Back Roads

Eure Berichte von Reisen in Norwegen, Wander- und Bergtouren, Hurtigrutenfahrten oder Spezialtouren

Back Roads

Beitragvon Kumulus » Fr, 11. Sep 2020, 20:25

Back Roads

Es gibt Viren, gegen die kann man sich – so gut es geht – schützen. Es gibt solche, gegen die gibt es Impfstoffe oder Medikamente. Und es gibt auch solche, gegen die ist kein Kraut gewachsen. Der Norwegen-Virus ist für mich das beste Beispiel für diese Kategorie.

Um meine Infektion mit diesem Virus zu pflegen, habe ich Anfang August diesen Jahres meine Alltagsmaske, Einmalhandschuhe und Desinfektionsmittel eingepackt und bin kurzentschlossen für eine Woche in Südnorwegen gereist. Alles mit meinem Mini-Camper, den viele von den Norwegenfreunden bereits aus meiner Reise im vergangenen Jahr kennen gelernt haben.

Leider hatte ich nur eine Woche Zeit – und ich stand vor der Frage, fahren oder nicht fahren? Aber ich musste nicht würfeln oder „Schnick-Schnack-Schnuck“ spielen, denn das Ergebnis stand für mich eigentlich von vornherein fest: „Lieber nur kurz fahren als gar nicht fahren“.

Für die Fahrt hatte ich mir vorgenommen, vorwiegend Nebenstraßen zu nutzen und vor allem, all die Schönheiten und Sehenswürdigkeiten aufzusuchen, zu denen ich – aus welchen Gründen auch immer – auf meinen bisherigen Reisen nicht gekommen war. Die Fahrt über den Gamle Haukelivegen war zum Beispiel eine „Herausforderung“, die ich in diesem Jahr meistern wollte. Aber fangen wir erst einmal an:

Anreise

Sonnabend, 01. August 2020 – ein perfekter Sommertag und Hauptreisezeit. Dänemark hatte (unter bestimmten Auflagen) ihre Grenzen wieder geöffnet und Schleswig-Holsteiner konnten auch ohne einen Nachweis von Übernachtungsstationen wieder einreisen. Und auch Norwegen hatte seine Quarantänebestimmungen für nahezu alle Mitgliedsstaaten des Schenkenraumes gelockert.

Am Mittag machte ich mich auf den Weg nach Norden. Die Fahrt nach Hirtshals ist für mich eine gewohnte Strecke und unspektakulär; nur einmal im Ort links herum und später noch einmal rechts auf die Autobahn. Danach geht es immer nur geradeaus. Also alles entspannt zu meistern.

Doch dieses Mal war alles anders; ein Stau am Rendsburger Kreuz bis hinter der Rader Hochbrücke über den Nord-Ostsee-Kanal und später noch mal 8 Kilometer Stau vor dem Grenzübergang Ellund nach Dänemark.
Also: Nebenstraße fahren – d. h. in meinem Fall die B77 / B 76 bzw. ab Schleswig die Landesstraße 317 bis zur B 200 kurz vor Flensburg und weiter bis zum Grenzübergang Kruså/Kupfermühle. Anschließend geht’s in Richtung Apenrade. Auch das klingt nach einer relativ entspannten Strecke – war es auch und zudem viel schöner als auf der Autobahn. Zudem entspricht dies dem diesjährigen „Motto“ meiner Kurzreise, nämlich „Back Roads“ (Nebenstraßen).

Circa 3 Kilometer vor der Grenze kam dann der erwartete und im Verkehrsfunk angekündigte Stillstand. Immerhin nur 3 Kilometer und nicht 8, wie auf der Autobahn und am Grenzübergang Ellund.
Die Fahrspuren verjüngen sich von drei auf zwei und später dann auf eine Spur. So etwas hemmt natürlich den Verkehrsfluss. Dabei ist es kein Wunder, dass ich für diese drei Kilometer vom Stauende bis zu Grenze knapp 1 Stunde benötige.

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Am Grenzübergang ging es indes sehr zügig – der dänische Zöllner hat alle Autos nur durch gewunken. Also keine Kontrollen, keine Fragen „woher“ und „wohin“ und auch keine Belehrungen.

Kurz hinter dem Grenzübergang wird man automatisch von der Landstraße wieder auf die Autobahn E 45 geführt. Hier ist es weiterhin sehr voll. Die ersten Rastplätze nach dem Grenzübergang waren extrem überlaufen. Für mich hieß es „schnell weiter“. Zeit, Ruhe und ausreichend Platz (auch für die Einhaltung von Abstandsregeln) hatte ich dann etwas später.

