Winterwunderland Norwegen 2018
Teil 10
Sortlandsund und Annøya rundEin herrlicher Tag erwartete uns. Die Sonne strahlte die ISQUEEN und die Gipfel von Hinnøya an.
Auch der Møysalen zeigte sich in seiner ganzen Pracht. Also nichts wie raus und los! Und so saßen wir um kurz nach 10.00 Uhr wieder im Auto, um unser heutiges Ziel anzusteuern: „Andøya rund“.
Malerisch lagen zwei Nordlandboote in ihrem Halbschuppen vor dem Møysalen.
Ein kleines Stück weiter konnten wir über den Eidsfjord in der Ferne den Berg Reka erkennen; der Berg daneben müsste die Steinheia sein.
Zunächst aber mussten wir ja erst nach Sortland fahren, um über die Sortlandbrücke nach Hinnøya zu kommen.
Die Sortland Brücke ist eine freitragende Brücke die den Sortlandsund zwischen Strand auf Hinnøya und der Stadt Sortland auf Langøya in Nordland verbindet. Die Brücke ist 948 m lang und das längste freitragende Stück ist 150 m lang. Sie besteht aus 21 freitragenden Stücken. Die größte Durchfahrtshöhe beträgt 30 m. Die Sortland Brücke wurde 1975 eröffnet. Sie ist eine von 4 Brücken, die in den 70er Jahren erbaut wurden, um die Inseln in Vesterålen miteinander zu verbinden.
Auf Hinnøya angekommen sahen wir grasende Rentiere. Sie gehören zur „Inga Sami Siida“. Laila und Arild Inga betreiben hier seit 2009 eine Rentierzucht. Die „siida“ war die traditionelle soziale Organisationsform der Samen Nordeuropas bis zur Einführung des Rentiernomadismus und die „Sami Siida“ ist eben die Bezeichnung für die samische Organisationsform. Mehr kann man übrigens im Várjjat Sámi Musea“, dem Varanger Samischen Museum in Varangerbotn erfahren oder auch hiernachlesen:
https://de.wikipedia.org/wiki/SiidaKurze Zeit später kamen wir auch an dem Hinweisschild zur Rentierfarm der Familie Inga vorbei.
Mehr hierzu unter:
http://www.norwegenstube.de/rentierfarm-inga-sami-siidaÜber den Sortlandsund hinweg reihte sich auf Langøya ein schneebedeckter Gipfel an den anderen.
Unterhalb des Kvålkanntotinden auf Langøya bahnte sich die RICHARD WITH ihren Weg durch den Sund nach Süden.
Nattmålstinden und Vikheia 536 m.ü.M.
War die Straße 82 im Frühjahr schon eine tolle Strecke, so bot sie im Winter auch sehr schöne Aussichten und Motive.
Wir fuhren nun entlang des Forfjords und des gleichnamigen Naturreservats. Am Ufer lag eine dicke Eisdecke, die wie schon an anderen Fjorden, der Tide ausgesetzt sind und mit gezackten Aufbrechungen aufwarteten, was die Landschaft nur noch bizarrer erschienen ließ.
Hierzeigten sich schon die verschiedenen „tinden“ mit dem Blåfjellet auf dem südlichsten Teil der Insel Andøya. Welche Gegend hier oben hat eigentlichen kein Blåfjellet oder keinen Blåtind???
Je nördlicher wir kamen, desto mehr schien der Winter hier „zugeschlagen“ zu haben.
Wir waren am Buknesfjord angekommen. Um uns herum kaum ein Mensch. Und so genossen wir die Stille.
Hier war das Eis aufgebrochen aber auf der freien Wasseroberfläche bildete sich schon wieder neues Eis.
Kurz vor Risøyhamn wurde das Fahren schon etwas kniffliger, zumal auch ein teilweise steifer Wind wehte, der den Schnee zusammenfegte.
Die Andøybrua war erreicht. Die Andøy-Brücke ist eine freitragende Straßenbrücke, die den Risøysund zwischen Andøya und Hinnøya in Nordland überquert. Die Brücke ist 750 m lang, die größte Spannweite ist 110 m und die größte Durchfahrtshöhe beträgt 30 m. Die Brücke wurde 1974 eröffnet.
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Nun befanden wir uns auf Andøya, der nördlichsten Insel der Vesterålen. Vor uns lagen die Bjørnskinnstinden und Resmalstinden. Beide sind „nur“ etwas über 600 m hoch, aber über die flache Moorniederung im Südosten von Andøya hinweg sahen sie doch recht mächtig aus.
Auch hier gab es natürlich einen Breitinden und einen Blåtind, an dem wir auf der Rückfahrt noch entlang kommen.
