Erfahrungen mit dem norwegischen Gesundheitssystem

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Erfahrungen mit dem norwegischen Gesundheitssystem

Beitragvon keks » Di, 04. Okt 2011, 22:04

Hallo,

die Frage hier stelle ich mal an alle ausgewanderten und deren Erfahrungen mit dem norwegischen Gesundheitssystem. Aus Deutschland kommend ist man ja vielleicht etwas verwøhnt - auch wenn man das in Deutschland selbst nie so gesehen hat vorher. Aber einige Dinge sind da doch etwas gewøhnungsbeduerftig, u.a. die Wartezeiten auf einen Termin beim Spezialisten. Das ist natuerlich vom Einzelfall abhængig, aber in den Zeitungen hier hat man schon viel gelesen ueber schlampige Arbeit, was Patienten teilweise das Leben gekostet hat. Ich kenne aus meinem Bekanntenkreis mehrere Fælle bei denen was schief gelaufen ist und wo Ærzte das Leben der betroffenen erheblich verpfuscht haben. Vielleicht wird auch in den Medien zu stark Fokus auf solche Geschichten gelegt, so dass man vielleicht nicht mitbekommt, wie "gut" das norwegische System wirklich ist?
In diesem Zusammenhang ist in Norwegen auch immer wieder die Rede von Wartezeiten auf einen Termin. Bei falscher Diagnose und ernsthaften Krankheiten hat das wohl in mehreren Fællen zum Tode fuer die Betreffenden gefuehrt. In den letzten Jahren ist da die sog. "behandlingsforsikring" aufgekommen, die einem innerhalb weniger Tage bis 3 Wochen einen Termin beim Spezialisten garantiert. Haben da von euch welche Erfahrung mit gemacht, bzw. eine solche Versicherung abgeschlossen?
keks
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Re: Erfahrungen mit dem norwegischen Gesundheitssystem

Beitragvon Svenskaisverige » Mi, 05. Okt 2011, 5:05

Hej
im Nachbarland ist es genauso!

Gruss aus Södertälje/Schweden
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Re: Erfahrungen mit dem norwegischen Gesundheitssystem

Beitragvon Hubi59 » Mi, 05. Okt 2011, 9:54

keks hat geschrieben: . Das ist natuerlich vom Einzelfall abhængig, aber in den Zeitungen hier hat man schon viel gelesen ueber schlampige Arbeit, was Patienten teilweise das Leben gekostet hat. Bei falscher Diagnose und ernsthaften Krankheiten hat das wohl in mehreren Fællen zum Tode fuer die Betreffenden gefuehrt.

so geschehen bei uns, nur das der Fastlege deutscher war
Tyskland liker vi, men kun for Norge slår våre hjerter
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Re: Erfahrungen mit dem norwegischen Gesundheitssystem

Beitragvon Jools » Mi, 05. Okt 2011, 13:12

Mein Fazit nach langer und noch lange nicht abgeschlossener Odyssee: Bei den 80% der "haeufigen" Krankheiten kommt man in N gut klar, aber sobald es kompliziert wird... :roll: (Tja, bin seit knapp zwei Jahren krank und ohne Diagnose - in Norwegen hat man mich "aufgegeben", in D ohne lange zu fackeln und ohne lange Warterei auf viele andere Sachen untersucht, die in N nie auch nur im Gespraech waren - Selbstzahler...).

Und zu den Wartezeiten koennte ich auch was erzaehlen (kein Witz: ueber 12 Monate fuer einen einfachen Test auf Lebensmittelallergien (!); Ueberweisungen vom Hausarzt zum Spezialisten an laengst veraltete Adressen geschickt; Telefonwarteschleife beim Hausarzt > 60 Minuten (und dann wird man rausgekickt) ,...)

Interessant auch immer wieder Faelle wie dieser hier:
http://www.bt.no/nyheter/innenriks/Fltt ... 25917.html

Was in N deutlich besser ist (nach meiner persoenlichen Erfahrung):

- Es wird einem eher geglaubt, d.h. man wird nicht direkt als Simulant abgestempelt, wenn die ersten Untersuchungen nichts ergeben.
- Die gesellschaftliche Akzeptanz von chronisch/Langzeit-Kranken ist sehr gut.
- Man ist nicht "krankgeschrieben" oder "gesundgeschrieben", sondern es gibt gradierte und aktive Krankmeldungen (z.B. 20% Krankschreibung).


