Operation Advent - Politik

Norwegenbezogene Themen, die in keine andere Kategorie passen

Operation Advent - Politik

Beitragvon snowstorm » Do, 28. Nov 2002, 1:59

Habe in VG einen Artikel gelesen. Operation Advent, die Polizei (existiert sowas wie BGS?) kontrollierte an den Grenzen zu Schweden Autos und Busse. Ziel waren diesmal aber nicht primär Alkohol/Schmuggelgut, sondern illegale Einwanderer. Augenzeugen berichten daß vor allem Autos mit ausländischen Kennzeichen oder mit männlichem Einzelfahrer angehalten wurden. Es wurden einige Personen festgenommen. Die Kontrollen sollen auch auf weitere fylke ausgeweitet werden.

Norwegen rechnet in diesem Jahr mit einer Rekordzahl an Asylsuchern. Nur ein Bruchteil wird als Asylant anerkannt. Es herrscht ein recht strenges System in Norwegen das aber auch effektiv ist. Norweger - die tun was. (Bitte kein Mißverständnis: natürlich brauchen Verfolgte Schutz. Doch solche, die dieses Recht mißbrauchen, sollten auch postwendend wieder das Land verlassen.)

Gruß Patricia

PS. Wer glaubt, daß nur die Deutschen Besserwisser und rechthaberisch sind, dem empfehle ich den Besuch in einem norwegischen Forum. Die schenken sich auch nichts...
snowstorm
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Re: Operation Advent - Politik

Beitragvon Bjørn » Do, 28. Nov 2002, 16:07

snowstorm hat geschrieben:Norwegen rechnet in diesem Jahr mit einer Rekordzahl an Asylsuchern. Nur ein Bruchteil wird als Asylant anerkannt.
.....solche, die dieses Recht mißbrauchen, sollten auch postwendend wieder das Land verlassen.)


Hi Snowstorm,
ich denke mal, daß du hier ein ganz brisantes Thema angeschnitten hast mit dem m.E. Norge nicht alleine steht. Es betrifft vielmehr alle "reichen" Länder, insbesondere in der westlichen Hemissphäre. Wenn dann noch, wie in D teilweise lasche Handlings hinzukommen (Nichtabschiebung, Duldung selbst bei kriminellem Hintergrund etc.) spricht sich das in den betroffenen ausreisewilligen Ländern blitzschnell herum und führt zu teilweise eklatanten Mißständen, die sich dann wiederum sehr schnell in Ausländerfeindlichkeit widerspiegeln obwohl meist nicht der Ausländer sondern die Ausländerpolitik angefeindet wird.

Ich hatte bei meinem diesjährigen Norwegenaufenthalt den Eindruck, daß zumindest in den Metropolen sehr viele farbige (Mit ?)bürger zu sehen waren. Wesentlich mehr als in den Vorjahren.

Dies war jedoch nur mein urpersönlicher Eindruck und soll gänzlich wertfrei gelten. Ich habe jedoch parallel hierzu bei der Lektüre norwegischer Zeitungen und in Gesprächen mit Norwegern den Eindruck gewonnen, daß sich auch hier soziale Konflikte zusammenballen, die sich nur deshalb noch nicht zu Brennpunkten ausgeweitet haben, weil im Gegensatz zu D der finanzielle Hintergrund in N völlig anders aussieht.

Es wäre wirklich schade, wenn, wie teilweise auch hier, die wirklich Bedürftigen vor dem Hintergund der sog. Wirtschaftsflüchtlinge den Kürzeren ziehen müßten, was nicht oft mit Folter und Tod der Betroffenen einhergeht.

Schlimm :roll:

Hilsen

Björn
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Re: Operation Advent - Politik

Beitragvon ihmotep » Do, 28. Nov 2002, 22:27

Hi! Habe mich bislang mit dem Thema nicht beschäftigt und kann mich nur verdachtsweise äußern, deshalb lasse ich es lieber.

Mir ist aber gerade in diesem Jahr aufgefallen, das in vielen kleineren Orten (300 - 1000) Einwohner viele Asylsuchende (reine Vermutung) heimsich geworden sind und das deutet doch auch ein wenig auf das bisherige deutsche System (oder vielmehr eurpäische) hin, Asylbewerber aus den Metropolen in die ländlichen Gegenden umzuschichten.

Reine Anmerkung am Rande.

