FJELL, FOSS, FJORD OG BREE
2019 Herbstreise nach Fjord-Norwegen: „The summer is definitely over“
Tag 11 – 26. September – „Rundt Folgefonna“ Nein, nein, wir sind nicht auf eine Gletschertour gegangen, obwohl das Wetter einladend gewesen wäre. Aber da wir es ja nicht einmal zum Ridderspranget geschafft hatten, begaben wir uns auf eine Tour, die uns abends wieder nach Odda zurückführen würde.
Odda mit Blick auf den Sørfjord – morgens um 9 Uhr
Ziel des Tages war der Åkrafjord mit seinem Langfoss, der mit 612 m Fallhöhe der fünfthöchste Wasserfall Norwegens sein soll.
Die Fahrt begann mit der Fahrt durch das Oddadal. Nach etwas über 1 km vom Hotel entfernt bot sich uns vom RV 13 einen herrlicher Blick über den spiegelglatten Sandvinvatnet in das Buardalen und auf den Øvre Buarbreen. Der etwas südlicher gelegene Nedre Buarbreen wäre nur bei einer Wanderung vom Parkplatz aus sichtbar gewesen.
Jordalsnuten (939 m) und Buarbreen
Da die Sonne vereinzelt durch die Wolken kam, ergaben sich für uns wieder fotogene Spiegelbilder.
Sandvinvatnet
Buardalen und Buarbreen
Nach etwas mehr als 10 Minuten standen wir am Låtefoss, wohl einer der bekanntesten Wasserfälle, da ja die Hauptverbindung von Bergen nach Kristiansand direkt an diesem Wasserfall vorbeiführt. In der Hauptsaison tummeln sich hier Massen von Touristen, heute fanden wir hier gerade einmal vier Touristen vor, die sich auch nach kurzer Zeit verkrümelten. Daher war es auch nicht verwunderlich, dass die Andenkenbude geschlossen und wir den Låtefoss für uns alleine hatten.
Låtefoss. Ein Foto mit Seltenheitswert, da kein Tourist zu sehen war.
Låtefoss mit 165 m Fallhöhe
Der Låtefoss ist aber auch mit seinen zwei Strängen fotogen, wie er aus 165 m Fallhöhe nach unten und unter dem RV 13 in die Storelvi rauscht.
Interessant ist die Gedenktafel am Låtefoss, die an den Unfall des Leutnants Gustav von Hahnke erinnern soll. Es heißt, dass er bei einem Ausflug am 11. Juli 1897 vom Fahrrad gefallen und in die Grøndalselv stürzte. Seine Leiche sei erst nach Tagen gefunden worden.
Gedenktafel Gustav von Hahnke
Hahnke war Mitglied des Offizierskorps der Yacht HOHENZOLLERN und so ist dann auch in der „Unterschrift“ zu lesen: „WILHELM II – Deutscher Kaiser u. das Offizierskorps S.M.Y. Hohenzollern“.
Nur, der rauschende Bach unterhalb des Låtefoss ist nicht die Grøndalselv, sondern die Storelvi, denn die Grøndalselv mündet in den Røldalsvatnet.
Wie dem auch sei, die Gedenktafel sieht recht imposant aus – wie zu damaliger Zeit wohl üblich.
Es ging weiter. Bei Øyna bogen wir auf die E 134, den Haukelivegen, ab und fuhren durch das Sørdalen und durch den 2.920 m langen Rullestadtunnel, der die alte Poststrecke mit einigen scharfen Serpentinen ersetzte.
Langfoss
Noch der Durchfahrt durch den 1.518 m langen Fjæratunnel, südlich des Ortes Fjæra, und den 105 m „langen“ Eljarviktunnel, konnten wir bereits den Langfoss sehen. Von Visitnorway wird er als einer der schönsten Wasserfälle Norwegens beschrieben. Wir meinten, wir hätten schon beeindruckendere Wasserfälle gesehen. Auf jeden Fall ist er mit einer Fallhöhe von 612 m der fünfthöchste Wasserfall in Norwegen.
Åkrafjord und Endafjell
Nun muss ich allerdings zu „seiner Entschuldigung“ sagen, dass wir September schrieben und nicht das Frühjahr nach einem vielleicht besonders schneereichem Winter. Und zugegebenermaßen sieht er von unten beeindruckender aus, als aus der Ferne.
Langfoss – unterer Teil
Langfoss, bevor er in den Åkrafjord „fällt“
Hier am Langfoss gönnten wir uns einen Kaffee, den uns ein junges Mädchen aus einer großen Thermoskanne einschenkte und der sehr gut schmeckte. Auch eine Toilette war geöffnet.
Da die Sonne wieder einmal mit den Farben der Bäume spielte, ergab sich das eine oder andere Foto für uns.
Am Åkrafjord vor Kyrping
Åkrafjord
Da wir ja eigentlich „nur“ den Åkrafjord als Ziel hatten und die Uhr gerade einmal 11.30 Uhr zeigte, entschlossen wir uns, den Weg nach Rosendal fortzusetzen, wo wir Ende April 2012 mit der FRAM ankerten. Wir hofften, dass wir vielleicht noch einige Rosen vor der einzigen Baronie Norwegens sehen würden.