Das Verkehrsaufkommen blieb hoch – so war es schließlich nicht verwunderlich, dass ich für die Strecke bis Hirtshals über 6 ½ Stunden brauchte; gut zwei Stunden mehr als üblich.

Mein Ziel für die Nacht vor der Überfahrt ist Kjul Strand Camping, etwa sechs Kilometer vom Color Line Terminal entfernt. Der Campingplatz ist kurz an der Lilleheden Dünenplantage gelegen und bietet viel Platz auf meist parzellierten Stellplätzen. Zum Strand sind es nur wenige Minuten bzw. etwa 400 Meter. Zugang zum Platz und zu den sanitären Anlagen erfolgt über eine Chipkarte, auf der dann auch die Einheiten für die Dusche abgerechnet werden.

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Insgesamt macht der Campingplatz einen brauchbaren Eindruck; alles etwas „vintage“ um nicht zu sagen „in die Jahre gekommen“, aber sauber und gepflegt. Für eine Nacht vor der Fähre kann ich diesen Platz akzeptieren und auch empfehlen.

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Den Abend verbringe ich am Camper, grille etwas zum Essen und mache später noch einen kleinen Spaziergang zum und am Strand.

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Der Strand ist schön und erinnert mich an die befahrbaren Nordseestrände auf Rømø oder in Vejers; sehr breit mit einladender Dünenlandschaft und Möglichkeiten für einen erlebnisreichen Badetag. Das nutzen natürlich viele Tagesgäste, um mit ihren Autos und Wohnmobilen direkt an den Strand zu fahren. Etliche Schilder an der Einfahrt zum Strand weisen jedoch darauf hin, dass hier ein Campen oder Übernachten verboten ist. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass das sehr teuer werden kann, wenn man diese Gebote/Verbote ignoriert.

Am Abend und auch in der Nacht ist der Campingplatz sehr ruhig; trotz Hochsaison ist wenig los. „Corona bedingt“??? Ich weiß es nicht.

1. Tag – 02. August 2020

In der Nacht fing es an, leicht zu regnen. Das bleibt auch den ganzen Vormittag so. Die neue Markise an meinem Caddy macht sich echt bezahlt! Ich kann im Freien frühstücken.

Anschließend Duschen und aufräumen, Geschirr abwaschen und noch einmal Kaffee kochen für später.
Gegen 10:30 Uhr verabschiede ich mich von dem Campingplatz und zahle 174 DKK (Stellplatz, 1 Erw., Strom und Dusche); umgerechnet sind das rund 23,80 €. Geht ja noch!

Schnell noch den Tank auffüllen; wer weiß, wie teuer der Kraftstoff in Norwegen ist. Aber mit rd. 1,30 €/L komme ich in Dänemark auf nicht besonders günstig aus der Nummer. Egal – jetzt habe ich erst einmal Kraftstoff für knapp 1.000 Kilometer.

Der Check-Inn am Fährterminal der Color Line geht sehr zügig; Bordkarte, Zettel mit einem großen „K“ für die Windschutzscheibe und natürlich schriftliche Hinweise wegen Covid 19. Ein Mund-Nasen-Schutz wird nirgends erwartet.

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Pünktlich eine Stunde vor der Abfahrt läuft die Superspeed ein. Nun heißt es, noch eine Weile warten, bis man mit seinem Fahrzeug an der Reihe ist, in den Bauch des Schiffes zu fahren.
Auch das Boarding erfolgt mit der gewohnten Präzision und geht sehr schnell. Dabei habe ich Glück und muss nicht auf die Rampe zum PKW-Deck, sondern fahre in den Bauch zu den Wohnmobilen und Lastkraftwagen.

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Danach zügig ins Büfett-Restaurant „Catch me if you can“ auf Deck 8. Ich hatte reserviert und bekomme gleich einen Tisch zugewiesen. Die Hygienestandards sind hoch; die Regelungen werden sehr ernst genommen. Das fängt bei den Abständen zwischen den Tischen und Plätzen an und endet bei fortlaufender Desinfektion aller Geräte und Automaten. Desinfektionsspender, Richtungspfeile auf dem Boden, Abstandsgebote und Einmalhandschuhe sind selbstverständlich. Erleichtert wird die Einhaltung durch die Tatsache, dass nur ca. ¼ aller Plätze besetzt sind.

