Hallo aus dem schönen Sunnmøre !
Jetzt muss ich doch mal für einen Teil der Norweger eine Lanze brechen. Wenn Heli schreibt, daß Norwegen sehr konservativ ist, so stimmt das nur zum Teil. Wahr ist ( nach eigener Einschätzung und Erfahrung sowie aus Erlebnissen von Freunden ), daß der Süden und speziell die Region um Bergen sehr, sehr konservativ und geradezu kleinbürgerlich ist. Nicht Umsonst nennt man die Ecke ja auch den Bibelgürtel. Und von Ausländern denen das Leben nicht gerade leicht gemacht wird, hört man genauso oft wie von relativ tiefen Löhnen, z.T. recht eigenartigen Urlaubsregelungen ( z.B. generell unbezahlt und soon Zeug ) und anderem miefigen Stuss. Es gibt natürlich Ausnahmen... Aber es gibt in Norwegen genauso große lokale Unterschiede wie in Deutschland oder z.B. der Schweiz. Als Fremder hat man es mit der Akzeptanz in Berlin sicher viel leichter, als zum Beispiel in einem Obebayrischem Bergdorf und im Kanton Zürich gehts anders zu wie im Glarner Land. Das Dorf in dem ich mit meiner Schweizer Ehefrau wohnte lag nur knapp 25 Kilometer von ihrem Geburtsort entfernt, und trotzdem wurde sie nach 5 Jahren immer noch als "Die-Zugezogene" betrachtet und teilweise wie eine Aussätzige behandelt!
Solche stockkonservativen Gegenden gibt es hier in Norwegen leider auch, und besonders aus den südlichen Landesteilen hört man mal immer wieder solche Sachen.( Oslo zähle ich jetzt mal nicht dazu )
Allerdings kann ich hier aus Møre Og Romsdalen nichts dergleichen berichten. Im Gegenteil, ich fühle mich hier überall gut aufgenommen und akzeptiert. Ich hatte nie Probleme weder mit Arbeitskollegen, Kunden, Behörden oder Nachbarn. In unserer Firma fängt im April der dritte Deutsche an zu arbeiten (noch neben einem Engländer bei 25 Angestellten im Ganzen ). Zum Herbst werden evtl noch mehr Leute eingestellt, und mein Chef hat schon jetzt ausdrücklich gesagt, daß ich mich schon mal umhören soll ob ich nicht in Deutschland noch jemanden kenne der hier her ziehen würde. In meinem Freundes - und Bekanntenkreis sind u.a. 6 Deutsche ,3 Schweizer, 1 Indonesier,2 Russinen, 1 Chilenin, 1 Chinese, 2 Engländer, 1 Portugiese, 1 Irin und 2 Venezolanerinnen und bis auf Kapriolen mit den Behörden ( die aber alle gleichermaßen treffen
)gab es eigentlich noch nie Schlechtes über die Einheimischen und deren Umgang mit uns Ausländern bzw. lange Arbeitslosigkeit zu hören. Und das obwohl, laut Statistik, Ålesund eine der höchsten Arbeitslosenquoten im Land hat.
Von Freunden ( ausgewanderten Deutschen ) auf Bømlo hört man dagegen manchmal die haarsträubendsten Sachen !
Es entsteht auch ein wenig der Eindruck, daß je weiter man nach Norden kommt, desto offener und unproblematischer sind die Leute...
Vielleicht sollten Auswanderungswillige sich mehr auf die mittleren und nördlichen Landesteile konzentrieren, denn dort ist auf Grund der Landflucht auch eher Bedarf an ausgebildeten Fachkräften ( ob das nun auch für Medienwissentschaftler gilt ?- wer weiß, das dunkle, kalte Tromsö soll doch recht weltoffen sein..).
Es ist ja auch nichts Neues, daß gut ausgebildete Norweger gerne in den Süden ziehen und dort dann natürlich den Arbeitsmarkt gerade für Ausländer noch etwas einengen. Und die Geschichten über ausgerollte rote Teppiche für dringend benötigte Fachleute ( bes. Mediziener ) kommen in der Regel aus dem Norden.
Bei der nächsten Frage a la " Welche Erfahrung haben Ausgewanderte gemacht...." sollten die Antwortschreiber vielleicht besonders auf die jeweilige Region eingehen, und würden denen die nach Norwegen ziehen wollen ein viel besseres Bild geben.
Ich kann Møre Og Romsdalen eigentlich ( trotz des Wetters ) nur empfehlen. Unsere oben erwähnten Freunde auf Bømlo jedenfalls sind schon am Sachen packen und ziehen im Laufe des Sommers hier her.
Viele Grüße vom
Steinbeisser