@keks: Vielen Dank fuer den Tip mit der Versicherung!!!
Zuletzt geändert von Jools am Mi, 05. Okt 2011, 16:14, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Erfahrungen mit dem norwegischen Gesundheitssystem

Beitragvon Schnettel » Mi, 05. Okt 2011, 15:29

@whatever_happens: Von deiner Odysee zu lesen, ist nicht gerade prickelnd. Ich drueck dir die Daumen, dass du fuer dein Gesundheitsproblem bald eine richtige Diagnose und vor allem auch Therapie bekommst.
Dass man in Norwegen die Ursache nicht gefunden hat, und in Dtl. noch andere Sachen untersucht hat (Nebenfrage: Hat man denn dabei eine Diagnose stellen kønnen?) - wuerde ich jetzt aber mal nicht als Argument heranziehen, um gleich die Gesundheitssysteme miteinander zu vergleichen. Wenn, dann kann man hier maximal Ærzte und Einrichtungen vergleichen. Du kannst nicht wissen, ob es dir bei anderen norwegischen Ærzten genauso schlecht ergangen wære oder ob man dich in Dtl. in anderen Einrichtungen genauso gut behandelt hætte (oder ob man einen Kassenpatienten in Dtl. genauso umfangreich behandelt hætte...). Das ist alles Spekulation.
Klar, kann jeder immer nur seine eigenen Erfahrungen machen. Und die sind so verschieden, wie die User hier im Forum sind....

whatever_happens hat geschrieben:ueber 12 Monate fuer einen einfachen Test auf Lebensmittelallergien
Um was fuer Lebensmittel ging es denn da? Bei mir wurden Lactose-, Gluten-, und verschiedene andere Tests vom Labor im Helsesenter gemacht - es mussten halt nur ein paar mehr Røhrchen gefuellt werden, da diese an verschiedene Labore gingen...

whatever_happens hat geschrieben:Ueberweisungen vom Hausarzt zum Spezialisten an laengst veraltete Adressen geschickt;
Wahrscheinlich kamen so die 12 Monate zusammen...? :shock:

whatever_happens hat geschrieben:Telefonwarteschleife beim Hausarzt > 60 Minuten (und dann wird man rausgekickt) ,...)
Ich glaube, in deinem Fall hætte ich schon længst den Fastlege gewechselt.
Ist das ein Wald- und Wiesendoktor, der alleine praktiziert? Unser Helsesenter hat (ich glaub) 8 Fastlege - da geht immer (also innerhalb der Øffnungszeiten) jemand ans Telefon.

keks hat geschrieben:Aus Deutschland kommend ist man ja vielleicht etwas verwøhnt - auch wenn man das in Deutschland selbst nie so gesehen hat vorher.
Hm, also ich persønlich fuehlte mich gesundheitsmæssig in Dtl. nicht wirklich verwøhnt. Hatte auch schon mal berichtet, warum.
Andere haben andere Erfahrungen - aber so ist es nun mal. Ich will damit nicht sagen, dass das dt. Gesundheitssystem schlecht ist. Es sind immer - auch bei mir - einzelne Erfahrungen, die dann aber halt fuer einen persønlich ein bestimmtes Bild prægen - was ja andererseits nicht heissen muss, dass es grundsætzlich in dem Land so ist.

keks hat geschrieben:Aber einige Dinge sind da doch etwas gewøhnungsbeduerftig, u.a. die Wartezeiten auf einen Termin beim Spezialisten.
Ich habe zum Glueck noch keinen besonderen Spezialisten benøtigt. Einmal musste ich zum Langzeit-EKG (allerdings nichts dringendes). Da hiess es erst, ich muesse wohl mit 8 Wochen Wartezeit rechnen. Nach 2 Wochen war ich dran.
Wie lange man in Norwegen auf eine Knie-OP wartet, weiss ich nicht. Mein Mann und meine Schwester warteten in Dtl. jeweils 3 Monate.
Letztens kam auch erst wieder im ZDF, dass man beim Psychotherapeuten in Dtl. mittlerweile ueber ein Jahr auf einen ersten Termin wartet.

