Mit MS AMADEA auf Nordkurs

Schweden, Finnland, Svalbard, ...

Re: Mit MS AMADEA auf Nordkurs

Beitragvon Kumulus » Di, 03. Jul 2018, 13:57

Dein Bericht und deine Fotos sind mal wieder faszinierend, Ronald. Ich bin, wie jedes Mal, begeistert und fahre die Route auf einer danebenliegenden Karte immer ein Stückchen mit. Das macht Spaß mit euch unterwegs sein zu dürfen. Auf alle Fälle freue ich mich auf die Fortsetzung. Und im Gegensatz zu manch einem Passagier auf dem Kreuzfahrer weiß ich wo Longyearbyen liegt.

Im Übrigen denke ich, könnt ihr aus den ganzen Anekdoten eines Bordlebens noch eine eigene Unterhaltungslektüre herausgeben. Denn diese Geschichten sind köstlich!!

Bitte weiter so.

Gruß
Martin
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Mit MS AMADEA auf Nordkurs

Beitragvon Ronald » Di, 03. Jul 2018, 14:42

Moin,
Danke Martin!
-
Es geht weiter.

Mit MS AMADEA auf Nordkurs – Teil 7
Freitag, 13. Juni 2014 – Seetag und Bjørnøya


Heute hatten wir den zweiten „reinen“ Seetag auf dieser Reise, also keine Anlandungen, Sundfahrten oder ähnliches. Gelangweilt hatten wir uns dennoch nicht, denn die See ist nicht nur abwechslungsreich ihn ihren Farben, sondern wir wissen ja, dass da unter der Oberfläche recht reges Leben herrscht. Und genau danach wollten wir heute Ausschau halten.

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Die Auf die TV-Geräte in den Kammern überspielte Wetterkarte zeigte uns eine ruhige Fahrt, so dass wir in der Tat die Augen offen zu halten hatten. Und von unseren anderen Fahrten hatten wir die Erfahrung „mitgebracht“, dass dort, wo relativ viele Vögel über der Wasseroberfläche kreisen, Fische waren. Und wo Fische waren, war die Chance, einen Wal vor die Linse zu bekommen recht groß.

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Und so war es dann auch! Zwei oder drei Buckelwale schlugen mit ihren Flanken auf das Wasser. Zwischenzeitlich kam auch „Walalarm“ von der Brücke aus den Lautsprechern. Und das hatte zur Folge, dass nunmehr das Deck 11 voll mit „Fotolemmingen“ war, wie sich ein anderer Passagier ausdrückte.

Meine Frau schrieb:
„Frage eines Passagiers (ohne Fotoapparat): „Wo sind denn die Wale, Backbord oder Steuerbord?“ Mach einfach die Augen auf, Junge. Sie sind mal hier, mal da. Weil aber gerade kein Wal auftaucht, zieht er wieder ab. Geduld ist eben nicht jedermanns Sache.“

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Kurz danach konnten wir beobachten, wie einer der Wale abtauchte. Und hier konnten wir auch einen großen Schwarm von Vögeln sehen: Möwen und Eissturmvögel.

Interessant auch die Frage einer Frau zu den Vögeln: „Sind das denn nun Möwen oder schon Albatrosse?“

Soweit ich mich entsinne, berichteten die Medien in Norddeutschland, dass sich tatsächlich ein Albatros nach Helgoland verirrt hatte.

https://www.ndr.de/nachrichten/schleswi ... os152.html

Offensichtlich hatte die Frau hiervon gehört. Aber dass Albatrosse in so großer Zahl auf der Nordhalbkugel vorkommen???

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Dann tauchen vier Buckelwale auf einmal auf und wir konnten deren Blas sehr gut sehen.

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Und da ich meine zweite Kamera mit dem 400-mm-Objektiv immer schussbereit mit mir mittrug, konnte ich diese schönen Erlebnisse einfangen. - Mir war allerdings aufgefallen, dass einige Passagiere mit dem Kopf schüttelten, wenn die mich so mit zwei Kameras und der "Kanone" an Deck rumlaufen sahen ….

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Und dies war dann der letzte “Foto-Fang” für den heutigen Tag, was die Wale anging, obwohl der “Walalarm” noch den ganzen Tag andauerte. Aber die dann gesichteten Wale waren dann doch zu weit weg.

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Um kurz nach 14 Uhr kam Bjørnøya, die Bärensinsel in Sicht! Wir hatten Glück, denn genau wie Jan Mayen soll Bjørnøya sich 350 Tage im Jahr von Nebel umgeben sein. Toll, dass wir diese Insel in ca. 8 sm sehen konnten. Das erste Mal haben wir Bjørnøya im September 2011 mit der FRAM besucht und sind auch dort bei Sørhamna vor Anker gegangen.
Die Insel gehört nach der Unterzeichnung des Spitzbergen-Vertrages 1920 zum Svalbard-Archipel. Vorher war sie Niemandsland, jedoch wurde sie im letzten Jahrhundert industriell genutzt für Bergbau, Fischerei und Walfang. Von 1900 bis 1908 befand sich hier eine deutsche Fischereistation. Kohlenbergbau fand von 1915 bis 1925 im Norden bei Tunheim statt. Da die Insel seit 2002 zum Naturschutzgebiet erklärt wurde, leben heute dort keine Menschen mehr – mit Ausnahme der Ausnahme einiger Forscher der Wetterstation Herwighamna im Norden der Insel.

Weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%A4reninsel

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Ab und zu flatterten die kleinen Krabbentaucher über die Wasseroberfläche. Wenn unser Schiff zu nah an den Alkenvogel kam, flatterte dieser eine Zeitlang, bis her entsprechende „Flughöhe“ hatte. Wenn’s mal nicht klappte, dann war er – schwupp – einfach untergetaucht.

Hier sind weitere Informationen über diese kleinste Alkenvogelart:
https://www.spitzbergen.de/landeskunde- ... ucher.html

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Gegen 14.00 Uhr passierten wir die Südspitze von Bjørnøya: Kap Dunér.

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Wir fuhren jetzt entlang der schroff abfallenden Felsen im Osten der Insel entlang.

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Um 14.30 Uhr passierten wir Kapp Bull ….

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… und sahen dann das Myserifjellet (Misery Mountain) mit den drei Gipfeln 563 m, 462 m und 454 m.

