von Ulrike44 » Sa, 23. Jul 2011, 19:53
Mal ein kurzer beileibe nicht vollständiger Bericht für diejenigen, die das alles nicht so hautnah mitbekommen wie wir hier in Norwegen:
Das Geschehen: Sieben Menschen wurden durch eine Autobombe im Osloer Regierungsbezirk getötet, die Gebäude sind teilweise zerstört.
Auf Utøya fanden bis jetzt nachgewiesen 85 Jugendliche den Tod, einige werden noch vermisst, man fürchtet, sie sind in dem kalten Fjordwasser ertrunken. Mit Leichenspürhunden und auf benachbarten Inseln wird jetzt nach ihnen gesucht.
Unglaubliche Tragödien haben sich im Zeltlager der Jugendorganisation der Arbeiderpartiet auf Utøya abgespielt: Der Täter in Polizeiuniform hat erst die Jugendlichen zusammengerufen, „um ihnen von den Geschehnissen in Oslo zu berichten“ – und schoss dann um sich. Schuss auf Schuss, er zielte genau. Die Jugendlichen versuchten zu fliehen, sich zu verstecken, er lief über die ganze ja nicht so große Insel und schoss auf alle, die ihm vor Augen kamen. Viele retteten sich ins kalte Wasser, wurden angeschossen, ein Jugendlicher zog seinen verwundeten Kameraden durch den ganzen Fjord ans andere Ufer und rettete ihm so das Leben.
Viel Hilfe kam von Touristen: sie kamen mit ihren Booten und retteten Jugendliche aus dem Wasser. Eine Frau berichtete verzweifelt, dass sie nicht alle ins Boot nehmen konnte und auswählen musste… Besonders erwähnt wurden auch deutsche Touristen, die Schlafsäcke und trockene Kleider zur Verfügung stellten, die Jugendlichen mit in den Wohnwagen oder das Zelt nahmen, sie versorgten…
Ich selbst verfolge seit gestern Nachmittag all diese Berichte, nachdem ich nichts ahnend und so richtig guter Dinge vom Jazzfestival nach Hause kam. Die Trauer über dieses Grauen hat mich auch ergriffen. Ich bin froh, dass nichts von dem hier oft zum Vorschein kommenden faschistoiden Gedankengut zumindest in den Medien zu hören ist, im Gegenteil: Immer wieder wird betont, dass die offene Demokratie nicht „zerbombt werden wird“, die Werte eines freien Rechtsstaates von nichts und niemandem angetastet werden, das hob sowohl der Osloer Bürgermeister Sand (Høgre) als auch Stoltenberg (AP) als auch der König hervor. Der Abschlusszug des Moldener Jazzfestivals wurde ein Trauerzug, alle Flaggen wehten auf Halbmast.
So, das lag mir auf der Seele – und damit bin ich auch schon wieder weg.
Macht’s gut. Grüß euch herzlich-
Ulrike
... es ist, was es ist, sagt die Liebe
(Erich Fried)