keks hat geschrieben:Das ist natuerlich vom Einzelfall abhængig, aber in den Zeitungen hier hat man schon viel gelesen ueber schlampige Arbeit, was Patienten teilweise das Leben gekostet hat. Ich kenne aus meinem Bekanntenkreis mehrere Fælle bei denen was schief gelaufen ist und wo Ærzte das Leben der betroffenen erheblich verpfuscht haben. Vielleicht wird auch in den Medien zu stark Fokus auf solche Geschichten gelegt, so dass man vielleicht nicht mitbekommt, wie "gut" das norwegische System wirklich ist?
Ich vermute mal, da kønnte was dran sein. Wenn man mal genau hin sieht, kommen auch im deutschen Fernsehen genuegend Horrorgeschichten, wo Leute falsch behandelt werden, wo mal ne Schere bei ner OP vergessen wird etc pp. Nur fællt das wohl ingesamt in der ganzen Flut der sonstigen Katastrophenmeldungen kaum auf. Wenn man hier in der Zeitung berichtet, weil am Wochenende einer betrunken ins Blumenbeet gepinkelt hat, hat man wohl nicht sooo viel anderes zu berichten - da fallen dann Meldungen ueber Falschbehandlungen wohl mehr auf.... Ist zumindest mein Eindruck.
Ich will das auf keinen Fall herunterspielen. Jede Falschbehandlung ist fuer den Betroffenen eine schlimme Sache.
Aber die Qualitæt der ærztlichen Versorgung anhand von Medienberichten ueber Ærztepfusch messen zu wollen, halte ich fuer tøricht.
Da orientiere ich mich lieber an unabhængigen Statistiken ueber Behandlungsqualitæt - so es denn sowas ueberhaupt gibt. Und selbst dann kann es immer noch passieren, dass der Einzelne ganz andere eigene Erfahrungen macht.

keks hat geschrieben:In den letzten Jahren ist da die sog. "behandlingsforsikring" aufgekommen, die einem innerhalb weniger Tage bis 3 Wochen einen Termin beim Spezialisten garantiert.
Das ist ja dann wohl nichts anderes als wære man in Dtl, Privatpatient. Da gibt es die 2-Klassengesellschaft ohnehin von vornherein.

Manche Missstænde im Gesundheitssystem haben sicher auch "System". Es gibt vieles, was verbesserungswuerdig ist - sowohl in Dtl. als auch in N.
Z.B. die Zentralisierung der Krankenhæuser in Norwegen sehe ich mit gemischten Gefuehlen. Zum einen sollen kleine, lændliche Krankenhæuser geschlossen und dafuer zentral gelegene grøsser ausgebaut werden, mit mehr Kapazitæt, besserer Technik, besser qualifiziert etc.
Ich finde jedoch, Norwegen sollte die Mittel dazu haben, sowohl zentrale Krankenhæuser besser auszuruesten als auch Akutaufnahmen in kleineren Krankenhæusern beizubehalten. Auch die Reduzierung der Entbindungsstationen finde ich nicht ok (obwohls mich nun selbst nicht betrifft...).
So gesehen gibt es einiges, was besser sein kønnte.
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Re: Erfahrungen mit dem norwegischen Gesundheitssystem

Beitragvon Jools » Mi, 05. Okt 2011, 16:19

Nur ganz kurz,
Schnettel hat geschrieben:Dass man in Norwegen die Ursache nicht gefunden hat, und in Dtl. noch andere Sachen untersucht hat (Nebenfrage: Hat man denn dabei eine Diagnose stellen kønnen?) - wuerde ich jetzt aber mal nicht als Argument heranziehen, um gleich die Gesundheitssysteme miteinander zu vergleichen.

Emotionen habe ich auch bewusst rausgelassen.. Haette von so einigen der Smilies Gebrauch machen koennen...
Diagnose: Nein, noch nicht, die Arztbesuche sind aber auch noch keine 10 Tage her.

Schnettel hat geschrieben: Wenn, dann kann man hier maximal Ærzte und Einrichtungen vergleichen. Du kannst nicht wissen, ob es dir bei anderen norwegischen Ærzten genauso schlecht ergangen wære oder ob man dich in Dtl. in anderen Einrichtungen genauso gut behandelt hætte (oder ob man einen Kassenpatienten in Dtl. genauso umfangreich behandelt hætte...).

