Küstenkultur: Norwegens Leuchtfeuer
„Leuchtturmreise“ entlang der norwegischen Küste
Teil 48
Runde – Herø – Møre og Romsdal
Teil 1 – Die Entwicklung der Leuchtfeuer auf RundeDer Turm von 1935
Das erste Leuchtfeuer auf Runde wurde 1767 von dem Amtmann P. F. Koren aus Kristiansund eingerichtet. Bereits vier Jahre zuvor hatte er ein Gesuch an den König gestellt, ein Leuchtfeuer errichten zu dürfen. Sollte er eine Erlaubnis bekommen und er und seine Erben das Leuchtfeuer für die nächste 40 Jahre betreiben dürfen, erbat er die Erlaubnis von allen das Leuchtfeuer passierenden Schiffen eine Leuchtfeuerabgabe von 4 Schillingen pro Last erheben zu dürfen.
Das Gesuch wurde mit zahlreichen Unterschriften und Nennung von zustimmenden Firmen übersandt, u.a. von Kapitänen aus Kristiansund, Molde und Bergen, und war adressiert an die Deputierten und gewählten Veranwortlichen der „Westindiske og Guinesiske Rente- og General-Toldkammer-Collegium“, also der Zollkammer.
Der Statthalter Benzon fasste die Bedenken 1764 zusammen und kam zu dem Schluss, dass er der Errichtung und dem Betrieb eines Leuchtfeuers nicht zustimmen könne, da es dem Antragsteller lediglich um eigene Vorteile und Publizität gegen würde.
Koren gab jedoch nicht auf. Er verschaffte sich massive Unterstützung und neue Begründungen und war der Auffassung, dass die Einwendungen von Neidern stammen müssen. Zum Schluss reiste er nach Kopenhagen. Sein letztes Gesuch war datiert aus dem Jahr 1766.
Am 24. Januar 1767 erhielt Koren endlich das „Königliche Privileg“, ein Feuer auf Runde zu errichten. Dieses galt für 40 Jahre verbunden mit dem Recht, die vorgeschlagenen 4 Schillinge pro Last der Tragfähigkeit von jedem Schiff zu fordern, das von den Zollämtern in Trondheim, Kristiansund und Molde abgefertigt oder von Bergen nach Archangelsk ausklariert wurde. Nordlandjekter und andere kleine Jekter sollten jedoch von der Abgabe ausgenommen sein.
Hier kann man sehen, um welchen Bootstyp es sich bei einer Jekt handelt:
https://no.wikipedia.org/wiki/JektUm sich ein Grundstück für die Aufstellung eines Feuers zu sichern, kaufte Koren den Hof Guksør auf Runde. Somit hatte er sich auch das erste nötige Brennmaterial, Torf, gesichert. Zugleich hatte er hierdurch auch Arbeitskräfte, die das Feuer beschicken sollten. Die einfache Feuerpfanne wurde auf der westlichsten Höhe der Insel aufgestellt und am 1. September 1767 angezündet.
Hinzu kamen eine kleine Wachstube und später ein kleiner Kohlenschuppen neben dem großen Kohlenschuppen in der Nähe bei Guksørstranda.
Der Preis für die Errichtung des Feuers und des Ankaufs von Guksør gard betrug 527 Reichstaler. Die vier Aufseher auf Guksør waren verpflichtet, den notwendigen Torf für 12 Reichstaler pro Jahr und den Transport der Kohle für 40 Reichstaler pro Jahr zu besorgen. Des Weiteren sollten die Aufseher 70 Reichstaler im Jahr erhalten. Später sollte ein besonderer Aufseher angestellt werden, der dann 100 Reichstaler als Lohn für die Zeit des Betriebs des Feuers bekommen würde.
Die Kohle sollte im nächstgelegenen „Hafen“ angelandet werden. Sie wurde in Tonnen nach Guksørstranda gebracht. Da es aber keinen brauchbaren Bootssteg gab oder auch nur andeutungsweise einen anderen Landeplatzt, wurden die Tonnen am Ufer über Bord geworfen und die Aufpasser mussten die Kohle aus dem Wasser holen, was bei rauer See ein gefährliches Unterfangen war.
Für den richtigen Brand in der Pfanne musste der Torf mit der Steinkohle vermischt werden, denn der Torf alleine brannte nicht hell genug. Da Torf aber verhältnismäßig billig zu bekommen war, konnte man so relativ viel an der Kohle sparen. Der Jahresverbrauch an Kohle soll 120 bis 150 „tønner“ betragen haben, wobei das Gewichtsmaß „tønne“ keineswegs der heutigen Tonne zu 1.000 kg entsprach, sondern wesentlich weniger.
Wie zu erwarten war, gab es Klagen über die Effektivität des „Leuchtfeuers“ und Meldungen über den zeitweisen Ausfall.
