Mit MS AMADEA auf Nordkurs – Teil 9
Sonnabend, 14. Juni 2014 – Tempelfjord, Longyearbyen und Barentsburg
Vom Nordenskjöldbreen drehte die AMADEA nun ab und fuhr südwärts durch den Billefjord.
Dabei passierten wir den 937 m hohen Berg Pyramiden und den gleichnamigen Bergbauort. Meine Frau berichtete hierüber wie folgt:
„Wir passieren jetzt „Pyramiden“, die aufgegebene russische Bergarbeitersiedlung, die am Fuße des gleichnamigen Berges am Billefjord liegt. Als Unterzeichnerstaat des 1920 abgeschlossenen Spitzbergen-Vertrages, durch den Norwegen die Souveränität über den Spitzbergen-Archipel erhielt, hat Russland das Recht, hier Kohle abzubauen. Auch der Ort Barentsburg ist solch eine russische Enklave. In Pyramiden lebten und arbeiteten früher über 1.000 Menschen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Pyramiden die wichtigste und größte Kohleabbausiedlung Russlands in der Arktis. Inzwischen soll sich wieder Leben regen, wie unser Lektor mitteilt. Arbeiter sollen dabei sein, die verfallenen Häuser zu renovieren. Eventuell wird es später touristisch vermarktet.“Obwohl die Berge links und rechts des Billefjord nicht besonders hoch waren, beeindruckten sie doch durch ihre Formationen und die jeweiligen Gesteinsschichten.
Wir fuhren entlang einer Eisschicht, auf der es sich eine Robbe „bequem“ gemacht hatte. Da es sich nicht um eine größere feste Eisscholle handelt, brauchte sie einen Eisbären nicht zu fürchten, denn der würde hier zwischen den kleineren Schollen einbrechen und die Robbe hätte längst das Weite gesucht.
Gegen Mittag offerierte der Koch an Deck „Fish-n-Chips“ – da konnten auch wir uns nicht zurückhalten. Und das hatte den Vorteil, dass wir angesichts der grandiosen Landschaft nicht unter Deck zum Mittagessen mussten.
Wir waren nicht alleine unterwegs hier im Archipel. Es gibt ja mehrere Anbieter, speziell von Expeditionsreisen mit eisverstärkten Schiffen, die also auch in entlegene Fjorde hineinfahren können. Hier begegneten wir dem russischen Schiff PROFESSOR MOLCHANOV. Hier kann man weitere Informationen über dieses 1982 gebaute eisverstärkte Schiff erfahren:
https://de.wikipedia.org/wiki/Professor_MolchanovAuf der Fahrt zum Tempelfjord wurde es etwas ungemütlicher, denn es zogen Wolken auf und der Wind nahm etwas zu. Aber wir waren ja schon „arktiserprobt“ und hatten auch die richtige Kleidung mit, so dass uns so schnell nichts unter Deck trieb. Und Schneeschauer am 14. Juni? Man gönnt sich ja sonst nichts!
Gegen 13.30 Uhr hatten wir die Abbruchkante des Tunabreen erreicht. Diese Kante wird oft verwechselt mit der des Von Postbreen. Da aber der Von Postbreen sich vorher mit dem Tunabreen vereinigt, fließt er hier nach 23 km in den Tempelfjord.
Die Abbruchkanten schienen hier hellblau. Der Lektor erklärte, das die hellblaue Farbe ein Indiz dafür sein konnte, der der Gletscher kürzlich gekalbt hatte oder dass das Eis einen besonders hohen Luftblasenanteil aufwies.
Nachdem wir nun auch diesen Gletscher „besucht“ hatten, nahm die AMADEA Kurs auf Longyearbyen. Und wenn man sich die Felsformationen ansah, dem erklärte sich auch, woher der Tempelfjord seinen Namen hatte.
Unterwegs begleiteten uns immer wieder Papageitaucher.
Hier endete der Tempelfjord und wir fuhren in den Sassenfjord.
Bald erreichten wir den Isfjord und etwas später legten wir in Longyearbyen an.
Seit meinem ersten – seinerzeit berufsbedingten – Aufenthalt in Longyearbyen sind zahlreiche neue Häuser gebaut worden, denn Longyearbyen hat trotz der langen „mørketid“, der dunklen Jahreszeit, eine enorme Anziehungskraft für norwegische junge Familien. Grund: Hohe steuerliche Vorteile beider Einkommensteuer und keine Mehrwertsteuer auf Waren des Alltags in der Svalbardbutikk.