Nein, gerade Aerzte und Einrichtungen wollte ich eher nicht vergleichen, sondern schon das System. Ich glaube naemlich, dass norw. Aerzte genauso gut (oder schlecht) sind wie deutsche - dass man dank des besch. Systems in Norwegen aber nicht an Spezialisten herankommt, waehrend in D ein Anruf genuegt.
Ein enger Verwandter war seinerzeit ueber > 10 Jahre schwerkrank und trotz gesetzlicher KV in D gut betreut.
Um was fuer Lebensmittel ging es denn da? Bei mir wurden Lactose-, Gluten-, und verschiedene andere Tests vom Labor im Helsesenter gemacht
Ja, genau sowas. Im Detail weiss ich's nicht - ich warte ja immer noch auf einen Termin... :roll:
Wahrscheinlich kamen so die 12 Monate zusammen...? :shock:
Noe, war ein anderer Fall... ich glaub' manchmal, ich bin in der Truman Show..
Ich glaube, in deinem Fall hætte ich schon længst den Fastlege gewechselt. Ist das ein Wald- und Wiesendoktor, der alleine praktiziert? Unser Helsesenter hat (ich glaub) 8 Fastlege - da geht immer (also innerhalb der Øffnungszeiten) jemand ans Telefon.
Habe tatsaechlich gerade gewechselt, es hat mir gereicht. Das entsprechende Senter hat uebrigens ca. 6 Aerzte, also alles andere als Wald und Wiese. Mein armer Buerokollege kann die Warteschleife schon mitsprechen (kein Witz).

Danke fuers Daumendruecken..

EDIT: Was in D allerdings never ever passiert waere: Mein Chef hat sich bei der Personalabteilung erfolgreich mit dem Vorschlag durchgesetzt, mir fuer die Arztodyssee in D zwoelf (!) Tage Velferdspermisjon zu genehmigen.
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Re: Erfahrungen mit dem norwegischen Gesundheitssystem

Beitragvon Schnettel » Mi, 05. Okt 2011, 16:34

whatever_happens hat geschrieben:EDIT: Was in D allerdings never ever passiert waere: Mein Chef hat sich bei der Personalabteilung erfolgreich mit dem Vorschlag durchgesetzt, mir fuer die Arztodyssee in D zwoelf (!) Tage Velferdspermisjon zu genehmigen.
Das find ich super!
Aber mit den Lebensmittelallergietests, das verstehe ich echt nicht. Daher hatte ich damit gerechnet, dass es vielleicht um etwas superspezielles geht.
Naja - toitoitoi!!

[Ist zwar offtopic, aber: Wie sind denn deine Erfahrungen bzgl. Umweltplakette (bzw. Nicht-Plakette ;-))? Vielleicht kannst du's im entsprechenden Fred erzæhlen, wenn du magst.... ]
:winkewinke:
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Re: Erfahrungen mit dem norwegischen Gesundheitssystem

Beitragvon Hotte-der-Norweger » Mi, 05. Okt 2011, 18:51

Also mit dem Gesundheitssystem habe ich ein echtes Problem. Mein Mann durfte ein Jahr mit einem Leistenbruch durch die Gegend laufen, da unser fastlege in Odda keine Notwendigkeit fuer ein OP sah, meine Probleme mit der Schilddruese (Unterfunktion schon seit 11. Jahren bekannt) lass er ausser acht. Durch einen Hinweis meines Sohnes das es in Eidfjord einen guten deutschen fastlegen gibt, haben wir nun den Arzt gewechselt und nehmen die ganze Fahrerei...gute 70 km in Kauf.

Was nervt das eine Ultarschalluntersuchung der Schilddruese im hiesigen Krankenhaus (Odda) gemacht werden kann, aber nicht beim fastlege. Fuer so einen Termin muss man wieder einige Wochen warten so bei mir geschehen. Bei der Ultraschalluntersuchung wurden grosse und kleine Knoten festgestellt, in Deutschland haette mir mein Hausarzt sofort eine Ueberweisung zur syntigraphie der Schilddruese gegeben. Einen Termin dafuer haette ich wohl in relativ kurzer Zeit bekommen, bei mir hat es nun 5. Monate gedauert das ich nach Haugesund in Krankenhaus fahren darf. Das heisst viel Fahrerei fuer eine Untersuchung.

Bei meinem Mann hat der fastlege in Eidfjord nur mit dem Kopf geschuettelt...ein Jahr mit einem Leistenbruch herum zulaufen. Ende August kam er dann Gott sei dank hier im Ort endlich unters Messer, mittlerweile ist er wieder fit.

Ich wuerde mir wuensche gute Fachaerzte vor Ort, nicht so lange Wartezeiten fuer simple Untersuchungen und vor allem nicht so lange Fahrzeiten.

