Teil 15
Mittwoch, 05.06.2013 –
Svolvær – Vesterålen: Die ersten Rentiere - Einbruchalarm in Langenes – Kaffeetrinken in Nyksund – Hotelsuche in StokmarknesNach den Lofoten kamen die Vesterålen - nein, nicht das Schiff, sondern die Inselgruppe - und hier sollten wir unsere erste richtige Mitternachtssonne sehen.
Abfahrt Svolvær war um 10.30 Uhr nach einem ausgiebigen Frühstück. Das Wetter zeigte sich wieder von seiner besten Seite: Sonnenschein und Temperaturen zwischen 12°C morgens und 20°C im Laufe des Tages. Zunächst fuhren wir wieder entlang der Raftsundberge auf der E 10 in Richtung Raftsund brua. Zuerst aber kam der 3.337 m lange unterseeischen Sløverfjordtunnel, gefolgt von dem 1.966 m langen Myrlandstunnel. Die Strecke führte wieder entlang Myrlandstranda, wo wir vor einigen Tagen ja unsere Füße ins Wasser des Hadselfjords steckten.
Fußbad im Hadselfjord – Myrlandstranda – Hadsel kommune
Dann ging es weiter durch den erst im Dezember 2007 eröffneten 1.570 m langen Raftsundtunnel. Dieser Tunnel wie auch der 1.240 m lange Ingelsfjordtunnel und der 6.338 m lange Sørdaltunnel sind Teil der 2007 eröffneten Straßenverbindung „Lofast“ = Lofotens fastlandsforbindelse, also der Verbindung der Lofoten mit dem norwegischen Festland. Vor dieser Zeit konnten die Lofoten nur mit Fähren oder Flugzeug erreicht werden. Aber auch heute noch ist der Landweg z.B. von Bodø nach Svolvær über die E 6, dann weiter nach Narvik und von dort auf die E 10 mit ca. 550 km und mindestens 10 Stunden Fahrzeit weitaus länger als die Überfahrt mit der Hurtigrute, die bei gutem Wetter 6 Stunden dauert. Aber zurück zu unserer Strecke.
Kurz vor dem Sørdalstunnel überquerten wir den Vesterstraumen über die Brücke gleichen Namens.
Vesterstraumen brua – Rechts liegt der 831 m hohe Kvasstinden
Interessant – oder auch langweilig? – war die Fahrt durch den Sørdalstunnel, der auf einer Strecke von 4 km schnurgerade verlief. Auf dieser Strecke kam uns kein einziges Fahrzeug entgegen. Übrigens, bei längeren Tunnelstrecken, wie dieser, wird alle 2 Kilometer angezeigt, wieviel Kilometer man schon gefahren ist und wie viele Kilometer noch vor einem liegen.
Kilometeranzeige wie hier z.B. beim Nordkapptunnel
Kaum aus dem Tunnel heraus begegneten uns die ersten Rentiere, allerdings erst einmal „zum Angewöhnen“ nur drei Tiere. – Wir befinden uns übrigens auf Hinnøya, mit 2.204 km² Fläche die größte Insel.
Die ersten Rentiere im Hestedalen – Kvæfjord kommune - Troms
Links ragte der Botntindan976 m in die Höhe, rechts das 859 m hohe Middagsfjellet. Wir fuhren an der Grenze des Møysalen Nationalparks mit seinen bis zu 1.262 m hohen, schroffen Bergen entlang. Eine schöne, beeindruckende Strecke.
Im Vesterdalen: Løbergstindan jeweils 969 m und 967 m, recht Nonstindan 930 m
Vor diesen Bergmassiven befanden sich Hochmoore mit unzähligen kleinen weißen Büscheln: Wollgras.
Wollgras im Vesterdalen – Kvæfjord kommune - Troms
Bei Gullesfjordbotn bogen wir auf die E 85 in Richtung Sortland ab. Die Straße führte nun entlang des Gullesfjord und bei Langvassbukta entlang des Langvatnet.
Tverrelvtindan 1.118m von Langvassbukta aus gesehen
Es dauerte nicht mehr lange – wir sind übrigens wieder in der fylke Nordland – lag Sortland, die blaue Stadt vor uns.