Toll, nun hatten wir in unserer „Insel-Sammlung“ Bjørnøya ein zweites Mal gesehen. Jetzt fehlten inunserer Insel-Sammlung „nur noch“ Prins Karls Forland, Nordaustlandet, Kvitøya. Barentysøya, Kong Karls Land, Egdeøya und Hopen, :lol: denn auf dieser Reise sollten wir ja noch Jan Mayen sehen – hoffentlich!

Weitere interessante Informationen zur Bäreninsel und Fotos von Rolf Stange findet man hier:
https://www.spitzbergen.de/?page_id=7524

Den Abschluss des Tages beschreibt meine Frau so:
„Selbst abends in der Vista Lounge setzt sich der Walalarm fort: „Wale voraus“, ruft jemand. Alle springen auf und drücken ihre Nasen an der Scheibe platt, sehen nichts, setzen sich wieder, um kurz darauf erneut aufzuspringen. Das geht eine Weile hin und her. Scherzhafte Bemerkung eines Mannes: „Da sitzt man gerade gemütlich im Sessel …“. Antwort einer Frau: „Ja, man kommt gar nicht zur Ruhe.“ Die Wale bringen den eingespielten Trott völlig durcheinander.

So endet ein spannender „Wal-Tag“.
Wenigstens gibt es auf diesem Schiff ein paar Menschen, die auch mal die See beobachten und sich über solche tierischen Ereignisse freuen können. Die anderen amüsieren sich vermutlich auf der gerade stattfindenden Flower Power Party mit entsprechender Kostümierung.“


Und wir freuten uns auf den nächsten Tag, denn Morgen sollten wir Spitzbergen, die Hauptinsel des Svalbard-Archipels anlaufen.

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Und letztlich bitte ich die User um Entschuldigung, die meinen Reisebericht auf Mobilgeräten gelesen und die Fotos angesehen, sprich „runtergeladen“ hatten. Ich bin richtigerweise darauf hingewiesen worden, dass dieses „Runterladen“ erhebliche Datenmenge kostet. Ich werde die nächste Tage „schnippeln“, so dass weniger Fotos pro Teil erscheinen.
Noch einmal: Danke für den Hinweis!

Gruß
Ronald
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Re: Mit MS AMADEA auf Nordkurs

Beitragvon Voronwe » Mi, 04. Jul 2018, 18:19

Sehr interessanter Bericht, und wenn ich das so lese, ist Kreuzfahrt wohl doch nichts für mich.

Ronald hat geschrieben:Toll, nun hatten wir in unserer „Insel-Sammlung“ Bjørnøya ein zweites Mal gesehen. Jetzt fehlten inunserer Insel-Sammlung „nur noch“ Prins Karls Forland, Nordaustlandet, Kvitøya. Barentysøya, Kong Karls Land, Egdeøya und Hopen, :lol: denn auf dieser Reise sollten wir ja noch Jan Mayen sehen – hoffentlich!


Wenn es hier um norwegische Inseln geht, solltest Du die Bouvetinsel nicht vergessen :D
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Re: Mit MS AMADEA auf Nordkurs

Beitragvon Ronald » Do, 05. Jul 2018, 10:59

Moin,
nee, wir sammeln nur nordatlantische Inseln - allerdings nicht alle norwegischen, das schaffe ich in diesem Leben nicht mehr.
Gruß
Ronald

PS Trotzdem interessant Deine Insel.
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Mit MS AMADEA auf Nordkurs

Beitragvon Ronald » Fr, 06. Jul 2018, 15:50

Mit MS AMADEA auf Nordkurs – Teil 8
Sonnabend, 14. Juni 2014 – Spitzbergen - Isfjord - Nordenskjöldbreen


Es war 08.30 Uhr als wir in den Isfjord einliefen. Das Wetter war herrlich, einzelne Wolken mit viel blauem Himmel, der die weißen Berge Spitzbergens noch weißer erschienen ließ. Wir also schnell raus aus der Koje, Schnelldusche und warm anziehen, denn hier war es jetzt um die 0°C.

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Unser Blick ging über das Nordenskjöld-Land an Steuerbordseite, also auf die Südseite des Isfjord, nach Grumantbyen und das Fuglefjella. In Grumant befand sich eine ehemalige sowjetische Kohlengrube, die mittlerweile stillgelegt ist.

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Es ging am Flughafen von Longyearbyen vorbei…

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... und am Vestpynten Leuchtfeuer, der Einfahrt in den Adventfjord nach Longyearbyen.

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Schon um 08.40 Uhr kam der Lotse angerauscht. Und wir fuhren weiter in den Isjord hinein Richtung Nordenskjöld-Gletscher. Bis dahin waren es aber noch ungefähr 50 sm, also etwas über 90 km.

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Und so standen wir staunend an Deck und blickten auf die schneebedeckten Berge, wie hier die auf der Nordseite des Adventfjord liegenden Gipfel des 786 m hohe Adventtoppen und des 928 m hohen Hjorthfjellet.

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Wir fuhren weiter in den Isfjord hinein und sahen im Adventfjord die Bergbaustadt Longyearbyen und an der Pier dort liegend die ALBATROS, die uns ja aus der TV-Serie „Verrückt nach Meer“ zu dieser Kreuzfahrt verführt hatte. Über Longyearbyen und der ALBATROS „thronte“ der Gletscher Foxfonna mit dem 818 m hohen Berg Breinosa.

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Absolut beeindruckend waren für uns die Plateauberge mit ihren kaskadenförmigen „Elefantenfüßen“, hier z.B. der auch so genannte 484 m hohe Platåberget…

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… und hier am Kap Fleur de Lys im Dickson Land …

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… oder hier am Billefjord.

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Um kurz nach 10 Uhr lag er vor uns – oder wir lagen vor ihm -, der gewaltige Nordenskjöldbreen mit dem 1.087 m hohen Terrierfjellet. Der Gletscher liegt zwischen Dickson Land und Bünsow Land und fließt etwa südwestwärts auf einer Länge von 25 km und einer Breite von 11 km. Er fließt dann in die Adolfsbukta, einem Zeig des Billefjord. Der Nordenskjöldbreen als auch die Adolfsbukta haben ihren Namen von dem schwedischen Polar Entdecker Adolf Erik Nordenskjöld.

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Wir hatten – und haben auch heute noch – keine Vorstellung über die Höhe dieser gewaltigen Gletscherabbruchkante. Vor der Kante ist das Wasser noch gefroren, aber der Sommer kam auch hierlangsam an. Der – übrigens hervorragende – Lektor der AMADEA wies uns auf kleine braune Punkte hin: Bart- und Ringelrobben, die dort die Sonne genossen haben. Sie waren jedoch nur schwer zu erkennen.

