Küstenkultur: Norwegens Leuchtfeuer
„Leuchtturmreise“ entlang der norwegischen Küste
Teil 19
Ryvingen – Mandal – Vest-AgderIn Verbindung mit dem Budget für die Dreijahresperiode 1866/1869 wurde ein Vorschlag zur Bewilligung des Baus von Ryvingen bis Østre Hatholmen Leuchtfeuer gemacht, der sich u.a. auf folgende Umstände bezog. Ryvingen, zwischen Oxø und Lindesnes gelegen, ist der am meisten hervorspringende bebaubare Ort auf einer Küstenstrecke, der von einem großen Teil, wenn nicht sogar dem größten Teil der vielen Tausend Fahrzeuge auf der Fahrt von der Nordsee in Richtung Kattegat, Ostsee und Südnorwegen passiert wird. Dieses Fahrwasser wird weitaus stärker befahren als alle anderen Strecken entlang der norwegischen Küste.
Diese Forderung wurde von den meisten Seemannsvereinigungen des Landes unterstützt mit der Forderung nach einem sehr starken Leuchtfeuer auf Ryvingen, mit einer Linse von wenigstens 2. Ordnung, wenn nicht sogar 1. Ordnung.
In der Tat wurde dann bereits 1867 ein kleiner Leuchtturm am höchsten südwestlichen Teil von Ryvingen gebaut, zusammen mit einem Wirtschaftsgebäude und einem Bootshaus. Vom kleinen Hafen, wo sich der Anleger befand, bis zum Leuchtturm waren es 420 Meter. Das Feuer wurde am 20. Oktober 1867 angezündet. Bei dem Leuchtfeuer handelte es sich um einen Ölbrenner, der auf dem Dach einer Holzhütte angebracht war.
In den Jahren 1880 bis 1890 kamen ständige Forderungen nach der Verstärkung der anderen Feuer an der Sørlandet-Küste.
1893 hatte das zwischenzeitlich gegründete Skagerrak-Komitee gefordert, dass das Ryvingen-Feuer verstärkt und mit einem Nebelsignal ausgestattet werden müsse. 1894 wurde der Vorschlag zum Ausbau bewilligt. Es wurde ein Ölfeuer mit einer Linse 1. Ordnung und einem maschinenbetriebenen Nebelsignal eingerichtet.
Auch hinsichtlich der Kennung kam ein Vorschlag des Seekomitees: Die bisherige Kennung, ein festes weißes Feuer mit einem roten Blink sollte beibehalten werden. Man befürchtete, dass ein Wechsel der Kennung zu einer Verwechslung mit anderen Leuchtfeuern führen könne.
In der Zwischenzeit erhielt man Kenntnis von einer neuen Erfindung in Frankreich. Nach kurzer Zeit erfuhr man, dass man nun einen Linsenapparat mit einer schnellen Umdrehungszeit erwerben konnte und dass die Dauer des Aufleuchtens des Leuchtfeuers auf 1/10 Sekunde reduziert werden konnte – demnach ein Blitz.
Ungefähr zur gleichen Zeit, als man von dieser epochemachenden Erfindung erfuhr, kam die Anfrage nach einem weiteren Leuchtfeuer auf Gjæslinge, einer weiteren gefährlichen Schäre zwischen Ryvingen und Lindesnes. Aber ein Leuchtfeuer hier in einem offenen Fahrwasser zu errichten, würde ungleich teurer sein, als ein an Land befindliches Feuer.
Um dem Mangel an Leuchtfeuern auf dieser Küstenstrecke abzuhelfen und eine einfache Kennung sowie eine stärkere Lichtquelle zu schaffen, wurde im Frühjahr 1895 beschlossen, noch einen Schritt weiter zu gehen. Der dem Parlament eingereichte Vorschlag sah ein elektrisch betriebenes Blitzfeuer vor, das mit Dampf angetrieben wurde.. Dies war eine sehr kostspielige Angelegenheit mit einem Kostenvoranschlag von 236.000 Kronen.