Andøya hat das größte zusammenhängende Moorgebiet mit 263 km Fläche. Es erstreckt sich vom Süden, dann entlang der Ostküste über den Mittelteil der Insel hinweg nach Westen und bis hinauf nach Andenes. Jetzt mit Schnee bedeckt waren die Moore natürlich nicht zu erkennen – lediglich, dass es an der Ostküste doch recht flach war.
Auf Andøya befindet sich auch – neben Svalbard – das einzige Steinkohlevorkommen in Skandinavien, im Ramsåfeltet.
Sehr schön, richtig grazil, waren die Schatten der kleinen Sträucher auf dem Schnee.
Die Berge im Norden von Andøya wurden toll von der Sonne beleuchtet.
Kurz vor Åse blickten wir im Osten auf die bis zu 1.000 m hohen Berge auf der kleinen Insel Grytøya: Links der das Hattfjellet, dahinter lugt der Stortussen hervor, in der Mitte der kegelförmige Flyndretinden und rechts weiter hinten der 1.012 m hohe Nona.
Dverberg Kirche und Gedenkstein für Augustinus Sellevold
Wir stoppten an der Dverberg Kirche, ein oktogonaler Holzbau aus dem Jahr 1843. Die Kirche ist ein Nachfolgebau eine 1734 durch Blitzschlag zerstörten Vorgängerkirche. Dverberg Kirche wurde von Christian Heinrich Grosch erbaut, der nicht nur für den Bau von über 80 Kirchen in Norwegen verantwortlich zeichnete, sondern auch die Domkirche in Tromsø – übrigens die einzige Kathedrale aus Holz in Norwegen –, die alte Osloer Börse von 1828, die Norges Bank und viele andere Bauwerke entwarf.
https://en.wikipedia.org/wiki/Christian_Heinrich_GroschDie Beschreibung an der Kirche in Dverberg liest sich auszugsweise wie folgt:
„Es sollte eine achteckige Kirche sein, weil man glaubte, dass die Nähe der Gemeinde zu Kanzel und Chor auch die Verbindung zwischen der Gemeinde und dem Pfarrer bestärken würde. Für die Einweihung der Kirche wurde Sonntag, den 15.Oktober 1843 vorgesehen, aber die Zeremonie wurde auf den drauffolgenden Dienstag verlegt, da die eingeladenen Geistlichen nicht früh genug angekommen waren.“Erst 1899 wurden Öfen in der Kirche installiert – bis dahin mussten die Gemeindemitglieder und demnach auch der Pfarrer während der Gottesdienste frieren …
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Auf dem Kirchhof befindet sich ein Gedenkstein für Augustinus Sellevold. Er war ein sog. „Fiskerbonde“, d.h. er war Fischer und betrieb zugleich die Landwirtschaft. Er lebte von 1803 bis 1893 und war ein recht umtriebiger Mensch. Er ging das erste Mal im Alter von 10 Jahren auf Fischfang und übte diesen Beruf 24 Jahre aus. Dann schaffte er sich eine Rorbu und ein „hjellbruk“, ein Stockfischgestell zum Trocknen des Kabeljaus, in Nyksund an und heiratete schließlich. 1837 kaufte er den Hof Sellevold und betrieb Fischerei und Landwirtschaft zugleich. Wie viele seiner damaligen Landsleute lebte er sparsam. Da er aber ein gutes Einkommen hatte, kaufte er sich Bücher und brachte sich die deutsche Sprache im Selbststudium bei. Er wurde auch bekannt als Dichter und Psalmenschreiber und verfasste Gedichte.
Sellevold repräsentierte Nordlands Amt im Parlament 1845-1847 und 1848-1850. Zugleich engagierte er sich in der Lokalpolitik und war Bürgermeister über mehrere Perioden. Ebenso war er Mitglied im Amtsgericht. 1860 stiftete der Dverberg Missionsvereinigung und war aktiv in der Anti-Alkoholikerbewegung.
Ebenso erinnert ein Gedenkstein an die vielen Fischer, die in Ausübung ihres Berufes den Tod fanden. Er wurde 1949 errichtet und durch Spenden der Fischer der umliegenden Dörfer finanziert.
Vor uns lagen die Berge des Høgfjellet
Ich muss zugeben, dass die Fahrt jetzt etwas ungemütlicher wurde, weil sie doch sehr große Aufmerksamkeit forderte, denn unter dem Schnee lag teilweise Eis. In so einem Fall blieb mir nur, den Fuß vom Gaspedal zu nehmen und den Wagen rollen lassen, denn bei unserem Allradantrieb würde eines der vier Räder sicherlich „die Spur finden“.
Sverigetinden 512 m.ü.M.