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Das Büfett ist gewohnt gut; kalte und warme Speisen, Fleisch, Fisch, Schalentiere, Geflügel, Gemüse und Salate in vielen Variationen. Dazu ein sehr gutes Nachspeisebüfett. Für jeden ist etwas dabei und noch in guter Qualität. Für meine 30 € nehme ich die Color Line wörtlich „Catch me if you can“!!

Nach dem Essen wechsele ich den Platz in Richtung Panorama-Fenster, um noch etwas von Meer und der Überfahrt zu sehen. Das war vorher nicht so gut möglich und der Restaurantplatz steht mir während der gesamten Überfahrt zur Verfügung.

Ein kurzer Rundgang im Duty-free-Shop zeigt mir spätere, dass sich ein Kauf für Deutsche kaum lohnt. Das mag für die Skandinavier anders sein; für deutsche Verhältnisse ist hier an Bord alles mindestens so teuer, wie zu Hause.

Überpünktlich legt die Superspeed in Kristiansand an. Ca. 15 Minuten zuvor werden die Passagiere in Abständen zu den einzelnen Autodecks gebeten. Damit gibt es kein Gedränge in den Treppenabgängen und ein gewisser Sicherheitsabstand kann einigermaßen eingehalten werden.

Das Ausschiffen geht für mich superschnell. Ich stehe mit meinem Camper in der mittleren Spur, die zuerst von Bord gewunken wird, bevor es links und rechts weiter geht. So bin ich auch schnell aus dem Hafenbereich, durch den Zoll und auf dem Riksveien 9 in Richtung Evje – eine mir sehr vertraute Strecke. Und in den letzten Jahren hat sich hier nichts verändert.

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Sonntagnachmittag im Zentrum von Evje ist nicht viel los; zwei Supermärkte haben geöffnet aber die Leute drängeln sich um die wenigen Plätze bei einem Imbiss und einer Hamburger-Station. Neu scheint mir ein thailändisches Restaurant am Marktplatz. Auch hier sind alle Tische besetzt, wie ich erkennen kann. Ansonsten ist in dem Ort „tote Hose“!

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Ich hole schnell ein paar norwegische Kronen am Minibank-Automaten und mache mich weiter auf den Weg in Richtung Haukeli/Hovden. Immer entlang der Otra und dem Byglandsfjord durch das wunderschöne Setesdal. Dabei ist ein kurzer Besuch am Syrveitfossen für mich selbstverständlich!

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Mein heutiges Etappenziel ist der Flateland Campingplatz, schön an der Otra gelegen und mit von den Besuchen 2012 und 2019 einigermaßen vertraut. Ich finde einen schönen Platz am Fluss und genieße den Abend, nachdem es zum Abend hin aufhört zu regnen.

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Fortsetzung folgt
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Re: Back Roads

Beitragvon Fjellpolo » Fr, 11. Sep 2020, 21:02

Schön, der erste Reisebericht dieses Sommers! :D
Bei den schönen Bildern umd dem netten Beginn bekomme ich richtig Sehnsucht!!! So schade, dass wir in diesem Jahr wegen Corona nicht fahren könnten, aber wir konnten unseren Urlaub leider nicht um 3 Wochen verschieben, wo die Infektionszahlen niedrig und die Grenzen offen waren... Gerade bekomme ich Norwegenvirus...
Die Markise sieht übrigens klasse aus, es war bestimmt herrlich, darunter am Fluss zu sitzen!

Herzlichen Gruß, Claudia
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Re: Back Roads

Beitragvon Kumulus » Fr, 11. Sep 2020, 21:28

Fjellpolo hat geschrieben:Die Markise sieht übrigens klasse aus, es war bestimmt herrlich, darunter am Fluss zu sitzen!


Danke Claudia

Die Markise war die beste Investition in meinem Caddy, die ich mir gegönnt habe. Egal ob zuviel Sonne oder zuviel Regen - das Ding ist immer perfekt zur Stelle.