Bereits 1769 klagte Koren über die geringe Leuchtfeuerabgabe und bat um Erhöhung sowie die Errichtung eines „Seelichtes“ auf Valderhaug. Jedes passierende Schiff sollte weitere 4 Schillinge pro Last der Tragfähigkeit entrichten. Das Gesuch nahm seinen – schon damals – gewöhnlichen Lauf und der Amtmann war der Ansicht, dass die angeführten Angaben über die Ausgaben für das Feuer wenig glaubwürdig seien. Das Gesuch wurde daher abgelehnt.
Aber Koren reichte ein weiteres Gesuch mit neuen Vorschlägen ein und reiste letztendlich wieder nach Kopenhagen, wo er schließlich am 9. November 1771 per königlichem Dekret die Erlaubnis erhielt, ein Feuer auf Valderhaug zu errichten. Nachdem dieses Feuer in Betrieb ging, durfte er als Leuchtfeuerabgabe 6 Schillinge pro Last der Tragfähigkeit für beide Feuer erheben. Weiter sollten in der Zeit vom 16. August bis 1. April, also die Zeit der Dunkelheit, eines jeden Jahres nun auch Nordlandsjekter 2 Schillinge pro Last und andere Jekter 4 Schillinge entrichten.
Kurz danach wurde beide Feuer in Betrieb genommen.
Koren erhielt im Lauf des Jahres verschiedene scharfe Verwarnungen, dass die Feuer auf Runde nicht hielten was versprochen wurde. Es wurden seitens der Behörde (es war ja noch immer die Zollkammer in Kopenhagen) verschiedene Anhörungen gemacht; sie führten jedoch zu keinem Resultat.
1791 inspizierte ein Kapitän Grove das Feuer und teilte der Admiralität mit, dass aufgrund der Verwendung von geringen Mengen Kohle und größerer Menge Torf, die Kohlenblüse kein richtig gutes Feuerlicht ergab. Daher rügte er Koren, der in Molde wohnte, dass die Feuer nicht mit der notwendigen Aufmerksamkeit betreut würden.
1788 machte Koren sein Testament und verfügte für den Fall, dass das Feuer nach seinem Tod vom Staat übernommen werden sollte, seinen Erben jährlich ein Betrag von 100 Reichstalern für die Miete des Grundstücks, des Feuers und der Gebäude bezahlt werden sollte. Weiter sollte eine jährliche Unterstützung von 15 bis 40 Reichstalern für acht benannte Personen erfolgen.
Koren starb 1793 und der Betrieb des Feuers wurde dem Testamentsvollstrecker für 50 Reichtaler jährlich übertragen. Beide, er als auch der spätere Nachfolger stellten Verbesserung in Aussicht, jedoch blieb es bei den Versprechungen, denn die Klagen setzten sich kontinuierlich fort.
1802 wurden Verhandlungen für die Übertragung des Feuers geführt. Aber da die Erben nunmehr 7.450 Reichstaler Abfindungen für die vorangegangenen 5 Jahre sowie die verlorenen Privilegien forderten, wurden die Verhandlungen abgebrochen. Auch 1806 wurde wieder verhandelt, jedoch ohne Resultat.
1807 wurde Kapitän Fasting nach Sunnmøre entsandt, um die Übernahme des Feuers und den zukünftigen Betrieb zu regeln. Runde Feuer wurde nach einer Schätzung für 400 Reichstaler übernommen. Das „Seelicht“ Valderhaug war dermaßen wertlos eingestuft, so dass keine weitere Schätzung stattfand.
Die Erben von Koren sollten, wie im Testament bestimmt, zunächst 100 Reichstaler als jährliche Miete für das Grundstück erhalten. Stattdessen wurde entschieden, vier der ursprünglich 8 benannten Personen jährlich, wie im Testament bestimmt, zu unterstützen.
Die Leuchtfeuerabgaben betrugen zwischen 1800 und 1805 jährlich durchschnittlich 1.484 Reichstaler, die Ausgaben lagen jedoch in jedem Jahr 900 Reichstaler darüber.
Der Postmeister Randulff aus Borgensund wurde als Inspektor für beide Feuer mit einem Jahreslohn von 350 Reichstalern angestellt, ein erheblicher Betrag gegenüber dem Einkommen von 130 Reichstalern als Postmeister.
Drei Pächter auf Guksør wurden als Aufseher für die Leuchtfeuer für 77 Reichstaler Lohn angestellt. Der Aufseher auf Valderhaug erhielt 90 Reichstaler Lohn im Jahr; hierin waren aber die Pacht für das Grundstück und die Ausgaben für das Feuer eingeschlossen. Diese Anordnung blieb gültig bis zur endgültigen Übernahme durch die öffentliche Hand am 10. Juli 1807 per königlichem Dekret.