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Aus dem Gletscherstrang des Ferrierfjell im Nordenskjöldbreen waren mehrere schwarze Moränenstränge zu erkennen, d.h. der Gletscher reibt gewissermaßen die unter ihm liegenden Felsen ab und schiebt das Geröll nach vorne.

Mittlerweile hatte sich das Deck 11 mit „Fotolemmingen“ gefüllt und so versuchte jeder das für ihn richtige Motiv zu finden. Lediglich eine Frau schien an der Eiskulisse kein Interesse gehabt zu haben: Sie lag mit geschlossenen Augen auf einer Sonnenliege …

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Das bis 922 m hohe Ferrierfjellet, hier dessen Abbruchkante.

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Da die AMADEA keine Eisklasse hatte, konnte sie auch nicht dichter an die Abbruchkante fahren. Und nach einer Stunde Aufenthalt am Nordenskjöldbreen drehten wir ab Richtung Tempelfjord. Das tat aber unserem Erlebnis keinen Abbruch.

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Auf der Weiterfahrt konnten wir zahlreiche Krabbentaucher und Papageitaucher sehen, die stets dann ihre Flucht ergriffen, sobald die AMADEA etwas näher kam.

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Ein Blick zurück und man konnte den Nordenskjöldbreen in seinem ganzen Ausmaß sehen.

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Es ging vorbei an der Mimerbukta mit dem 785 m hohen Torfjellet Richtung Tempelfjord.

Fortsetzung folgt
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Mit MS AMADEA auf Nordkurs

Beitragvon Ronald » So, 08. Jul 2018, 15:47

Mit MS AMADEA auf Nordkurs – Teil 9
Sonnabend, 14. Juni 2014 – Tempelfjord, Longyearbyen und Barentsburg


Vom Nordenskjöldbreen drehte die AMADEA nun ab und fuhr südwärts durch den Billefjord.

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Dabei passierten wir den 937 m hohen Berg Pyramiden und den gleichnamigen Bergbauort. Meine Frau berichtete hierüber wie folgt:

„Wir passieren jetzt „Pyramiden“, die aufgegebene russische Bergarbeitersiedlung, die am Fuße des gleichnamigen Berges am Billefjord liegt. Als Unterzeichnerstaat des 1920 abgeschlossenen Spitzbergen-Vertrages, durch den Norwegen die Souveränität über den Spitzbergen-Archipel erhielt, hat Russland das Recht, hier Kohle abzubauen. Auch der Ort Barentsburg ist solch eine russische Enklave. In Pyramiden lebten und arbeiteten früher über 1.000 Menschen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Pyramiden die wichtigste und größte Kohleabbausiedlung Russlands in der Arktis. Inzwischen soll sich wieder Leben regen, wie unser Lektor mitteilt. Arbeiter sollen dabei sein, die verfallenen Häuser zu renovieren. Eventuell wird es später touristisch vermarktet.“

Obwohl die Berge links und rechts des Billefjord nicht besonders hoch waren, beeindruckten sie doch durch ihre Formationen und die jeweiligen Gesteinsschichten.

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Wir fuhren entlang einer Eisschicht, auf der es sich eine Robbe „bequem“ gemacht hatte. Da es sich nicht um eine größere feste Eisscholle handelt, brauchte sie einen Eisbären nicht zu fürchten, denn der würde hier zwischen den kleineren Schollen einbrechen und die Robbe hätte längst das Weite gesucht.

Gegen Mittag offerierte der Koch an Deck „Fish-n-Chips“ – da konnten auch wir uns nicht zurückhalten. Und das hatte den Vorteil, dass wir angesichts der grandiosen Landschaft nicht unter Deck zum Mittagessen mussten.

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Wir waren nicht alleine unterwegs hier im Archipel. Es gibt ja mehrere Anbieter, speziell von Expeditionsreisen mit eisverstärkten Schiffen, die also auch in entlegene Fjorde hineinfahren können. Hier begegneten wir dem russischen Schiff PROFESSOR MOLCHANOV. Hier kann man weitere Informationen über dieses 1982 gebaute eisverstärkte Schiff erfahren:

https://de.wikipedia.org/wiki/Professor_Molchanov

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Auf der Fahrt zum Tempelfjord wurde es etwas ungemütlicher, denn es zogen Wolken auf und der Wind nahm etwas zu. Aber wir waren ja schon „arktiserprobt“ und hatten auch die richtige Kleidung mit, so dass uns so schnell nichts unter Deck trieb. Und Schneeschauer am 14. Juni? Man gönnt sich ja sonst nichts!

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Gegen 13.30 Uhr hatten wir die Abbruchkante des Tunabreen erreicht. Diese Kante wird oft verwechselt mit der des Von Postbreen. Da aber der Von Postbreen sich vorher mit dem Tunabreen vereinigt, fließt er hier nach 23 km in den Tempelfjord.

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Die Abbruchkanten schienen hier hellblau. Der Lektor erklärte, das die hellblaue Farbe ein Indiz dafür sein konnte, der der Gletscher kürzlich gekalbt hatte oder dass das Eis einen besonders hohen Luftblasenanteil aufwies.

Nachdem wir nun auch diesen Gletscher „besucht“ hatten, nahm die AMADEA Kurs auf Longyearbyen. Und wenn man sich die Felsformationen ansah, dem erklärte sich auch, woher der Tempelfjord seinen Namen hatte.

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Unterwegs begleiteten uns immer wieder Papageitaucher.

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Hier endete der Tempelfjord und wir fuhren in den Sassenfjord.

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Bald erreichten wir den Isfjord und etwas später legten wir in Longyearbyen an.

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Seit meinem ersten – seinerzeit berufsbedingten – Aufenthalt in Longyearbyen sind zahlreiche neue Häuser gebaut worden, denn Longyearbyen hat trotz der langen „mørketid“, der dunklen Jahreszeit, eine enorme Anziehungskraft für norwegische junge Familien. Grund: Hohe steuerliche Vorteile beider Einkommensteuer und keine Mehrwertsteuer auf Waren des Alltags in der Svalbardbutikk.

Und Letzteres merkten wir auch, denn wir brauchten eine neue externe Festplatte, weil kurioserweise unsere beiden externen Festplatten ihren Geist aufgegeben hatten. Wir hatten zwar genügend Speicherkarten mit, aber dennoch wollten wir die Fotos so gut wie möglich abgesichert haben. Und in der Tat lag der Preis der Festplatte genauso hoch wie bei uns in Deutschland.