Schönen Abend
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Re: Back Roads

Beitragvon Ronald » Sa, 12. Sep 2020, 9:59

Moin, Martin,
habe erst jetzt Deinen Bericht gesehen und gelesen.
Danke dafür. Wird bestimmt wieder interessant!
Schönes Wochenende.
Gruß
Ronald
-----------
Man kann sich jeden Tag ärgern, aber man ist nicht verpflichtet dazu!
Ronald
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Re: Back Roads

Beitragvon Heidrun » Sa, 12. Sep 2020, 11:23

Das fängt ja gut an! :D Ich freue mich schon auf die Fortsetzung, denn ich habe dieses Jahr auch ganz doll Norwegen - Virus, weil ich wegen der Umstände nicht gefahren bin.
Herzliche Grüße, Heidrun
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Re: Back Roads

Beitragvon Voronwe » Sa, 12. Sep 2020, 11:43

Oh, eine Reisebericht, sehr schön. Da bin ich doch gerne dabei.
Und auch interessant mit den ganzen Corona-spezifischen Beschreibungen. Das sollte man jetzt durchaus notieren, in 10-20 Jahren ist das dann wieder interessant zu lesen.

Als Schleswig-Holsteiner fällt Dir die Entscheidung doch mal "spontan" nach Norwegen zu fahren doch einfacher als mir, der erst noch fast durch ganz Deutschland fahren muß.

Fjellpolo hat geschrieben:Die Markise sieht übrigens klasse aus, es war bestimmt herrlich, darunter am Fluss zu sitzen!


Ich hab tatsächlich zuerst "die Maske" gelesen und gedacht "Ich hab doch gar kein Foto mit Maske gesehen"
Soweit ist es jetzt schon :roll: :D
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Re: Back Roads

Beitragvon Julindi » Sa, 12. Sep 2020, 12:25

Ach wie schön - ein Reisebericht von dir mit vielen schönen Fotos :D :D
Ich freue mich sehr auf‘s Weiterfahren!! Bin gespannt wo es dich hin verschlägt.
Dann kann ich mir mit der Aufarbeitung meines Berichts noch Zeit lassen :D
Reiseberichte mit Fotos auf http://www.ju-cara.jimdo.com
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Re: Back Roads

Beitragvon Kumulus » Sa, 12. Sep 2020, 12:54

Danke für das freundliche Feedback. Demnächst geht's weiter.


Julindi hat geschrieben:Dann kann ich mir mit der Aufarbeitung meines Berichts noch Zeit lassen :D


Aber bitte nicht allzu lange - ich freue mich nämlich immer über deine Berichte. Und ich war ja nur eine Woche in Norwegen.
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Re: Back Roads

Beitragvon Kumulus » Sa, 12. Sep 2020, 19:50

2. Tag – 03. August 2020

Ich hätte mir nie träumen lassen, dass Norwegen im Hochsommer so kalt sein kann! Dick im Schlafsack eingepackt habe ich die Nacht gefroren; bis ich später dann die Standheizung angemacht habe.

Der Morgen ist wolkig, bleibt aber kalt durch einen fiesen Wind. Ich gehe alles in Ruhe an, suche gleich meine Wandersachen raus und packe schon mal den Rucksack. Trotz dieser Ruhe bin ich bereits um 09:15 Uhr am Wanderparkplatz zum Gloppefossen, der mit seinen rund 230 Metern der höchste Wasserfall im Setesdal ist. Oft hatte ich bereits von ihm gelesen. Und an dieser Ausgangsstelle bin ich mehrfach vorbei gefahren. Deshalb wollte ich es heute einmal angehen und den „Aufstieg“ wagen.

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Der Parkplatz liegt direkt am RV 9. Von dort geht es den ersten von insgesamt drei Kilometern auf einem Schotterweg, der in einer Wendeschleife für die Waldfahrzeuge endet. Jetzt geht es wieder über „Stock & Stein“ immer weiter bergauf und immer entlang eines wilden Flusslaufes, dem Veiåni. Eine traumhaft schöne Strecke, die man auf dem Weg zum Wasserfall zweimal über eine Brücke und einmal über flache Steine, die in das Flussbett gelegt wurden, überquert.

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Die Wanderung ist sehr schön und nicht besonders fordernd. Die letzten 500 Meter gehen aber etwas steil an, aber auch das ist gut zu bewältigen, zumal der Boden trocken und somit nicht rutschig ist.
Nach 50 Minuten sehe ich den Gloppefossen in seiner ganzen Pracht vor mir. Allerdings lasse ich die letzten 150 Meter sein; die Tanzeinlage auf den Steinen im Wasser erspare ich mir. Ich bin nicht schwindelfrei und somit auch nicht besonders trittsicher. Außerdem hätte ich keine Hilfe dabei, falls ich schließlich doch ins Wasser fallen sollte.

