitere Industrialisierung berichtet. Dargestellt wird aber auch der Einfluss der Nationalsozialisten auf die Bergwerksgesellschaft und die Zusammenarbeit mit dieser, als auch über die norwegischen Widerstandskämpfer und deren Schicksal.
Schwefelkiesblock-Mahnmal
Der dargestellte Schwefelkiesblock stammt aus der Løkken-Grube und wurde 1986 als Denkmal aufgestellt. Auf der Tafel steht (frei übersetzt):
„Im 2. Weltkrieg 1940-1945 hatte Schwefelkies aus der Grube von Løkken eine große Bedeutung für die deutsche Kriegsmacht. Um die Ausnutzung des Kieses durch die Deutschen zu behindern, wurden verschiedene Aktionsformen von Norwegern und den alliierten Verbündeten in England ausgeführt.
Die Mannschaft der Kompanie Linge, mit guter Unterstützung der Bevölkerung in der Umgebung unternahm eine Reihe geglückter Sabotageaktionen um den Kiestransport mit der Thamshavnbanen zu verhindern.“Weitere Informationen sind hier zu finden:
http://www.erih.de/da-will-ich-hin/site ... eum-orkla/Eigentlich wollten wir uns jetzt stärken, aber im „Bergmanskroa“ war immer noch „middag-servering“ angesagt, so dass für Kaffee und Kuchen noch keine Zeit war. Also zogen wir weiter entlang der Orkla durch das Meldal, wo wir die erst 1988 erbaute Kirche Meldal fanden. Eigentlich machte sie einen älteren Eindruck und das hat seinen Grund. Die alte Kirche von 1651 ist 1981 abgebrannt. Die Orkdal-Kirchengemeinde wollte aber einen Nachbau der alten Kirche. Und somit ist die neue Kirche eine Kopie der alten Kirche.
Meldal Kirche
Und dann erreichten wir wiederum einen Ort, der schlicht und einfach Å hieß. Also nicht nur auf den Lofoten und Senja, sondern auch hier gab es einen solchen Ort.
Ortsbezeichnung und Å Kaffebar
Kaffebar
Hier konnten wir einen exzellenten Kaffee und ein leckeres Stück Kuchen genießen, bevor es auf die letzte Strecke nach Oppdal ging. An der Straßenecke Stensveien und FV 700 steht eine Holzstatue: „Porridge Crone at Aa“ – offensichtlich sollte es wohl „kone“ (Ehefrau) heißen, denn die traditionelle Hafergrütze wurde in den alten Zeiten stets von der Frau des Hauses zubereitet. Die Hafergrütze war eine wichtige Speise für die Landbevölkerung, während das Vieh Vollkorngrütze erhielt. Und diese Statue soll an das historische Almendorf Vaalaaskaret und die Hafergrütze erinnern.
0833 Porridge Crone at Å
Bevor wir bei Berkåk wieder auf die E 6 Richtung Oppdal fuhren, kamen wir noch an der alten Rennebu-Kirche vorbei. Sie wurde 1669 erbaut und ist die älteste norwegische Kirche von fünf in der –Y-Form. Sie liegt in der Ortschaft Voll.
Rennebu Kirche
Und auch hier stand ein Meilenstein des Olavsweges: 101 km nach Trondheim
Bei leichtem Nieselregen erreichten wir das Quality Hotell Skifer, ein modernes, sehr schön mit dem Oppdal-Schiefer gebautes Hotel. Das Zimmer ist ausreichend groß und wir hatten die Aussicht auf Baustelle und Parkplatz aber auch auf die Gemeinde Oppdal.
Kurz nachdem wir ankamen, trudelte eine Busgruppe nach der anderen ein. Wir schauten kurz auf das Buffet, das in der Tat das sog. „Sommerbuffet“ war – es gab kein Menu – und außerdem bekamen wir wiederum eine „Reisegruppen-Bevorzugungs-Individualtouristen-Benachteilgungs-Essenszeit“. Also stapften wir über die Baustelle durch den Nieselregen in den Møllekro, wo wir ausgezeichnet gegessen und hervorragend von dem aus Eritrea stammenden Personal bedient wurden.
In der gemütlichen Lounge konnten wir bei einem Absacker einem unserer Hobbies nachgehen: Leute gucken.
