Liebe(r) Freund(e), ICH GEHE ZUR STADT
- Na, wie liest denn DU diese vier Wörter?
Wie in .. ICH gehe zur Stadt. Also; was du machst ist mir eigentlich egal – glaube ich – vielleicht? Ob ich sauer, glücklich oder aufgeregt bin ist meine Sache – vielleicht kannst du es an mich sehen – aber du kannst es hier nicht lesen.
Oder wie in .... Ich GEHE zur Stadt. Ich fahre nicht, ich laufe nicht, und was du machst ist mir eigentlich egal. Oder vielleicht doch nicht? Ob ich schnell oder langsam gehe weiß ich nicht, du kannst es vielleicht sehen – du kannst es aber hier nicht lesen.
Oder vielleicht wie in ... Ich gehe ZUR Stadt. Wie ich es auf den Rückweg mache weiß ich noch nicht, jedenfalls habe ich es hier nicht angedeutet. Oder? Vielleicht bedeutet es genau das – zur Stadt gehe ich, auf den Rückweg laufe ich. Du wirst es vielleicht sehen, du kannst es aber hier nicht lesen.
Oder vielleicht als ... Ich gehe zur STADT. Ich gehe nicht ins Dorf, nicht zum Wald, nicht auf den Feldern raus, warum ich unbedingt zur Stadt will weißt du nicht, welche Stadt weißt du auch nicht, du kannst es auch nicht hier lesen.
Wie du meine vier Wörter liest und wie du sie verstehst ist mir vielleicht egal, ich weiß nur dass man diese kleine vier Wörter in mindestens fünf verschiedene Weise lesen kann und das man auch noch mehr Meinungen und Bedeutungen darein legen kann. Vielleicht lüge ich sogar?!? Ich weiß auch, dein Verständnis oder Auffassung meiner Aussage hängt davon ab, auf welchem von den vier Wörtern du beim lesen der Druck/Betonung legst. Und von deiner Einstellung zu mir und ins Besonderheit von deiner Einstellung zu der Sache selbst. Heute liest du vielleicht dass ich alleine gehe, morgen wirst du nur lesen dass ich nicht fahre. Weil du lieber auf den Feldern wanderst wirst du nicht verstehen dass ich zur Stadt möchte. Oder- du liest ich gehe zur Stadt, akzeptierst es und denkst nicht warum, wieso und weshalb.
Wenn wir über eine Sache reden, brauchen wir sehr viel Kenntnis von einander um die Aussage der anderen eine bestimmte Bedeutung zuzulegen oder es in einer gewisse Kontext zu stecken. Damit du meiner Meinung meiner eigene Aussage so verstehst wie ich es dir beibringen möchte, musst du also wissen, welche Hintergrund habe ich, möchte ich etwas besonderes erreichen, welche Ziel habe ich. Und das weißt du alles nicht, oder? Weil du mich nicht kennst, weil du mich nicht siehst und weil du mich nicht hörst. So – wie kannst du behaupten, dass das was ich erlebt, gesehen, gehört und gelesen habe und ohne Bewertung wiedergebe - auch nach meiner Meinung positiv, negativ, richtig, gerecht, falsch oder furchtbar ist?
Du weißt aber, dass ich über Jahren eine von 4.500.000 Einwohner war, während du unter mehr als 83.000.000 Mitbewohnern aufgewachsen bist. Was wiederum bedeuten konnte, dass das was ich hier in Deutschland als „sehr viel“ betrachte würdest du als „pillepalle“ sehen. Vielleicht. Oder, ist es so, dass es im ernst faktisch „sehr viel“ ist, du aber siehst es selbst einfach nicht so weil in deiner Welt muss man solche Mengen von irgend etwas in Betracht ziehen? Also - verschiedene „Kulturen“ – unterschiedliche Ansichten. Vielleicht wollte ich dir schlicht und einfach genau diese eine Wahrheit beibringen?
Na ja - lebe dein Leben in Frieden, akzeptier dass es Unterschiede gibt und freu dich dass es dir gut geht. Ich aber, ich gehe zur Stadt. Mit meinem Mann und viele gute deutsche Freunde zusammen.
Ha en fin kveld! Karin