Die Zeichnungen der unterschiedlichen, vorgeschlagenen Anlagen wurden sorgfältig geprüft, denn natürlich waren mit der Planung und dem Bau sehr hohe Kosten verbunden. So musste eine Baracke für die Arbeiter auf der Insel vorbereitet werden, eine Fahrbahn vom Landeplatz zum Bauplatz sowie Transporte an Land und über See. Letztendlich wurde das neue Leuchtfeuer auf dem neuen 22,5 m hohen Gusseisenturm am 25. August 1897 angezündet.
Auf der Station befand sich nun eine Dampfmaschine, die die Lichtmaschine und das Nebelsignal betrieb. Es gab zwei elektromagnetische Wechselstrommaschinen, so dass Ryvingen das erste elektrisch betriebene Leuchtfeuer in Norwegen war. Die Lichtquelle war eine elektrische Bogenlampe in drei Größen mit verschiedenem Durchmesser an den Spitzen der Kohlenstäbe. Bei einer Bogenlampe fließt elektrischer Strom zwischen zwei Kohlestiften, so dass das entstehende Licht bis zur Weißglut erhitzt wird. Dies war die neue in Frankreich entwickelte Technologie. Mit einer Lichtstärke von 272.000 Candela, dem Maß für Beleuchtungen, also etwa 272.000 Kerzen zusammen, war Ryvingen seinerzeit das stärkste Leuchtfeuer der Welt.
Kaum, dass Ryvingen in Betrieb ging, häuften sich die Klagen der Fischer an der Küste. Die beim Parlament eingereichte Klage enthielt die Behauptung, dass die große Lichtstärke Vögel und insbesondere Fische vertreiben würde.
Die von einer Mauer umrahmte Anlage bestand neben dem Turm aus mehreren Wohnhäusern, Pumpenhaus, Maschinenhaus, Nebengebäude, Schmiede, Kohlenlager, Holzlager und einer Zisterne für das Trinkwasser.
Ryvingen Leuchtfeuerstation – Man beachte die kleinen Boote an der Küste. So hat man eine Vorstellung von der Größenrelation.
Die Besatzung des Leuchtfeuers bestand aus dem Leuchtfeuerwärter und Unterwärter, drei Assistenten und später sogar einem Reserveassistenten. Insgesamt befanden sich seinerzeit auf der Station fünf Familien mit insgesamt 32 Menschen. Eine Hauslehrerin unterrichtete die Kinder in einem kleinen Schulraum.
An den Einrichtungen wurden ständig Verbesserungen vorgenommen, um sie auf dem für damalige Verhältnisse hohen technischen Standard zu halten. Während des Ersten Weltkriegs machte sich Kohlenmangel bemerkbar, der zu unverhältnismäßig hohen Preisen führte. So wurden die vorhandenen Ölbrenner wieder benutzt. Nach dem Krieg wurde die Energie 1920 auf Gas umgestellt. Ein Azetylengasbrenner wurde installiert einschließlich eines mit Petroleum betriebenen Motors für das Nebelsignal. Jetzt konnte auch die Besatzung auf einen Leuchtfeuerwärter und zwei Assistenten reduziert werden.
1923 wurde das große Wohnhaus des Leuchtfeuerwärters demontiert und zum Leuchtfeuer Geitungen verschifft. Der große Schornstein wurde abgerissen, Kessel und Maschinen demontiert und Kohlelager und andere überflüssige Einrichtungen entfernt.
1957 wurde die Station mit modernen Dieselaggregaten wieder elektrifiziert und die Sirene wurde durch ein Diafon ersetzt.
Leider forderte die Station auch ihre Opfer. Der Leuchtfeuerwärter Syvertsen mit seinem 14 Jahre alten Enkel und dem 16 Jahre alten Dienstmädchen ertranken im Mai 1888 vor Ryvingen als das Segelboot auf der Heimfahrt von Mandal kenterte. Am 1. Februar 1903 ereilte den Feuerassistenten Lorentzen das gleiche Schicksal.
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Ryvingen ist übrigens Norwegens südlichstes Leuchtfeuer und nicht Lindesnes, wie häufig angenommen wird. Lindenes ist das südlichste Leuchtfeuer auf dem Festland in Norwegen.