Sortland, die blaue Stadt an Sund – Vesterålen – Sortland kommune
Das viele Häuser Sortlands in unterschiedlichen Blautönen gestrichen sind, ist das Resultat einer privaten Initiative aus dem Jahre 1999. Blau sollte für den Wechsel der Formen in Raum und Zeit bedeuten. Nun denn, ich finde die Häuser in den traditionellen Farben rot, gelb und weiß hübscher. Aber ich schrieb ja schon mal etwas über die Geschmäcker der Publikümer.
Auf der gegenüberliegenden Seite sahen wir die „blaue Stadt“ Sortland. Am Kai lag die KONG HARALD. Wir überlegten kurz, ob wir dort unseren Mittagssnack einnehmen sollten, verwarfen die Idee aber und besorgten uns stattdessen im Co-op gebratene Hähnchenschenkel und verzehrten diese später außerhalb von Sortland auf einer Bank am Sund – mit Blick auf den Møysalen.
MS KONG HARALD in Sortland - Vesterålen
Wir fuhren über die 948 m lange, 1975 eröffnete Sortlandbrua, die die Inseln Langøya und Hinnøya verbindet.
Sortlandsbrua
Unser erstes Ziel war Jennestad gamle handelssted. Der Landhandel wurde hier von 1830 bis 1982 betrieben. Die alte Ladeneinrichtung ist noch im Original vorhanden. Doch wie so häufig zu dieser Zeit, war das Haus geschlossen und die Maler waren dabei, dem Haus einen neuen Anstrich zu geben. Gut, dann eben wieder ein Foto von außen.
Auf Langøya, der drittgrößten Insel Norwegens mit 850 qkm, sind die Berge zwar nicht so hoch, wie auf Hinnøya, aber ebenso schroff mit gezackten Gipfeln.
Nattmalstinden 336 m – Langøya – Sortland kommune
Auf dem Weg nach Langenes am Nordende der Insel Langøy sehen wir im Sumpf „alte Bekannte“: Graugänse, die an unseren Küsten überwintern.
Von dem FV 955 aus sahen wir an der rechten Seite die in der Sonn liegenden Risetinden und Trolltinden.
Risetinden 564 m links und Trolltinden 557 m rechts - Langøya
Keine 5 Minuten weiter gefahren und schon bot sich ein anderes Fotomotiv.
Nattmalstinden und Storvatn am FV 821 - Langøya
In der flachen Küstenlandschaft Stormyra of Nørde Langøya konnten wir Gänsesägerpaar ausmachen sowie ein Grauganspaar. Letztere überwintern ja gewissermaßen vor unserer Haustür in Hetlingen in der Marsch sowie entlang der Elbe und bei Wischhafen.
Gänsesäger
Graugänse
Von dem FV 935 vor Skogly bot sich uns dieses Panorama
Klotinden 671 m – Nørdre Langøya
Bald waren wir am Ziel, nämlich Langenes. Zuvor aber konnten wir bei Klo (nicht „vom Klo“) diese Aussicht über diese kleinen Schären am Gavlfjorden genießen. Übrigens „Klo“ heißt „Klaue“, also das, was die Hummer und andere Krebse so als „Hände“ haben
Gavlfjorden – Nørde Langøya – Øksnes kommune
Von Langenes aus konnten wir auch eine „neue“ Leuchtfeuerstation für unsere Sammlung einfangen: Anda fyr. Mit dem neuen Teleobjektiv erhielten wir gute Aufnahmen. Immerhin war es von unserem Aufnahmestandort 5,4 km entfernt. 1932 ging es in Betrieb, 1987 wurde es automatisiert. Anda fyr liegt auf der gleichnamigen Insel, die ein bevorzugter Brutplatz für Papageientaucher ist.
Anda fyr – Anda – Øksnes kommune
Hier konnten wir auch Langenes kirke fotografieren, die älteste Holzkirche Nordnorwegens aus dem Jahre 1796. Sie liegt fast am Strand. Langenes war im 17.Jahrhundert eine bedeutende Fischereigemeinde. Ungünstige Küstenverhältnisse, d.h. ein richtiger Hafen war nicht vorhanden, trugen zum Niedergang der Gemeinde bei und Ende des 19. Jahrhunderts, nach einem kurzen Zwischenaufschwung verödete die Gemeinde. Nur noch die Kirche, eine Rune oberhalb der Kirche und eine rote Holzhütte sind geblieben.