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Auf dem Weg zurück kommt mir eine Familie mit kleineren Kindern entgegen; „für die ist diese Wanderung wie gemacht“ denke ich und bin nach weiteren 40 Minuten zurück am Parkplatz. Meine Wander-App zeigt mir 5,8 Kilometer in 1 Std. 35 Minuten. Dabei waren 117 Höhenmeter zu überwinden.

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Ein kleines Stückchen weiter in Richtung Norden mache ich einen kurzen Boxenstopp an den Byklestigen; Norwegens älteste Passüberquerung aus dem späten 18. Jahrhundert.

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Was damals dramatisch und anstrengend gewesen sein muss, sieht heute durch Holztreppen mit Geländer unspektakulär aus. Aber eine Skizze auf einer Infotafel zeigt, wie mühsam der Weg damals gewesen sein muss.

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Weiter geht’s in Richtung Haukeli und Odda. Eine sensationell schöne Strecke entlang der Otra und später am Rand der Hardangervidda. Doch ehe ich mich an diese teilweise schnurgerade Strecke gewöhnt habe geht es auch schon in steilen Serpentinen hinunter nach Haukeli. Hier gibt es einen kleinen Kaufmann, ein Souvenirzelt mit angeblichen Sami-Artikeln und einen kleinen Campingplatz. Das zieht die Menschen scheinbar an; auf alle Fälle ist es hier sehr belebt.

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Ich fahre aber gleich weiter, muss aber nach wenigen 100 Metern wieder halten, um den Vadfoss zu bestaunen, der mit aller Kraft in die Tiefe stürzt. Ein beeindruckender Anblick, den man bei Google StreetView vergeblich sucht, denn der Wasserfall ist reguliert.

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Auf meiner diesjährigen Kurzreise wollte ich auch all die Dinge nachholen, zu denen ich – aus welchen Gründen auch immer – nicht gekommen bin. Der „Gamle Haukelivegen“ und der „Dyrdalvegen“, zwei Pässe über die Hardangervidda sind nur zwei Beispiele, aber echte Herausforderungen. Denn dabei handelt es sich um die alten Streckenführungen über den Haukelipass, die im letzten Jahrhundert Blut, Schweiß und Tränen gekostet haben. Beide Straßenabschnitte sind spektakulär und verschaffen einem Ehrfurcht bevor man auch nur einen Meter darauf gefahren ist. Schöne Bilder und Informationen findet man bei Gisela Teply auf ihrer Homepage https://norwegenfee.jimdofree.com

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In der Erkenntnis, welche Besonderheiten diese Wegstrecken haben, überlege ich noch eine Sekunde, ob ich soll oder nicht, komme aber gar nicht zu der Möglichkeit einer Entscheidung, weil sie mir von der staatlichen Verkehrsbehörde abgenommen wird. Sowohl der Vågslidtunnelen als auch der spätere Haukelitunnelen sind wegen Modernisierungsarbeiten seit 15. Juni 2020 (bis 15. Oktober 2020) gesperrt. Deshalb wird der Verkehr einspurig in Kolonnen über den Haukelipass und anschließend über den Dyrdalspass geführt.

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Beide Strecken sind traumhaft schön und eröffnen den Blick in eine völlig andere Bergwelt. Ich bin begeistert, bedauere aber, dass ich wegen der Fahrt in einer Kolonne nicht anhalten kann/darf. Das hätte sich an der einen oder anderen Stelle dieser atemberaubend schönen Strecken sicherlich gelohnt.

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Dazwischen gibt es eine kleine Stärkung in den Haukeliseter Fjellstue mit Kaffee und Kanehlbøller.


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Am Låtefossen ist erwartungsgemäß einiges los; ich glaube, er ist, nach dem Vøringfossen in Eidfjord, einer der am meisten fotografierte Wasserfall in Norwegen.

Mir fällt auf, dass der kleine Parkplatz an der Straße nicht übervoll ist, wie ich es aus Besuchen in früheren Jahren erlebt habe. Vermutlich ist auch das ein sichtbares Zeichen der Corona-Krise, die die Touristenscharen vom Reisen abhält.

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Ich gehe auf der Straße am Wasserfall vorbei, werde dabei natürlich durch die Gischt etwas nass, und steige die kleinen Serpentinen hinauf, an deren Ende ein ganz anderer Blick auf den 165 Meter hohen Låtefossen möglich ist. Hier oben sieht man auch noch die Reste der Grundmauern eines alten Hotels, das hier im 19. Jahrhundert gestanden hat.

