Winterwunderland Norwegen 2018
Teil 7
Dienstag, 27.02.2018 – Henningsvær – Eggum - RaftsundEin Blick aus dem Fenster am Morgen versprach uns, dass wir wieder einen schönen Tag vor uns haben würden. Der Blick auf die Wettervorhersage bei yr.no bestätigte die Vermutung.
Svolvær am Morgen
Nachdem wir gestern Lofoten im Winterkleid erlebt haben, fragten wir uns, was jetzt noch fehlen würde. Die Entscheidung fiel schnell: Henningsvær stand noch aus und dann könnten wir ja noch einmal an die Nordküste fahren, z.B. nach Eggum. Henningsvær musste schon deswegen sein, weil unser vierte Enkelkind, genauso unser erstes, einen Plüscheisbären mit einem Eisbärenbaby im Arm bekommen sollte aus dem dortigen Souvenirgeschäft. Und auf jeden Fall wollten wir versuchen, die Durchfahrt des südgehenden Hurtigrutenschiffes unter der Raftsundbrücke und durch den Raftsund im späten Nachmittagslicht nicht zu verpassen. Die Uhrzeit der Passage hat sich bei uns schon im Gehirn eingebrannt: So ab 16.00 Uhr, denn um 15.15 Uhr fährt das Schiff von Stokmarknes ab.
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Das Restaurant war zum Frühstück wieder rappelvoll. Dennoch konnten wir einen Tisch am Fenster mit schöner Aussicht ergattern. In Erinnerung an gestern, dass wir tagsüber nichts Vernünftiges gegessen hatten, außer BiFi und Schokolade, genossen wir ein ausgiebiges Frühstück mit Spiegelei und auch einer – für Norwegens Hotels – anständigen Auswahl an verschiedenen Brotsorten. Da denke ich nur an unsere Reise im letzten Jahr und die Hotels in Alta, Finnsnes und Hønefoss …
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Um 10.45 Uhr saßen wir wieder im Auto und schon 10 Minuten später erreichten wir die „Lofoten-Kathedrale“ in Kabelvåg, die in schönster Vormittagssonne schien.
Lofotenkathedrale
Die Kirche wurde 1898 gebaut und sie ist das größte Holzgebäude Nordnorwegens und mit ihren 1.200 Sitzplätzen zugleich die größte Kirche Nordnorwegens. Die Größe der Kirche ist durch den Lofotenfischfang begründet, denn die vielen anreisenden Fischer holten sich geistlichen Beistand, bevor sie auf den Fang gingen. Daher war es nicht verwunderlich, dass die Kirche während der Lofotenfischfangsaison stets voll besetzt war.
Mehr Informationen kann man hier bekommen:
http://www.nordnorge.com/DE-ofoten/?News=279Wir haben sie 2013 besucht und waren von der neugotischen Gestaltung sehr beeindruckt.
Lofotenkathedrale Kirchenschiff
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Kurz nach der Weiterfahrt erschraken wir, denn im unberührten Weiß des Lyngværfjellet schaute uns unverhofft ein Troll an.
Lyngværfjellet Troll
Man muss in diesem Land doch immer wieder aufpassen und vor allen Dingen muss man die Trolle achten und darf sie nicht ärgern, denn nur dann hat man eine gute und sichere Fahrt!
Wer noch mehr über Trolle erfahren will, hier ist ein link:
http://www.trolljenta.no/kultur/trolle-
Bei Rørvikstranda hatten wir wieder einen tollen Ausblick auf die Gipfel von Vestvagøya: Trolldalstinden mit 589 m und Håtinden mit 649 m Höhe.
Rørvikstranda
Vestvagøy Panorama
Hier habe ich ein Panorama zusammengestellt, das die Berge Bakktind, Blåtinden, Trolldalstindenbis zum Håtinden zeigt.
Genau an dieser Stelle machte 2013 die Lichtmaschine des damals gerade knapp ein Jahr alten Autos schlapp, was uns einen zusätzlichen Tag in Svolvær einbrachte, wofür wir allerdings einen Tage Stokmarknes und Vesterålen streichen mussten.
Rørvikstranda ist im Sommer ein beliebter Badeplatz für die Norweger.