Langenes kirke 1796 – Langenes – Nørdre Langøya – Øksnes kommune
Da die Kirche – wie viele Kirchen in Norwegen wegen zunehmendem Vandalismus – nicht geöffnet war, versuchte ich den Altar durch das Fenster zu fotografieren. Der Altar wurde 1758 von dem in Deutschland geborenen Gottfried Ezekiel 1758 geschaffen (Quelle: Norske kirkebygg
http://norske-kirkebygg.origo.no/-/bull ... enes-kirke)
Altar Langenes kirke -
Ein klapperndes Geräusch machte mich neugierig. Ich entdeckte, dass die Tür nicht abgeschlossen war und im Wind etwas gegen den Türrahmen schlug. Toll, doch eine offene Kirche! Also hineinschauen. Aber weit gefehlt. Kaum, dass ich eine Infrarotschranke passiert hatte, ging auch schon der „bygdealarm“ los, so wie viele norwegische Ferienhäuser gesichert sind. Mit schlechtem Gewissen zogen wir das Weite. Nur gut, dass wir unsere Fotos schon vorher gemacht hatten.
In der Nähe der Kirche bei Kråknesbrekka steht noch ein Gedenkstein zur Erinnerung an Torstein Reinholdtsen (1824-1907), den „Held des Meeres“, der viele Fischer vor dem „sicheren Tod“ gerettet haben soll. Der Granitstein zeigt ein schönes Nordlandboot unter vollem Segel. Im Hintergrund war die Insel Andøya zu erkennen.
Gedenkstein Torstein Reinholtsen – Langenes – Øksnes kommune
Von Langenes führte uns unser Weg nach Nyksund. Zunächst geht es zurück auf der Straße 935, die wir gekommen sind, vorbei an der Siedlung Klo. Vor Myre bogen wir rechts ab auf eine noch engere Straße, der FV 938, die auch in einem entsprechenden Zustand ist und deren seeseitige Begrenzungen nicht immer klar zu erkennen sind. Meine Frau schrieb, dass die Straße uns wieder etwas „Unternehmungslust“ – ein anderes Wort für Mut – abverlangte. Aber wir wollten nach Nyksund.
Ach ja, eine gewisse Religiosität sollte jeder Reisende mitbringen, der sich in diese und noch weitere Gegenden nördlich begibt. Man sollte häufig Stoßgebete zum Himmel schicken, dass auf bestimmten Streckenabschnitten kein Fahrzeug und schon gar kein Lkw entgegen kommt.
FV 938 nach Nyksund – Øksnes kommune
FV 938 kurz vor Nyksund mit Nyksund fyr – Øksnes kommune
Nach einer guten halben Stunde waren wir angekommen bei immer noch strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel.
Nyksund – Vesterålen – Øksnes kommune
Nyksund war ehemals ein lebendiger Fischerort. Aufgrund des Strukturwandels in der Fischerei wurde der Ort jedoch aufgegeben. 1985 wurde Nyksund von einem Sozialpädagoge der TU Berlin entdeckt. Durch betreute Jugendliche aus verschiedenen westeuropäischen Ländern wurde der Ort nach und nach wieder instand gesetzt. Der Projektgruppe wurde 7 Jahre mietfreies Wohnen unter Auflagen eingeräumt. Dadurch sind auch wieder Norweger auf den Ort aufmerksam geworden und heute leben etwa 15 Einwohner dort und bieten Konzerte und gute Gastronomie an.
Nyksund – Vesterålen – Øksnes kommune
Wir trinken eine Kaffee in der Nachmittagssonne und genießen die Stille und die Einmaligkeit dieses Ortes. Das Café, oder besser Vertshus, wird von einem jungen norwegischen Paar geführt und wir kommen mit ihnen ins Gespräch. Sie fragen woher, wohin und wie lange. Dann geben Sie uns den Tipp nach Andenes auf der Westseite der Insel Andøya zu fahren. Das hatten wir auch schon ins Auge gefasst – nun machen wir es.