Hierfür müssten wir mit der Fähre von Skånevik nach Utåker übersetzen. Zuvor aber machten wir einen Abstecher nach Kyrping, denn ich hatte gelesen, das Kyrping eine alte Handelsstätte war.
Kyrping
Kyrping am Åkrafjord war ein wichtiger Knotenpunkt für Zusammenkünfte, Handel und Dienstleistungen weit über 1950 hinaus. Viele der Häuser sind restauriert und nunmehr als Ferienhäuser zu mieten.
Kyrping gamle handelssted
Es scheint auch ein beliebter Platz für Angler zu sein, denn nach Rückkehr schauten wir in das Internet und sahen, dass das sehr schön und ruhig gelegene Haus für 2020 bis in den Spätherbst hinein ausgebucht war.
Ferienhaus in Kyrping – leider schon ausgebucht
Herbststimmung am Åkrafjord
Nun ging es weiter nach Skånevik. Bis dahin wollten aber noch fünf Tunnel durchfahren werden: Der Langfosstunnel mit 726 m Länge, der 809 m lange Glymyjetunnelen, gefolgt von dem 2.409 m langen Markhustunnel 2.409 m und dem 7.404 m langen Åkrafjordtunnel und letztlich der Stordalstunnel mit 1.190 m Länge.
Hier ist die Bedeutung des Haukelivegen für die Verbindung von Drammen nach Haugesund und die Wichtigkeit der Tunnel auf dem Haukelivegen erklärt:
https://de.wikipedia.org/wiki/Haukelivegen-
Skånevik – noch sind es nur vier Autos
In Skånevik angekommen, stellten wir uns erst einmal in die Wartespur für die Fähre. Vor uns wartete bereits ein (!) Auto. Dann entdeckten wir den „Fjordkroa“, vor dem sich ein Aufsteller befand, auf dem mit großen Buchstaben zu lesen war „FERSK FISK“. Also nichts wie hin und die Speisekarte studiert: Fish and Chips für 190 NOK. Das hörte sich gut an.
Skånevik Fjordkroa mit frischem Fisch
Aber erst einmal den Fährfahrplan studiert. Es war jetzt 12.30 Uhr und die nächste Fähre würde um 13.20 Uhr gehen. Ein junges Mädchen kam und wir fragten, ob sie es schaffen würde, uns bis zum Fährabgang eine Portion Fish und Chips zuzubereiten. Sie schaute etwas skeptisch auf die Uhr und meinte, es würde wohl gehen.
Dann sah ich den Grund für ihre Skepsis: Sie kam mit einer großen Flasche Speiseöl und dieses musste erst erhitzt werden. Auf jeden Fall schon einmal ein gutes Vorziechen, dass alles in frischem Öl zubereitet werden würde.
Und das Ergebnis rechtfertigte die Wartezeit: Eine riesengroße Portion mit frischem Fisch und dazu leckere, krustige Pommes frites. Und als ich sah, wie groß die Portion war, bat ich um ein zweites Besteck und sie gab uns gleich einen zweiten Teller dazu.
Der Fisch war sowas von saftig und herzhaft gewürzt! Meine Frau und ich waren der Meinung, dass waren die besten Fish and Chips, die wir jemals gegessen haben. Selbst die Fish and Chips in North Shields in Northumbria sind noch übertroffen worden. Dementsprechend fiel auch das Trinkgeld aus.
Nur verstehe ich nicht, wie man einen sooo leckeren Fisch mit Ketchup, Senf und vielleicht noch Remouladensauce verderben kann. Aber die Geschmäcker sind eben unterschiedlich.
Eine durchaus schmackhafte Pause ging zu Ende (Selbst jetzt beim Schreiben läuft mir noch das Wasser im Mund zusammen.)
Am Fähranleger in Skånevik befindet sich ein Denkmal als Erinnerung an den Untergang des Dampfschiffes FOLGEFONDEN am 22. August 1908. Das Schiff war mit 23 Passagieren und 3 Besatzungsmitgliedern auf dem Weg von Bergen nach Sunnhordland, als es auf eine Untiefe lief und sank. Alle Personen kamen ums Leben.
Weitere Details finden sich hier:
https://no.wikipedia.org/wiki/DS_%C2%AB ... nden%C2%BBDie Fähre kommt
Mittlerweile hatten sich drei Spuren mit Fahrzeugen gefüllt und pünktlich um 13.20 Uhr legte die Fähre mit uns an Bord ab. Wir genossen die kurze 20-minütige Überfahrt an Deck.
Skånevik von der Fähre aus gesehen
An Backbordseite grüßte uns auf der kleinen Schäre Skåno ein Gitarrist aus Metall, der wohl auf das alljährlich in Skånevik stattfindende Bluesfestival hinweisen sollte.
Skåno
Herbstfarben auf Håleholmen bei Skanevik
Matersfjord
In Utåker angekommen, rollten wir jetzt über den FV 548, später FV 500, über Sunde entlang des Husnesfjord nach Rosendal.