Die Straße nach Henningsvær ist eine schmale, einspurige Straße mit Ausweichstellen, gekennzeichnet durch ein blaues Schild mit weißem «M»
møteplass
Straße nach Henningsvær
Die runden Felsbrocken um Ufer waren von einer dicken Eisschicht überzogen.
Eis- oder Zuckerglasur?
Und diesen Berg konnten wir zunächst nicht ausmachen, bis ich diesen Zuhause als den Steinstind bei Stamsund identifizieren konnte. Demnach hatten wir eine Sicht von 10 km nach Stamsund.
Steinstind 509 m.ü.M.
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In Henningsvær war es ruhig. Im Gegensatz zu 2013, wo wir an einem Sonntag, genau am 02. Juni ankamen. Der große Parkplatz war seinerzeit vollgeparkt mit Wohnmobilen, Wohnwagen und anderen „Übernachtungsgefährten“ Was war gewesen? Antwort: Codstock – das Henningsvær Hardrock-Festival. Die wenigen Menschen, die uns seinerzeit über den Weg liefen, eigentlich mehr schlurrten, sahen irgendwie „gezeichnet“ aus. Kein Wunder, wenn das letzte „Abendkonzert“ um 00.30 Uhr begann. Also, wer auf Codstock steht, hier ist das Programm für 2018. Am 18. Mai, einen Tag nach dem Nationalfeiertag beginnt es:
http://www.codstock.no/program.htmlWie gesagt, in Henningsvær war nicht viel los. Eine Gruppe Japaner kreuzte unseren Weg, wie immer ein Teil mit Mundschutz, weil in der trockenen norwegischen Lofotenluft so viele Bakterien und Viren herumschwirren, weswegen der Stockfisch dann auch so lecker schmeckt! Also, abwarten, bis der Tross vorbei ist, dann kann man in Ruhe fotografieren.
Wir kamen zur historischen“ Engelskmannsbrygga“, von wo man den ganzen Hafen von Henningsvær überblicken kann.
Henningsvær Hafen
Im Hafen war ein reger Betrieb, eben Fischereihafen: Ein Kutter nach dem anderen lief, löschte seinen Fang und lief gleich wieder aus.
Der Fang wird gelöscht.
Na ja, überschaubar ist er schon. Aber da es sich um einen noch richtig arbeitenden Fischereihafen handelt, muss er auch nicht „pittoresk“ aussehen. Dafür kann man trotzdem eine ruhige Stimmung einatmen.
Engelskmannsbrygga
Woher kam der Name „Engelskmannsbrygga „? Eine kleine Informationstafel an der Seite des Hauses klärt in Norwegisch auf: Die Londoner Firma Allen & Hanburys Ltd. gründete 1900 eine Niederlassung in Henningsvær. Sie produzierte Heilmittel und der Tran war ein wichtiger Rohstoff für die Produktion. Die Firma erweiterte ihre Aktivitäten, indem sie eine eigene Trankocherei an der Engelskmannsbrygga bauten. Die Leitung der Kocherei oblag viele Jahre einem Mann namens Bully, weshalb die Brücke auch „Bullybrygga“ genannt wurde.
Beim Lofotenüberfall 1941 wurden die Dampfkessel von englischen Soldaten gesprengt, um den Deutschen den Zugang zum und die Produktion von Tran zu verhindern, denn der Tran konnte auch zur Waffenproduktion gebraucht werden. Die Brücke wurde heftig zerstört, wurde aber nach dem Kriegsende rasch wieder aufgebaut. Die Trankocherei konnte aber wegen fehlender Ersatzteile nicht wieder aufgebaut werden. Es bis in die 60er-Jahre, dass die Trankocherei wieder aufgenommen werden konnte. Bis dahin diente das Gebäude als Lager und Fassfabrik. 1997 wurde die Brücke von einer Gruppe Kunsthandwerker gekauft und beherbergt nun Wohnungen und Werkstätten für drei Handwerksbetriebe.