Nordlandboot in Nyksund – Vesterålen – Øksnes kommune
Nyksund – Vesterålen – Øksnes kommune
Dann machen wir uns wieder auf den Weg nach Süden, um unser Hotel in Stokmarknes aufzusuchen. Wir fahren also dieselbe Straße, wie oben abgebildet zurück. Es kam uns kein Auto entgegen.
Auf unserer Fahrt nach Süden bot sich uns wieder atemberaubender Anblick auf die Berge des Møsalen nasjonalpark.
Møysalen 1062 m – Møysalen nasjonalpark – Hinnøya – Sortland kommune
Mit dieser Aussicht sollten wir gleich unsere Hähnchenschenkel verzehren, besser geht’s nicht.
Rastplatz am Sortlandsund - Vesterålen
Abendstimmung auf Langøya am Sortlandsund
Nun suchten wir aber unser Hotel. Es heißt Vesterålen Hotell Stokmarknes. Stokmarknes ist nicht groß, also sollte das Hotel nicht zu übersehen sein. Wir fuhren vorbei am Hurtigrutenmuseum, die „Hauptstraße“ rauf und runter, kein Hotel zu sehen. Dann kam uns der Gedanke, ob das Hotel sich hinter den vom Hurtigrutenkai gegenüberliegenden Rorbua verbirgt? Dann fanden wir tatsächlich einen großen Komplex „Vesterålen Hotell og Congresscenter“. Angehalten, gefragt, ist dies das Vesterålen Hotel? Ja, es gibt ja nur eines hier in Stokmarknes. Doch zunächst musste unser Name, wie noch so oft auf der Reise, mühsam aus den Reservierungen gesucht werden. Wir wiesen den jungen Mann darauf hin, dass wir eigentlich gestern schon hier sein wollten, jedoch stornieren mussten und dass der Manager uns in Svolvær noch angerufen hatte. So langsam schälten sich die Informationen aus dem Computer und wir bekamen unseren Schlüssel mit einem Anhänger in der Form eines Nordlandbootes.
Hotelzimmerschlüssel Stokmarknes
Wir holten unsere Sachen – langsam sind wir geübt, welche Rucksäcke, Rolli, PC etc. mit aufs Zimmer kommen – und machten die Tür zu einer Suite auf. Wirklich toll, aber heiß!!! Die Fenster waren dicht und die Sonne strahlte den ganzen Tag auf die Fenster. Bloß alles aufreißen, sich etwas frisch machen und dann ab auf die Terrasse, ein kühles Bier und Postkarten schreiben
Postkarten schreiben
– mit Blick auf den Hadsel und die hoch und trocken liegende FINNMARKEN; übrigens das größte Museumsexponat der Welt!
MS FINNMARKEN in der Abendsonne um 21.42 Uhr - Stokmarknes
Abends machten wir noch einen Spaziergang über das Gelände des „Konferenzzentrums“ und hinunter zur ISQUEEN, einem ebenfalls an Land gesetzten Walfangbootes. Es hatte geöffnet und eigentlich wollten wir in dem Schiff noch ein Bier trinken, doch leider meldete sich weit und breit keine Bedienung.
Das Restaurant ISQUEEN und Rorbua des Hotels in Stokmarknes
Wir auf dem Spaziergang um 22.00 Uhr
Wollgras im Abendlicht in Stokmarknes um 21.48 Uhr
Die Sonne stand noch immer hoch am Himmel und so erlebten wir, nachher bei weit geöffneten Fenstern in unserer Suite zum ersten Mal die Mitternachtssonne.
Mitternacht 00.00 Uhr Stokmarknes – Blick auf Hinnøya
Allerdings versteckte sich die Sonne hinter den Bergen und war erst um 03.48 Uhr wieder zu sehen; ich wieder aufgewacht und verfolgte den Lauf der Sonne. Meine hat mitten in der Nacht noch die nordgehende NORDNORGE fotografiert. Da habe ich aber tief und fest geschlafen.
Das war der Tage auf Langøya. Bedingt durch den Svolvær-Aufenthalt konnten wir die Fahrt über Hadseløya und den westlichen Teil der Insel Langøya nicht mehr besuchen – aber dafür hatten wir an diesem Tag wieder unbeschreibliche Aussichtgen und Eindrücke.
Teil 16 folgt