Gruss Gisela
http://www.norwegenfee.jimdo.com (Homepage mit Infos zum Hardanger, Odda uvm.)
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Re: Erfahrungen mit dem norwegischen Gesundheitssystem

Beitragvon Jools » Do, 06. Okt 2011, 7:49

Hotte hat geschrieben:Was nervt das eine Ultarschalluntersuchung der Schilddruese im hiesigen Krankenhaus (Odda) gemacht werden kann, aber nicht beim fastlege. Fuer so einen Termin muss man wieder einige Wochen warten so bei mir geschehen. Bei der Ultraschalluntersuchung wurden grosse und kleine Knoten festgestellt, in Deutschland haette mir mein Hausarzt sofort eine Ueberweisung zur syntigraphie der Schilddruese gegeben.
Deckt sich 1:1 mit meiner Erfahrung. In Bergen (nun ja nicht mitten in der Provinz!) habe ich beim Fastlege anderthalb Jahre um ein Schilddruesen-Ultraschall betteln muessen. Auch den Befund (wie bei Dir) musste ich mir erkaempfen - geschehen ist dann: nichts. Entnervt in D einen Endo gesucht, Termin innerhalb von 6 Tagen (klar, das mag als Kassenpatient anders sein, aber sicherlich nicht anderthalb Jahre), nochmal Ultraschall inkl. kompetenter Beratung.
Da fehlen einem echt die Worte.
Ein SD-Ultraschall kostet als Selbstzahler in D 26 Euro - wir reden hier nicht von hochkomplizierten Untersuchungen...
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Re: Erfahrungen mit dem norwegischen Gesundheitssystem

Beitragvon trolli » Do, 06. Okt 2011, 18:40

Also was ich aus erster Hand höre, deckt sich mit negativen Berichten.
Hier in Deutschland wartet man keine 3 Monate auf einen Physiotherapietermin bei akuter Erkrankung. :)
Ein Bekannter musste sehr, sehr lange (ueber einen Monat) mit angebrochener Hand auf einen OP Termin warten.
Erst der Gips, dann die Op. .........

Werden eigentlich die Kosten einer deutschen Behandlung nacherstattet bei Vorlage der (uebersetzten und beglaubigten) Rechnungen?
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Re: Erfahrungen mit dem norwegischen Gesundheitssystem

Beitragvon keks » Do, 06. Okt 2011, 21:27

Mein Fazit nach langer und noch lange nicht abgeschlossener Odyssee: Bei den 80% der "haeufigen" Krankheiten kommt man in N gut klar, aber sobald es kompliziert wird

Das kann natuerlich gut sein. Und da habe ich mir auch schon meine Gedanken gemacht. Ist natuerlich schwierig ein Spezialistenangebot zu disponieren wenn man nur 5 Millionen Einwohner hat. Das sieht natuerlich ganz anders aus, bei 82 Millionen Einwohnern. Gleichzeitig ist der Umfang der Erfahrung entsprechend geringer, will ich mal behaupten. Das ist der Nachteil eines bevølkerungsmæssig kleinen Landes. Und was z.B. das mit (Lebensmittel)allergien betrifft, glaube ich dass Norwegen um einige Jahre zurueckliegt.

- Es wird einem eher geglaubt, d.h. man wird nicht direkt als Simulant abgestempelt, wenn die ersten Untersuchungen nichts ergeben.
- Die gesellschaftliche Akzeptanz von chronisch/Langzeit-Kranken ist sehr gut.
- Man ist nicht "krankgeschrieben" oder "gesundgeschrieben", sondern es gibt gradierte und aktive Krankmeldungen (z.B. 20% Krankschreibung).


Ohne selbst konkrete Erfahrungen gemacht zu haben, glaube ich dass das stimmt. Ich will aber hier nicht næher werten, wie schnell man hier u.U. berufsunfæhig geschrieben wird. Es ist ja doch ein hoher Anteil.

Ich habe zum Glueck noch keinen besonderen Spezialisten benøtigt. Einmal musste ich zum Langzeit-EKG (allerdings nichts dringendes). Da hiess es erst, ich muesse wohl mit 8 Wochen Wartezeit rechnen. Nach 2 Wochen war ich dran.

Weiss von jemandem, da war die Wartezeit 5 Monate auf ein Langzeit EKG. Und das finde ich absolut nicht akzeptabel!

Was etwa Ultraschall angeht, so muss man hier erst 120 km bis ins næchste Krankenhaus fahren, ebenfalls nicht so toll.

