7. Tag – 11. August 2021 – Mittwoch In der Nacht wurde es richtig kalt. Schön, dass ich meinen kleinen elektrischen Heizofen dabei habe. Mit der Thermostat-gesteuerten Schaltung kann ich die Nacht gut im Warmen verbringen.
Am Morgen sind es mal gerade 6 Grad – ich mag kaum aufstehen. Aber dadurch wird es auch nicht wärmer. Außerdem muss ich wo hin!
Um 08:30 Uhr bin ich wieder mal mit allem fertig; gewaschen, geduscht (so eine heiße Du-sche tut sooo gut), gefrühstückt, abgewaschen und aufgeräumt.
Der Campingplatz ist am Abend noch richtig voll geworden. Das merkt man auch an den Einrichtungen, denn so sauber, wie noch am Nachmittag ist es jetzt nicht mehr. Ich kann aber auch nicht verstehen, warum man seinen eigenen Dreck zum Beispiel in der Küchenspüle nicht wegmacht, wenn man dort abgewaschen hat. Speisereste gehören in den Müllbehälter und nicht in den Ausguss.
Gegen 09:00 Uhr mache ich mich auf den Rückweg aus dieser „Wildnis“ bzw. bizarren Welt! Der Schotterweg ist wirklich sehr herausfordernd. Gut 14 Kilometer lang, davon mindestens 8 Kilometer nur im 2. oder gar 1. Gang zu fahren; und immer schön langsam. Es mag aber auch sein, dass ich zu ängstlich für solche Strecken mit Kurven, Hügel, Serpentinen und „blind hæds“ bin.
Auf alle Fälle bin ich froh, dass es trocken ist. Bei Nässe stelle ich mir diese Schotterpiste noch viel schwieriger vor zu Fahren.
Nach gut 45 Minuten habe ich den Weg geschafft und bin wieder auf der Ringstraße. Mein heutiges Ziel sind die Reynisdrangar-Seespitzen vor der Küste von Vík í Mýrdal. Ich bin schnell da – auf der Ostseite ist niemand außer mir am „Black Beach“, dem schwarzen Sandstrand, entstanden aus der Erosion vulkanischem Gestein.
Beeindruckend sind die drei spitzen Felsnadeln Skessudranger, Landdrangar und Langhamrar, von denen die Höchste 66 Meter misst.
Nach einer isländischen Legende sind die Reynisdrangar-Spitzen die Überreste eines Kampfes zwischen zwei Trollen und einem dreimastigen Schiff. Als das Tageslicht anbrach, verwandelten sich die Trolle zu Stein, das Schiff war mit ihnen für alle Ewigkeit gefangen und formte die berühmte Gruppe von Seespitzen am Reynisfjara Strand.
Auf der Westseite des Strandes und am Hauptbesichtigungspunkt sind Touristen ohne Ende, von denen viele ausprobieren, ob sie den gewaltigen Wellen ausweichen können, ohne sich nasse Füße zu holen. Dabei wird ausdrücklich von der Gefährlichkeit dieser Brandung gewarnt.
Wem das nicht genug ist kann sich auf Youtube gerne mal ein Bild davon machen, wie es aussieht, wenn man seine Füße nicht rechtzeitig aus dem Wasser bekommt.
Ich gehe natürlich auch bis zu den Felsen, bestaune auf dem Rückweg die Basaltsäulen bei einer kleinen Höhle und freue mich über die Papageitaucher, die auch hier noch brüten bzw. sich auf ihre Reise auf den Atlantik vorbereiten.
Schneller als gedacht beende ich meinen Besuch am wunderschönen Reynisfjara Strand, der 1991 noch auf die Liste der TOP TEN der schönsten nicht-karibischen Sandstränden der Welt stand, bleibe aber in der Nähe. Denn ich mache mich sogleich zur westlichen Seite des Black Beaches – den Dyrhólaey-Aussichtspunkt, von dem aus man einen ins Meer rankenden Felsbogen aus Vulkangestein bestaunen kann.
