FJELL, FOSS, FJORD OG BREE
2019 Herbstreise nach Fjord-Norwegen: „The summer is definitely over“
Tag 14 – 29. September – Ein Tag zum Ausruhen?Nach einem guten Schlaf und anschließendem guten Frühstück, lockte uns die Sonne zu einem Spaziergang. Heute durfte auch unser Auto ausruhen, zumindest am Vormittag.
Vor drei Jahren waren wir das letzte Mal in Grimstad und trauten unseren Augen nicht, was sich alles getan hatte. Das alte Postgebäude war abgerissen und nun stand dort eine moderne Bibliothek mit Café. Die Architektur finden wir sehr ansprechend.

Grimstad Bibliothek. Rechts der Sørenskrivergården, das Haus des Amtsrichters. Bis vor einigen Jahren befand sich hier die Touristeninformation.

Der „bypark“, der neue Stadtpark

Auch der Platz zwischen der Bibliothek und dem Einkaufscenter Odden war zu einem „bypark“, einem Stadtpark mit Spiel- und Turngeräten für Alt und Jung sowie Bänken und Blumenbeeten umgewandelt worden.

Grimstad, der Stadthafen

Ansprechende Wohnarchitektur am Vesterled
Wir machten uns dann auf den Weg, um das neue Domizil unserer Freunde in Grimstad aufzusuchen. Die Adresse hatten wir ja. Aber dennoch laufen wir nichtsahnend daran vorbei. Also machten wir uns auf den Rückweg, um Kaffee zu trinken.

Der renovierte Storgaten-Kindergarten

Storgaten
Wir hatten vor, uns in einer kleinen Bäckerei/Konditorei am Beginn der Storgaten zu stärken. Aber auch die war nicht mehr da, obwohl der Laden jetzt in ein neues Café umgebaut war und den hübschen Namen Herlighed“ trägt. Macht nix, trotzdem Kaffee und ein kleines Stück Kuchen genossen.

Storgaten – menschenleer am Sonntagmorgen
Auf dem Rückweg durch die Storgaten fiel uns auf, dass das eine oder andere Geschäft nicht mehr vorhanden war, z.B. der Buchladen Norli und ebenso ein Damenmodegeschäft. Na ja, die Zeiten ändern sich.
Auf dem Weg zum Auto passierten wir den Reimanngården, gebaut 1750. Damals befand sich in diesem Haus eine Apotheke, in der Henrik Ibsen im Alter von 15 Jahren seine Apothekerlehre begann.

Reimanngården
Und über diesen Link kann man noch mehr über Henrik Ibsen in Grimstad erfahren:
https://www.visitnorway.de/reiseziele/r ... dnorwegen/Heute befindet sich in diesem Haus die Grimstad Kunstforening, die Ausstellung, Konzerte und andere Veranstaltungen organisiert.
-
Wir hatten uns angesichts des schönen Wetters entschlossen, zu unserem Geheimtipp auf Tromøy zu fahren: Skarestranda, ein wahres Sørland-Idyll. Vorher stoppten wir bei der alten Tromøy-Kirche, die ursprünglich als Steinkirche im 12. Jahrhundert auf Grabhügeln aus der Bronze- und Eisenzeit gebaut wurde. Von 1748 bis 1758 wurde sie in eine Kreuzkirche umgebaut.

Tromøy Kirche



Die Kirchenwand weist ein umgearbeitetes romanisches Portal mit zwei Fratzen an der Wand auf, jeweils links und rechts vom Portal. Die linke ist ein Gesicht mit einer Hand, die am Bart zieht („der sog. „sjeggtrekker“) und die andere ein Gesicht, dass die Zunge herausstreckt (der sog. „tungerekker“). Die Motive sollen Parallelen in einer Steinschnitzerei an der Hedrum Kirche in Vestfold und an der Lunner Kirche (Oppland, heute Innlandet) haben.


„sjeggtrekker“und „tungerekker“
Hier kann man die Fotos von Tromøy und Lunner vergleichen:
https://en.wikipedia.org/wiki/Lunner_ChurchDer Sage nach soll es sich um zwei abgetrennte Köpfe handeln, die in die Steinwand eingelassen wurden und von zwei Dieben stammen, die das Kirchensilber gestohlen haben sollen. Sie wurden aber gefangen und hingerichtet.
Quelle:
https://en.wikipedia.org/wiki/Trom%C3%B8y_ChurchDa die Kirche etwas erhöht in der Nähe des Ufers zum Skagerrak gebaut war, wurde sie auch als Seezeichen auf alten Seekarten verzeichnet.
Während des Englandkrieges von 1807 bis 1814 war die Kirche schwarz gemalt, um den Angreifern keine auffallende Landmarke zu bieten. Danach erhielt sie wieder ihren weißen Kalkanstrich.
Leider war die Kirche geschlossen. Und so sahen wir uns auf dem Friedhof um, denn gerade die alten Grabkreuze erzählen schon fast Geschichten, ähnlich wie die alten Kapitänsgräber auf der Nordseeinsel Föhr.
Und so konnte man auf einer Grabtafel lesen, dass ein gewisser Nils Möller „ehemaliger Kontorbediensteter und Materialschreiben im Frolands Eisenwerk“ war – gestorben 1865. Daneben lag ein „Skipscapitaine“, gestorben 1825. Während jener wohl noch als Kapitän auf einem Segelschiff fuhr, war ein anderer bereits „Dampskibsförer“ gestorben 1922. Aber auch ein „Kirkesanger“, gestorben 1894, ruhte dort. Und so ruhten dort noch mehr Schiffsführer, so dass man annehmen konnte, dass zur Blütezeit der Schifffahrt in Arendal viele auf der Insel Tromøy wohnten.
Wir setzten unseren Weg nach Skarestranda fort. Meine Frau schreibt von der Stimmung dort, dass hier eine meditative Stille herrschte. Und so war es auch. Da auch der Wind nur ganz leicht wehte, war es wirklich traumhaft still.

