„There is lots of ice!“
Nordostgrönland – Expedition Nordmeer 2015
Dienstag, 2. September – Wenig Eis – Nebel – Antarctic Havn
„Um 5 Uhr morgens wache ich auf und traue meinen Augen nicht. Im Spiegel ist ein glutroter Schein zu sehen. Ich zögere. Soll ich aufstehen? Doch dann werde ich unruhig. Das muss ich sehen. Also trotze ich der Kälte, ziehe nur Hose und Fleecejacke über den Schlafanzug, gehe an Deck und genieße diesen sagenhaften, glutroten Sonnenaufgang über dem Eisgürtel. Dieses Licht darf man einfach nicht unfotografiert lassen. So muss die Erschaffung der Welt ausgesehen haben. Außer mir ist nur noch ein weiterer Passagier anwesend. Auch er genießt schweigend dieses wahnsinnige Bild. Hier wäre auch jedes Wort überflüssig. Doch dann treibt mich die Kälte zurück ins warme Bett.“
So begann der neue Tag – jedenfalls für meine Frau, denn ich lag noch in der Koje.
Ich guckte aus dem Fenster. Nanu, kein Eis? Alles Grau in Grau. Doch, vereinzelt schoben sich kleinere Eisstücke an uns vorbei. Für uns waren es nur noch kleinere Eisstücke und Eisschollen, die jedoch zu Beginn Begeisterung ausgelöst hatten. Man gewöhnt sich eben an alles.
Die FRAM fuhr weit außerhalb der Eiskante in Richtung Kong Oscar Fjord, um – wie Steffen gestern erklärte – durch die Hintertür in den Kejser Franz Josef Fjord zu kommen.
Nach dem wieder einmal sehr ausgiebigen und vielfältigen Frühstück hörten wir uns einen sehr interessanten Vortrag über Eis von Steffen an. Er hatte eine wirklich mitreißende Erzählwiese. Wir waren alle mucksmäuschenstill, weil gefesselt!
Da es ziemlich kalt war gegenüber den letzten Tagen, nämlich – 3°C, blieben wir bis zum Mittagessen drinnen. Der Bildschirm in der Kammer zeigte uns, dass wir sehr weit draußen auf See waren.
Die Minusgrade waren es auch, die „verantwortlich“ waren für die nunmehr dichter werdenden Nebelschwaden.
Dichter Nebel – Sicht: Keine 300 m, also, wie der Seemann zu sagen pflegt: „Pottendicke Suppe“.
Hier konnte man die dicke Nebelwand auf uns zukommen sehen.
Zwischendurch gab es dann auch diese „Lichtspiele“
Jedoch war es dermaßen ungemütlich und nasskalt, dass wir uns nach drinnen verzogen und auch mal ein Nickerchen gönnten.
Nach dem Nachmittagskaffee klarte es plötzlich auf und wir konnten diesen riesigen Tafeleisberg sehen.
Wir waren weit draußen vor der Küste, über 40 Seemeilen, also knapp 74 km. Und wenn man diesen „Klops“ von Eisberg sieht, dann kann man sich die Gefahr für die Schiffahrt vorstellen, denn bis der Eisberg abgetaut ist, dauert es, so dass er in die Hauptrouten der Schiffahrt vor der kanadischen und nordamerikanischen Küste treibt.
Gegen 16.00 Uhr nachmittags bekamen wir eine Ahnung, dass dies die Küste gewesen sein könnte.
Allerdings lag auch dort ein dichter Eisgürtel.
Langsam näherten wir uns der Küste am Davy Sund.
Rechts war ein Eisberg zu erkennen.
Die Wolken verfärbten sich leicht in der späten Nachmittagssonne.
Wir näherten uns dem Eisgürtel. Würde er wieder so dick sein wie gestern? Wir hofften es nicht, denn wir wollten ja in den Kong Oscar Fjord und weiter in den Kejser Franz Josef Fjord, dort, wo uns steile Felsen erwarten sollten – so das Expeditionsteam.
Hier ist ein solider Eisberg zu sehen.
Nun schien es aufzuklaren, so dass die Sonne ihr Licht auf die eine oder andere Eisskulptur werden konnte.
Kleine, funkelnde Sternchen auf dem Wasser.
Arktische Farben
Naturkunst
Scholle auf Scholle
Und ein bisschen Farbe auf dem Wasser….
… bis der Nebel wieder einsetzte.
Die Sonne schaffte es nicht, diese Wand zu durchdringen.
Treibeis im Nebel: Eine mystische, gespenstische Stimmung war es – auch für mich als ehemaligem Seemann, der so manche Nebelfahrt auf dem Nordatlantik vor der kanadischen Küste hinter sich hat. Der Unterschied zu heute ist der, dass die Radargeräte seinerzeit in den 1960er Jahren bei weitem nicht so zuverlässig waren, wie die heutigen.
Doch hier erhielten wir wieder eine Ahnung, dass die Küste nicht weit entfernt sein konnte.
Auf dem Bildschirm konnte man den großen Bogen sehen, den wir machen mussten, um dem dichten Treibeisgürtel auszuweichen.
Diese Aufnahme ergab doch einen farbenreichen Kontrast zu der milchigen Suppe von vorhin.
Und dann bekamen wir wieder eine Ahnung, dass wir uns im Reich des Königs der Arktis befanden.
Eisbärspuren. Offensichtlich wieder eine Eisbärin mit ihrem Nachwuchs, denn es zeigten sich zwei Spuren nebeneinander.
Und noch mehr ziemlich frische Eisbärspuren.
Und das könnte der 1.350 m hohe Forchammers Bjerg sein, der an der Nordostseite vom Davy Sund auf Traill Ø liegend von der Nachmittagssonne angestrahlt wird – ein toller Anblick.
Ganz allmählich lichtete sich der Nebel und gab fantastische Küstenanblicke frei.
Kap Simpson
Die Rollier Bjerge am Südufer vom Davy Sund.
Der 835 m hohe Hellispids, der seinen Namen dadurch erhielt, weil er mit Hilfe eines Helikopters „erklommen“ wurde.
Nach dem Abendessen gab es dann für die ganz Aktiven die Möglichkeit in Antarctic Havn anzulanden.
Es war bereits gegen 20.30 Uhr – und irgendwie war uns nicht danach, an dieser Exkursion teilzunehmen.
Vom Schiff aus hatten wir einen tollen Blick auf das Kap Biot.
Claudius Clavus Bjerge und Antarctic Havn
Wir genossen das “grönländische Alpenglühen” auf den Forchammers Bjerg und den östlich davon liegenden Japetus Bjerg.
Um 20.50 Uhr
Der Blick in den Kong Oscar Fjord um 20.30 Uhr ließ den Tag fast so farbenfroh ausklingen, wie er begann.
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Fortsetzung folgt.
Gruß
Ronald