Hier ist der Fahrtverlauf von Steinkjer nach Oppdal
Tag 47 – 2. Juli 2017 – Oppdal FV 70Nun blieben von den insgesamt 50 Tagen nur noch drei Tage und die Fahrt zur und auf der „COLOR FANTASY“. Doch jetzt wollten wir erst einmal zwei Ruhetage einlegen, nach der Fahrerei. Immerhin hatten wir bis jetzt 9.497 km zurückgelegt.
Morgens weckte uns ein bekanntes Geräusch am Fenster: Regen. Somit verbrachten wir den Vormittag im Hotel.
Gegen Mittag machten wir uns auf, um das Oppdal Museum zu besuchen. Wir hatten über dieses Museum schon vor unserem Reiseantritt gelesen. Nach eigener Aussage soll es eines der größten Dorfmuseen in Norwegen sein. Über 30 alte und neuere Gebäude sowie 5.000 Gegenstände aus über 300 Jahren aus Oppdal wurden ausgestellt, zusammen mit umfangreichen Informationen.
Gegenüber dem Eingang stand ein sehr hübsches Haus mit einem tollen Grasdach. Das Haus selbst hätte schon zum Museum gehören können.
Gleich am Eingang zum Museum – nicht zum Privathaus - fiel uns auf, dass, sämtliche Türen offen standen, mit einer Ausnahme. Wir gingen erst einmal zur Kasse, um uns auf dem Gelände frei bewegen zu können. Diese befand sich in der „Skjorstadstuggu“,
die einem „Universalgenie“ gehörte: Sjur Jamtsæter aus Lønset, der von 1816 bis 1873 hier lebte. Er soll Schmied, Instrumentenbauer, Holzschnitzer, Maler und „Astronom“ gewesen sein und sich alles autodidaktisch angeeignet haben. Und wer wusste zu jener Zeit in Oppdal etwas vom Halley’schen Kometen? Jamtsæter! So die Broschüre des Museums in Oppdal.
Das Museum war ein „lebendes Museum“, denn hier arbeiteten auch Holzschnitzer, Weber, Handwerker verschiedener Zünfte zusammen mit Besuchern und insbesondere Kindergartengruppen und Schülern.
Wir schauten uns auf dem Gelände um.
Nachdem wir uns auf dem Gelände und in den verschiedenen Gebäuden umgesehen hatten, erhielten wir wieder eine „Soloführung“, denn wir waren an diesem Sonntag offensichtlich die einzigen Gäste. Jetzt wurde für uns die „Sverrestuggu“ aufgeschlossen und die Führerin schilderte lebendig und detailliert den Hintergrund zu den ausgestellten Stücken.
Es wurde uns eine wunderschöne silberne Hochzeitskrone erklärt, so wie sie auf dem Gemälde „Brudeferd i Hardanger“ von Adolph Tidemand und Hans Gude, 1848, gemalt wurde:
Hochzeitskrone
https://no.wikipedia.org/wiki/Brudeferd ... roject.jpgDann wurde uns eine umfangreiche Sammlung von Messern gezeigt: Alle hergestellt von einem einzigen Mann, dem Holzschnitzer Ola Olsen Moene.
Messer
Ebenso verschiedene Butterformen,
Fotos von den vielen Geigen (oder waren es Hardanger-Fiedeln?),
ein Butterfass.
Butterfass
Dieser Holzschnitzer hatte auch eine kleine, fein ziselierte Holzkiste geschnitzt, die Kaiser Wilhelm II bei ihm während einer seiner zahlreichen Norwegen-Aufenthalte bestellt hatte.
Meine Frau hatte hierzu geschrieben:
„Nach 30-40 Tagen war diese fertig und wurde an den Kaiser geschickt. Weil aber Ola Olsen Moene so ein ausgesprochen bescheidener Mann war, berechnete er nur 1 Krone pro Tag. Zu guter Letzt kostete die kleine Kiste nur 40 Kronen. Der Kaiser schickte die Kiste zurück mit der Begründung, sie sei zu billig. Das könne keine gute Qualität sein.
Glück für das heutige Museum und seine Besucher, die sich nun über dieses detailreiche kleine Kunstwerk freuen können.“
Nach dieser Führung stärkten wir uns im Museumscafé mit Kaffee und einer Waffel. Es war für uns auch interessant „zu schmecken“, dass die Waffeln doch immer wieder eine Nuance anders schmecken als die vorherige.