Hier sind die geographischen Koordinaten:
Lindesnes 57° 59,0 N
Ryvingen 57° 58,1 N
Im Sommer 2002 wurde das Leuchtfeuer automatisiert und die letzte Besatzung abgezogen. Die unter Denkmalschutz stehende Anlage wird heute von Ryvingens venner betrieben (
http://www.ryvingensvenner.no/). Im Sommer sind Übernachtungen möglich, nach vorheriger Anmeldung. Die Anfahrt muss selbst organisiert werden
Quellen:
Finn et fyr, Eli Johanne Ellingsve, Tapir Akademisk Forlag, Trondheim 2007, S. 173,
Fyrene - kystens katedraler, Knut Baar Kristoffersen, Rune Nylund Larsen, Skagerrak Forlag, Sandefjord 2006, S. 68 ff.,
Fyrene rundt Norges sydspiss, Bjørn Arild Hansen Ersland, Høyskole Forlaget 1999, S.38 f.,
KystNorge, Far Østfold til Vest-Agder, Leif Ryvarden, Roger Lauritzen,Gyldendal Norsk Forlag, 2006, S. 212
Norges Fyr, Fra svenskegrensen til Stad, Bind 1, Birger Björkhaug, Sven Poulsson, Grøndahl & Søn Forlag A.S., Oslo, 1986, S. 125 ff,
Norske Fyr, Nasjonal verneplan for fyrstasjoner, Riksanikvarens rapporter nr. 24 1997, Danckert Monrad-Krohn, Oslo 1997, ISBN 82-7574-018-5, S. 71,
http://www.ryvingensvenner.no/-
Hatholmen – Mandal – Vest-AgderHatholmen, auf der kleinen Schäre Indre Hatholmen am Mannefjord vor Mandal gelegen, wurde zusammen mit dem Leuchtfeuer Ryvingen gebaut. Das Leuchtfeuer sollte den nach Mandal einlaufenden Schiffen den Weg weisen, möglichst weit in die Bucht zum Ankerplatz bei der Risø-Bank nordwestlich des Feuers zu steuern.
Das Feuer wurde am 20. Oktober 1867 angezündet. Die kleine Anlage bestand aus dem Wohnhaus mit dem Leuchtfeuer in einem Erker an der nordöstlichen Seite, einem Stall mit Holzlager, dem Ölhaus mit dem Öltank und einem Bootshaus mit Slip.
Wie bei verschiedenen anderen kleinen Stationen wurde das Leuchtfeuer im Erker so angeordnet, dass der Leuchtfeuerwärter das Feuer vom Sofa oder Bett im Blick behielt.
1897 erhielt die Anlage ein neues Leuchtfeuer mit einem Linsenapparat 5. Ordnung. 1931 wurde das Leuchtfeuer auf eine Linse 4. Ordnung mit einem Azetylengasbrenner verstärkt.
Die gesamte Anlage blieb bis zur Automatisierung und dem Abzug der Besatzung 1973 unverändert.
1984 wurde ein größerer Betrag für die Restaurierung bewilligt, 1997 wurde die Anlage unter Denkmalschutz gestellt. Sie wird heute von Mandal Kystlag betrieben. Sie ist ein typisches Beispiel für eine alte Familienstation aus Holz, die heute der Allgemeinheit zur Benutzung zur Verfügung steht.
Quellen:
Finn et fyr, Eli Johanne Ellingsve, Tapir Akademisk Forlag, Trondheim 2007, S. 93,
Fyrene rundt Norges sydspiss, Bjørn Arild Hansen Ersland, Høyskole Forlaget 1999, S.44 f.,
KystNorge, Far Østfold til Vest-Agder, Leif Ryvarden, Roger Lauritzen,Gyldendal Norsk Forlag, 2006, S. 212
Norges Fyr, Fra svenskegrensen til Stad, Bind 1, Birger Björkhaug, Sven Poulsson, Grøndahl & Søn Forlag A.S., Oslo, 1986, S. 128 ff,
Norske Fyr, Nasjonal verneplan for fyrstasjoner, Riksanikvarens rapporter nr. 24 1997, Danckert Monrad-Krohn, Oslo 1997, ISBN 82-7574-018-5, S. 72,