Gruß ihmotep
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Re: Operation Advent - Politik

Beitragvon Jürgen R. » Do, 28. Nov 2002, 23:20

Hallo Ihr Drei,

es ist wirklich ein ganz heisses Thema, was Ihr da anschneidet, wenn ich ehrlich bin, habe ich hier auch
selbst noch keine innerliche Entscheidung für mich.

Vielleicht nur ein paar Anregungen zum Nachdenken :

* Es gab Jahre in Deutschland, wo man Ausländer (ich mag den Begriff nicht --- wir sind alles Menschen,
die auf einen Planeten leben) mit Kusshand begrüßt hat, weil sich die meisten Deutschen, infolge der "fetten
Jahre" zu fein waren "niedrig" bezahlte Arbeiten auszuführen.

* "Jeder Mensch betritt diese Welt nur einmal durch das gleiche Tor" --- haben nicht alle Menschen
das Recht auf vernünftige (meschenwürdige) Lebensverhältnisse ? --- Also was ist ein Wirtschaftsflücht-
ling ???

* Ich habe auch Verständniss für die Leute, welche ihren Arbeitsplatz verloren haben, da sie nach einem
Tariflohn bezahlt werden mussten, weil sie einen deutschen Pass besitzen, und nun zusehen müssen, wie ihr
Arbeitsplatz durch "Billigarbeiter" besetzt wird. Die Ursache liegt im System und nicht bei den "Ausländern" !!!

Ihr könnt mich bitte korrigieren, aber ich habe den persönlichen Eindruck, dass dieses Missverhältniss in Norwegen
nicht so existiert, teils durch persönliche Kontakte bzw. das Internet.
Ich selbst arbeite in der Softwareentwicklung, was wirklich nicht zu den schlechtbezahltesten Jobs in Deutschland
gehört. Betrachte ich aber die Gehaltsunterschiede zwischen meinem Job und denen,die mir das Büro sauber machen,
in Deutschland als sehr extrem, wenn nicht sogar unmenschlich --- wir haben alle nur ein Leben --- und wie oft sind
"Ausländer" dabei, weil sich keine "Deutschen" für diese Arbeit finden.
Der Unterschied zwischen meinem Gehalt und dem Raumpfleger (in Deutschland oftmals noch gehässigerweise als PUTZE
bezeichnet), wäre in Norwegen wesentlich geringer, obwohl ich in meiner Person nicht schlechter leben würde.
Das System ist einfach sozialer ausgeglichen und stabiler.

In meine Betrachtungen habe ich noch nicht das Horrorszenario einbezogen, welches es nach den geplanten
Steuer- und Sozialraubzug der "neuen Altregierung" geben wird.

Gruß Jürgen
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Re: Operation Advent - Politik

Beitragvon snowstorm » Fr, 29. Nov 2002, 4:50

Hallo Jürgen!

Jürgen R. hat geschrieben:Es gab Jahre in Deutschland, wo man Ausländer mit Kusshand begrüßt hat.


Ja, stimmt, aber die sind nicht durchs Hintertürchen Asyl gekommen. Wobei ich feststellen möchte daß Asylbewerber nicht "faul" sind sondern nicht arbeiten dürfen.

Also was ist ein Wirtschaftsflüchtling ???


Schwierig zu definieren. Vielleicht jemand, der auf der Suche nach einem (vermeintlich) besseren Leben zu Unrecht Asyl beantragt aber gar nicht verfolgt ist.

Das Asylrecht muß geschützt werden. Nur wenn es lasch gehandhabt wird und die Menschen sich von Ausländern (=Staatsangehörigkeit, Kultur, Sprache, Religion) geradezu überrannt fühlen, sinkt die Akzeptanz. Besonders wenn die Anerkennungsquoten ausgesprochen niedrig sind. Was zur Folge hat, daß man irgendwann für das Asylrecht keinen Rückhalt mehr in der Bevölkerung hat. Und dann sieht es für die wirklich Verfolgten schlecht aus.

Die Norweger machen es schon ganz richtig. Natürlich richten die paar Polizisten nicht viel aus, aber in einer Stunde gut 10 Personen, die kein Aufenthaltsrecht genießen, fest zu setzen, ist ein Zeichen. Eines, daß viele lange vermißt haben. Schätzungen ergeben, daß sich in Oslo 20.000 Personen illegal aufhalten.