Und in der Svalbardbutikk hatte meine Frau wieder einmal ein kleines „Erlebnis“ aufgezeichnet:

„An der Kasse wundern wir uns wieder einmal über eine unserer Mitreisenden, die mit der größten Selbstverständlichkeit die Kassiererin auf Deutsch anspricht und versucht, in Euro zu bezahlen. Das ist zwar möglich, nur wechseln kann die Kassiererin nicht, sie kann nur Kronen herausgeben. Das versteht die Kundin überhaupt nicht. Wieso ist das nicht möglich? Und überhaupt: Wieso spricht die Kassiererin kaum Deutsch? Ronald hilft ihr aus der Patsche, indem er einen 50-Euro-Schein wechselt und sie nun passend bezahlen kann. Erleichterung bei allen Beteiligten. Die Kassiererin macht inzwischen einen ziemlich genervten Eindruck, was ich nachvollziehen kann.“

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Im Hintergrund sind noch die Stahlmasten der alten Kohlenseilbahn zu sehen.

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Im Zentrum zu Ehren der Kohleberbauarbeiter. Und es wird immer noch Kohle abgebaut, in einer Grube für den Export und in einer anderen für den Eigenbedarf, denn in Longyearbyen steht Norwegens einziges Kohlekraftwerk, über dessen Ende wegen des hohen CO2-Ausstosses heftig diskutiert wird.

Mehr Informationen über den Kohleabbau findet man hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Store_Nor ... Kulkompani

https://de.wikipedia.org/wiki/Store_Nor ... Kulkompani

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Die Masten der alten Kohleseilbahn

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Abends verließ der Massengutfrachter AFRICABORG mit Kohle beladen den Hafen von Longyearbyen. Im Hintergrund waren der Borebreen und der Samebreen zusehen.

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Hier steht das wichtigste Verkehrsmittel für die schneereiche Zeit – und die ist lang.

Hier ist noch ein interessanter Artikel über das Leben in Longyearbyen:
http://www.fr.de/panorama/spitzbergen-i ... n-a-575487

Wir nahmen den nächsten Bus zurück zum Schiff, denn die Landgangszeit war zwar kurz, aber ausreichend, um sich einen Eindruck von der leinen Bergbau- und Forschungsstadt Longyearbyen zu verschaffen.

Forschungsstadt: In Longyearbyen steht das University Centre in Svalbard, dass eine Außenstelle der Universitäten von Oslo, Bergen, Tromsø und der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens ist. Hier wird hauptsächlich auf den Feldern der Arktisausbildung und –forschung gearbeitet.

Auch hierzu gibt es einen übersichtlichen Artikel:

https://de.wikipedia.org/wiki/Universit ... n_Svalbard

Und wer noch etwas über den weltweit größten Saatgut-Tresor erfahren will, der in der Nähe von Longyearbyen existiert, der kann hiernachlesen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Svalbard_ ... Seed_Vault

Um 19.00 Uhr verließ die AMADEA Longyearbyen mit Ziel „Barentsburg Passage“, bevor es am nächsten Morgen nach Ny-Ålesund und zum Magdalenefjord gehen sollte.

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Der Kurs führte an den mächtigen Gletschern auf Kong Oscar II Land vorbei: Borebreen mit dem Berg Syltoppen, dem Syllfjell und dem Svermissen

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Und immer wieder begleiteten und die wenigen Eissturmvögel und es war gar nicht so leicht so einen „Kunstflieger“ einzufangen.

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Das mächtige 998 m hohe Lexfjell auf Kong Oscar II Land.

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Gegen 21.00 Uhr passierten wir die russische Bergarbeitersiedlung Barentsburg. Auch hier wird noch Kohle gefördert, jedoch mehr aus Prestigegründen, als der Wirtschaftlichkeit wegen – so wurde uns erzählt bei einem früheren Besuch.

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Und der Zustand der Gebäude spricht für sich …

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Auf Wiedersehen Barentsburg

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Und bei Prins Karls Forland in der Isfjordrenna trafen wir dann auf einige Schneestürme.

Fortsetzung folgt
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Re: Mit MS AMADEA auf Nordkurs

Beitragvon Badener1972 » So, 08. Jul 2018, 17:58

Wieder mal sehr schöne Bilder lieber Ronald, herzlichen Dank dafür!
Zu Eurem Erlebnis beim Einkaufen kann ich folgende Anekdote aus dem Jahr 1997 beisteuern.
Wir standen in Trondheim auf dem Campingplatz (dank geliehenem mit Münchner Kennzeichen) und hatten es uns gerade in der Sonne gemütlich gemacht als wir durch laute "Huhu" und sonstige laute Rufe mit deutlich bayrischem Einschlag aufgeschreckt wurden. Als ich schließlich mein eines Auge halb geöffnet hatte um das Geschrei zu orten erkannte ich zu meinem Schrecken eine mit reichlich Fassadenschutz und diversen Klunkern verzierte Mittfünfzigerin die als Beifahrerin eines Luxux-Womo´s (auf Omnibusfahrgestell aufgebaut), ebenfalls mit Münchner Kennzeichen, aus ebendiesem zu uns herüberwinkte.
Zu meinem Leidwesen begann ihr Göttergatte unter hektischem Winken ihrerseits auf den Stellplatz gegenüber unserem zu rangieren. Nach einer Viertelstunde erbarmte ich mich dann, bedeutete ihm auszusteigen und sich um seine, inzwischen sichtlich entnervte, Gattin zu kümmern. Nach einmal hin und her stand seine Kiste dann nach zwei Minuten exakt so, wie er es geplant hatte. Dummerweise reichte diese kleine Hilfe schon, sich die "Freundschaft" der beiden zu sichern, was sich beim Einkaufen im Supermarkt am nächsten Tag noch als peinlich herausstellen sollte. Hier standen die beiden nämlich an der Kasse nebenan und wollte partout mit Schwedischen Kronen bezahlen. Sie waren dann nachdem ich ihnen das Englisch der Kassiererin übersetzt hatte total erstaunt, das die Norweger unbedingt Norwegische Kronen wollten und keine Schwedischen, das sei doch alles Skandinavien. Das sie (die Kassiererin) kein Deutsch konnte fanden sie sowieso "unverschämt" (das sie es sehr wohl konnte wusste ich vom Vortag als ich mit Englisch anfing und sie fast akzentfrei antwortete: Wir können uns ruhig auf deutsch unterhalten. :lol: )

Liebe Grüße
Wolfgang
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Re: Mit MS AMADEA auf Nordkurs

Beitragvon tyskenser » So, 08. Jul 2018, 20:05

morgen treffen sich zwei kreuzfahrtlegenden in bergen.
eine mit ost- und eine mit westvergangenheit.
wer löst das rätsel ?
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Re: Mit MS AMADEA auf Nordkurs

Beitragvon Ronald » Mo, 09. Jul 2018, 10:30

Wahrscheinlich meinst Du die ASTORIA (ex AZORES - siehe mein Bericht Teil 3 ex VÖLKERFREUNDSCHAFT ex STOCKHOLM) und die LOFOTEN.
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Re: Mit MS AMADEA auf Nordkurs

Beitragvon Kumulus » Mo, 09. Jul 2018, 11:27

Eine schöne Fortsetzung eurer Kreuzfahrt und phantastische Bilder. Ich denke aber, die wirkliche Kraft und Schönheit kann man eigentlich nur live wahrnehmen und erleben.

