22. Tag – 24. August 2018
Es gab in den vergangenen drei Jahren meiner Norwegenreisen immer eine Gemeinsamkeit: das Wetter. Einen Tag vor meiner geplanten Rückreise zeigt sich der Himmel gnädig und (fast) von seiner besten Seite. So auch in diesem Jahr. Zunächst noch etwas bewölkt, doch schon bald klart es auf und die Sonne kommt mit Macht.
Ich nutze das schöne Wetter für einen Ausflug nach Lesja, knapp 90 Kilometer von Åndalsnes entfernt – die E 136 immer in Richtung Dombås. Die Strecke ist gut zu fahren und ich muss mal wieder achtgeben, mich an die Geschwindigkeitsbegrenzung zu halten. Auf so gut ausgebauten Streckenabschnitten, wie die E 136 bei Bjorli fällt mir das manchmal schwer. Aber ich sehe, wie sich die Polizei in der Höhe der Tankstelle mit ihren Messgeräten auf der gegenüberliegenden Straßenseite einrichtet. Das macht mir bewusst, etwas konzentrierter auf die tatsächliche Geschwindigkeit zu achten.
Mein erstes Ziel ist das Lesja Bygdemuseum, ein kleines aber schönes Freilichtmuseum mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden aus dem 18. Jahrhundert. Das Museum vermittelt Bauweise, Arbeitsbedingungen und Lebensumstände vergangener Zeiten.
Leider komme ich auch hier wieder zu spät – das Museum hatte ebenfalls am letzten Sonntag seinen regulären Besuchstag. Ich kann zwar durch die Anlage gehen, aber die Gebäude sind alle verschlossen. Und Hinweise zu den einzelnen Häusern und ihrer Zweckbestimmung finde ich nur noch auf dem Tafeln am Eingang der Häuser. Aber sehenswert ist die Anlage allemal. Ich denke, im Sommer, wenn hier Betrieb herrscht muss es besonders schön sein; vor allem wegen der Größe des Museums auch einen sehr familiären Charakter bekommen.
Schräg gegenüber dem Bygdemuseum steht die Lesja Kirke auf einem kleinen Hügel. Sie wurde 1749 errichtet und fasst Plätze für 300 Gläubige. Auf den ersten Blick glaubt man, in ihr eine Stabkirche zu erkennen, wie zum Beispiel die in Lom. Aber Lesja Kirke ist eine normale Kreuzkirche aus Holz und sehr schön gelegen.
Innerhalb der Kirche sollen sich schöne Holzschnitzereien, eine besonders schöne Altartafel und ein hölzernes Taufbecken von 1250 befinden. Leider ist auch hier die Saison zu Ende; die Kirche ist geschlossen. Von innen höre ich allerdings den Klang der Orgel. Dieser Klang begleitet mich bei meinem Rundgang über den Kirchhof.
Etwas erstaunt bin ich bei dem Grabmal von Hans Anton Hole (1869 – 1963), der neben einem normalen Grabstein und dem seiner Ehefrau Alfhild (mit Relief) auch noch eine Büste von sich selber aufgestellt hat. Im Netz habe ich keine Hinweise zu Biografie von Anton Hole gefunden; aber ein berühmter Künstler, Politiker oder Kaufmann wird er nicht gewesen sein. Ich verkneife mir eine Kommentierung; aber „meins“ wäre das nicht.
Ich fahre ein kleines Stückchen zurück in Richtung Åndalsnes, vorbei am Wohnhaus von Blakar gård an der E 136 (siehe Bilderrätsel 1964) und biege dann von der Hauptstraße ab in Richtung Lorkverna.
Die alte Mühle Lorkverna ist eine lebendige, industriehistorische Kulturstätte ganz besonderer Art, die ihren Ursprung bereits im frühen 14. Jahrhundert hatte. Traumhaft schön in einem Kiefernwald gelegen findet man an dem Fluss Lora nach einem kleinen Spaziergang die idyllisch gelegene, historisch und natürlich wunderschön restaurierte Mühlenanlage mit Wirtschafts-, Wohn- und Nebengebäude.