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Der „Spaziergang“ erwies sich in Henningsvær, wie auch in anderen Orten als schwierig, denn die Wege und Straßen werden zwar geräumt, soweit das möglich ist und mit Grit bestreut. Das war es dann aber auch. Wo Schnee und Eis liegen bleibt, bleibt es eben liegen, taut auf, friert wieder und so fort, bis eine eisige Buckelpiste entstanden ist. Und so wird aus einem Spaziergang schnell ein Eiertanz. Dafür werden aber in vielen Geschäften, als auch auf den Hurtigrutenschiffen, Spikes zum Überziehen über die Schuhe angeboten. Und unsere Spikes hatten wir ja auch mitgenommen. Aber die lagen im Kofferraum des Autos. Selber schuld ….
In Henningsvær boten sich einige hübsche Fotomotive, wie z.B. das Getränk- und Gebäckangebot: „Kanelbølle to go.
Oder der kleine Gang zum Café …,
… die ehemaligen Lagerhäuser, die Rorbua, die heute als Ferienwohnungen vermietet werden und
… die schmiedeeisernen Hausverzierungen.
Allerdings machte das eine oder andere Haus einen „Nyksund-Eindruck“.
Nyksund war ein kleiner Fischerhafen, der jahrelang einen Dornröschenschlaf hinter sich hatte, ehe es von deutschen Studenten in einem Sozialprojekt unter Leitung deren Professors wieder instand gesetzt wurde. Heute ist wieder Leben in Nyksund, am Nordwestende der Vesterålen-Insel Langøya.
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Natürlich gab es auch in Henningsvær den „Kleinen Höhepunkt des Tages“: MIX – Dagens Lille Høydepunkt mit dem umfangreichsten Süßwarenangebot, was man in jedem MIX-Laden in Norwegen findet und natürlich auch die unvermeidlichen „pølser“.
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Gegen 12.30 Uhr machten wir uns auf den Weg nach Eggum.
Auf der E 10 ging es entlang des Gimsøystraumen über die gleichnamige Brücke nach Vestvågøya.
Auf dem Gimsøystraumen fuhr ein Fischkutter vorbei, der sich mit seinem roten Anstrich vor den weißen Bergen auf dem blauen Wasser gut ausnahm.
Hinter der Brücke passierte ein Küstenfrachter der Reederei Eimskip den Gimsøystraumen. Diese Meerenge wird also auch von der Frachtschiffahrt benutzt. Ein Blick auf die Karte zeigte mir Wassertiefen zwischen 12,88 m und 19,66 m in der Hauptfahrrinne an.
Frachtschiff vor dem 700 m hohen Barstrandfjellet
Entlang des teilweise zugefrorenen Ytter Pollen fuhren wir auf den 746 m hohen Jallvollstinden zu
Hinter uns lag der Blåtinden mit dem Blick über den komplett gefrorenen Inner Pollen.
Und so zeigten sich die Svartdalstinden über den Keilvatnet, gesehen vom FV 994.
Kurz vor Eggum
Um 13.30 Uhr erreichten wir Eggum und stellten unser Auto auf dem Parkplatz bei Borg Eggum ab.
Am Rastplatz Eggum liegt Borga, eine alte deutsche Radarstation aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Radargeräte wurden von einem benzinbetrieben Generator mit Strom versorgt. Die Station Borga war im zweiten Weltkrieg deswegen wichtig, weil hier die von und nach Murmansk fahrenden Schiffskonvois ausgemacht werden konnten.
Borga
Waren die öffentlichen Toiletten im Juni 2013 geöffnet, waren sie heute erwartungsgemäß geschlossen. Wir leeren und schließen ja auch unsere Wasserleitung im Garten während es Winters. Die geschlossenen „Fazilitäten“ erhöhten aber den inneren Druck, den Aufenthalt dort auch angesichts des schneidenden Windes zu verkürzen und möglichst rasch das AMFI-Senter in Leknes aufzusuchen.
Das Trinkwasserschild mutete in der Einsamkeit recht seltsam an.
Der Ort Eggum an der Middagsheia (r.)
Knapp 15 Minuten nach der Ankunft machten wir uns aus den oben geschilderten Gründen auf den Rückweg Richtung Raftsund.
Die jetzt schon wieder einsetzende Nachmittagssonne strahlte auf die schneebedecken Flächen und Berge.
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Abgesehen von einem kurzen Stopp in Leknes steuerten wir den Austnesfjord an, den wir um kurz nach 15 Uhr erreichten.