Die Inspektoren erhielten nun eine längere Einweisung und wurden über eine straffere Beaufsichtigung über die Aufsicht über die Leuchtfeuer unterrichtet.
Runde erhielt eine neue Wachstube und die anderen Häuser wurden repariert.
Kapitän Fasting unterbreitete den Vorschlag, das Feuer auf dem niedrigen Hügel auf Kvalneset zu versetzen, 97 Fuß über dem Meeresspiegel. Er schlug vor, dass ein Kohlenblüsenfeuer mit einem Wohnhaus für den Inspektor gebaut werden sollte.
Zwischenzeitlich brach im Herbst 1807 jedoch der Krieg aus und so blieben die Pläne liegen.
Erst 1815 wurden die Feuerpfanne, die Wachstube und das Kohlenlager auf den niedriger liegenden Platz auf Kvalneset gebracht, wie von Kapitän Fasting vorgeschlagen. Für den Transport des Torfs vom Berg herunter wurde eine 230 Ellen (144 m) lange Holzbahn gebaut.
Als jährliche Pacht für den Grund auf Kvalneset erhielten Korens Erben 35 Speziestaler zusammen mit der vorher festgesetzten Pacht von 100 Reichstalern, später umgerechnet 460 Kronen, Jahr für Jahr.
1818 wurde gemeldet, dass ein Aufseher seine Aufsichtspflichten nicht erfüllt hatte. In einer nachfolgenden Gerichtsverhandlung verlor der Aufpasser 1824 seine Anstellung.
1825 wurde das Feuer umgebaut in eine geschlossene Kohlenblüse. Ein 7,5 m hoher Turm wurde aus Granitsteinen errichtet mit einem Licht auf der Spitze. Daneben wurden das Inspektorenhaus, ein Nebengebäude und ein Kohlenhaus gebaut, alles aus Granitstein. Im Herbst 1826 wurde es in Betrieb genommen.
Ein neuer Feuerinspektor wurde angestellt für 480 Speziestaler jährlich und mit der Verpflichtung zwei Aufpasser einzustellen, die den Inspektor 45 Speziestaler jährlich kosteten. Daneben erhielt der Inspektor 100 Speziestaler jährlich für den Transport der Kohle vom mittlerweile gebauten Landungssteg zum Feuer sowie für das Besorgen des Torfs als auch die Instandhaltung des Landungssteges und des Weges.
Aber selbst nach diesen Verbesserungen am Leuchtfeuer kamen regelmäßig Klagen über das schlechte Licht. Die Leuchtfeuerkommission untersuchte die Angelegenheit umfänglich. Sie kam zu der Auffassung, dass die weniger gute Lösung wohl teilweise daher kam, dass das Leuchtfeuer auf der Rückseite des davorliegenden hohen Bergs aufgestellt war. Der hohe Bergrücken bewirkte, dass der Wind das Feuer in seiner Wirksamkeit oft beeinträchtigte, wenn er vom Berg herunterwehte.
In den Budgetjahren 1854/1857 wurden schließlich 51.400 Speziestaler für den Bau des (nunmehr) alten Leuchtfeuers Runde bewilligt. Aufgrund der Einstellung der Feuerkommission wurde Kvalen als Bauplatz gegenüber dem bisher niedrigeren Platz gewählt. Es wurde ein 27 m hoher Gusseisenturm gebaut, der das Leuchtfeuer auf die erforderliche Höhe bringen würde.
Für das neue Leuchtfeuer wurde ein Linsenapparat mit einer Linse 1. Ordnung angeschafft. Das neue Leuchtfeuer wurde 1858 in Betrieb genommen und das letzte Kohlenblüsenfeuer der Welt wurde eingestellt.
Da Svinøy in Stadhavet 1905 als Küstenfeuer in Betrieb ging, wurde Runde Leuchtfeuer nun als Ansteuerungsfeuer geführt.
1910 wurde das Leuchtfeuer verändert und verstärkt sowie etwas versetzt. Es wurde ein neues und sehr großes Licht installiert. Der alte Linsenapparat war noch in gutem Zustand und wurde behalten, ebenso die Klipp- und farbigen Sektoren sowie der Petroleumglühstrumpf. Um Platz für das neue, große Licht zu bekommen, wurde der obere Teil des Turms abgebaut und nach Sklinna Leuchtfeuer gebracht. Die Veränderungen kosteten 19.500 Kronen.
Durch die Vergrößerung der Fischereiflotte wurde wiederum ein stärkeres Licht, d.h. eine größere Tragweite von Runde notwendig. 1935 wurden für die Elektrifizierung 50.000 Kronen bewilligt.