Die Anlage besteht aus Häusern aus dem 18. Jahrhundert. Die Gegend ist ideal zum Spielen und Entspannen für die ganze Familie. Hier stehen Bänke und Tische zwischen gepflegten Blockhäusern. Und in den Sommermonaten, wenn hier Führungen stattfinden, kann man sehen, wie das Wasser in den alten Arbeitsprozessen der verschiedenen Stationen eingebunden war.
Auf dem Gelände gibt es neben der restaurierten Mühle auch noch die Schmiede, eine Filz- oder Walkmühle, Scheunen und Ställe, Grillplatz und natürlich das Wohnhaus des Müllers.
Lorkverna ist das ganze Jahr über besuchbar. In der Zeit vom 20. Juni bis 20. August finden jeweils von Freitag bis Sonntag Führungen durch die Anlage statt. Ich war mal wieder zu spät – Nachsaison. Schade eigentlich.
Vom Parkplatz aus gibt es einen schönen Rundweg, der von einem Geschichtsteam schön aufbereitet ist. Er führt zunächst zu der restaurierten Mühlenanlage, geht dann über eine rekonstruierte Brücke über die Lora und führt zu weiteren Stationen schließlich bis zum Lorfossen und auf einem anderen Pfad wieder zurück. Eine schöne Tour für einen Sonntagnachmittags-Spaziergang für die ganze Familie. Besonders schön, der Unterstand und Grillplatz am Lorfossen. Hier kann man es sich gut gehen lassen.
Die ganze Rundtour geht über ca. 5,5 Kilometer und ist gut zu bewältigen. Wäre dort nicht zwischendurch eine ziemlich steile Passage, die aber mit einem Handlauf gesichert ist, würde ich sie sogar für Kinderwagen und ähnl. empfehlen.
(Krähenbeere)
Auf dem Rückweg fahre ich noch an der Lesjaverk Kirke vorbei.
In Lesjaverk gab es bereits im 17. Jahrhundert aufgrund dortiger Eisenvorkommen eine Eisenhütte, die internationale Bedeutung erlangte. Denn das Eisen aus der Hütte war etwas Besonderes, weil es aufgrund des Chromgehalts im Erz rostfrei war. Es war daher im In- und Ausland sowohl für den Schiffbau als auch für den Einsatz in anderen Bergbaubetrieben wie Røros gefragt. Erst nach 1800 ging das Erzvorkommen und damit auch der Siedlungstätigkeit und der Bevölkerung deutlich zurück.
Aber zurück zur Lesjaverk Kirke. Die wurde nämlich 1695 im Zusammenhang mit der Eisenhütte errichtet, aber im Jahr 1855 nach Lesjaskog verlegt und ist heute eine Pfarrkirche. Auf dem Gelände der ehemaligen Kirche wurde nach der Ruhezeit wurde der Holzzaun um den Friedhof abgerissen und versteigert; die Grabhügel nahmen ab. Es sind nur wenige Grabsteine aus Stein geblieben, darunter auch der Besitzer Reinhold Ziegler (1677-1729). Im September 1941 wurde der Friedhof wieder in Betrieb genommen; die Feierlichkeiten fanden unter freiem Himmel statt. Für einen neuen Kirchenbau brauchte es aber noch etwas Zeit. Nach verschiedenen Architektenentwürfen wurde die heutige Kirche 1962 errichtet und im Juli 1964 vom Bischof geweiht.
Und da ich nun schon mal in der „Ecke“ bin, statte ich der „Kylling bru“ noch einen kurzen Besuch ab. Sieht genauso aus wie im Vorjahr. Die 59 m hohe und 76 m lange Steinbrücke aus Granit wurde in den Jahren 1913 bis 1921 erbaut. Sie ist eine der berühmtesten Bahnbrücken Norwegens und zugleich Wahrzeichen der Raumabanen.
Schönen Abend,
schönes Wochenende