Die Gipfel links und rechts des Austnesfjord strahlten in der Nachmittagssonne.
Sie spiegelten sich in dem glatten Wasser der kleinen Seen.
Bei Hammerstad
Links von uns erhoben sich richtige „Zähne“ in den Himmel: Die Zacken des Berges Rulten
Rulten
Ein dicker Eis-/Schneeteppich lag auf den Gipfeln des 1.061 m hohen Rulten auf der Ostseite des Austnesfjord.
Wir erreichten den Parkplatz oberhalb von Vestpollen mit der Aussicht auf die kleine Sildpollen kapell und die dahinter liegenden Berge Higravtindan und Geitgallien um 15.30 Uhr.
Higravtindan 1146 m 1085 m Geitgallien 1085 m
Die Sildpollen kapell macht sich besonders gut in der Morgensonne. Hier um 15.30 Uhr lag sie bereits im Schatten.
Es wurde Zeit für die Raftsund-Brücke, denn das Hurtigrutenschiff hatte sicherlich pünktlich um 15.15 Uhr den Hafen von Stokmarknes verlassen.
Links lag Myrlandstranda, dahinter strahlen die Berge der Hadseløya. Myrlandstranda war voll mit Eis und Schnee. Hier hatten wir am 1. Juni bei 31°C ein herrlich erfrischendes Fußbad genommen. Dafür hatten wir aber keine Zeit mehr, denn es war bereits kurz vor 16.00 Uhr. Und außerdem wäre das Wasser jetzt zu kalt für ein Fußbad.
Møysalen
Hinter der Insel Brattøya vor dem Bergen des Møysalen Nationalparks sahen wir bereits das Hurtigrutenschiff. Es war 15.58 Uhr. Würden wir es rechtzeitig schaffen?
Um 16.13 Uhr waren wir auf der Raftsundbrücke. Ich hielt auf der Brücke an, kein Auto war zu sehen. Aber dann tauchten 2 Pkw hinter mir und ein Lkw vor mir auf. Haakon hupte „sehr unfreundlich“ – was wir verstehen konnten.
Meine Frau stieg aus und „erwischte“ die südwärts fahrende NORDKAPP, das Schiff, das uns von Trondheim nach Bodø gebracht hatte. Nun war sie bereit sie in Kirkenes gewesen und befand sich auf dem Rückweg nach Bergen.
MS NORDKAPP im Raftsund
Jetzt konnten wir ohne zu hasten das beginnende Gipfelglühen der Berge von Austvagøya genießen.
Svartistinden
Hanskjellviktinden
Die Kvitholmelva zwischen Juviktinden (l.) und Svarttinden (r.) hatten wir im Sommer 2013 „fließend“ gesehen, im Sommer 2017 gar nicht, denn auf diesem Teil der Strecke hingen die Wolken sehr tief und es regnete in Strömen. Also: Wir haben alle Wetterlagen gehabt – außer Sturm.
Alpenglühen am „Raftsund“: Stigtinden und Heia an Sløverfjorden
Tverdalstinden, rechts ist die „Nase“ des Austavindneset zu sehen. Das Rotbraun der Gipfel spiegelt sich im Wasser wider.
Als wir zurück schauten, waren wir überrascht das Seterfjellet und die Motinden auf Hadseløya in der Abendsonne zu sehen.
Es war kurz vor Vollmond, der über den Breidtinden thronte.
Am Parkplatz kurz vor dem Hattnestunnel entdeckten wir diesen gefrorenen „Wasserkoloss“.
Mond über im Vordergrund liegenden Stigtinden am Sløverfjord
Der Mond lugt über den Breidtinden
Bei Laupstad blickten wir nach Süden über den Austnesfjord; Abendstimmung macht sich breit
Der Sautinden bei Laupstad
Und wieder sehen wir diese faszinierenden Pastelltöne: Das Licht des Nordens.
Blick über die Høla nach Skrova
Blick nach Svolvær
Rekvika bei Svolvær
Litlemolla von Pastellfarben eingehüllt.
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So ging der nächste “Winterwunderland-Tag“ auf den Lofoten zu Ende. Unglaublich, welche Farbenvielfalt wir trotz und gerade wegen des vielen Schnees erleben durften.
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Fortsetzung folgt