Links der 1935 gebaute Turm, rechts die Reste des Gusseisenturms von 1858
Da man Platz für ein Maschinenhaus benötigte, wurde der alte Steinturm des Kohlenblüsenfeuers gesprengt. Das Maschinenhaus aus Beton wurde gebaut und auf diesem ein niedriges Feuerhaus aufgesetzt.
Der Rest des alten Gusseisenturms blieb stehen.
Viele weitere Verbesserungen wurden ausgeführt, so z.B. ein großer Betonwassertank, so dass die Trinkwasserversorgung auch gelöst wurde. Ebenso wurde ein neuer Landungssteg gebaut und Telefon installiert.
Wohnhaus und Nebengebäude liegen etwas unterhalb des Leuchtturms. Der Turm und die dazugehörigen Wirtschaftsgebäude stehen seit 2001 unter Denkmalschutz. Das Leuchtfeuer wurde 2002 automatisiert.
Heute können die Gebäude als Touristenunterkunft genutzt werden.
Hinzuzufügen bleibt, dass der Leuchtturm in der Nähe des Rundebranden liegt, Norwegens südlichstem Vogelfelsen. Das Gebiet dort steht unter Naturschutz.
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Runde Teil 2 – Die Leuchtfeuerbauarbeiter – «Sea Navvies»Mit dem Bau des geschlossenen Kohlenblüsefeuers 1825 auf Runde begann eine Entwicklung in der norwegischen Leuchtfeuerverwaltung, die Jahrzehnte anhalten sollte. Für diesen Bau „heuerte“ die Verwaltung eine Gruppe von Männern an. Sie kamen aus Dalsfjord in Volda südlich von Ålesund. Offensichtlich machten diese Männer einen sehr guten Eindruck auf die Verwaltung, insbesondere ein Mann namens Ole Gammelsen Mork. Als die Verwaltung wiederum Männer brauchte, um weitere Leuchtfeuer und auch zahlreiche Baken zu bauen, nahm man Verbindung mit Mork auf und fragte ihn, ob er als Vormann arbeiten würde und eine Gang von Arbeitern mitbringen könnte.
Dies war der Beginn der aufwändigsten Bauarbeiten der Leuchtfeuerverwaltung. Die Männer kamen aus Sunnmøre und brachten von nun an ihre Söhne, Nachbarn und Freunde mit. Die Arbeiten vererbten sich von Generation zu Generation und die Gangs waren eine feste geschlossen Gemeinschaft.
Sie lebten die ganze Saison, während der gebaut werden konnte, am Bauplatz in Baracken, die nach Fertigstellung zum nächsten Bauplatz gebracht werden konnten. Wie schon zuvor beschrieben, hatten sie lange Arbeitszeiten und waren auch zu Überstunden verpflichtet. Andererseits sorgte die Verwaltung dafür, dass die Arbeiter jeden Tag eine warme Mahlzeit bekamen.
Besonders der Feuerinspektor Schive sah die Notwendigkeit, dass die Arbeiter an die Verwaltung gebunden werden sollten, da die lokalen Arbeitskräfte oft nicht das notwendige Wissen und Können der mittlerweile eingeübten Bauarbeiter hatten.
Für jede Arbeit gab es inzwischen Spezialisten. Zunächst waren es die Steinarbeiter aus Sunnmøre. Diese wurden ergänzt durch Zimmerleute vom Nordfjord, Tischler von Christiania und Schmiede aus Porsgrunn. Eine solche Gang von Leuchtfeuerbauarbeitern konnte bis über 100 Mann betragen.
Wer Norwegisch lesen kann, dem sei das Kapitel „Formenn og arbeidsstokk“ in dem Buch Norges Fyrvesen, Fyr-, Merke- og Ringevesenet gjennom 250 år, C. F. Rohde, Steenske Forlag Olso, 1941, S. 289 ff empfohlen.
Es kann hier aus dem Internet geladen werden:
https://www.nb.no/nbsok/nb/df5310ab4897 ... ?lang=no#0-
Quellen:
Finn et fyr, Eli Johanne Ellingsve, Tapir Akademisk Forlag, Trondheim 2007, S.171
Fyrene - kystens katedraler, Knut Baar Kristoffersen, Rune Nylund Larsen, Skagerrak Forlag, Sandefjord 2006, S. 152 ff.,
Norske fyr - ei reise langs kysten, Ove Arne Olderkjær, Det Norske Samlaget, Oslo 2004, S. 70 ff.,
Norske fyr, Nasjonal verneplan for fyrstasjoner, Riksantikvarens rapporter nr. 24, Oslo 1997, S. 98
Norges Fyrvesen, Fyr-, Merke- og Ringevesenet gjennom 250 år, C. F. Rohde, Steenske Forlag Olso, 1941
https://de.wikipedia.org/wiki/Runde_fyrhttps://digitaltmuseum.no/011085443367/runde-fyrstasjon