Natürlich gibt es Ungerechtigkeiten in der Welt, aber die werden nicht gelöst indem man die Tore aufmacht. Für einen Asylbewerber 4000 NOK pro Monat (fiktive Zahl, ich kenne den genauen Betrag nicht) in Norwegen auszugeben, dieses Geld würde in Mali vielen helfen. Und was den Gehaltsunterschied angeht: niemand bestreitet, daß RaumpflegerInnen einen harten Job haben der gering entlohnt ist. Trotzdem, eine Ausbildung/Studium muß sich doch auch pekuniär bemerkbar machen. Wozu jahrelang schuften, in Norwegen nachher mit einem erklecklichen Schuldenberg dastehen, wenn es sich am Ende nicht auszahlt? Würde es das nicht hätte man auch einfach zum Schrubber greifen können. Wieviel eine Arbeit wie Programmieren oder Putzen zum Unternehmenserfolg beiträgt sollte man ebenfalls beachten.

Daher wünsche ich den Norwegern viel Glück. Am Ende könnte es wegen der engen Auslegung und vor allem Anwendung des Ausländerrechts für Verfolgte dort viel besser aussehen als z.B. in Deutschland.

Gruß Patricia

PS. Auch was die Familienzusammenführung angeht zieht Norwegen anscheinend die Zügel an. Sprache ist, wie auch die Auswanderer hier im Forum feststellen, das A und O. Ohne die kann es niemals echte Integration geben. Meinen Glückwunsch zu den Maßnahmen, denn sie ist letzten Endes nur positiv für die "Zugereisten".
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Re: Operation Advent - Politik

Beitragvon Martin » Fr, 29. Nov 2002, 21:02

Hallo,

@ snowstorm,
bin ganz Deiner Meinung.


Jürgen R. hat geschrieben:* ... in Deutschland, wo man Ausländer (ich mag den Begriff nicht --- wir sind alles Menschen,
die auf einen Planeten leben) ...


Was ist schlimm am Begriff "Ausländer". Sind wir doch alle fast überall auf diesem Planeten. :wink: "Ausländer" schließt doch den Begriff "Mensch" nicht aus ?!? :shock: :-?

Was ist ein Wirtschaftsflüchtling? Sagt doch schon das Wort; jemand, der vor der wirtschaftlichen Situation (die objektiv oder subjektiv unerträglich ist) in seinem Land flüchtet. Und das fällt nun mal nicht unter das Asylrecht, welches denjenigen Schutz bieten soll, die in Ihrem Heimatland aufgrund politischer Verfolgung um Leib und Leben fürchten müssen. Für sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge (sind das auch Unternehmen, die von unserer Regierung ins Ausland getrieben werden, :wink: ) sind u.a. die Zuwanderungsgesetze zuständig.

Zuwanderungsgesetze, die z.B. illegales Einwandern und z. T. menschenunwürdige Schwarzarbeit unterbinden und legale Zuwanderung aufgrund von Fach- und Hilfskräftemangel im Land (Norge und Deutschland sind gute Beispiele dafür) regeln, verdienen es durchgesetzt zu werden. Dann wären auch wirklich Schutzbedürftige (Asylsuchende) besser angesehen.

Jürgen R. hat geschrieben:Betrachte ich aber die Gehaltsunterschiede zwischen meinem Job und denen,die mir das Büro sauber machen,
in Deutschland als sehr extrem, wenn nicht sogar unmenschlich


Was ist unmenschlich an persönlichem Engagement und Einsatz ? Warum soll sich Leistung nicht auszahlen ? Das beinhaltet auch Investitionen in die eigene Zukunft, also Studium, selbstfinanzierte Weiterbildung und Risikobereitschaft, z.B. Selbständigkeit, genau die ist es, die Werte schöpft und Arbeitsplätze für Raumpfleger und Ingenieur schafft. Nichts gegen ein soziales Netz, aber Gleichmacherei unter dem Deckmantel sozialer Gerechtigkeit ist noch keiner Gesellschaft auf Dauer gut bekommen. Jürgen, ich weis nicht, welche Position Du in Deiner Branche / Firma bekleidest. In der IT-Welt verdiene ich ebenfalls das Geld für mich und meine Familie und hätte in Norwegen deutlich weniger als hier (Dank an Ihmotep für den aufschlußreichen Link bezüglich Gehälter und Bezüge an anderer Stelle im Forum). Dafür hätte meine Frau mehr. Ich will auch die Diskussion gar nicht wieder anfangen bezüglich Lebensqualität, frischerer Luft, klarerem Wasser, weisserem Mehl und süsserem Zucker, sowie anderer sinniger und unsinniger "Argumente". Hier geht es "glücklicherweise" um ein anderes, wenn auch ebenfalls kontroverses Thema.

Viele Grüße an alle
Martin
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