Was so am Ufer lag …
Hin und wieder fanden wir so eine aus Strandgut hergestellte oder mit Strandgut bereicherte Hütte – wie seinerzeit vor Laukvik. Im Hintergrund waren die Gipfel der Insel Senja zu sehen; Entfernung: ca. 35 km!
Um 13.20 Uhr erreichten wir Andenes und entdeckten ein erst 2015 eröffnetes Restaurant mit angeschlossenem Hotel: Grønnbua.
Eigentlich wollten wir nur Kaffee trinken, entdeckten aber auf der Karte eine Fischsuppe. Diese bestellten und erhielten eine Suppe ganz anderer Zubereitung: Klare Fischsuppe mit Gemüse, Kartoffelwürfeln und Rahm. Natürlich auch mit Fisch!.
Diese Suppe schmeckte uns bei diesem Wetter – blauer Himmel, Schnee und eisiger Wind – besonders gut.
Anschließend unternahmen wir einen kleinen Spaziergang und fotografierten – natürlich – auch den großen, roten Leuchtturm.
Andenes Leuchtfeuer
Es ist der dritthöchste Leuchtturm in Norwegen. Das Leuchtfeuer im 40 m hohen Turm aus Gusseisen wurde 1859 in Betrieb genommen; es ist seit 1978 automatisiert. Das ehemalige Wohnhaus des Leuchtfeuerwärters und die Nebengebäude befinden sich heute im Privatbesitz.
In Andenes lag recht gut Schnee. Und anders als bei uns in Norddeutschland vernahmen wir ein Geräusch, das uns nicht gewohnt war: Beim Gehen durch den Schnee knirschte jeder Schritt – herrlich!
Deine Spuren im Schnee ..
In den Fenstern eines alten, im „Schweizerstil“ gebauten Hauses in Andenes bauten die Möwen bereits ihre Nester.
In Andenes befindet sich auch ein Polarmuseum, kommt doch einer der berühmtesten Polarforscher aus Bjørnskinn auf der Insel Andøya: Helmer Hanssen. Ihm ist auch ein Denkmal auf dem „Dorps plass“ in Andenes gewidmet.
Hanssen nahm an zahlreichen Expeditionen von Roald Amundsen teil, u.a. an der Fahrt mit der GJØA durch die Nordwestpassage von 1903 bis 1906, 1910 zum Südpol, 1919 wiederum durch die Nordwestpassage, 1924 für die Universität Oxford nach Nordwestspitzbergen usw.. Er wurde für seine außergewöhnliche Seemannschaft als Ritter der Zweiten Klasse des Sankt-Olav-Ordens ausgezeichnet.
Mehr Informationen kann man hier finden:
https://de.wikipedia.org/wiki/Helmer_HanssenWer Norwegisch kann, findet hier noch mehr Informationen:
http://www.vesteraalen.info/bauta_helmer_hanssen.htm-
Seit unserem ersten Aufenthalt in Andenes vor fünf Jahren hat sich offensichtlich viel getan. Das ehemalige Andrikken-Hotel ist jetzt ein komplett renoviertes Thon-Hotel. Auch ein neues Hotel ist entstanden und ebenso einige Restaurants. Offensichtlich haben die von Andenes ganzjährig stattfindenden Walsafaris dem Ort gehörigen Aufschwung gegeben.
Wir machten noch ein zwei Fotos vom Hafen, dessen Wasser zum Teil gefroren war, bevor wir den Rückweg nach Stokmarknes begannen. Generell aber frieren die Gewässer um Andøya und Langøya nicht zu, da hier der Golfstrom verläuft.
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Senja, die im Osten liegende Insel, war ganz wunderbar zu sehen mit ihren bis zu fast 1.000 m hohen, schneebedecken Gipfeln, die – aufgrund der Entfernung von ca. 35 km – fast senkrecht aus dem Wasser des Andfjord zu steigen schienen.1509
Kvænan
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Die Straße an der Westküste war dann noch etwas anspruchsvoller, was die Autofahrt anging. Der aufwirbelnde Schnee legte teilweise eine Eispiste frei und ich versuchte ständig zumindest mit einer Seite, rechts oder links, eine freie Spur und damit den Kontakt zur „eisfreien“ Straße zu finden.
„periodevis spesielt glatt vegbane“ – das sollte man auch als Deutscher verstehen angesichts dieser Straßenverhältnisse.
Der FV 976 führte um die Skarvtinden und den 468 m hohen Røyken herum.
Wir fuhren nun im Schatten der Berge und sahen nur vereinzelt die Gipfel in der Sonne. Bizarr ragen die Zinnen in die Luft.
