Auch wenn dieser Thread schon etwas älter ist, mag ich ein wenig von meinen Erfahrungen nach mehr als sechs Jahren Norwegen berichten.
Als im Sommer 2004 nach Norwegen kam und zu arbeiten begann, wurde ich von meinen Arbeitskollegen wirklich sehr gut aufgenommen. Ich habe mich nicht einen Tag auf der Arbeit als Nicht-Norweger unwohl gefühlt. Geholfen hat mir ganz sicher, dass ich schon ein wenig Norwegisch sprach und vom ersten Tag an versucht habe, nur noch auf Norwegisch zu kommunizieren. Dadurch war auch die Bereitschaft der Norweger sehr groß, sich auf mich einzulassen. Auch heute fühle ich mich noch als Deutscher und merke in vielen kleinen Begebenheiten im Job, dass ich deutsch sozialisiert bin. Das ist aber absolut in Ordnung, da ich die Norweger so akzeptiere wie sie sind und von meinen Kollegen durchaus für meine "deutschen Tugenden" geschätzt werde. Ich denke, dass beide Seiten da in den Jahren einiges voneinander gelernt haben.
Privat war es etwas schwieriger. Ich muss dazu sagen, dass ich als 36-jähriger, alleinstehender und kinderloser Mann in eine Stadt (Porsgrunn) kam, die eine Größenordnung kleiner war, als jede Stadt, in der ich zuvor gelebt hatte. So war es sehr schwierig, mit Norwegern meiner Altersklasse in Kontakt zu kommen. Das kam einfach daher, dass in dem Alter kaum ein Norweger kinderlos ist und sich damit deren Lebensumfeld ganz einfach anders gestaltet als meines. Wer in Norwegen lebt, der weiß, wie viel Zeit die Familie für die Norweger in Anspruch nimmt. An den Orten, an denen ich mich aufgehalten habe (Tanzkurse etc.) waren ganz einfach viel jüngere Norweger, mit denen ich wenig gemein hatte. In einer Stadt wie Oslo hätte das evt. bereits wieder anders ausgesehen. Ich denke, dass ich mit eigenen Kindern ganz andere Kontakte hätte knüpfen können. Aber als kinderloser Mann ist es auch in Norwegen keine sooo gute Idee, sich an Kindergärten, Schulen o.ä. herumzutreiben.
Auch meine Kollegen waren da keine wirkliche Hilfe, da ich in ein relativ altes Arbeitsumfeld kam, in dem sich Kontakte außerhalb der Arbeitszeit auch nicht gerade natürlich ergaben. So hat es mehr als ein Jahr gedauert, bis ich mal von einem Kollegen nachhause eingeladen wurde.
Ich denke auch, dass die Kontaktfreudigkeit der Norweger regional verschieden ist. So sagt man, dass die Norweger im Süden eher verhalten sind, während man in nördlicheren Regionen leichter in Kontakt kommen soll. Was mich öfters sehr irritiert hat, waren Situationen, in denen ich mich sehr nett mit einem Norweger unterhalten habe und dann beim nächsten Treffen das Gefühl hatte, als würde er mich gar nicht mehr wiedererkennen. Das war nicht böse gemeint, sondern hat sicher mit der norwegischen, etwas eher zurückhaltenden Mentalität zu tun. Und sicher auch mit mir.
Letztendlich wurde es dann so, wie ich es ursprünglich nicht wollte: mein norwegischer Freundes- und Bekanntenkreis besteht fast ausschließlich aus anderen Ausländern und deren norwegischen Partnern. Insofern fühle mich sehr wohl in Norwegen, würde mich aber nicht als vollständig integriert bezeichnen.