Mich interessiert u.a. auch das mit der Krebsvorsorge. Gibt es solche Untersuchungen hier in Norwegen in Form eines Vorsorgeprogramms? In Deutschland gibt es wohl so was. Ab einem gewissen Alter stehen dann Darmspiegelung und andere Untersuchungen auf dem Programm usw. So weit ich weiss gibts das hier in Norwegen nicht, bevor ein konkreter Verdacht vorliegt - und es evt. zu spæt ist. Richtig oder falsch?

Habe einen bekannten, der im Rettungswesen tætig ist - auch aus Deutschland - und der meint was Ausruestung und Behandlung im Rettungswesen betrifft sei Norwegen 20 Jahre zurueck...
keks
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Re: Erfahrungen mit dem norwegischen Gesundheitssystem

Beitragvon Schnettel » Fr, 07. Okt 2011, 1:22

keks hat geschrieben:Mich interessiert u.a. auch das mit der Krebsvorsorge. Gibt es solche Untersuchungen hier in Norwegen in Form eines Vorsorgeprogramms? In Deutschland gibt es wohl so was. Ab einem gewissen Alter stehen dann Darmspiegelung und andere Untersuchungen auf dem Programm usw. So weit ich weiss gibts das hier in Norwegen nicht, bevor ein konkreter Verdacht vorliegt - und es evt. zu spæt ist. Richtig oder falsch?
Das stimmt so nicht wirklich.
Ich weiss nun nicht 100%ig, wie das aktuell in Deutschland ist - aber soweit ich das noch weiss, werden zwar von den Krankenkassen bestimmte Vorsorgeuntersuchungen bezahlt - ab einem bestimmten Alter und in bestimmter Hæufigkeit.
Hier ist eine Uebersicht der Vorsorgeleistungen, die von den Krankenkassen gezahlt werden: http://www.aok.de/bundesweit/gesundheit ... -28006.php
Aber unter einem "Programm" stelle ich mir ein bisschen mehr vor. Dass z.B. die Leute diesbezueglich angeschrieben und zur Untersuchung eingeladen werden... Also, dass es eine Art "Ueberwachung" gibt.
Auf der AOK-Seite steht, dass es solche Screenings fuer Mammographie fuer Frauen zwischen 50 und 69 gibt.
Ansonsten gibt es auch in Dtl. keine organisierten Screenings.

In Norwegen gibt es organisierte Massenuntersuchungen sowohl zur gyn. Krebsvorsorge und Mammographie. Zur gyn. Vorsorge werden (seit 1996) alle Frauen zwischen 25 und 69 angeschrieben, die nicht innerhalb der letzten 3 Jahre zur Krebsvorsorgeuntersuchung waren.
Ich habe letztens erst ein Schreiben bekommen, indem ich darauf hingewiesen wurde, dass ich im Krebsregister gefuehrt werde, und wenn ich nicht møchte, dass meine Daten gespeichert werden, wie ich dagegen vorgehen kann.
Zur Mammographie werden Frauen ab 50 Jahre angeschrieben und zur Untersuchung eingeladen.
Bzgl. Darmkrebsvorsorge: man kann sich selbstverstændlich auch dazu untersuchen lassen. An organsierten Massenuntersuchungen/ Darmkrebs-Screening wird gearbeitet.

Eine Sache hat mich hier in Norwegen bzgl. der gyn. Krebsvorsorge verglichen zu Dtl. doch sehr stutzig gemacht: In Dtl. soll man alle halbe Jahre zur Untersuchung (bezahlt wird von der Kasse allerdings nur eine Untersuchung jæhrlich... die zweite und auch weiterfuehrende Untersuchungen muss man selbst bezahlen), in Norwegen werden diese Untersuchungen alle 3 Jahre empfohlen.
Dieser Abstand ist dann doch seeeehr unterschiedlich. Ich hatte mich bei einem Arzt beraten lassen und gezielt danach gefragt, warum denn dies so unterschiedlich sei. Und ob denn die 3 Jahre auch wirklich ausreichen.
Er bejahte dies. Der Arzt wusste davon, dass in Dtl. den Frauen gesagt wird, sie sollen sich alle halbe Jahre untersuchen lassen sollen. Er hielt sich mit einer "Bewertung" dessen vorsichtig zurueck. Er meinte aber, wenn ich mir unsicher bin und gerne hæufiger untersucht werden møchte, dann steht mir das frei. Ich muesse deswegen auch keinen høheren Eigenanteil zahlen. Notwendig sei das aber nicht.
Nun bin ich allerdings auch nicht blauæuig, da ich gerade diesbezueglich vorbelastet bin. Daher warte ich nun auch nicht 3 Jahre bis zur næchsten Untersuchung, sondern gehe ca. alle 1,5 Jahre.