Skarestranda



Einige Hausbesitzer machten ihre kleinen roten Häuschen winterfest. Ein anderes Paar ließ sein Motorboot mit Hummerkörben ins Wasser. Uns war nicht bekannt, dass hier an der Küste von Tromøy Hummer leben. „Ja“, sagte der Mann, „ab 1. Oktober darf der Hummer gefangen werden.“

Wir blieben noch ein wenig und versuchten die Idylle „auf unserer geistigen Festplatte“ zu steigern, denn wer weiß, wann wir hier wiederkommen werden.
Entlang der Sørlandetküste machten wir einen Abstecher nach Narestø, ebenso eine kleine Siedlung, die beschaulich und ruhig an dem FV 3494 auf Flosterøya liegt.

Hier an der Pier befindet sich eine kleine „öffentliche Bücherei“, eine „Brøgge Boga“. Gleich daneben laden zwei Bänke und ein Tisch zum Ausruhen und Schmökern der Bücher ein. Und wer ein Boot besitzt darf an der Narestø Brygge bis zu 24 Stunden lieben bleiben.

Noch eine kleine Besonderheit weist Narestø auf. Gegenüber der kleinen Anlegebrücke kann man ein Kanonenrohr als Seezeichen erkennen. Es ist auf einer kleinen Schäre befestigt, um eben vor dieser Untiefe zu warnen. Zugleich konnte der Kanonenlauf als Festmacherstelle für die Leinen eines Segelschiffes dienen.
Das Kanonenrohr, „Narestø kanoner“, tauchte erstmals 1872 in einem Verzeichnis auf, das im Zusammenhang mit dem Abschluss der Ausbauarbeiten des kleinen „Hafens“ veröffentlicht wurde.

Nach Überlieferung soll dieses Kanonenrohr eines von zwei sein, das von der Batterie auf der Insel Merdø vor Arendal hierher gebracht wurde. Das andere Kanonenrohr soll auf der Schäre Reijerskjær auf der Insel Justøy als Seezeichen verwendet worden sein, das aber bereits 1860 durch eine gusseiserne Säule ersetzt wurde.
Schade, dass wir nicht daran gedacht hatten, uns eine Thermoskanne mit Kaffee mitzunehmen, denn dies wäre der ideale Platz für eine Kaffeepause gewesen, zumal es 14.45 Uhr, also Kaffeezeit war.
Wir beschlossen, die Fahrt nach Gjeving fortzusetzen. Gjeving ist eine kleine Siedlung in der Kommune Tvedestrand, von der aus Taxiboote regelmäßig nach Lyngør fahren. Lyngør ist eine Inselgruppe, die aus vier Inseln besteht und deren Besuch eigentlich ein „Muss“ ist, wenn man in dieser Gegend ist. Die Inseln sind das ganze Jahr über bewohnt, also keine „Touri-Hot-Spots“. Auch hier kann man auf einem Rundgang die Stille und Beschaulichkeit, dieser wenig bekannten Inseln genießen.
Weitere interessante Informationen kann man hier nachlesen.
https://www.visitnorway.de/reiseziele/r ... l/lyngoer/Zurück nach Gjeving. Hier hofften wir einen Kaffee in der Båtbua zu bekommen. Doch Hoffnung und Wirklichkeit sind zwei verschiedene Sachen, denn auch hier, am 29. September, war die Saison zu Ende. Drinnen werkelten Handwerker, um die Spuren der Saison zu renovieren. Aber dafür erhielten wir einen Toilettenschlüssel, dessen Rückgabe man sicherlich nicht vergessen wird.

Der Toilettenschlüssel – hinten das Taxiboot
Auch das Fährboot nach Lyngør lag vertäut am Kai. Am Bootshafen konnten wir herbstliche Aktivitäten erkennen: Die Boote wurden winterfest gemacht oder aus dem Wasser geholt und ins Winterlager gebracht.
Wie war das noch: „The summer is definitely over“.
Wir fuhren zurück nach Grimstad und gönnten uns in der dem Vertshus gegenüberliegenden Pizzeria eine Pizza, denn an einem Sonntagabend in Grimstad oder Arendal ein geöffnetes Restaurant zu finden, wäre eine Sensation. Selbst in den Hotels haben die Restaurants geschlossen, wie wir auf einer unserer anderen Reisen festgestellt hatten.
Hier aber wurde die Pizza frisch zubereitet und so dauerte es eben auch etwas. Aber dafür hat sie hervorragend geschmeckt.
Den Rest des Abends verbrachten wir in unserem kleinen Zimmer.
Dafür, dass es ein Tag zum Ausruhen war, hatten wir doch noch einen kleinen Ausflug unternommen.
Die Strecke auf dem Tag zum Ausruhen

Fortsetzung folgt