Am Ende unseres Besuches schauten wir uns noch in der alten Telegraphenstation um.
Toll, wie liebevoll alles im Detail erhalten wurde.
http://www.oppdalsmuseet.no/deutsch-sprache/Da es erst ca. 15.00 Uhr war – immerhin hatten wir uns wieder einmal über eineinhalb Stunden im Freilichtmuseum aufgehalten, was für uns schon als Museumsbesuch eine „reife Leistung“ war – beschlossen wir, noch zur alten Oppdal Kirche zu fahren, die am westlichen Ortsrand von Oppdal lag.
Die Kreuzkirche wurde 1651 gebaut und hat 400 Sitze. Da es sich um eine Pilgerkirche handelte, war sie geöffnet und wir konnten die prächtige Ausstattung bewundern,
Orgel 1651
ebenso wie die prachtvollen Malereien in der „Pilgerstube“.
Pilgerstube
Auf dem Altar liegt an jedem Gottesdienstsonntag die Bibel von Fredrik II – ein Kleinod.
Das gegenüberliegende rote Gebäude aus dem Jahr 1675 wurde Ravlåna genannt und beherbergte Würdenträger.
Als wir die Kirche verließen begegneten uns zwei Pilger, die erschöpft, aber zufrieden aussahen.
Meilenstein
Wir fuhren noch ein Stück in das Sunndal. Links lag der Dovrefjell-Sunndalsfjella nasjonalpark, rechts voraus Trollheimen.
Sunndalen
Am Wegesrand stand ein Zeichen für eine Sehenswürdigkeit: Vognildsbua.
Leider waren wir, wie so manches Mal, kurz vor Toresschluss angekommen. Wir konnten aber noch einen kurzen Blick in einen der ältesten Gemischtwarenläden von Norwegen werfen. Vognildsbua wurde 1860 von der örtlichen Handelsvereinigung eröffnet. Der Ort Vognill diente als „Zentrum“ für Handel, Kommunikation. Hier konnten die lokalen Bewohner Kleidung kaufen, Meierei und Bäckerei sowie ein Hotel war vorhanden. Der Ort war schlicht DIE Verbindung zwischen dem damaligen Christania und Trondheim bis zur Eröffnung der Dovre-Bahn 1921.
In Vognildsbua konnten die Bauern ihre Erzeugnisse verkaufen, auch Fisch und Wild wurde angeboten, die Einwohner konnten hier auf Kredit kaufen und die letzten Gerüchte hören.
Der Gemischtwarenladen wurde bis 1982 betrieben, das dazugehörige Vognill Hotel bis 1960, stets von der Familie Wognild. 1997 wurde die Stiftung Vognildsbua gegründet und die Erben der Familie Wognild übertrugen das Land und die Häuser mitsamt der Einrichtung unentgeltlich auf die Stiftung. Man kann Vognildsbua als „ländlichen Kontrapunkt“ zu den seeseitigen Handelsplätzen Kjerringøy und Jennestad betrachten.
Wir fuhren noch ein Stückchen weiter in das Tal hinein bis Gravaune Gård aus dem 17.-18. Jahrhundert – ein stattliches Gehöft. Plötzlich schoss es uns durch den Kopf: Hier standen wir mit unseren norwegischen Freunden 2001, als wir mit einem Wohnmobil unterwegs waren und unsere Freunde auf den Campingplätzen in den Hütten übernachteten. Hier standen wir über der Straßenkarte gebeugt, um unseren weiteren Weg zu beratschlagen.
Nun fing es an zu regnen, wieder einmal, und so machten wir uns auf den Weg zurück ins Hotel. Am Wegesrand lagen noch einige hübsche Opplandhäuser, die wir natürlich fotografieren mussten.
Sunndalsvegen Oppdal Maskin
Sunndalsvegen 585
Das Abendessen nahmen wir wieder im Møllekro in Oppdal ein, wo wir bestens bedient wurden.
Unser „Abstecher“ in das Sunndal
Fortsetzung folgt.
@Kumulus: Noch een de Platt schnacken deit.
@Anja: Danke!!!
PS. Gestern sind mir leider drei Fotos auf einmal reingerutscht.
Gruß
Ronald