Herøysund gamle handelssted
Entlang der Uferstraße, die etwas erhöht läuft, hatten wir einen tollen Blick über den Fjord auf eine andere alte Handelsstätte – wie wir erst später erfuhren – Herøysund mit seinen alten weißen Lagerhäusern.
Auf der anderen Seite war die Insel Stord mit dem 724 m hohen Kattnakken zu sehen.
Tysnesøya
Nach 20 Minuten tauchten die „Hausberge“ von Rosendal auf: Der 1.426 m hohe Melderskinn, dazwischen die Laurdalselva und rechts der 1.307 m hohe Laurdalstind – ein imposanter Anblick.
Melderskinn (1.426 m) links, Laurdalselva und Laurdalstind (1.307 m) rechts
In Rosendal angekommen war der Weg zur Baronie leicht zu finden, da er gut ausgeschildet war. Es befand sich auf dem Gelände kein weiteres Auto, so dass wir bis zum Empfangsgebäude fuhren.
Laurdalselva und Laurdalstind
Vor dem Park der Baronie
Da es geschlossen und die Saison beendet war, konnten wir direkt vor dem Gebäude parken und anschließend durch den um 1850 angelegten, herbstlich gefärbten Landschaftspark auf dem Baronivegen direkt zur Baronie gehen.
Malmangersnuten (890 m)
Im Park der Baronie
Herbst an der Baronie
Da die Saison beendet war, war natürlich auch das Kassenhäuschen nicht besetzt und so konnten wir mit Erlaubnis der dort werkelnden Landschaftsgärtner ohne Eintritt (75 NOK pro Person für den Garten) durch den Garten gehen. Weil die sehr starken Regenfälle der vergangenen Wochen die Zugangswege regelrecht ausgespült hatten, durften wir über den leicht ansteigenden Rasen zum 300 Jahre alten Renaissancegarten mit seinen Rosen gehen.
Baronie
In der Tat blühten noch einzelne Rosen und so konnten wir in Ruhe das beste Motiv auswählen, ohne von anderen Touristen gestört zu werden.
Baronie
Rosengarten
Auch das Baugerüst, von dem aus Renovierungsarbeiten durchgeführt wurden, ließ sich etwas verstecken.
Die 1665 fertiggestellte Baronie, die einzige in Norwegen und daher eine große Sehenswürdigkeit für den Westen Norwegens, war übrigens ein Hochzeitsgeschenk für Karen Mowat von ihrem Mann Ludvig Rosenkrantz zu ihrer Heirat 1658.
Mehr Informationen kann man hier erhalten:
https://de.wikipedia.org/wiki/Baronie_RosendalIm Ort befindet sich das im „Schweizer Stil“ errichtete Rosendal Tourist Hotell
Im Anschluss besuchten wir die Kvinnherad Steinkirche aus dem Jahr 1250, die zu den ältesten Steinkirchen Norwegens zählt. Wie nicht anders zu erwarten, war sie geschlossen.
Kvinnherad Kyrkje 1250
Mittlerweile war es 15.30 Uhr und wir beschlossen langsam nach Odda zurück zu fahren, jedoch weiter am Slidafjord und später am Maurangsfjord.
Slidafjord
Maurangsfjord
Nach einer dreiviertel Stunde erreichten wir einen weiteren Wasserfall, der Furebergsfoss, gespeist von der Furebergselva mit einer Fallhöhe von 150 m, aber einer beeindruckenden Breite von 70 m. Er liegt zwischen den Ortschaften Ænes und Sunndal und taucht gleich hinter dem 736 m langen Furebergtunnel auf.
Furebergsfoss
Hier kann man einen Eindruck von der Mächtigkeit des Furebergsfoss erhalten:
http://www.europeanwaterfalls.com/water ... rgsfossen/Am Maurangsfjord hatten wir noch einen schönen Blick in das Fjordende auf die Ortschaft Flatebø mit der Teveitelva und ein Stück des Folgefonna.
Flatebø, Tveitelva und Folgefonna
Kurz vor der Einfahrt in den 11.137 m langen Folgefonntunnel (er ist der drittlängste Tunnel in Norwegen) konnten wir noch einmal eine Gletscherzunge des bis 1.644 m hohen Folgefonna fotografieren. Mit seinen 214 qkm Fläche ist er der drittgrößte Gletscher Norwegens nach dem Jostedalsbreen und dem Svartisen.
Folgefonna
Um kurz vor 17.00 Uhr erreichten wir wieder Odda. Damit hatten wir „Rundt Folgefonna“ vollendet.
Odda Kirche – Langkirche von 1870
Alte Stadthäuser in Odda
Wir unternahmen noch einen kleinen Gang durch den Ort und zum Supermarkt, um unsere Mineralwasserbestände aufzufüllen. Und da wir ja mittags die Riesenportion Fish and Chips hatten, reichten ein paar Knabbersachen zum Abend.
Und dann entdeckten wir noch eine Skulptur eines kräftigen Fjordpferdes mit dem Geschirr. Diese Pferde zogen die Kutschen der Touristen durch den Ort und die Umgebung, bevor die Industrie einzog.
„Skysshesten“
Fortsetzung folgt