Und Letzteres merkten wir auch, denn wir brauchten eine neue externe Festplatte, weil kurioserweise unsere beiden externen Festplatten ihren Geist aufgegeben hatten. Wir hatten zwar genügend Speicherkarten mit, aber dennoch wollten wir die Fotos so gut wie möglich abgesichert haben. Und in der Tat lag der Preis der Festplatte genauso hoch wie bei uns in Deutschland.
Und in der Svalbardbutikk hatte meine Frau wieder einmal ein kleines „Erlebnis“ aufgezeichnet:
„An der Kasse wundern wir uns wieder einmal über eine unserer Mitreisenden, die mit der größten Selbstverständlichkeit die Kassiererin auf Deutsch anspricht und versucht, in Euro zu bezahlen. Das ist zwar möglich, nur wechseln kann die Kassiererin nicht, sie kann nur Kronen herausgeben. Das versteht die Kundin überhaupt nicht. Wieso ist das nicht möglich? Und überhaupt: Wieso spricht die Kassiererin kaum Deutsch? Ronald hilft ihr aus der Patsche, indem er einen 50-Euro-Schein wechselt und sie nun passend bezahlen kann. Erleichterung bei allen Beteiligten. Die Kassiererin macht inzwischen einen ziemlich genervten Eindruck, was ich nachvollziehen kann.“Im Hintergrund sind noch die Stahlmasten der alten Kohlenseilbahn zu sehen.
Im Zentrum zu Ehren der Kohleberbauarbeiter. Und es wird immer noch Kohle abgebaut, in einer Grube für den Export und in einer anderen für den Eigenbedarf, denn in Longyearbyen steht Norwegens einziges Kohlekraftwerk, über dessen Ende wegen des hohen CO2-Ausstosses heftig diskutiert wird.
Mehr Informationen über den Kohleabbau findet man hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Store_Nor ... Kulkompanihttps://de.wikipedia.org/wiki/Store_Nor ... KulkompaniDie Masten der alten Kohleseilbahn
Abends verließ der Massengutfrachter AFRICABORG mit Kohle beladen den Hafen von Longyearbyen. Im Hintergrund waren der Borebreen und der Samebreen zusehen.
Hier steht das wichtigste Verkehrsmittel für die schneereiche Zeit – und die ist lang.
Hier ist noch ein interessanter Artikel über das Leben in Longyearbyen:
http://www.fr.de/panorama/spitzbergen-i ... n-a-575487Wir nahmen den nächsten Bus zurück zum Schiff, denn die Landgangszeit war zwar kurz, aber ausreichend, um sich einen Eindruck von der leinen Bergbau- und Forschungsstadt Longyearbyen zu verschaffen.
Forschungsstadt: In Longyearbyen steht das University Centre in Svalbard, dass eine Außenstelle der Universitäten von Oslo, Bergen, Tromsø und der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens ist. Hier wird hauptsächlich auf den Feldern der Arktisausbildung und –forschung gearbeitet.
Auch hierzu gibt es einen übersichtlichen Artikel:
https://de.wikipedia.org/wiki/Universit ... n_SvalbardUnd wer noch etwas über den weltweit größten Saatgut-Tresor erfahren will, der in der Nähe von Longyearbyen existiert, der kann hiernachlesen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Svalbard_ ... Seed_VaultUm 19.00 Uhr verließ die AMADEA Longyearbyen mit Ziel „Barentsburg Passage“, bevor es am nächsten Morgen nach Ny-Ålesund und zum Magdalenefjord gehen sollte.
Der Kurs führte an den mächtigen Gletschern auf Kong Oscar II Land vorbei: Borebreen mit dem Berg Syltoppen, dem Syllfjell und dem Svermissen
Und immer wieder begleiteten und die wenigen Eissturmvögel und es war gar nicht so leicht so einen „Kunstflieger“ einzufangen.
Das mächtige 998 m hohe Lexfjell auf Kong Oscar II Land.
Gegen 21.00 Uhr passierten wir die russische Bergarbeitersiedlung Barentsburg. Auch hier wird noch Kohle gefördert, jedoch mehr aus Prestigegründen, als der Wirtschaftlichkeit wegen – so wurde uns erzählt bei einem früheren Besuch.
Und der Zustand der Gebäude spricht für sich …
Auf Wiedersehen Barentsburg
Und bei Prins Karls Forland in der Isfjordrenna trafen wir dann auf einige Schneestürme.
Fortsetzung folgt