Danke
Martin
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Re: Mit MS AMADEA auf Nordkurs

Beitragvon tyskenser » Mo, 09. Jul 2018, 13:37

Ronald hat geschrieben:Wahrscheinlich meinst Du die ASTORIA (ex AZORES - siehe mein Bericht Teil 3 ex VÖLKERFREUNDSCHAFT ex STOCKHOLM) und die LOFOTEN.

ja und nein,
die amadea trifft heute auf die astoria. sonst hätte ich deinen fred nicht genommen ;)
leider haben die keinen parkplatz nebeneinander bekommen.
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Re: Mit MS AMADEA auf Nordkurs

Beitragvon Ronald » Mo, 09. Jul 2018, 14:05

Moin,
Danke Wolfgang für diese nette Anekdote. Ja es laufen immer noch sehr viele Menschen mit einem eingeschränkten Bewusstsein durch die Gegend.

@Martin: Ja, man muss sich dazu die Stille vorstellen, denn die meisten Passagiere standen stumm auf dem Deck 11 und bewunderten diese - wieder einmal - "Wunderlandschaft".

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Mit MS AMADEA auf Nordkurs – Teil 10
Sonntag, 15. Juni 2014 – Trygghamna


Es war Sonntagmorgen. Um 05.45 Uhr riss uns eine Lautsprecherdurchsage von der Brücke aus dem Schlaf. Man teilte uns mit, dass die nach dem „Fahrplan“ vorgesehenen Ziele Magdalenefjord und Ny Ålesund wegen starken Eisgangs nicht angelaufen werden können. Die Schiffsleitung war in Kontakt mit einem dort befindlichen Forschungsschiff, das auch deren Fahrt trotz höherer Eisklasse abgebrochen wurde. Auch an unserem jetzigen Standort, ca 16 sm vor dem Magdalenefjord war die Eislage schwierig. Ebenso konnte Ny Ålesund wegen starkem Wind nicht angelaufen werden. Ein Anlaufen sei zu schwierig und zu gefährlich. Deshalb drehte AMADEA um und fuhr auf Anraten des Lotsen zurück, um zwei Buchten gegenüber Barentsburg anzulaufen. Wie war es in der Reisebeschreibung zu lesen:
„Alle Passagen und Landgänge vorbehaltlich Wetter-, Eis- und Tidesituation, behördliche Vorgaben, Lotsenverfügbarkeit sowie Lotsen- und Kapitänsentscheidung.“

Und so drehte nicht nur AMADEA um, sondern auch wir uns und schliefen noch eine Weile.
Später beim Frühstück hörten wir dann eine Frau am Nebentisch, die sich über die Durchsage beschwerte:
„Die Durchsage konnte man ja nicht abstellen, das ging ja nicht. Morgens um viertel vor sechs eine Durchsage zu machen, das gehört sich nicht. Das ist ja anmaßend.“
Es gibt immer wieder Leute, die überhaupt nichts begreifen.

Und dann hörten wir eine weitere Bemerkung eines Passagiers auf dem Lido Deck:
„Dat Scheiß Klaviergeklimpere den ganzen Tag.“

Letztlich hörten wir doch tatsächlich von einem anderen Mitfahrer, der in der Boutique die Frage einer Frau mitbekommen hat, die die Verkäuferin allen Ernstes gefragt hat, ob sie auch an Bord isst. Leider hat er nicht gehört, was diese darauf geantwortet hat. Das passt zu dem Buch „Schläft die Crew auch an Bord?“ Es gibt eben immer wieder etwas zu lachen.

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Der Eingang zum Isfjord

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Unglaublich viele Eissturmvögel waren in der Luft. War dort vielleicht ein Fischschwarm? Dann wäre auch die Möglichkeit gewesen, vielleicht Wale zu beobachten, denn seit 2010 sind wieder vermehrt Buckelwale vor Spitzbergen gesichtet worden.

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Eissturmvogel

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Bei fast wolkenlosem Himmel steuerten wir gegen 13.30 Uhr in die Bucht Trygghamna ein, an deren Eingang – oder Ausgang, wie man will – das 617 m hohe Alkhornet liegt. Der Felsen ist nach den Alkvögeln benannt, an dem ca. 10.000 Seevögel in ihren Nestern brüten.

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Bei der Felsformation Alkhornet handelt es sich um umgestaltetes, d.h. durch Ablagerungen entstandenes Karbonatgestein, das über eine Milliarde (!) Jahre alt ist. Eine faszinierende Vorstellung.

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Die auf der anderen Seite von Trygghamna auf dem Värmlandryggen liegenden Gesteine sind „lediglich“ 200 bis 300 Millionen Jahre alt.

Der Name Trygghamna ist abgeleitet aus dem niederländischen „Behouden Haven“, also sicherer Hafen, da die Bucht Schutz vor den meisten Windrichtungen bietet. Auch sind in dieser Bucht russische Gräber und Hütten zu finden, die – so das „Cruise Handbook for Svalbard“ des Norwegischen Polar Instituts – unter Denkmalschutz stehen und nicht berührt werden dürfen. Gleiches gilt für die Siedlungshütten, Brutplätze für Gänse und alle anderen Hinterlassenschaften.
Nachdem die Walfänger abgezogen waren, kamen russische Pomoren aus der Weißen See als Jäger und Fallensteller.
Hier finden sich wertvolle Informationen über den Gesamtarchipel in Englisch:

http://cruise-handbook.npolar.no/en/isf ... hamna.html

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Wir stehen warm eingepackt an Deck und bewundern diese weiße spurenlose, fast unberührte Wildnis, wenn man von Trappern und vielleicht dem Besuch des Sysselmann, des Gouverneurs von Spitzbergen absieht.