Für meinen Besuch auf dieser kleinen Halbinsel muss ich mich warm anziehen – 12 Grad und es weht „eine steife Brise“ wie der Hamburger sagen würde; Windstärke 5 bis 6, wenn ich einer Wetter-App Glauben schenken soll. Aber das wird sicherlich stimmen, auch wenn die Windböen mich fast aus den Latschen hauen. Besonders oben am Leuchtturm ist es heftig.
Um dorthin zu gelangen muss man wieder seine Kräfte bündeln und 1.500 Meter steil bergan steigen. „Vor dem Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt“, sagte mein Sportlehrer immer – wie Recht er hatte. Denn nicht nur der Leuchtturm ist sehr schön, sondern auch der Blick auf einen traumhaft schönen und kilometerlangen Sandstrand im Westen.
Der Abstieg geht bekanntlich leichter und schneller; nach gut 20 Minuten bin ich wieder am Auto. Vor der Weiterfahrt schnell noch aufs Örtchen, das bei den Besucherströmen alles andere als „still“ ist. Parkplatz und WC-Häuschen scheinen relativ neu zu sein. Auf alle Fälle ist letzteres gut besucht – trotz der 200 ISK „Eintritt“ – zu zahlen in bar oder per Kreditkarte. Ich bin erstaunt.
Der weitere Weg meiner Rundreise führt mich zum Sólheimajökull, einer Gletscherzunge des Mýrdalsjökull. Auch hier Menschen über Menschen – alle wollen zum bzw. auch auf den Gletscher. In Abständen von 10 bis 15 Minuten kommt mir eine Gruppe von „Eisgängern“ entgegen oder überholt mich. Alles Touristen, die unter fachkundiger Leitung eines ortskundigen Scouts aufs Eis wollen. Ausgerüstet mit Helm, Nagelschuhen und Eispickel.
Dieser Gletscher ist für mein Verständnis nicht der Schönste; durch Staub und Asche ist er mehr schwarz als weiß und wirkt damit unansehnlich.
Aber ich spüre ihn deutlich an seiner Kälte, die auch in der Entfernung vom Gletscherrand bis zum Aussichtspunkt wirkt. Dabei erlebe ich das „Lagerfeuer-Phänomen“, dass mein Rücken durch die Sonne warm ist, während meine Vorderseite gut gekühlt wird.
Eigentlich hatte ich vor, auf dem Parkplatz am Gletscher über Nacht zu bleiben. Aber erstens stehen überall Schilder „Camping verboten“ und zweitens ist es mir für ein Nachtquartier noch viel zu früh. Ich fahre nach Vik zurück; der dortige Campingplatz hatte durchschnittliche Bewertungen bekommen.
Vorher noch einkaufen und Auto waschen. Wie in Island üblich gibt es auch hier Waschplätze mit Schlauch und Bürste, um sein Auto von dem Staub der Straßen zu befreien.
Natürlich nutze ich die freie Zeit, um mich in einem Outdoor-Shop und Wollsachen-Geschäft umzuschauen. Aber die Ware bzw. die Isländer-Pullover hau’n mich nicht vom Hocker. Ich finde sie mit rd. 175 € nicht zu teuer, aber von schlechter Qualität. Handgestrickt, aber schlecht vernäht. Da sind Ärger und Enttäuschung vorprogrammiert. Außerdem: Wann würde ich zu Hause einen Islandpullover tragen? Ich habe noch zwei Original „Dale of Norway“ im Schrank, die höchstens auch nur einmal im Jahr in die Freiheit dürfen.
Der Campingplatz ist in Ordnung. Groß und in einzelne Buchten abgeteilt. Leider sind die Stellplätze für die Wohnmobile nur geschottert. Waschhaus und Küche sind relativ neu und machen einen guten Eindruck. Außerdem gibt es freies WLan.
Mein Abendessen nehme ich im Aufenthaltsraum, weil es mir am Auto einfach zu windig und zu kalt ist. Den Gedanken haben anscheinend sehr viele, denn der Raum wird schnell voll und damit auch zu laut (für mich); ich ziehe mich also wieder zurück.