Hier gibt es umfangreiche europæische Statistiken zu Krebserkrankungen und deren Sterblichkeit: http://eu-cancer.iarc.fr/2-cancer-fact-sheets.html,en
Ich habe mir die Muehe gemacht und die Erkrankungs- und Sterblichkeitsraten der verschiedenen Krebserkrankungen zwischen Norwegen und Deutschland zu vergleichen und in Diagrammen deutlich zu machen. Wen es interessiert, hier ist die pdf.

Daran sieht man, dass es gar keine sooo grossen Unterschiede der Erkrankungs- und Sterblichkeitsraten zwischen DE und NO gibt.
Lediglich beim Prostatakrebs liegt die Erkrankungs- und Sterblichkeitsrate in Norwegen deutlich høher. Das kann auf mangelnde Vorsorge deuten.
Beim Darmkrebs ist die Erkrankungsrate zwar nahezu gleich, aber da liegt die Sterblichkeitsrate in Norwegen høher. Das kann auf zu spætes Erkennen und/oder mangelhafte Therapie hinweisen.
Wenn man dies dann nach den Geschlechtern spezifiziert, sieht man, dass es vor allem bei den Frauen (!) in Norwegen eine deutlich høhere Rate an Darmkrebs gibt.

Beim Brustkrebs sieht das wiederum anders aus - da sind sowohl Erkrankungs- als auch Sterblichkeitsrate in Norwegen deutlich niedriger.
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Re: Erfahrungen mit dem norwegischen Gesundheitssystem

Beitragvon Löwin » Fr, 07. Okt 2011, 9:30

Aber unter einem "Programm" stelle ich mir ein bisschen mehr vor. Dass z.B. die Leute diesbezueglich angeschrieben und zur Untersuchung eingeladen werden... Also, dass es eine Art "Ueberwachung" gibt.
Auf der AOK-Seite steht, dass es solche Screenings fuer Mammographie fuer Frauen zwischen 50 und 69 gibt.
Ansonsten gibt es auch in Dtl. keine organisierten Screenings.

Das stimmt so nicht, in D. wirst du, wenn du einen vernuenftigen Frauenarzt hast, auch angeschrieben, hatte ich selber im laufe der Jahre.
Hier die Untersuchungen sind nichts im Vergleich zu D. hier wird nur der einfachste Abstrich gemacht und das nur alle 3 Jahre, ansonsten muss man selbst zum Frauenarzt und wesentlich mehr bezahlen.
In D. wird wenn man 50 ist, auch noch Stuhl, Blut untersucht, hier nicht.
Darmkrebs, auch so eine Sache, hat ein Familienmitglied von mir,ich habe meinen Lege gefragt, wie das hier ist,er meinte, nur wenn ich darauf bestehen wuerde und auch nur wenn mindestens 2 Familienmitglieder Krebs haben oder hatten sollte ich eine Darmspiegelung machen lassen, das ist mir alles zu larifari hier.
Dafuer muss ich sagen, habe ich auf anderem Gebiet sehr gute Behandlung erfahren und sehr gruendliche Untersuchungen und tolle Hilfe, hier in Bergen.
Ich gehe jetzt 1x im Jahr in D. zu meiner Frauenærztin, bezahle 120 Euro mit Laborkosten, bin Privatpatient und fuehle mich sicher.
Noch was anderes grins, wie mache ich das mit dem hervorheben von Schnettels Text????

Liebe Gruesse Løwin :lol:
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Re: Erfahrungen mit dem norwegischen Gesundheitssystem

Beitragvon Schnettel » Fr, 07. Okt 2011, 10:49

Löwin hat geschrieben:in D. wirst du, wenn du einen vernuenftigen Frauenarzt hast, auch angeschrieben, hatte ich selber im laufe der Jahre.
Ja, wenn man einen vernuenftigen Arzt hat, der das macht. Ich meinte etwas organisiertes, also sowas wie das Krebsregister, welches zentral gefuehrt wird.
Wenn der eine Arzt sowas macht, andere wiederum nicht, dann fallen ja viele durchs Raster...
Also eine zentrale Løsung dafuer verstehe - zumindest ich - unter einem "Programm".
Natuerlich gehørt da auch noch viel mehr dazu - vor allen Dingen Aufklærung. Dazu finde ich hier noch zu wenig.