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Der Gouverneur von Svalbard vertritt die norwegische Regierung bei der Ausübung ihrer Souveränität über den Svalbard Archipel.

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Eine interessante Besonderheit soll die Hütte eines gewissen Karl Eliassen aus Tromsø sein, die während des 1. Weltkrieges gebaut wurde. Die Hütte wurde 1920 an den Jäger Hilmar Nøis verkauft, der in dieser 102190-1921 überwintern wollte. Sie sieht heute mehr aus wie ein Haufen Treibholz als eine Hütte. Sie soll aber die typischen Eigenschaften einer „Spitzbergen-Hütte“ aufweisen, gebaut nach dem Prinzip „Nimm, was Du findest“, also Treibholz, Planken, Ziegelsteine für den „Ofen“ usw.

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Am Ende der Bucht liegen zwei Gletscher, Harriettbreen und Kjeruflbreen. Beide ragen aber nicht mehr in die Bucht Trygghamna hinein, da vor ihnen eine breite Moränenschicht liegt.

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Beide sind mit Schnee bedeckt und daher sind sie nur an der Abbruchkante als Gletscher zu erkennen.

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Auch sind diese nicht so blau, wie die Gletscher am gestrigen Tag.

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Nach gut einer Stunde drehten wir ab und fuhren in die nächste Bucht hinein: Ymerbukta.

Am Ausgang von Trygghamna liegt Selmaneset, das südliche Ende des bis zu 570 m hohen Värmlandryggen, eine 9 km lange Bergkette.

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Hier konnten wir die eindrucksvolle geologische Formation von fast vertikalen Sedimentschichten ganz nah sehen…

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… bevor wir in die Ymerbukta fuhren.

Fortsetzung folgt
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Mit MS AMADEA auf Nordkurs

Beitragvon Ronald » Mo, 09. Jul 2018, 15:45

Mit MS AMADEA auf Nordkurs – Teil 11
Sonntag, 15. Juni 2014 – Ymerbukta – Abschied von Spitzbergen


Nachdem wir um den eindrucksvollen Värmlandryggen gefahren sind, bogen wir nun in die Ymerbukta ein.

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An Steuerbordseite lag das 615 m hohe Rammfjell …

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… und vor uns der Esmarkbreen …

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… aus dessen Mitte sich der 731 m hohe Spiret und der 690 m hohe Polhøgda erhoben.

Hier rasselte die Ankerkette, ein Zeichen dafür, dass wir wohl etwas länger in dieser Bucht liegen würden. Wir lagen auf etwa 80 m Wassertiefe. Und vor uns der mächtige Esmarkbreen mit seiner etwa 25 m hohen Abbruchkante.

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Hier konnten wir auch wieder die Gletschertore sehen, durch die das Schmelzwasser des Eises floss.

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Der Esmarkbreen ist 15 km lang und nach dem dänischen Geologen Jens Esmark benannt. Die Tiefe dieser Bucht kann man an dem kleinen Lotsenboot sehen, dass sich uns näherte – rechts im Bild.

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Die unter dem Rammfjell liegende Landzunge heißt Flytangen, etwa „fliegende Landzunge“. Über diese Landzunge hinweg sahen wir auf das Dickson-Land, dass wir ja am Vortage besucht hatten.

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Faszinierend war auch der Ausblick über die Landzunge nach Longyearbyen und die dahinter liegenden schneeweißen Berge.

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Am nordwestlichen Ende der Ymerbukta erhob sich der 527 m hohe Klaratoppen über dem Esmarkbreen.

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Plötzlich flog ein kleiner Schwarm Blässgänse an uns vorbei, die hier auf Spitzbergen brüten.

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Auf Flytangen entdeckten wir eine “intakte” Trapperhütte. Im Hintergrund glänzt das Tschermakfjell.

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Auf den Flächen, auf denen der Schnee geschmolzen war, graste eine kleine Herde Spitzbergen-Rentiere. Hier war aber erst einmal ein Rentier mit Kalb zu sehen.

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Es ist die einzige Art von Rentieren, die auf Spitzbergen vorkommt. Diese Art ist kleiner als die skandinavischen Rentiere. Und nachdem ich noch einmal nachgelesen hatte, konnten wir froh sei, dass wir so viele Tiere auf einmal sahen, denn eine Gruppe von mehr als 20 Rentieren sei eine Seltenheit.
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Und was machte die Crew, als wir etwas mehr Zeit hatten in dieser wunderschönen Bucht? Da lasse ich mal wieder meine Frau erzählen:

„Inzwischen ist ein Tenderboot zu Wasser gelassen worden. Die Crew geht auf Eisfang. Das ist gar nicht so einfach. Der große Brocken Gletschereis, der neben dem Boot schwimmt, entwischt immer wieder. Doch nach einer ganzen Weile hat er verspielt. Gefangen in einem großen Netz wird er an Bord gehievt und darf dann an Deck unseres Schiffes bewundert werden. Heute Abend werden wir das zerkleinerte Eis in unseren Getränken wiederfinden.“

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Achtern tobte das Leben, denn „Gletscherparty“ war angesagt. Wir fanden, dass in dieser schönen stillen Bucht Musik doch nur störte. So verzogen wir uns mit einigen anderen „genusssüchtigen Naturbewunderern“ nach vorne

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Gegen 17.30 Uhr hieß es nun endgültig Abschied zunehmen von Spitzbergen was uns bei diesem herrlichen Wetter natürlich nicht leicht fiel.

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Das Lotsenboot kam und nahm den Lotsen auf und düste ab Richtung Longyearbyen. Die Ankerkette rumpelte, Kettenglied für Kettenglied, in der Ankerklüse und nachdem der Anker mit einem heftigen Ruckeln in der Ankerklüse festsaß, gingen wir auf Kurs Richtung Jan Mayen und Island.

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Wir warfen noch einmal einen Blick auf Trygghamna mit Harriettbreen (links) und Kjerulfbreen (rechts) …

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… und das Alkhornet mit dem Protektorfjell.

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Zum Schluss grüßte noch das Nordenskjöldland.
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Vor dem Abendessen genossen wir draußen in der Lido Bar zum Abschluss und Abschied von Spitzbergen ein Glas Sekt bzw. Bier zusammen – das ist ja wohl nun ein MUSS – mit einem Wodka und Gletschereis: Köstlich!