Vom neu angelegten Rastplatz Kleivodden der Nationalen Touristenstraße Andøya hatten wir einen tollen Ausblick auf die Vogelinsel Bleikøya, auf der über 40.000 Papageitaucher und viele Seeadler nisten – wenn auch nicht zu dieser Jahreszeit.
https://www.nasjonaleturistveger.no/de/routen/andøya
Bleikøya
Røyken
Røyken
Faszinierend fanden wir diese Schnee-Strandlandschaft mit den Gräsern und dem Wolkenhimmel.
Entlang der Durmalshågen
Der Ort Bleik lag im fahlen Nachmittagslicht. Dieses Mal hielten wir hier aber nicht an, sondern setzten unseren Weg nach Süden fort.
Bleikøya hinter dem Schnee-Sandstrand.
Entlang des Høghalsan und Storvatnet.
Jetzt wurde es teilweise richtig glatt.
Am Ufer trieben kleine Eisschollen.
Der Sverigetinden von Westen aus gesehen, davor der zugefrorene Måvatnet.
Immer wieder trieb der Wind den Schnee vor sich her bei Nordmela. Hier war es aber auch über weite Flächen sehr flach, so dass der Wind „freien Auslauf“ hatte.
Das Leuchtfeuer Børhella.
Einige Leute standen auf dem kleinen Felsen und hielten Ausschau nach Walen: „private whale-watching“. Wenn man auf den Booten seekrank wird, war dies eine gute Alternative.
Schneeschauer auf See.
Von Andøya sahen wir über den Gavlfjord die Jennskartinden und Tretinden auf dem nördlichen Teil von Langøya.
Hinter uns befanden sich die 462 m hohen Raulikollen.
Raulikollen.
Und wieder fanden wir, wenn auch kleinere, Eiskaskaden
Wir erreichten die kleine Kirche von Bjørnskinn, der Ort, in dem Helmer Hanssen geboren wurde und aufwuchs. Diese Kirche wurde 1885 geweiht und ersetzte die 1740 gebaute alte Kirche, die für die Gemeinde zu klein wurde. Das haben wir öfters gelesen, dass die Norweger die alte Kirche abgerissen haben, wenn diese für die wachsende Gemeinde zu klein wurde. Allerdings wurden einige Teile in die neue Kirche „gerettet“, wie z.B. Altartafeln, Kanzeln, Taufbecken oder andere Ausstattungsstücke.
Von Bjørnskinn ging es nun wieder zurück auf die Insel Hinnøya an Risøyhamn vorbei.
Die Sonne verschwand langsam hinter den Bergen; dabei war es doch gerade 15.40 Uhr.
Lovikfjellet
Reinhaugen und Reinshaugheia
Durmålstindan (r.)
Skardtindan, Tretindan und Fuglan am und bei Forfjord
Tretindan – unverkennbar die drei Zinnen.
Fuglan
Wir befanden uns jetzt vor Sortland mit Blick auf Langøya; aber wie der Berg heißt, habe ich nicht herausgefunden.
Die Abendsonne tauchte die Berge auf Hinnøya in rosa-rote Farben.
Middagstinden
Middagstinden (l.), Møysalen (m.), davor der Totinden
Totinden
Gegenüber lag der Fiskefjorden mit dem Møysalen im Hintergrund, davor der Totinden.
Der Nipa leuchtete in der letzten Abendsonne. Rechts liegt der Eingang zum Ingelsfjord, daneben liegen die Svartskardtindan mit 883 m Höhe.
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Und zum Schluss lasse ich wieder einmal meine Frau berichten:
„Und das haben wir auch abends. Nordlicht. Endlich! Zunächst sehr schwach, eigentlich kaum zu erkennen, aber Ronald ist davon überzeugt, dass es Nordlicht ist. Auf seinen Fotos ist tatsächlich ein schwacher grüner Schein zu sehen. Doch es wird immer intensiver. Immer mehr grüne Vorhänge wabern über den Himmel. Oder es hängt wie ein überdimensionaler Regenbogen über den Bergen, bildet Bögen, Kreise und Vorhänge. Langsam schweben sie durch die Nacht. Ich stehe mit Jacke und Kapuze am weit offenen Fenster, später auch draußen auf dem Treppenabsatz. Hier ist es mir aber zu hell, Straßenlaternen verderben den Blick. Ich schaue mir das alles lieber wieder vom Fenster aus an. Es ist gigantisch! Selbst später vom Bett aus kann ich die Geister der Nacht über mir tanzen sehen. Eine ganze Weile sehe ich ihnen zu, bis mir schließlich die Augen zufallen und ich glücklich ins Land der Träume hinübergleite.“Das waren zunächst nur zwei Aufnahmen. Mal sehen, was Morgen kommt.
Denn: Fortsetzung folgt.
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