skandinavian-wolf hat geschrieben:Ja Martin, nachdem Du nun so ziemlich alle meiner Ziele im nächsten Jahr abgefahren bist, wunderschön illustriert und kommentiert, kann ich mir die eigene Reise eigentlich sparen!?
Spart Zeit und vor allem viel Geld.
So teuer ist Island nun auch nicht. Kraftstoffpreise sind marginal höher, Lebensmittel auch erschwinglich. Richtig teuer sind Alkohol, Naschies, Restaurants und Hotels.
Mainline hat geschrieben:Wasserfälle liegen Dir offenbar mehr, als die Gravelroads
Gut beobachtet - ich liebe Wasserfälle.
Mainline hat geschrieben:Dein Auto sieht immer so sauber aus, nutzt Du die kostenlosen Waschplätze regelmäßig?
Ja, dafür sind die da.
Mainline hat geschrieben:Ich mache mir jedenfalls beim Lesen deines Berichtes fleißig Notizen und bin gespannt auf die tägliche Fortsetzung.
Deshalb geht es auch gleich weiter !
18. Tag – 22. August 2021 – SonntagIn der Nacht hatte es geregnet und am Morgen war die Wiese natürlich nass. Das mag ich nicht, sind doch von dem hohen Gras gleich die Hosenbeine nass. Aber ich bin tapfer, gehe gleich duschen und frühstücke ausgiebig. Ich bin mittlerweile mit mir selber ein gut eingespieltes Team.
Bevor ich den Ort verlasse muss ich noch mal Tanken (klappt mit EC-Karte problemlos) und mein Auto waschen. Schön dass es dafür kostenlose Waschplätze mit Schlauch und Bürste gibt. Gerade in den Radkästen kam echter Modder zu Tage.
Ich fahre jetzt die 61, die für den weiteren Verlauf der Westfjorde asphaltiert ist. Ein ange-nehmes Fahren. Natürlich gibt es Kurven (reichlich) und auch Steigungen und Senkungen, aber es fährt sich mit Fahrbahnmarkierungen einfach besser und sicherer.
Die Fahrt um die einzelnen „Finger“ der Westfjorde ist gigantisch schön und abwechslungsreich. Obwohl alles irgendwie zusammen passt und gehört, meint man hinter jeder Kurve wieder Neues zu entdecken und eine andere Landschaft vor sich zu haben.
Mal bizarr und wild, dann wieder ruhig und mit weiten Wiesen. Mal nur Fels und Gestein und dann wieder Berghänge mit Sträuchern, kleinen Wasserläufen und Blaubeeren in Hülle und Fülle.
Ich möchte am liebsten alle paar Kilometer anhalten, die Landschaft voll in mich aufnehmen und auch fotografieren. Aber die Straßenverhältnisse lassen das nicht zu. Es gibt so gut wie keine Möglichkeit, ohne eine Behinderung des nachfolgenden Verkehrs einmal am Straßenrand anzuhalten. Allenfalls könnte man ein Parkplatz-Hopping veranstalten, denn Parkplätze gibt es an der 60 bzw. dem Súgandafjarðarvegur viele. Das fällt auf, denn bisher war die Strecke nach Park- und Rastplätzen nicht so gut bestückt.
Kurz vor dem kleinen Ort Ísafjörður fahre ich durch den gut 9 Kilometer langen Vestfjarðagöng. Also Tunnel können die Isländer auch. Sogar mit einem Abzweiger mitten-drin. Ich glaube, so etwas wäre bei uns undenkbar. Fairerweise muss am aber einräumen, dass das Verkehrsaufkommen mit dem in Deutschland nicht mal annähernd zu vergleichen ist.
Ich habe Zeit und fahre zunächst an Ísafjörður vorbei bis nach Bolungarvik zum Leuchtturm Óshólar. Auch er strahlt in seinem leuchtend-orange. Sehr schön. Von dort habe ich eine tolle Aussicht auf den Ort.
Ich überlege noch, ob ich auf das nahegelegene Bolafjall und zu der dortigen Latrar Air Station fahre, aber das Wetter ist dafür zu schlecht. Die Wolken kleben am Berg und es ist sehr diesig; von oben hätte ich also kaum eine nennenswerte Sicht auf die Umgebung. Da kann ich mir die Serpentinen ersparen.
Also wieder zurück und durch den Bolungarvíkurgöng (5,4 Kilometer) weiter nach Ísafjörður. Ich hatte über den kleinen Ort eine Reportage im Fernsehen gesehen und kann mich erinnern, dass ein finanziell gut gestellter Gewerbetreibender viel für seinen Ort tun will, damit er attraktiver wird und bleibt.
Bei meinem Spaziergang durch den Ort kann ich für mich feststellen: Das scheint ihm schon ein Stückchen gelungen. Der Ort wirkt lebendig und hat viele Ideen, von Museum für Unnützes oder eines für den Alltag, von Cafés und Restaurants bis hin zum Terminal für Kreuzfahrer. Und schon liegt eines an der Pier – wenn auch nicht eines von den ganz Großen.