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Sehr schön von hier oben ist auch der Blick auf den Espelandfossen, der nur wenige Meter entfernt an der Hauptstraße liegt.


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Auf alle Fälle ist damit ein weiterer Punkt auf meiner „To-do-Liste“ abgehakt, denn von hier oben wollte ich den Låtefossen bereits vor Jahren bestaunen.

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Bei der Einfahrt nach Odda überlege ich kurz, ob und was ich noch kaufen müsste? Aber ich habe alles Wichtige an Bord – Bier, Wein, Wasser, Kaffee, Brot und Aufschnitt – und so aufregend anders sind norwegische Supermärkte auch nicht. Deshalb fahre ich gleich weiter in Richtung Utne und Jondal.

Der Folgefonnatunnel kommt mir mit seinen 11 Kilometern sehr lang vor; na ja, ist er ja auch. Es folgt eine kurze Fjordfahrt und dann ist Stillstand vor dem Jondaltunnel. Die Ampel zeigt „rot“ und die Durchfahrt ist gesperrt.

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Ich habe, wie auch alle anderen, die jetzt warten müssen, natürlich keine Ahnung was passiert ist und wie lange diese Wartezeit noch dauert. Nach 30 Minuten entscheide ich mich umzudrehen und zurück durch den Folgefonnatunnel zu fahren. Danach aber nicht zurück nach Odda sondern entlang der nationalen Touristenroute „Hardanger“ nach Utne und dort weiter zum Lothe Camping.

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Trotz strömenden Regen ist die Strecke traumhaft und ich freue mich über meinen Entschluss, diese Alternative gefahren zu sein.

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Der Fv 550 zieht sich mächtig. Meist nur einspurig ist an ein schnelles Fortkommen nicht zu denken. Das ist sicher auch der Sinn und Zweck für eine Fahrt auf dieser nationalen Touristenstraße – Zeit für die phantastische Landschaft zu haben.

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Lothe Camping ist schön am Hardangerfjord gelegen und bietet einen guten Service; sogar das Wifi funktioniert einwandfrei auf dem gesamten Gelände. Das erlebe ich nicht so oft.

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Re: Back Roads

Beitragvon syltetoy » Sa, 12. Sep 2020, 20:02

Es ist schön deiner Tour zu folgen .....freue mich auf die Fortsetzung.
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Re: Back Roads

Beitragvon Gudrun » So, 13. Sep 2020, 8:56

Ah, sehr schön. Vielen Dank dafür, dass wir wieder mitfahren dürfen.

Noch mal zur Markise: Ist das ein fertiges Zusatzteil oder "gebastelt"?

Grüße Gudrun
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Re: Back Roads

Beitragvon Kumulus » So, 13. Sep 2020, 9:05

Gudrun hat geschrieben:Noch mal zur Markise: Ist das ein fertiges Zusatzteil oder "gebastelt"?



Das ist die "Fiamma F35pro"; gibt es in Titanium silberfarben und in Deep black
Länge: 2,50 m
Auszug: 2,25 m
Höhe vorne: bis 2,25 m

Details bitte per PN

Schönen Sonntag
Martin
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Re: Back Roads

Beitragvon Canadier » So, 13. Sep 2020, 9:23

Ich hoffe du hast noch nen Platz im Caddy.
Schließ mich da mal der "Reisegesellschaft" an.
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Re: Back Roads

Beitragvon Ronald » So, 13. Sep 2020, 10:07

Moin,
wieder einmal toll geschrieben und fotografiert. Und dabei bekomme ich dann sogar Aussichten, die ich selbst wohl nie so "abwandern" würde. Herzlichen Dank und einen schönen Sonntag wünsche ich Dir.
Gruß
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Re: Back Roads

Beitragvon Julindi » So, 13. Sep 2020, 10:22

Ach ist das schön - an das Setesdal habe ich auch schöne Erinnerungen. Die kleine Wanderung zum Gloppefossen muss ich mir merken, das kann man offensichtlich auch gut Mit Kindern machen :D
Dir ging es genauso wie mir: ich wollte immer schon mal über das Haukelfjell (und irgendwie klappte es nie) und wurde wegen der Baumaßnahmen dieses Jahr auch schönerweise dazu „gezwungen“ :wink: :D - eben nur schade, dass man nicht anhalten konnte.
Bin gespannt, wo du noch hin fährst :D
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