Die Untersuchungen lasse ich hier immer beim Gyn. machen und nicht vom Fastlege (das ist mir irgendwie zu heikel - aber die Norweger scheinen kein Problem damit zu haben).
Als ich das erste Mal eine Ueberweisung zum Gyn. haben wollte, fragte mich der Fastlege, ob ich denn zu einem bestimmten wolle. Als ich ihm sagte, dass ich keinen kenne, meinter er ueberweist mich an XY, das wære auch der Arzt seiner Mutter und diese sei sehr zufrieden.
Ich war es auch.
Ich musste uebrigens (obwohl das ein Privatarzt ist) nicht mehr zahlen als meinen ganz normalen Eigenanteil.

Löwin hat geschrieben:In D. wird wenn man 50 ist, auch noch Stuhl, Blut untersucht, hier nicht.
Darmkrebs, auch so eine Sache, hat ein Familienmitglied von mir,ich habe meinen Lege gefragt, wie das hier ist,er meinte, nur wenn ich darauf bestehen wuerde und auch nur wenn mindestens 2 Familienmitglieder Krebs haben oder hatten sollte ich eine Darmspiegelung machen lassen, das ist mir alles zu larifari hier.
Ja, das ist eben der Mist, wenn sowas nicht zentral geregelt ist und jeder Arzt das auf gut Duenken selber entscheidet... Wenn es auch hier - ausgehend vom Kreftregister - ein Screening gæbe, wære das einheitlich.
Wie gesagt, an dem Darmkrebsscreening wird gearbeitet. Ich habe mir den RSS-Feed vom Kreftregister abboniert. So bekomme ich jetzt immer die News mit. Es interessiert ja auch mich brennend, wie das hier funktioniert und weiter geht (bin wie gesagt selbst vorbelastet und meine Ma starb auch an Krebs).
http://kreftregisteret.no/no/Generelt/N ... screening/ --> Der Verfasser des Artikels (Dr. Michael Bretthauer) hørt sich irgendwie deutsch an... ;-)

Was den Krebs, die Diagnose und Behandlung betrifft, kann es auch in die ganz andere Richtung gehen:
http://www.nrk.no/nyheter/distrikt/nordland/1.7186377
Da wurden einer Frau mehrere gesunde Organe rausoperiert. Hinterher stellte sich heraus: Die Diagnose Krebs war falsch! Und das war nicht der einzige Fall.
Die Ærzte waren uebrigens Deutsche.... Ich møchte damit nicht sagen, dass deutsche Ærzte Mist bauen - ganz im Gegenteil. Ich møchte nur gern vermeiden, dass hier die Nationalitæten in Schubkæsten gesteckt werden - so nach dem Motto "die deutschen Ærzte sind alle Klasse" und "die Norweger desinteressiert und Lichtjahre hinterher".... Es gibt ueberall solche und solche.

Löwin hat geschrieben:Noch was anderes grins, wie mache ich das mit dem hervorheben von Schnettels Text????
Du klickst auf dem entsprechenden Beitrag unten rechts auf "Zitat". In dem Antwortfenster kannst du dann das Zitat reduzieren, dass nur noch das drin steht, auf das du dich beziehen willst.
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Re: Erfahrungen mit dem norwegischen Gesundheitssystem

Beitragvon mosaglas » Fr, 07. Okt 2011, 11:41

keks hat geschrieben:Und was z.B. das mit (Lebensmittel)allergien betrifft, glaube ich dass Norwegen um einige Jahre zurueckliegt.
Ganz so pauschal würde ich das nicht sagen wollen. Es kommt darauf an um welche Lebensmittelallergie es sich handelt.
In Sachen Gluten ist Norwegen meines Erachtens sehr weit (tiefgefrorenes Brot, Muffins, Restaurants in denen man glutenfreie Pizza bestellen kann, glutenfreie Burger bei diversen Ketten (nicht, dass ich sowas essen würde, aber das ist ein anderes Thema :wink: ) usw.). Da wird in Deutschland diesbezüglich gerade aufgeholt.
Was allerdings Lactose anbelangt sind die Norweger noch nicht so auf Zack, wobei sich da auch einiges tut in letzter Zeit. Und da es gerade bei der Lactoseintoleranz auch ein Nord-/Südgefälle gibt, gibt es in Norwegen prozentual gesehen weniger Leute, die damit Probleme haben, wie z.B. in Deutschland.

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