Es macht Spaß durch diesen Ort zu gehen und immer wieder Neues und Interessantes zu entdecken. Natürlich gibt es auch hier ein „gamle Hus“ und Ecken, die verbesserungswürdig sind. Aber das passt dann doch irgendwie in das Gesamtbild eines lebendigen Ortes.
Etwas verstörend ist für mich der Zustand des Friedhofs an der Ísafjarðarkirkja; aber viel-leicht soll das so sein; vielleicht leben die Isländer eine andere Trauer- und Totenkultur.
Ich mag mich von dem kleinen Ort kaum trennen, muss aber doch wieder „on the road“ und weiter auf meine Fahrt in diese grandiose Fjord- und Bergwelt. Hier braucht es keine großen Wasserfälle und keine besonderen Sehenswürdigkeiten. Die Natur selbst ist sehenswert genug. Dabei komme ich an der Arnarneshamar, eine Landspitze am Skutulsfjörður durch die der älteste und kürzeste Tunnel Islands führt.
Ein Stückchen der 61 weiter, in Súðavík, erregen zwei überdimensionale Schwäne mein Interesse. Sie bilden das Eingangsportal eines großen Spielplatzes bzw. Vergnügungspark für Jung und alt; für Kleinkinder bis Senioren. Dazu Tische, Bänke, Grillplätze und-und-und. Toll.
Daneben auch etwas Kunst, die sich mir allerdings nicht so ganz erschließt. Nach einer kurzen Besichtigungsrunde fahre ich schließlich weiter durch diese phantastische Landschaft der Westfjorde.
Auf einem Rastplatz am Skötufjörður, der als bekannter Beobachtungspunkt für Robben auf einer vorgelagerten kleinen Robbenbank sein soll, mache ich meine verspätete Mittagspause. Aber ich kann keine Robben ausmachen.
Dafür habe ich Glück und kann aus einer Selbstbedienungsbox Blaubeermarmelade kaufen. So habe ich gleich ein Mitbringsel für die Daheimgebliebenen.
In Reykjanes besuche ich das „Saltverk“, eine junges Start-Up, das sich der Salzgewinnung mit Geothermik unter verschiedenen Aspekten und Geschmacksrichtungen widmet. Ihre Produkte findet man in Island nahezu in jedem größeren Supermarkt. Und natürlich auch in den besten Restaurants des Landes.
Vor Ort bin ich etwas enttäuscht, hatte ich doch eine ganz andere Vorstellung. Eine kleine „Bude“ mit drei Edelstahlbottichen, an denen ein Mann/Mitarbeiter die Salzlauge hin und her rührt.
Keine Besichtigung, keine Erklärung und der Verkauf besteht im Grunde genommen aus einer Vitrine und einem Regal, auf dem die verschiedenen Produkte angeboten werden. Es ist auch niemand für Fragen dort. Also gehe ich wieder – schade.
Mein nächster Halt findet bei einem „Lost Places“, dem so genannten Arngerðareyri Kastallin oder „the old Castle“ statt. Es ist ein Haus unmittelbar an der Straße 61, das durch seine besondere Architektur auffällt. Im Internet lese ich dazu, dass das Haus 1928 gebaut und 1966 aufgegeben wurde. Es diente in der Region als Geschäft und Poststation, hatte aber auch einen Fähranleger am Fjord. Nachdem das Haus über 40 Jahre leer gestanden hat, soll es angeblich von einem deutschen Ehepaar gekauft worden sein, die es jetzt wieder restaurieren.
Vor Ort sieht man nicht viel von einer Renovierung oder Instandsetzung. Die Fenster scheinen relativ neu zu sein. Und die Zugänge zum Inneren des Gebäudes sind verschlossen. Es gibt Bilder im Internet, da konnte man noch ungehindert hinein. Aber ein Fototermin ist es allemal.
Den Abschluss des Tages bildet das Museum für Magie und Hexerei in Hólmavík. Es ist total interessant, was dort zu diesem Thema alles zusammengetragen wurde.
Man erfährt alles über das Leben der Menschen im 17. Jahrhundert, ihren Geist und ihre Lebensweise. Und man lernt die magischen Zeichen und Buchstaben zu deuten. Dazu gibt es eine Reihe von Geschichten von Trollen, Hexen und Magiern. Und alle Geschichten sind nett dargestellt.
Und nun weiß ich, was es mit der schwarzen Katze auf sich hat und wie ein junger Bursche eine Frau bekommt. Und-und-und.
Es ist erstaunlich, was und wie viel in diesem kleinen Museum zu den Themen Magie und Hexerei in Island zu sehen und zu lesen gibt.
Interessant auch die kleine Holzkirche Hólmavíkurkirkja, die auf einem Hügel über dem Ort liegt.
Scheinbar verhext checke ich auf dem kommunalen Campingplatz am Schwimmbad ein, der außer zwei Toiletten und einem Abwaschplatz im Freien nichts weiter zu bieten hat, und muss hinnehmen, dass die Rabatte für Behinderte und Senioren hier für Ausländer nicht gelten. Ich wusste gar nicht, dass die Isländer „rassistisch“ sind.