An all ihr lieben Norwegen-Freunde,
es ist mir ein tiefes Bedürfnis zu den schrecklichen Ereignissen in Norwegen ein paar Zeilen zu schreiben.
Nach dem Bombenanschlag im Regierungsviertel mit sieben Toten glaubten wir an internationalen Terrorismus. Sieben Menschen verloren ihr Leben, sieben Menschen, die zufällig in der Nähe waren, ausgelöscht.
Zwischenzeitlich wissen wir, dass dies im gesamten Geschehen ein Baustein war um das Massaker auf der Insel in einem entsetzlichen Umfang zu ermöglichen.
Ein einzelner Verbrecher, ein krankes Gehirn, sah sein Lebensziel, abscheulich, erfüllt.
Die Vorgehensweise, so scheint es, ist an Perfidie nicht zu übertreffen. Er bewirkte die Bindung der Sicherheitskräfte und konnte somit seine Mordorgie vollziehen.
Wieviele Jugendliche diesem Wahnsinnigen zum Opfer fielen ist noch nicht gewiss. Die Angaben der Zeitungen und der Fernsehnachrichten schwanken. Nach neuesten Meldungen sind es 86. Man kann es sich nicht vorstellen: 86 Tote, das sind drei grosse Schulklassen oder nahezu elf Fussballmannschaften. Jedes einzelne Opfer bedeutet ein vernichtetes Leben, eine zerstörte Zukunft, ein Leid in der Familie und im Freundeskreis.
Heute sah ich im Fersehen Filmschnitte von der Trauerfeier im Dom zu Oslo. Die Menschen dort waren zutiefst bestürzt, auch der König, der ist schliesslich auch nur ein Mensch, und vor allem Norweger. Er hat sich die Tränen aus den Augen gerieben, wie wohl jeder in dieser schweren Zeit.
Das ganze Land ist gelähmt. Sehr beeindruckt war ich von den Bildern von den Blumen- und Kerzenmeeren, die die Menschen auf den Plätzen gebildet hatten. Was kann man denn auch mehr tun um seiner Trauer und Bestürzung, ja gar Ohnmacht, Ausdruck zu verleihen ?
Unzählige Familien, Freunde, Nachbarn, Arbeitskollegen, Schulkameraden sind betroffen. Deren Leben ist von einer tiefen Zäsur betroffen, die ihre Zukunft, ihr persönliches Befinden, ihre Gesundheit, ihre Lebensqualität enorm beeinträchtigen wird.
Wir nehmen diese Entsetzlichkeit verstärkt auf weil es in unserer Nähe stattfand, weil das Unvorstellbare grausame Wirklichkeit wurde. Norwegen ist für mich nahe; ich habe das Land mehrmals besucht und hege grosse Sympathie mit ihm. Die Nähe und der emotionale Bezug vertiefen die Betroffenheit.
Auch in meiner räumlichen Nähe, so vergessen wir nicht, ist Winnenden und Duisburg. Ein kranker Idiot, der sich zum Ende seiner Mordserie selbst richtete oder ein paar Überehrgeizige, die alle Vorsichtsmassnahmen ausser Acht gelassen haben. Sie alle haben vielfach Schmerz und Leid hinterlassen.
In der norwegischen Botschaft in Berlin ist ein Kondolenzbuch ausgelegt. Berlin ist zu weit für mich, ich werde mich dort nicht eintragen können. Aber selbst wenn: Ich würde gerne etwas schreiben und ich wüsste nicht, wie ich meine Gefühle in Worte fassen könnte, wie ich dem norwegischen Volk, den betroffenen Familien meine Anteilnahme ausdrücken würde. In solchen Situationen bin ich wahrlich hilflos.
Ich kann nur hoffen, dass sich das Land mental erholt und ein „Jetzt-erst-recht“-Gefühl entwickelt bezüglich seiner demokratischen und humanistischen Gesinnung. Der Respekt gegenüber dem Nächsten soll doch Grundlage des Zusammenlebens sein.
Eine freudige Nachricht in dieser traurigen Zeit habe ich vernommen: Ein Deutscher, der seit einigen Jahren in Norwegen lebt, wird als Held gefeiert. Marcel Gleffe aus Teterow, der in Siggerud wohnt, hat als Camper in Utvika die Situation sehr schnell erfasst und ist mit einem Boot sofort auf den See hinaus gefahren; er hat schwimmende Jugendliche, die vor der Bestie flohen, aufgenommen und in Sicherheit gebracht.
Norwegische Zeitungen berichten über ihn:
http://www.aftenposten.no/nyheter/uriks ... 182101.eceoder man kann es auch in deutsch lesen in der Basler Zeitung:
http://bazonline.ch/ausland/terror-in-n ... ier_id=996Den Berichten ist nichts hinzu zu fügen. Marcel Gleffe hat ein Facebook-Account. Wer von Euch Norwegen-Freunden auch eines hat, der möge sich angesprochen fühlen ihm einige anerkennende Worte zu schreiben.
Zu guter Letzt:
Liebes Norwegen, Du machst Schweres mit, ich fühle mit Dir.
Dein upperoaks