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Meine Frau schrieb dann noch folgende Anekdote auf:

„Zum Thema „Schläft die Crew auch an Bord?“ ergibt sich ein Gespräch mit dem Hoteldirektor. Dieser berichtet von einem Erlebnis auf einer anderen Reise, als eine Passagierin ihn tatsächlich fragte, ob denn die Crew auch an Bord schläft, woraufhin er scherzhaft geantwortet hat, dass diese mit einem Hubschrauber an Land geflogen wird. Das hat die Frau für bare Münze genommen und sich einige Tage später über Hubschraubergeräusche beschwert, die ihr den Schlaf raubten. Sie hat die Maschinengeräusche für Hubschrauberflüge gehalten. Wie dumm muss man eigentlich sein?
Langsam verschwinden Svalbards spitze Berge in der Ferne. Wir lutschen unterdessen an Jahrtausende altem Gletschereis. Es schmeckt weich und rein. Ein unglaubliches Gefühl. Wenn das erzählen könnte, was würde es uns sagen?

Den restlichen Abend verbringen wir auf unserem Balkon. Wir nennen es unsere „Seetag-Bar“. Da holt man sich um 22 Uhr noch einen Sonnenbrand.“


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Es war 21.15 Uhr. So endet ein traumhafter Tag, während sich die „AMADEA“ auf den Weg nach Island machte.

Montag, 16. Juni – Seetag

Über diesen Seetag lasse ich mal wieder meine Frau erzählen:

„Bewegte See, schlechte Sicht, kein Wetter für draußen. Wir vergammeln den Tag. Der Wellengang lähmt unsere Unternehmungslust. Nach dem Frühstück warten wir in der Vista Lounge darauf, dass unsere „Kammerzofe“ die Kabine herrichtet. Hier hören wir die Beschwerde einer Passagierin. Es geht um die Änderung der Fahrtroute gestern und dass Ny Ålesund nicht angelaufen wurde: „Es muss doch möglich sein, diese „Stadt“ im Sommer anzulaufen.“ Wieder eine, die keine Ahnung hat, wo sie sich befindet.

Beim Abendessen präsentiert sich die Bedienungsmannschaft in deutschen Fußballtrikots, denn zurzeit findet die Fußball WM in Brasilien statt, wo heute Deutschland gegen Portugal spielt. Im Moment steht es 4:0 für Deutschland.
Später landen wir mehr zufällig in der Vorstellung des Teufelsgeigers und Entertainers Jiri Erlebach (nie gehört) mit Thema „Von der russischen Taiga bis in die texanische Prärie“. Zur Abwechslung haben wir heute einmal Harry’s Bar aufgesucht, die zur Atlantik Lounge führt, wo die Shows stattfinden. Hier ärgert sich Ronald erst einmal über den Kellner, der das warme Bier, das er Ronald serviert hat, nicht zurücknehmen will. Das sei in Ordnung, meint er. Auf Ronalds Beschwerde beim Hoteldirektor, der gerade des Weges kommt, wird ihm umgehend ein kaltes Bier gebracht. So gehört sich das! Als wir dann etliche Passagiere Richtung Atlantik Lounge strömen sehen, denken wir uns, na ja, wir können ja mal einen Blick hineinwerfen. Die Darbietungen sind ganz unterhaltsam. Der muskelbepackte Geiger kann nicht nur geigen, sondern auch singen und darüber hinaus Panflöte spielen. Das ist zwar mal etwas anderes, vom Hocker gehauen hat uns die Vorstellung trotzdem nicht. Den Rest verbringen wie dann doch wieder in der Vista Lounge."



Fortsetzung folgt
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Re: Mit MS AMADEA auf Nordkurs

Beitragvon Kumulus » Di, 10. Jul 2018, 10:24

"Schläft die Crew auch an Bord" !

Tja, wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen.

Neben deinen/euren Reiseschilderungen und den phantastischen Bildern sind gerade diese kleinen Anekdoten eines Bordlebens sehr lebendig und unterhaltsam. Ich muss immer wieder schmunzeln.

Danke dafür
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Mit MS AMADEA auf Nordkurs

Beitragvon Ronald » Di, 10. Jul 2018, 15:07

Hallo Martin,
das Buch "Schläft die Crew auch an Bord" ist wirklich herrlich zu lesen - und wir haben so manches Verhalten, manche Äußerung einiger Mitreisender wiedergefunden.
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Mit MS AMADEA auf Nordkurs – Teil 12
Dienstag, 17. Juni 2014 – Passage Jan Mayen und Seetag


In der Nacht wurden die Uhren an Bord um 1 Stunde zurückgestellt, denn wir wollten ja zur Ortszeit In Island ankommen. In der kommenden Nacht würde es noch einmal 1 Stunde sein. Auf der Fahrt von Island nach Hamburg geht es dann umgekehrt, denn wir fahren dann ja nach Oste. So werden dann die Uhren jeweils um 1 Stunde wieder vorgestellt. – Bei der Handelsschifffahrt haben wir das ganz unproblematisch unter den Wachgängern gelöst: Jede der 4 Stunden dauernden Wachen „erhielt“ 20 Minuten und so war nach drei Wachen (20-24 Uhr, 00 bis 94 Uhr und 04 bis 08 Uhr) die 1 Stunde voll. – Es gibt auch eine Regel hierzu: Von Ost nach West, halt’s Datum bzw. die Uhr fest, von West nach Ost, lass das Datum bzw. die Uhr los. Soweit die kleine „Uhrenkunde“.
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Nach den traumhaften Ausblicken auf die Gletscher und Berge Spitzbergens und davor die ebenso traumhafte Mitternachtssonne rund um den Engabreen und Holandsfjord sollte heute ein weiterer Höhepunkt kommen: Die Passage der Insel Jan Mayen. Die große Frage war, ob wir die Insel und dessen 2.277 m hohen Vulkan „Beerenberg“ sehen oder würde er versteckt in den Wolken bleiben. Die Aussichten waren eigentlich nicht so gut, denn in der Nacht hatte es geregnet und man konnte die Hand vor den Augen kaum sehen – ja, sehen, denn wir befanden uns ja immer noch nördlich des Polarkreises.

Um 06.30 Uhr kam die Durchsage des immer wieder lebendig und eindrucksvoll schildernden Lektors Dietmar Schäffer, dass Jan Mayen vor uns bei klarem Himmel in „voller Pracht“ zu sehen war. Er fügte hinzu, dass er eine solche Ansicht seit Jahren nicht mehr erlebt hätte, denn laut Statistik liege die Vulkaninsel 340 Tage unter Wolken oder im Nebel. Er meinte noch, es lohne sich mehr als nur einen Blick nach draußen zu werfen. – Und hier zeigte sich wieder der Vorteil der Kammer an Steuerbord: Wir konnten die Fotos ganz in Ruhe von unserem Balkon aus schießen, denn nach dieser Durchsage waren wir ruck-zuck aus der Koje.

Da ich diesen Teil der Reise bereits am 19. Januar 2018 unter
Die Gletscher auf Jan Mayen im Sonnenschein (Strg + Klicken, um Link zu folgen) - unter „På tur i Norge“ zusammen mit zahlreichen Fotos eingestellt hatte, kommen hier nur 2 Fotos.

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Jan Mayen mit dem 2.277 m hohen Beerenberg von Nordosten gesehen

Dem norwegischen Seehandbuch DEN NORSKE LOS 7 SVALBARD JAN MAYEN habe ich folgende Information entnommen:

„Der nördliche Teil der Insel erstreckt sich über eine Breite von 15 km und ist bedeckt vom imposanten Bergmassiv Beerenberg, mit einem großen gletschergefüllten Krater am Gipfel. Dioeser ist umgeben von kleineren Gipfeln mit dem Haako VII Topp mit 2.277 m als höchstem Punkt auf der Insel. Der schneebedeckte Gipfel ist auf eine Entfernung von 100 (!) Seemeilen (entsprechend 185 km) zu sehen, oftmals als über den Nebel oder Dunstwolken hinweg.
Der Beerenberg ist der einzige aktive Vulkan Norwegens und die letzte Eruption erfolgte 1970 aus mehreren Kratern, wodurch die Nordostseite der Insel geformt wurde. Während dieser Eruption schmolz ein Gletscherarm und bildete durch 3 km2 neues Land. Eine kleinere Eruption fand 12985 statt.

Die Sonne scheint hier ununterbrochen über den Horizont vom 14. Mai bis 30. Juli und ist kontinuierlich unter dem Horizont vom 20. November bis 21. Januar.”

Und nun kommt meine Frau wieder zu Wort:

„Bei dieser Durchsage springen wir augenblicklich aus dem Bett und sehen die Insel vom Balkon aus an uns vorbeiziehen. Der Anblick ist in der Tat gigantisch. Vor blauem Himmel liegt die schneebedeckte Insel mit ihrem 2.277 m hohen Vulkan „Beerenberg“ vor uns. Zwei Gletscherzungen wälzen sich zum Meer und dekorativerweise liegt auch noch ein größeres Segelboot davor. Vor dieser Kulisse wirkt es wie Spielzeug. Fasziniert betrachten wir die nur von einer Handvoll Meteorologen bewohnte Insel. Sie liegt in der Grönlandsee, ist 373 km2 groß und aus einer atlantischen Tiefe von 3.000 m hervorgegangen. Der Beerenberg-Vulkan ist der nördlichste Vulkan der Welt und zählt darüber hinaus zu den größten der Welt. Nach seinem letzten Ausbruch im Jahr 1970, bei dem Asche und Glut bis zu 600 m hochspritzte, war die Insel um 4 km2 angewachsen. Dabei wurde das Meer durch die ausfließende Lava bis zu einem Kilometer Entfernung von der Insel auf 39 Grad erhitzt. Viele Fische ließen dabei ihr Leben.
Etwa eineinhalb Stunden fahren wir an der Insel entlang, wobei wir auch noch das „Meteorologendorf“ Olonkinbyen erkennen können, das sich am Fuß des Berges auf einem Plateau erstreckt.


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Beerenberg von Süden aus gesehen

Am Horizont taucht bereits wieder eine Nebelwand auf. Erste Wolken umhüllen den Berg. Auch der Wind frischt auf. Kaum sind wir an der Insel vorbei, ist sie schon wieder vom Nebel verschluckt. Wo sich eben noch der schneebedeckte Beerenberg vor blauem Himmel präsentierte, ist jetzt nichts mehr. Es scheint, als hätte der Wettergott nur für uns den Vorhang beiseite gezogen, um die Insel nach unserer Passage erneut im Nichts verschwinden zu lassen. Wir können unser Glück kaum fassen!“
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Und noch einmal meine Frau:

„Nach diesem wunderschönen Tagesbeginn, zeigt sich Petrus den Rest des Tages verstimmt. Wir tasten uns durch eine dicke Nebelsuppe. Den Tag verbringen wir somit mit schlafen, lesen, Fotos sichten. Abends müssen wir uns dann das zweite Mal verkleiden. Es findet wieder ein „Gala-Abend“ statt. Wieso man so etwas auf See braucht, bleibt uns weiter fremd. Waren viele Passagiere im April auf der „FRAM“ auf dem falschen Dampfer, so trifft das auf diesem Schiff für uns zu, jedenfalls was die täglichen Bekleidungsvorschläge angeht. Von leger, das ist in Ordnung, über „leichte Eleganz“, das liegt zwischen leger und elegant, bis zur Galakleidung reichen die Vorschläge. Wir sind mit legerer Kleidung vollauf zufrieden. Die leichte Eleganz haben wir inzwischen umgetauft in lästige Eleganz. Schließlich sind wir wegen Landschaft und Natur hier und nicht, um die neueste Mode spazieren zu führen. Viele unserer Mitreisenden erscheinen dagegen täglich todschick auf allen Decks. Und das schon morgens. Na gut, wer’s braucht. Das ist jedenfalls nicht unsere Welt. Diese Reise wird daher auch die erste und letzte sein. Zurück auf die „FRAM“, ist das Motto. Allerdings hören wir mittlerweile vermehrt Stimmen anderer Passagiere, wie zum Beispiel: „Ich muss mich nicht den ganzen Tag bespaßen lassen“ oder „Was sollen diese albernen Spielchen?“ So sind wir wenigstens nicht ganz allein mit unserer Meinung.

Der „Gala-Abend“ vergeht dennoch sehr nett mit zwei ausgesprochen humorvollen (noch) älteren Paaren bei einem 9-Gänge-Menü, das hervorragend ist. Auch mit den philippinischen Kellnern haben wir immer sehr viel Spaß.
Zum Abend ist die Sonne noch einmal herausgekommen und die See wieder ruhiger, weshalb wir den Rest des Abends auf unserem Balkon verbringen.

Spitzbergen und Jan Mayen waren bis jetzt die Höhepunkte auf dieser Reise.“


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